Homepage Inhaltsverzeichnis Übersicht Blättern < Blättern >


Recht und Praxis Digital

Oktober 1996


Aktuelle Rechtsprechung

BGH - Beschluß - I ZB 6/94 - 04.07.96


Vorinstanz:

Norm:

MarkenG § 9 Abs. 1 Nr. 2

Leitsatz:


»DRANO/P3-drano - Enthält ein aus mehreren Bestandteilen bestehendes Zeichen ein für die Markeninhaberin durchgesetztes und als Stammbestandteil für eine ganze Zeichenserie verwendetes Element, so kann in der Sicht des Verkehrs der Stammbestandteil - ähnlich wie die Angabe des Herstellernamens - als Produktbezeichnung weniger bedeutsam sein, so daß der Gesamteindruck der Marke von dem verbleibenden Bestandteil geprägt wird.«


Entscheidungsgründe:


I. Die Rechtsbeschwerdeführerin ist Inhaberin des im beschleunigten Verfahren eingetragenen Warenzeichens 1 153 341 "P3-drano". Hiergegen richtet sich der von der Inhaberin des älteren Zeichens 956 822 "DRANO" erhobene Widerspruch. Beide Zeichen sind für chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke eingetragen.

Die Prüfungsstelle für Klasse 1 Wz des Deutschen Patentamts hat in einem Erstbeschluß die zeichenrechtliche Übereinstimmung der beiden Zeichen festgestellt und die Löschung des angegriffenen Zeichens angeordnet. Die von der Zeicheninhaberin eingelegte Erinnerung ist ebenso wie die von ihr erhobene Beschwerde ohne Erfolg geblieben.

Mit ihrer (zugelassenen) Rechtsbeschwerde verteidigt die Zeicheninhaberin ihr Zeichen weiter.

Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

II. Das Bundespatentgericht hat - ausgehend von Warenidentität - Verwechslungsgefahr angenommen, weil im angegriffenen Zeichen dessen Bestandteil "drano" angesichts seines einprägsamen und aussagekräftigen Charakters die dominierende Bedeutung zukomme. Der weitere Bestandteil "P3" besitze keine gleichwertige Aussagekraft, ihm komme allenfalls infolge Verkehrsdurchsetzung normale Kennzeichnungskraft zu.

Selbst wenn "drano" das angegriffene Zeichen nicht präge, könne die zeichenrechtliche Übereinstimmung nicht verneint werden. In der Rechtsprechung werde die bloße Hinzufügung eines Firmennamens zu einem nicht beschreibenden oder einer beschreibenden Angabe nicht angenäherten Bestandteil in der Regel für nicht ausreichend erachtet, um ein ansonsten praktisch identisches jüngeres Zeichen aus dem Schutzbereich des älteren Zeichens hinauszuführen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, daß der Bestandteil "P3" ähnlich wie ein Firmenname wirke, so daß der angesprochene Verkehr in dem angegriffenen Zeichen das Widerspruchszeichen wiedererkenne, dem lediglich ein kraft Verkehrsdurchsetzung auf eine bestimmte Firma hinweisender Zusatz beigefügt sei.

III. Der angefochtene Beschluß hält der Überprüfung im Rechtsbeschwerdeverfahren stand.

Dem angegriffenen Zeichen steht der nunmehr gemäß § 158 Abs. 2 Satz 2 MarkenG nach § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zu beurteilende Widerspruchsgrund der Verwechslungsgefahr i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG mit dem Widerspruchszeichen entgegen. Ohne Erfolg zieht die Rechtsbeschwerde die Beurteilung des Bundespatentgerichts in Zweifel, die beiden Zeichen "DRANO" und "P3-drano" seien miteinander verwechselbar.

Rechtsfehlerfrei ist das Bundespatentgericht bei seiner Betrachtung von dem das Kennzeichenrecht beherrschenden Grundsatz ausgegangen, daß zur Beurteilung der zeichenrechtlichen Verwechslungsgefahr der gegenüberstehenden Bezeichnungen auf den Gesamteindruck des jeweiligen Zeichens abzustellen ist. An diesem Grundsatz hat sich durch die Umsetzung der ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken durch das Markengesetz nichts geändert. Das hat der Bundesgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen (BGH, Beschl. v. 29. 6. 1995 - I ZB 22/93, GRUR 1996, 198, 199 - Springende Raubkatze; Beschl. v. 25. 10. 1995 - I ZB 33/93, GRUR 1996, 200, 201 - Innovadiclophlont; Beschl. v. 14. 3. 1996 - I ZB 36/93, GRUR 1996, 404, 405 - Blendax Pep; Beschl. v. 14. 3. 1996 - I ZB 37/93, GRUR 1996, 406, 407 - JUWEL; Beschl. v. 9. 5. 1996 - I ZB 11/94, Umdr. S. 6 - Sali Toft, zur Veröffentlichung bestimmt). Dieser Grundsatz gilt auch, wenn die einander gegenüberstehenden Zeichen, wie im Streitfall, für identische Waren eingesetzt werden. Dies beruht auf der Erwägung, daß markenrechtlicher Schutz von der Gestaltung der Marke auszugehen hat, wie sie eingetragen ist, und eine Ähnlichkeit mit einer Marke nur in deren konkreter Verwendung festgestellt werden kann. Der Schutz eines aus einem zusammengesetzten Zeichen herausgelösten Elements ist dem Markenrecht fremd. Dieser Grundsatz schließt zugleich die Erkenntnis ein, daß einem einzelnen Bestandteil eines Zeichens eine unter Umständen besondere, das Gesamtzeichen prägende Kennzeichnungskraft beigemessen werden kann und deshalb bei einer Übereinstimmung einer Bezeichnung mit dem so geprägten Zeichen die Verwechslungsgefahr zu bejahen ist (vgl. BGH, Urt. v. 8. 11. 1989 - I ZR 102/88, GRUR 1990, 367, 369, 370 - alpi/Alba Moda).

Die Beurteilung, ob einem Element eine das Gesamtzeichen prägende Bedeutung zukommt, liegt im wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet. Im Rechtsbeschwerdeverfahren ist lediglich zu prüfen, ob der Tatrichter bei seiner Würdigung gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen hat. Das ist vorliegend nicht der Fall.

Das Bundespatentgericht hat ausgeschlossen, daß das Zeichenelement "P3" in dem zusammengesetzten Zeichen eine prägende, jedenfalls mitprägende Stellung einnehme. Es hat diese Beurteilung darauf gestützt, daß dem Bestandteil "drano" die dominierende Bedeutung in dem zusammengesetzten Zeichen zukomme, weil dieses Element ursprünglich der einprägsamere und aussagekräftigere Bestandteil sei. Der weitere Bestandteil "P3" besitze daneben keine gleichwertige Aussagekraft. Normale Kennzeichnungskraft, von der für den Bestandteil "P3" auszugehen sei, stehe nicht der Feststellung entgegen, daß der Zeichenbestandteil "drano" die zeichenrechtliche Übereinstimmung begründe.

Das kann auch unter Berücksichtigung des "P3-plastoclin"-Urteils (BGH, Urt. v. 11. 5. 1995 - I ZR III/93, GRUR 1995, 808, 810) nicht als rechtsfehlerhaft erachtet werden. Der Bundesgerichtshof hat dort ausgeführt, der Bestandteil "P3" - nicht ganz unoriginell bestehend aus der keinerlei Bezüge auf die bezeichnete Ware aufweisenden Kombination eines Buchstabens und einer Zahl - könne vom Verkehr für sich genommen auch als eine unterscheidende Warenbezeichnung verstanden werden, wenn sie ihm in entsprechender Verwendung, als Marke oder andere Kennzeichnung, begegne. Dieser Grundsatz, ausgesprochen in einem Fall, in dem noch das Warenzeichengesetz anzuwenden war, entspricht dem Inhalt der Vorschrift des § 3 Abs. 1 MarkenG und ist im Ergebnis auch im Streitfall vom Bundespatentgericht seiner Beurteilung zutreffend zugrunde gelegt worden. Denn es hat dem Bestandteil - nach seiner zur Zeit der Geltung von § 4 Abs. 2 Nr. 1 WZG durch Verkehrsdurchsetzung begründeten Schutzfähigkeit - normale Kennzeichnungskraft zugesprochen. Hiergegen ist im Rechtsbeschwerdeverfahren nichts zu erinnern. Von einer darüber hinausgehenden Stärkung der Kennzeichnungskraft kann nicht ausgegangen werden, denn Tatsachen, die eine entsprechende Annahme rechtfertigen könnten, hat das Bundespatentgericht nicht festgestellt.

Als rechtsfehlerfrei erweist sich auch die weitere tatrichterliche Beurteilung des Bundespatentgerichts, dem Bestandteil "drano" komme, weil er ursprünglich der einprägsamere und aussagekräftigere Bestandteil sei, die dominierende Bedeutung im Zeichen zu. Diese zutreffende Annahme hätte das Bundespatentgericht auch noch darauf stützen können, daß der Bestandteil "P3" im Verkehr als Kennzeichnung der Zeicheninhaberin durchgesetzt ist und diese mit ihm, wie die Widersprechende unwidersprochen vorgetragen hat, eine ganze Zeichenserie gebildet hat. Bei dieser Sachlage muß - wie das Bundespatentgericht in anderem Zusammenhang zutreffend angenommen hat - davon ausgegangen werden, daß für den Verkehr in dem angegriffenen Zeichen "P3-drano" das Hauptgewicht auf dem Bestandteil "drano" liegt, weil der vielfach benutzte Stammbestandteil - wie eine bekannte Firmenbezeichnung (vgl. BGH, Beschl. v. 14. 3. 1996 - I ZB 36/93, aaO - Blendax Pep) - für den Verkehr die Annahme nahelegt, die Zeicheninhaberin verwende ihn zusammen mit produktbezogenen Sortennamen, weshalb diesem anderen Bestandteil eine das Gesamtzeichen prägende, ein bestimmtes Produkt der Zeicheninhaberin kennzeichnende Bedeutung zukommt. Das liegt um so näher, als es sich bei den in Anspruch genommenen Waren um chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke handelt, mithin nicht der allgemeine Verkehr angesprochen wird, sondern sich das Zeichen an Fachkreise wendet, denen - der Bestandteil "P3" ist im Verkehr für die Zeicheninhaberin durchgesetzt - die tatsächlichen Umstände ohne weiteres geläufig sind.

IV. Danach war die Rechtsbeschwerde der Zeicheninhaberin mit der Kostenfolge aus § 90 Abs. 2 Satz 1 MarkenG zurückzuweisen.