"Bloggen ist eine Strategie des Ausblutens."
Die "Lettre International" hat in ihrer neuen Sommer Ausgabe (Heft 73) einen umfangreichen und kritischen Aufsatz des Amsterdamer Medientheoretikers Geert Lovink (Institute of Network Cultures) über Weblogs veröffentlicht (knapper Auszug hier), der geballt eine Vielzahl der zentralen Sichtweisen, Kritiken, Verteidigungen, Lobpreisungen und Utopien dieses Phänomens vorstellt und deshalb eine hervorragende Einführung in die öffentliche Diskussion rund um Weblogs abgibt. Die sechsseitige Analyse unter dem Titel: "Digitale Nihilisten - wie die Blogosphäre den Medienmainstream unterminiert", die auf einem im März diesen Jahres am Berliner Wissenschaftskolleg gehaltenen Vortrags basiert, bleibt jedoch nicht bei einer Aufzählung der vielen Argumente und Einwürfe rund um Blogs stehen, sondern versucht eine eigene Einschätzung zu formulieren.
Aus dem durchaus wohlwollenden Blickwinkel eines sogenannten "Netzaktivisten" wird unromantisch eine Einschätzung formuliert, die über die lobhudelnde Selbststilisierung als "citizen journalism" und "neuen Feedback-Kanals" hinausgeht und das Bloggerphänomen in einer wenig schmeichelhaften, harten Sprache beschreibt. Ausgangspunkt für die im Titel schon angesprochene Attestierung eines prinzipiellen Nihilismus ist die Feststellung, dass Blogger "aufgehört haben, an die Medien zu glauben." Weblogs sind für Lovink in ihrem techno-sozialen Zustand ein Phänomen des modernen Netzzynismus. (Eine Zusammenfassung dieser Idee gibt es in Lovinks eigenem Blog.)
Der Text zeichnet sich dadurch aus, dass er durchaus eine ganze Reihe offensichtlicher Beobachtungen über Weblogs herauskramt und Vor- und Nachteile abwägt. Verdienstvollerweise versucht Lovink sich nicht durch die Rhetorik beider Seiten (Kritiker wie Befürworter) einnebeln zu lassen. So fallen eine Vielzahl an zweischneidigen Urteilen:
Da ich die "Lettre International" sehr schätze und eine Steigerung ihres Umsatzes nur gutheißen kann, würde ich mich freuen, wenn auch andere Weblogger sich diese Ausgabe besorgen und vielleicht ihrerseits den Text von Lovink an für sie zentralen Stellen kommentieren. Ich selbst habe das auf jeden Fall vor. Doch da mir jetzt die Zeit fehlt, erfülle ich ersteinmal genau das Klischee, das Lovink als ein weiteres Charakteristikum der Weblogs wiedergibt:
"Bloggen bedeutet lediglich, auf Nachrichten mittels eines Links zu verweisen und diesen mit wenigen Sätzen zu ergänzen, die erklären, warum der Blogger diese oder jene Nachricht interessant, bedenkenswert oder gänzlich abwegig findet. (...) Bloggen ist nicht der digitale Klon des Leserbriefs. Ansatt zu klagen und zu streiten, versetzt sich der Blogger oder die Bloggerin in die auf perverse Weise angenehme Position des Medienbeobachters."
Wir werden sehen.
Nachtrag 1:
Das anscheinend ganz frische und auf medientheoretische Fragen zugeschnittene Weblog "Random Theory" veröffentlicht eine zweiteilige Kritik an dem Text. (Teil 1).
Aus dem durchaus wohlwollenden Blickwinkel eines sogenannten "Netzaktivisten" wird unromantisch eine Einschätzung formuliert, die über die lobhudelnde Selbststilisierung als "citizen journalism" und "neuen Feedback-Kanals" hinausgeht und das Bloggerphänomen in einer wenig schmeichelhaften, harten Sprache beschreibt. Ausgangspunkt für die im Titel schon angesprochene Attestierung eines prinzipiellen Nihilismus ist die Feststellung, dass Blogger "aufgehört haben, an die Medien zu glauben." Weblogs sind für Lovink in ihrem techno-sozialen Zustand ein Phänomen des modernen Netzzynismus. (Eine Zusammenfassung dieser Idee gibt es in Lovinks eigenem Blog.)
Der Text zeichnet sich dadurch aus, dass er durchaus eine ganze Reihe offensichtlicher Beobachtungen über Weblogs herauskramt und Vor- und Nachteile abwägt. Verdienstvollerweise versucht Lovink sich nicht durch die Rhetorik beider Seiten (Kritiker wie Befürworter) einnebeln zu lassen. So fallen eine Vielzahl an zweischneidigen Urteilen:
- "Blogs [sind] die ausgelagerten, privatisierten Forschungsabteilungen der großen Medienunternehmen."
- "Blogs [passen sich] in den größeren Trend ein, daß alle unsere Bewegungen und Aktivitäten überwacht und gespeichert werden. Im Fall der Blogs wird dies nicht von einer unsichtbaren und abstrakten Autoriät ausgeführt, sondern es sind die Subjekte selbst, die ihren Alltag aufzeichnen."
- "Netzzynismus glaubt schlichtweg nicht mehr an die Identitätsstütze der Cyber-Kultur mit den dazugehörigen unternehmerischen Halluzinationen. Er ist vielmehr gekennzeichnet durch die kalte Aufklärung, die einen postpolitischen Zustand charakterisiert, und durch die Beichte, wie sie von Michel Foucault beschreiben worden ist. Den Leuten wird erzählt, daß es keine Befreiung geben kann, wenn sie nicht die "Wahrheit sagen". Wenn sie beichten (einem Priester, einem Psychoanalytiker oder einem Weblog), wird sie dieses Aussprechen der Wahrheit auf irgendeine Weise befreien."
- "Wenn man Baudrilliard weiter folgt, könnte man sagen, daß Blogs ein Geschenk an die Menschheit sind, das niemand braucht. Das ist der eigentliche Schock. Hat irgendwer die Entwicklung der Blogs bestellt? Es ist unmöglich Blogs zu ignorieren und weiterhin den bequemen Lebenstil eines "öffentlichen Intellektuellen" des 20.Jahrunderts zu genießen."
- "Blogs drücken persönliche Ängste, Unsicherheiten und Desillusionierungen aus, also Zustände, die nach Verbündeten rufen. Wir finden in Ihnen jedoch selten Leidenschaft - abgesehen vom Akt des Bloggens selbst.... Bloggs spielen also auf der gesamten emotionalen Klaviatur, von Haß über Langeweile zu leidenschaftlichen Engagament und sexuellen Entgleisungen, um am Ende wieder bei der alltäglichen Langeweile anzukommen "
- "Blogs sind jene Zeugen und Archivare der schwindenden Macht der Mainstream-Medien, die deren Ideologie ganz bewusst nicht durch eine Alternative ersetzt haben. Die Nutzer sind der Einwegkommunikation von oben nach unten überdrüssig geworden - und haben dennoch keinen anderen Ort, an den sie gehen könnten. (...) Bloggen ist ein nihilistisches Verfahren, weil es die Struktur der Massenmedien hinterfragt und attackiert. "
- "Gemäß der utopischen Blog-Philosophie sind die Massenmedien dem Untergang geweiht: Ihre Rolle wird von den "partizipatoischen Medien" eingenommen werden. ...Dennoch und trotz ständiger Warnsignale gelingt es dem System, erfolgreich weiter (nicht) zu funktionieren. Ist die organisatorischen Struktur des Top-Down tatsächlich am Ende? Woher kommt die hegelsche Gewißheit, daß das Paradigma der alten Medien umgestoßen werden wird? Es gibt dafür kaum Indizien, und eben dies ist der Status Quo, der den Nihilismus - und keine Revolutionen - hervorbringt."
- "Anstatt Blogs immer wieder von neuem als als Instrumente der Selbstvermarktung zu präsentieren, sollten wir sie vielmehr als dekadente Artefakte interpretieren, die aus der Ferne die verführerische Macht der Sendeanstalten demontieren."
- "Aller Rede über "Gemeinschaften" und "Mobs" zum Trotz bleibt die Tatsache bestehen, daß Blogs in erster Linie als Instrument für das Management des Selbst benutzt werden."
- "Weil jeder Hype irgendwan notwendigerweise in sich zusammenbrechen muss, ist die Welle negativer PR bereits programmiert. Blogger mögen die Themen kommunizieren, die Menschen gerne in den Medien verhandelt sehen würden. Wenn die heiße Phase der Blogs aber ersteinmal vorbei ist, wen werden sie dann noch intereressieren? Der Nihilismus beginnt hier, nach dem Sturz der Blogs...Dann wenn die Zahl der Kommentare mit "Null" angegeben wird."
Da ich die "Lettre International" sehr schätze und eine Steigerung ihres Umsatzes nur gutheißen kann, würde ich mich freuen, wenn auch andere Weblogger sich diese Ausgabe besorgen und vielleicht ihrerseits den Text von Lovink an für sie zentralen Stellen kommentieren. Ich selbst habe das auf jeden Fall vor. Doch da mir jetzt die Zeit fehlt, erfülle ich ersteinmal genau das Klischee, das Lovink als ein weiteres Charakteristikum der Weblogs wiedergibt:
"Bloggen bedeutet lediglich, auf Nachrichten mittels eines Links zu verweisen und diesen mit wenigen Sätzen zu ergänzen, die erklären, warum der Blogger diese oder jene Nachricht interessant, bedenkenswert oder gänzlich abwegig findet. (...) Bloggen ist nicht der digitale Klon des Leserbriefs. Ansatt zu klagen und zu streiten, versetzt sich der Blogger oder die Bloggerin in die auf perverse Weise angenehme Position des Medienbeobachters."
Wir werden sehen.
Nachtrag 1:
Das anscheinend ganz frische und auf medientheoretische Fragen zugeschnittene Weblog "Random Theory" veröffentlicht eine zweiteilige Kritik an dem Text. (Teil 1).
Julio Lambing - Mi, Jun 21, 2006 - Zettelkasten: Blogging
kranich05 (anonym) - Mi, Jun 21, 2006
Begriffsverschiebungen
Auch ich habe lettre (noch) nicht gelesen, nur die Auszüge des Artikels, die auf der dortigen Homepage stehen. Vielleicht tue ich es noch, J. L. zuliebe, auch als Dank für seine wiederholten Anregungen.
Auch bei Lovink finde ich eine Verfahrensweise des (bürgerlichen) Geistesarbeiters, die mich außerordentlich nervt: Bekannte, wohldefinierte Begriffe werden verwendet aber in einer Weise, die iher Wohldefinition durchaus nicht entspricht. Hier "Zynismus" des Bloggens. Im Extrem schafft sich der "geistvolle", "creative" Schreiber seine eigene (schlecht kommunizierte) Sprache, die der gebildete Konsument bestenfalls zu 50% versteht. (Und mit wachsendem inneren Widerstand nimmst Du als naiver Konsument die Mühe auf Dich, in diese Sprachen einzudringen, um wenigstens an diese 50 % heran zu kommen.)
So, das mußte ich mal anläßlich dieser dämlichen Verwendung von "Zynismus" loswerden. Im übrigen wollte ich nicht sagen, daß Lovink ein typischer Vertreter des von mir erwähnten und gehaßten Rundköpfe-/Spitzköpfe-Jargons ist.
Mein Eindruck ist, daß Lovinks Betrachtung des Bloggens, wie fast alle mir bekannten derartigen Betrachtungen, krankt an der schlechten Abstraktheit, mit der auf das Subjekt dieses Prozesses, den Blogger, die Bloggerin Bezug genommen wird.
Mag sein, daß die ersten Buchdrucker Nerds des Buchdrucks waren, ebenso, daß (immer noch) ein Gutteil der Leute, die sich im Web rumtreiben, Netzwesen sind. Ich gestehe auch ein, daß die mächtige Entwicklungsdynamik des Netzes uns alle ein wenig zu Netzwesen macht. Im Grunde aber bin ich ein soziales, vielleicht sogar parteiisches, Wesen, das bestrebt ist, mit seinem Bloggen Zwecke zu verwirklichen bzw. hier zumindest den Reiz von Möglichkeitsfeldern, Zukunftspotentialen spürt und ihm nachspürt.
Auch bei Lovink finde ich eine Verfahrensweise des (bürgerlichen) Geistesarbeiters, die mich außerordentlich nervt: Bekannte, wohldefinierte Begriffe werden verwendet aber in einer Weise, die iher Wohldefinition durchaus nicht entspricht. Hier "Zynismus" des Bloggens. Im Extrem schafft sich der "geistvolle", "creative" Schreiber seine eigene (schlecht kommunizierte) Sprache, die der gebildete Konsument bestenfalls zu 50% versteht. (Und mit wachsendem inneren Widerstand nimmst Du als naiver Konsument die Mühe auf Dich, in diese Sprachen einzudringen, um wenigstens an diese 50 % heran zu kommen.)
So, das mußte ich mal anläßlich dieser dämlichen Verwendung von "Zynismus" loswerden. Im übrigen wollte ich nicht sagen, daß Lovink ein typischer Vertreter des von mir erwähnten und gehaßten Rundköpfe-/Spitzköpfe-Jargons ist.
Mein Eindruck ist, daß Lovinks Betrachtung des Bloggens, wie fast alle mir bekannten derartigen Betrachtungen, krankt an der schlechten Abstraktheit, mit der auf das Subjekt dieses Prozesses, den Blogger, die Bloggerin Bezug genommen wird.
Mag sein, daß die ersten Buchdrucker Nerds des Buchdrucks waren, ebenso, daß (immer noch) ein Gutteil der Leute, die sich im Web rumtreiben, Netzwesen sind. Ich gestehe auch ein, daß die mächtige Entwicklungsdynamik des Netzes uns alle ein wenig zu Netzwesen macht. Im Grunde aber bin ich ein soziales, vielleicht sogar parteiisches, Wesen, das bestrebt ist, mit seinem Bloggen Zwecke zu verwirklichen bzw. hier zumindest den Reiz von Möglichkeitsfeldern, Zukunftspotentialen spürt und ihm nachspürt.
http://axonas.twoday.net/stories/2209057/#2215624
Julio Lambing - Do, Jun 22, 2006
Danke für den Hinweis,
dass die Lettre jetzt einen Auszug online gestellt hat. Link habe ich eingebaut.
http://axonas.twoday.net/stories/2209057/#2219235
marsellus - Fr, Jun 23, 2006
Was mich am meisten an diesem Text (oder den Auszügen, den Text les ich noch) stört, ist die Verallgemeinerung des Mediums Blog. Ich kann es nicht oft genug wiederholen: BLogs sind ein Medium. Man kann nicht alle in einen Topf werfen und ihnen gerechtwerdend analysieren. Auch nicht auf knapp 6 großen Lettre-Seiten.
Der Zwarwald ist ein Blog, 500Beine ist ein Blog, Netzpolitik ist ein Blog und Techcrunch ist auch ein Blog. Werden alle diese Ausprägungen in dem Text ansprechend gewürdigt? Soweit ich das sehen kann nicht. Lovink bezieht sich größtenteils auf eine spezielle Art der Blogs- die zugegebenermaßen zu den am weitverbreitesten zählt (wahrscheinlich quantitativ auf Platz 2 direkt hinter den teeny-I hate my parents-blogs). Wenn man aber von 'Bloggern' und 'Blogs' im Ganzen spricht und dann deren Verhalten und Inhalte analysiert, hat man, meiner Ansicht nach, nicht sonderlich viel verstanden. Lovink hätte gut daran getan seine Analyse auf Medienwatchblogs und dergleichen zu beschränken.
Neben wirklich guten Gedanken macht er sich so aber lächerlich. So lächerlich nämlich wie jemand, der eine Analyse über 'Periodika' schreiben will, und dabei die 'Lettre International', die 'Zeit', die 'SZ', die 'Titanic' und die 'Bild' in einen Topf wirft und allen implizit die gleichen Ziele und gleichen Umgang mit Inhalten unterstellt. Und dabei ein Zukunftsbild entwirft, das für alle gleich aussieht, ungeachtet ihrer teils frappierenden Unterschiede.
Und da wären wir auch beim Nächsten: Der Hype der Blogs wird irgendwann zu Ende gehen, ja. Aber das wird nicht das Ende des Mediums Blog bedeuten. Das wird erst mit dem Ende des Internets kommen. Alles andere zu glauben, wäre äußerst töricht.
Denn letzten Endes steht das Wort 'Blog' als Synonym für nichts anderes als konstantes Veröffentlichen von Content im Netz....
Der Zwarwald ist ein Blog, 500Beine ist ein Blog, Netzpolitik ist ein Blog und Techcrunch ist auch ein Blog. Werden alle diese Ausprägungen in dem Text ansprechend gewürdigt? Soweit ich das sehen kann nicht. Lovink bezieht sich größtenteils auf eine spezielle Art der Blogs- die zugegebenermaßen zu den am weitverbreitesten zählt (wahrscheinlich quantitativ auf Platz 2 direkt hinter den teeny-I hate my parents-blogs). Wenn man aber von 'Bloggern' und 'Blogs' im Ganzen spricht und dann deren Verhalten und Inhalte analysiert, hat man, meiner Ansicht nach, nicht sonderlich viel verstanden. Lovink hätte gut daran getan seine Analyse auf Medienwatchblogs und dergleichen zu beschränken.
Neben wirklich guten Gedanken macht er sich so aber lächerlich. So lächerlich nämlich wie jemand, der eine Analyse über 'Periodika' schreiben will, und dabei die 'Lettre International', die 'Zeit', die 'SZ', die 'Titanic' und die 'Bild' in einen Topf wirft und allen implizit die gleichen Ziele und gleichen Umgang mit Inhalten unterstellt. Und dabei ein Zukunftsbild entwirft, das für alle gleich aussieht, ungeachtet ihrer teils frappierenden Unterschiede.
Und da wären wir auch beim Nächsten: Der Hype der Blogs wird irgendwann zu Ende gehen, ja. Aber das wird nicht das Ende des Mediums Blog bedeuten. Das wird erst mit dem Ende des Internets kommen. Alles andere zu glauben, wäre äußerst töricht.
Denn letzten Endes steht das Wort 'Blog' als Synonym für nichts anderes als konstantes Veröffentlichen von Content im Netz....
http://axonas.twoday.net/stories/2209057/#2226401
Julio Lambing - Sa, Jun 24, 2006
Nochmal zum Thema Appetizer
Es ist einfach unglücklich, wenn ich jetzt Geert Lovinks Text verteidigen müssen sollte, weil ich nicht die zentralen Thesen referierte, sondern ein paar provozierende Formulierungen. Die oben auffgeführten zweischneidigen Urteile sollten neugierig machen, mehr nicht. Sie sind für Lovinks zentrale These nicht wichtig.
Zudem bin ich immer dafür, die ersten Schritte einer generalisierten theoretischen Einschätzung wohlwollend zu betrachten, zumal wenn das Tentative bei der Partie-Eröffnung offensichtlich wird:
"Laut der neuesten, groben Schätzung von Blogherald gibt es heute weltweit rund 100 Millionen Blogs, und es ist nahezu unmöglich, eine allgemeine Einschätzung über ihre „Natur“ abzugeben oder sie in präzise Genres zu unterteilen. Doch ich werde eben dies versuchen. Es ist von strategischer Bedeutung, kritische Kategorien einer Theorie des Bloggens zu entwickeln, die die spezifische Mischung aus Technologie, Schnittstellendesign und Software-Architektur berücksichtigen."
Und zu versuchen, ausgehend von einer bestimmten Technik ("Spezialeffekt einer Software") und strukturellen Eigenschaften eine Einschätzung zu wagen, halte ich ebenfalls für legitim: "Es ist falsch, Blogs anhand ihrer Inhalte zu beurteilen. Die Medientheorie ist nie so verfahren und sie sollte auch in diesem Fall darauf verzichten."
Immerhin habe ich jetzt schon von einer Handvoll Menschen gehört, die sich ähnlich wie du den Text besorgen wollen. Der Lettre-Vertrieb wird also in den nächsten Wochen angesichts der Tausenden oder Zehntausenden oder Hundertausenden Blogs unter den Ansturm der Käufer zusammenbrechen. So bedeutsam ist die Blogosphäre schon.
Zudem bin ich immer dafür, die ersten Schritte einer generalisierten theoretischen Einschätzung wohlwollend zu betrachten, zumal wenn das Tentative bei der Partie-Eröffnung offensichtlich wird:
"Laut der neuesten, groben Schätzung von Blogherald gibt es heute weltweit rund 100 Millionen Blogs, und es ist nahezu unmöglich, eine allgemeine Einschätzung über ihre „Natur“ abzugeben oder sie in präzise Genres zu unterteilen. Doch ich werde eben dies versuchen. Es ist von strategischer Bedeutung, kritische Kategorien einer Theorie des Bloggens zu entwickeln, die die spezifische Mischung aus Technologie, Schnittstellendesign und Software-Architektur berücksichtigen."
Und zu versuchen, ausgehend von einer bestimmten Technik ("Spezialeffekt einer Software") und strukturellen Eigenschaften eine Einschätzung zu wagen, halte ich ebenfalls für legitim: "Es ist falsch, Blogs anhand ihrer Inhalte zu beurteilen. Die Medientheorie ist nie so verfahren und sie sollte auch in diesem Fall darauf verzichten."
Immerhin habe ich jetzt schon von einer Handvoll Menschen gehört, die sich ähnlich wie du den Text besorgen wollen. Der Lettre-Vertrieb wird also in den nächsten Wochen angesichts der Tausenden oder Zehntausenden oder Hundertausenden Blogs unter den Ansturm der Käufer zusammenbrechen. So bedeutsam ist die Blogosphäre schon.
http://axonas.twoday.net/stories/2209057/#2230494
Trackback URL:
http://axonas.twoday.net/stories/2209057/modTrackback
Vergangenheitsreferenzierender Standpunkt?
Und nach denen scheint mir der Blickwinkel der Sache nicht ganz gerecht zu werden: Schreibt Lovink nicht, obwohl einen "Netzaktivisten" vorgebend, aus der Perspektive der traditionellen Mediengesellschaft, aus der des "öffentlichen Intellektuellen des 20. Jahrhunderts"?
Dieses ist aber, ein einfacher Blick auf den Kalender beweist es, vorbei. Schon mit dieser Feststellung scheinen zahlreiche der Vorwürfe gegenstandslos zu werden. Wobei eine der Anklagen von besonderer Lächerlichkeit ist:
" "
Gleiches ließe sich über den Buchdruck sagen - hätte ihn irgendwer vor dessen Erfindung für notwendig gehalten? Hat ihn irgendwer bestellt? Ich denke, die Antwort muss in beiden Fällen "nein" lauten, womit von dieser Aussage außer einer weiteren Nebelkerze nichts übrigbleibt.
Das ist immer das Problem mit Appetizer
Hat man den ganzen Text zur Verfügung, dann habe zumindest ich nicht den Eindruck, dass Lovink die vielbeklagte Perspektive der traditionellen Mediengesellschaft wählt. Er lässt sich aber auch nicht durch durch die hauseigene Rechtfertigungslyrik beeindrucken. Das bedeutet aber nicht, dass seine Analyse dadurch richtiger wird.
Die Passage des von dir aufgegriffen Satzes lautet übrigens:
>>Netzzynismus hingegen ist offen und freimütig, zuallererst gegenüber sich selbst. Die Anwendung "Blog" ist eine Ware mit einem klaren Verfallsdatum. Spokker Jones: "In vierzig Jahren wird das Internet in einer gigantischen Implosion der Dummheit kollabieren. Dann möchte ich sagen können: Ich bin dabeigewesen!" Es wird gesagt, daß der neue Netzzynismus den Weg frei gemacht habe für Websites wie Netslaves.com, die "Horrorgeschichten über Netz-Arbeit" gewidmet ist. Sie stellt den Resonanzboden für alle jene, die "verheizt werden von der Inkompetenz, den schwachsinnigen Planungen und dem hysterischen Management der Neue-Medien-Unternehmen". Exibitionismus ist eine Selbstermächtigung. Laut zu sagen, was man denkt oder fühlt, ist gemäß des De Sadeschen Vermächtnisses nicht nur eine Option - im liberalen Sinn einer Wahlmöglichkeit - , sondern geradezu eine Verpflichtung. Es ist ein unmittlebarer Drang zu Replik, der Wille, gehört zu werden , um mit anderen da draußen zusammen zu sein.
Im Kontext des Internet ist es nicht das Böse, wie Rüdiger Safranski vorgeschlagen hat, sondern das Triviale, das das "Drama der Freiheit" ausmacht. Wie Beaudrillard sagt: "Alle unsere Werte sind simuliert. Was ist Freiheit? Die Wahl, das eine oder das andere Auto zu kaufen?" Wenn man Baudrilliard weiter folgt, könnte man sagen, daß Blogs ein Geschenk an die Menschheit sind, das niemand braucht. Das ist der eigentliche Schock. Hat irgendwer die Entwicklung der Blogs bestellt? Es ist unmöglich Blogs zu ignorieren und weiterhin den bequemen Lebenstil eines "öffentlichen Intellektuellen" des 20.Jahrunderts zu genießen. Wie Michel Houellebecq sind auch die Blogger durch ihre inneren Widersprüche gefangen in einem Land ohne Ausweg. Die Londoner Times hat bemerkt, dass Houllebecq "aus innerer Entfremdung schreibt. Seine angeschlagenen männlichen Helden gehen mit der Vernachlässigung durch ihre Eltern um, indem sie sich selbst Liebesbeziehungen vorenthalten; sie projezieren ihre Kälte und Einsamkeit auf die Welt." Blogs sind die perfekten Projektionsflächen für ein solches Unterfangen.<<
Abgesehen davon, dass ich keinen blassen Schimmer von Houellebecq habe und mich auch nicht als Experte für das Weblog-Phänomen einschätze (ich nutze es eher parasitär), halte ich das nicht für die beste Durchdringung des Themas, es macht aber vielleicht deutlicher, dass sich Lovink in einem anderem Fahrwasser bewegt, als das von dir angesprochene. Was aber nicht heisst, dass er nicht dennoch auch wohlfeile Klischees bemüht. Aber dazu ein andermal mehr.
Dann muss ich wohl oder übel...
Denn zumindest der Netzzynismus scheint mir jetzt wesentlich nachvollziehbarer - da will man sich den Rest nicht entgehen lassen.
Vielen Dank übrigens fürs Abtippen und zitieren!