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Armut in NRW nimmt weiter zu

NRW-Ministerium legt Sozialbericht 2007 vor

Von Nina Magoley

Die Armut in NRW weitet sich aus. Rund 2,6 Millionen Menschen sind arm und haben weniger als 615 Euro im Monat zur Verfügung. Im Sozialbericht 2007, den Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) am Mittwoch (09.05.07) vorstellte, zeichnen die aktuellen Zahlen ein Bild, das nicht gerade hoffen lässt.

Sozialminister Karl-Josef Laumann; Rechte: dpaBild vergrößern

Sozialminister Karl-Josef Laumann

14,3 Prozent der Bevölkerung in NRW gelten dem Bericht zufolge als "einkommensarm": Ihr Einkommen beträgt weniger als die Hälfte des Durchschnittseinkommens der Gesamtbevölkerung in NRW. Im Jahr 2005 lag die Armutsgrenze bei 615 Euro. Der Trend dabei weist, verglichen mit dem ersten Sozialbericht von 2004, eindeutig nach unten. Besonders für Kinder, Alleinerziehende, Zuwanderer und Langzeitarbeitslose hat sich die Situation deutlich verschlechtert. Als reich gilt dagegen, wer pro Jahr ein Bruttoeinkommen ab rund 79.300 Euro vorweisen kann.

Besonders Kinder sind betroffen

Fast jedes vierte Kind unter 18 Jahren lebt in einem einkommensarmen Haushalt. Familien mit zwei Kindern unter 14 Jahren sind bei einem Einkommen von weniger als 1.661 Euro inklusive Kindergeld einkommensarm. Familien mit vier Kindern unter 14 Jahren bei weniger als 2.276 Euro. Mit 43 Prozent sind Alleinerziehende und kinderreiche Familien besonders von Armut betroffen. "Kinder dürfen kein Armutsrisiko sein", betonte der Minister. Bis 2010 werde deshalb das Betreuungsangebot für Unter-Dreijährige von derzeit 2,8 auf 20 Prozent ausgebaut. Altersarmut ist in NRW noch kein großes Thema: 6,8 Prozent der älteren Menschen sind arm. Laumann befürchtet eine Zunahme in den kommenden Jahren.

Bessere Berufschancen auch für Zuwandererkinder

Kind und Lehrerin beim Sprachtest; Rechte: dpaBild vergrößern

Sprachtest bei Vierjährigen

Ebenfalls überdurchschnittlich von Armut betroffen sind Zuwanderer. Sie machen rund die Hälfte der als arm eingestuften Bevölkerung in NRW aus. Ein Drittel der insgesamt vier Millionen Migranten lebt unterhalb der Armutsgrenze, unter der türkischstämmigen Bevölkerung sind es sogar fast 44 Prozent. Der in diesem Jahr neu eingeführte allgemeine Sprachtest für Vierjährige sei da schon eine "effektive Maßnahme", sagte Minister Laumann, um Defizite zukünftig rechtzeitig zu erkennen und zu beheben. Ziel seien bessere Chancen auf einen erfolgreichen Berufsstart auch bei Kindern aus Zuwanderer-Familien.

Ohne Bildung kaum Einkommen

Als einen der häufigsten Faktoren der Armut nennt der Bericht mangelnde Bildung. So hat fast die Hälfte aller Einkommensarmen überhaupt keinen beruflichen Abschluss. Und die Aussichten auf Besserung sind gering: Rund ein Viertel aller NRW-Einwohner im erwerbsfähigen Alter hat keinen Abschluss, bei den zwanzigjährigen sind es sogar 35,8 Prozent - deutlich mehr als noch vor zehn Jahren. Ziel müsse daher sein, erklärte Laumann, Kindern aus sozial schwachen Milieus eine gute Teilhabe an Bildung zu ermöglichen. Auf diese Weise könnten sie "den Teufelskreis" verlassen.

Die Verteilung der Armut weist starke regionale Unterschiede auf. Das Armutsrisiko ist im Ruhrgebiet und den Großstädten Köln, Wuppertal und Bielefeld hoch. Während ländliche Regionen und das Umland von Köln und Bonn weniger betroffen sind, heißt es im Bericht.

Hartz IV hat die Lage verschärft

Dass sich die Situation durch die Einführung der Hartz IV-Gesetze verschärft hat, zeigt sich auch in dieser Erhebung. So lebten im vergangenen Jahr 1,69 Millionen Menschen in NRW von Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld - ein Fünftel davon Kinder. Vor der Hartz IV-Einführung waren es noch 1,18 Millionen. Ein weiteres Problem, das nicht nur den Einzelnen sondern auch eine gesamte Volkswirtschaft betrifft: Wer arm ist, kann kein Geld auf die Bank legen. So liegt der Anteil der Haushalte, die über keinerlei Erspartes, keine Rücklagen verfügen, bei 16,4 Prozent.

Arbeitseinkommen reicht oft nicht aus

Armer Mann guckt in eine Mülltonne; Rechte: dpaBild vergrößern

Mehr Armut durch Hartz IV

Als positiven Lichtblick nennt der Bericht die Entwicklung am Arbeitsmarkt. Innerhalb eines Jahres ist die Zahl der Arbeitslosen in NRW von über einer Million auf jetzt 892.000 zurückgegangen. Dennoch dürfe diese Zahl nicht darüber hinwegtäuschen, dass bei mehr als jedem sechsten Vollzeit-Alleinverdiener mit Kindern das Arbeitseinkommen nicht ausreiche, um dem Armutsrisiko zu entgehen. Grund ist eine deutliche Zunahme von gering bezahlten Teilzeitjobs. Laumann kündigte an, gegen "sittenwidrige Löhne" vorzugehen.

Wohlfahrtsverbände appellieren an Kommunen

Als Reaktion auf den Armuts- und Reichtumsbericht erklärten die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege, Armut sei in NRW "alltägliche Realität". Der Kölner Diözesan-Caritasdirektor Frank Johannes Hensel rief Kommunen und Land auf, für alle Kinder bezahlbares Mittagessen an den Ganztagsschulen zur Verfügung zu stellen. Kommunen sollten für einkommensarme Familien eine vergünstigte Teilnahme an Bildungs-, Kultur und Freizeitaktivitäten ermöglichen. Er appellierte zugleich, die Regelsätze bei Hartz IV zu erhöhen. So stünden derzeit für das Mittagessen eines zehnjährigen Kindes pro Tag 2,55 Euro zur Verfügung, benötigt würden mindestens vier Euro. Barbara Steffens von den Grünen im Landtag kritisierte, Minister Laumann fehle ein Handlungskonzept zur Reduzierung der Kinderarmut. Dazu gehöre ein erfolgreiches Schulsystem, das armen Kindern Unterrichtsmaterialien und Schulbücher kostenlos bereitstellt. Der stellvertretende Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Rudolf Henke, begrüßte Laumanns Ankündigung Laumann, dass der Sozialbericht Eingang in die politische Diskussion finden werde.

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Stand: 09.05.2007, 11:28 Uhr


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