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Biographie: Wer war Erich Mielke?

 

Das Leben des mächtigen und gefürchteten Chefs der "Staatssicherheit" der DDR

 

Foto: "MfS", Text: Gerald Praschl

 

„Ich liebe doch alle ...", stammelte Erich Mielke am 13.November 1989 in seiner ersten und letzten Rede vor der DDR-Volkskammer (seit 1958 saß er in diesem "Parlament" der DDR, 31 Jahre lang ohne ans Rednerpult zu treten). Der Rest ging im Gelächter unter. Seit fünf Tagen war er nicht mehr Chef des "Ministeriums für Staatssicherheit" (MfS) der DDR. Nun lachte man über ihn, es war wie eine Befreiung. Denn in den 32 Jahren, in denen er Stasi- Minister war, verging der DDR fast das Lachen. Mit 90 000 Offizieren und einem Heer von 170 000 verdeckten Spitzeln, deren Identität und Wirken 180 Kilometer Stasi-Akten dokumentieren, die heute von der "Behörde des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR" (BSTU) verwaltet und veröffentlicht werden, hatte sich Mielkes  "Staatssicherheit" wie ein Krebsgeschwür in den kranken Körper der DDR gefressen.

 

„Genossen, wir müssen alles wissen", war die Devise. Systematisch überwachte das MfS alle Bereiche der Gesellschaft. Um ins Visier zu kommen, reichten oft Kleinigkeiten: Manchmal schon der freche Witz oder Briefkontakt zur West-Verwandtschaft. „Antragsteller", Menschen, die die DDRverlassen wollten, wurden verfolgt wie Schwerverbrecher. 180 000 Menschen landeten in 40 Jahren DDR aus politischen Gründen hinter Gitter. Viele Opfer dieses Willkür-Regimes, vor allem in den besonders blutigen 50er Jahren, bezahlten ihre Haft mit dem Tod. "Kurzer Prozess, Genossen -Hinrichtung- weil ich Humanist bin" - fasste Mielke das in einer überlieferten Rede, die er 1981 hielt, zusammen.

 

Das MfS war aber noch mehr als nur „Schild und Schwert" der Partei. Oft genug ging es nur darum, die ganz persönliche Macht Mielkes zu sichern. Belegt ist zum Beispiel, dass er auch hohe SED-Funktionäre wie Politbüro- Mitglied Herbert Häber, der Annäherung an den Westen suchte, überwachen ließ. Mit westlichen Luxusgütern, bezahlt durch Devisen, die das MfS mit Menschen- und Waffenhandel organisierte, machte er sich die Parteispitze  und die eigenen Generäle gefügig. Auf dem vom MfS bezahlten Landsitz Wolletz feierte er mit seinen Vertrauten barocke Feste. Sein Wohnhaus im Politbüro-Ghetto in Wandlitz bei Berlin besaß auf seinen eigenen Wunsch einen Dienstboten-Eingang.

 

Nur hin und wieder trank er Alkohol, jeden morgen um sechs ging er schwimmen, Liebschaften neben seiner Frau Gertrud hatte er keine, sein Arbeitstag währte täglich 14 Stunden. Im spanischen Bürgerkrieg, wo er auf der Seite der Internationalisten kämpfte, mag er in Wahrheit politisch "Abtrünnige" Genossen "feige hinter der Front liquidiert" haben (von  Biermann, vieles spricht dafür, schlüssige Beweise fehlen). Die Weltkriegsjahre jedenfalls verbrachte er in Frankreich, die meiste Zeit als Angehöriger der "Organisation Todt", ob als Gefangener oder als Freiwilliger (ersteres wahrscheinlicher).

 

Jedenfalls war das in den Augen der aus dem Moskauer Exil stammenden Ulbricht-Truppe, die nach 1945 in Stalins Auftrag in Ost-Berlin die Macht übernahm, ein zweifelhafter Lebenslauf. Diese Zweifel glich Mielke,  beginnend als kleiner Polizeichef in Berlin-Lichtenberg, schnell durch besondere Skrupellosigkeit aus.Im 1950 gegründeten MfS wurde er "Staatssekretär" und zweiter Mann, 1953 überlebte er die Schlappe des 17. Juni und eine darauf folgende Welle der Säuberung gegen "korrupte Elemente", 1957 wurde er "Minister für Staatssicherheit". In 33 Jahren in dieser Funktion machte er diesen Apparat, der als "Schutzorgan der Partei" gegründet worden war, zur allumfassenden Überwachungsmaschine. Ohne diesen totalen Überwachungsapparat, ohne die konkrete Todesdrohung gegen alle Gegner des Kommunismus, wäre das System vom ersten Tag an nicht lebenfähig gewesen.

 

Vier Jahre saß Mielke nach der Wende in Haft. Verurteilt wegen des Mordes an zwei Polizisten, den er als junger Mann 1931 im Auftrag des Kommunistischen Partei in Berlin beging.Alle Verfahren wegen seiner Taten als Stasi-Chef wurden eingestellt, weil er nicht mehr verhandlungsfähig war.Als er am 21. Mai 2000 im Berliner Altersheim „Kyritz" friedlich im Bett stirbt, gilt er nicht mal als vorbestraft. Das Polizistenmordurteil ist 1997 aus dem Strafregister gelöscht worden. Streng nach § 24 des Bundeszentralregistergesetzes: „Eintragungen, die eine über 90 Jahre alte Person betreffen, werden aus dem Register entfernt". Beerdigt wird Mielke am 10. Juni 2000 auf dem Friedhof in Berlin-Friedrichsfelde.

 


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