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Post Scriptum Info-Board >> Verbrecher und Verbrechen gegen das Deutsche Volk > Deutsche ZIVILISTEN als Internierte in den USA
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Schwabe Männlich
... und Patriot.
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MnemoMeister



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#1 | Freitag, 21. September 2007 (7:27) | profil | email | nMail | hp | ip | suchen |


Zitat:

Verweigerte Gerechtigkeit

Über deutsche und andere europäische Insassen in US-Konzentrationslagern


Von John Tiffany

Dass die deutschen Nationalsozialisten Menschen zu Tausenden in Konzentrationslager sperrten, ist allgemein bekannt.
Dass die Konzentrationslager bereits von den Briten im Burenkrieg zur Brechung des Widerstandes
der Buren eingesetzt wurden, sieht so mancher als Indiz, dass die Briten die "KZ's" erfunden haben.
Tatsächlich jedoch sind es wahrscheinlich die Nordstaaten der USA, die diese historischen Erfinder-"Lorbeeren" ernten dürfen,
schufen sie doch während des US-Bürgerkrieges bereits KZ's für Südstaatler und deren Sympathisanten.

Leider wurde diese traurige Tradition während des Zweiten Weltkrieges wieder aufgegriffen, und zwar nicht nur
zur Internierung vieler japanisch-stämmiger US-Bürger, sondern, und das ist heute allgemein vergessen,
hauptsächlich zur Internierung ungezählter Tausender von US-Bürgern deutscher Abstammung.
Dies ist ein düsteres Kapitel aus der Vergangenheit der Vereinigten Staaten, das aus dem Buch der
Geschichte
getilgt worden und in einem Orwellschen "Gedächtnis-Loch" verschwunden ist - bis heute.



An einem Apriltage des Jahres 1942 schwänzte der damals vierzehnjährige Claude Turner aus Gloucester, New Jersey,
die Schule, um an der South King Street die Ankunft einer neuen Gruppe von "Deutschen" zu beobachten.
Die Ankömmlinge waren allerdings keine Kriegsgefangenen, die in ein nahegelegenes Lager geschafft werden sollten;
sie waren US-Zivilisten, die als »feindliche Ausländer« etikettiert worden waren und vor dem Abtransport in ein Internierungs-
-Zentrum des "Immigration and Naturalization Service" (Einwanderungs- und Einbürgerungsbehörde) standen.

Claude Turner, der für die Armee noch viel zu jung war, wollte sich diese "Feinde",
wie seine Familie sie zu nennen pflegte, persönlich ansehen.
Das Schauspiel, dem er beiwohnte, verwirrte ihn.
Ein Dutzend Männer und Frauen, die nach mehreren auf Polizeiposten oder Ämtern der Einwanderungsbehörde verbrachten Nächten
ermattet und ungepflegt aussahen, schleppten unter dem wachsamen Auge örtlicher Polizeibeamter Koffer und sonstige Gepäckstücke.
Die meisten waren elegant gekleidet: die Frauen trugen Katun-Kleider, die Männer Krawatten und Hüte.
Einige lächelten tapfer, andere machten finstere und trotzige Gesichter, doch die meisten wandten ihre Augen gedemütigt ab.

Der junge Claude war enttäuscht.
Er hatte gehofft, wilde, brandgefährliche Nazis zu sehen, die Parteiparolen brüllten oder deutsche Märsche grölten,
nicht verlegene, ganz normal aussehende Leute, die ihre Siebensachen in ein Konzentrationslager schleppten.
Als er sich nach der Schule zu seinen Kameraden gesellte und diese wissen wollten, was er von den Internierten dachte, erwiderte er:

»Sie waren ganz gewöhnliche Leute wie ihr und ich. Irgendwie scheint es einfach nicht gerecht

Der oft zitierte Mann auf der Straße hat viel über in den USA ansässige japanische Staatsbürger und amerikanische
Bürger japanischer Herkunft gehört, die während des Zweiten Weltkriegs in Internierungslager gesperrt worden sind.
Doch dank Arnold Krammers Buch Undue Process. The Untold Story of America's German Alien Internees
kennen wir nun auch den zweiten Teil der Geschichte.
Es ist nämlich weithin unbekannt, dass die Mehrheit der im Zweiten Weltkrieg
in Amerika internierten Europäer und Amerikaner europäischer Abstammung waren.
Unter ihnen befanden sich auch Matrosen fremder Schiffe, die in amerikanischen Häfen vor Anker lagen.


http://img.photobucket.com/albums/v637/merlin61/Bucheinband/UndueProcess-ArnoldKrammer.gif
Arnold Krammer, Undue Process: The Untold Story of America's German Alien Internees, 209 S.,
Rowman and Littlefiled, Lanham, Maryland 1997, ISBN: 0847685187, Listenpreis: $27.95; Amazon: $19.57


Deutscher Titel: Die internierten Deutschen. 'Feindliche Ausländer' in den USA 1941 - 1947 * Klick *



Ein weiterer Punkt:
Während sämtliche japanisch-stämmigen US-Bürger bis zum Juni 1946 auf freien Fuß gesetzt wurden, mussten
sich etliche Europäer sowie europäisch-stämmige US-Bürger bis Juli 1948 "gedulden", ehe man sie freiließ.

Krammer hält fest, dass seitens der Verantwortlichen offensichtliche Vertuschungsversuche unternommen wurden.
Offiziell wird nämlich behauptet, in den ehemaligen Lagern, die dank dem Public Law 102-48 historische Bekanntheit erworben haben,
hätten sich ausschließlich Japaner befunden, und ein amtlicher Bericht über die Internierungen der Kriegszeit, der den Titel Justice Denied
(Verweigerte Gerechtigkeit) trägt, ist irreführend, denn er enthält keine Zeugenaussagen europäischer und europäisch-stämmiger
Ex-Insassen dieser Lager; desgleichen fehlen Aussagen hochrangiger Beamter, die für ihre Internierung verantwortlich waren.

In der an die Geschichte von Alice im Wunderland gemahnenden Welt, in der wir heute leben, will man uns weismachen,
die Japaner seien Opfer von "Rassenhass" gewesen; man habe sie nur zusammengetrieben und in Lager gesperrt,
weil sie eine unter Weißen und Schwarzen lebende, leicht identifizierbare Minderheit gebildet hätten.

Wie Krammer in seinem aufrüttelnden Buch nachweist, begannen jedoch die Verhaftungen legal in den USA lebender Deutscher, sowie
amerikanischer Bürger deutschen Ursprungs bereits am 7. Dezember 1941, also vier Tage vor der Kriegserklärung Berlins an Washington.
Die durch den Präsidenten-Erlass 9066 ausgelöste Massenverhaftung von Japanern setzte hingegen erst im Februar 1942 ein.
Vor jenem Zeitpunkt waren einige hundert Japaner individuell vom FBI festgenommen worden.

Durch den Civil Liberties Act (Erlass über zivile Freiheiten) von 1988 wurde allen Japanern
- einschließlich der vor dem Februar 1942 verhafteten - eine Entschädigung zugestanden.
Fairerweise müssten die Vereinigten Staaten dann auch eigentlich die Deutschen entschädigen,
denen dasselbe widerfuhr, argumentiert Krammer.


Der Verfasser berichtet, dass Generalstaatsanwalt Francis Biddle gerade in Detroit eine Rede hielt, als die Japaner am 7. Dezember 1941
in Pearl Harbor zu schlugen. Aufgewühlt und tiefbesorgt kehrte er in sein Büro nach Washington zurück und entdeckte dort,
dass seine Assistenten bereits die erforderlichen Befehle zur Internierung feindlicher Ausländer vorbereitet hatten.
Wie Krammer darlegt, war wundersamerweise eine ganz erhebliche Anzahl
solcher Ausländer unmittelbar vor dem japanischen Angriff verhaftet worden.


Das Internierungsprogramm und die Massenverhaftungen stellen einen bedrohlichen Präzedenzfall für die Zukunft Amerikas dar.
Wenn eine US-Regierung geheime Listen mit den Namen Tausender von amerikanischen Bürgern sowie legal in den USA ansässigen Ausländern
anlegt, die auf bloßen Verdacht in Internierungslagern zusammengepfercht werden, so steht dies in krassem Widerspruch zur US-Verfassung.

Den Opfern dieser Willkür-Politik blieb die Ironie der Situation keineswegs verborgen.
Amerika zog angeblich für die Demokratie und die berühmten "vier Freiheiten" zu Felde:
Die "Freiheit von Furcht", die "Freiheit von Not", die "Freiheit des Glaubens" und die "Freiheit der Rede und Meinungsäußerung" [1].
Gleichzeitig bemühten sich Zeitschriften und Zeitungen fieberhaft, die Kriegsziele der Nation zu definieren, während Hollywoods
Propagandisten alle Register zogen
, um die öffentliche Meinung mittels Dutzenden martialischer Filme auf den Krieg einzustimmen.
(Anm.: Bis heute sind es v.a. die Hollywoodschinken von Spielberg & Co., welche die Nazis / Deutschen gern und oft "thematisieren".)

Jedes einzelne Medien-Organ rühmte sich, für die Freiheit sowie für das Recht unterdrückter Völker auf Widerstand gegen die Tyrannei einzutreten.
Fernen Verbündeten zuliebe schickten die USA ihre Söhne in den Krieg und opferte immense Reichtümer,
immer mit der Begründung, es gelte die Sache der Freiheit und der Demokratie zu verteidigen.
Kritisch denkenden Menschen muß der flagrante Widerspruch zwischen dem angeblichen Kreuzzug für die Freiheit
im Ausland und der Unterdrückung individueller Freiheiten im eigenen Lande schmerzlich bewusst gewesen sein.

Krammers Berechnungen zufolge wurden während des Krieges 31.275 Angehörige feindlicher Staaten interniert, nämlich 18.849 Japaner,
10.905 Deutsche, 3.278 Italiener, 52 Ungarn, 25 Rumänen, fünf Bulgaren und 161 Bürgern anderer europäischer Länder.

Diese Zahlen schließen freilich amerikanische Ehefrauen und andere
Familienangehörige nicht mit ein, die den Internierten in die Lager folgten.

Man brauchte noch nicht einmal amerikanischen Boden betreten zu haben, um
Handschellen angelegt zu bekommen und in ein US-Lager abtransportiert zu werden:
Viele Deutsche und Japaner wurden in verschiedenen lateinamerikanischen Ländern verhaftet
und in die USA verschleppt, um der Washingtoner Regierung als Geiseln zu dienen.

In einem unweit des texanischen Crystal City gelegenen Konzentrationslager waren
die meisten Insassen Japaner, die von der Westküste der USA oder aus Südamerika stammten.
Es gab dort auch 800 Deutsche aus allen möglichen Staaten Lateinamerikas:
Bolivien, Peru, Costa Rica, Nicaragua, Guatemala und der Dominikanischen Republik.
Unerklärlicherweise saßen in jenem Lager auch 300 indonesische Seeleute ein,
die man von einem in New York eingelaufenen holländischen Schiff hierher verschleppt hatte.

Erwähnenswert ist, dass deutsche Juden und nationalsozialistischer Sympathien Verdächtigte
zusammen mit unpolitischen Deutschen kunterbunt durcheinandergemischt in denselben Lagern landeten.
(Anm.: Interessant wäre sicher auch zu erfahren, ob "Stolz auf seine Abstammung" bereits politisch ist?)


Unter den aus Lateinamerika her-geschafften Deutschen befanden sich 81 Juden.
(Die meisten lateinamerikanischen Länder waren nicht eigens darauf bedacht, Juden festzunehmen, doch laut Krammer sorgten in Panama und Britisch-Honduras - heute Belize - antisemitische Beamte dafür, dass sich unter den Uncle Sam zuliebe Verhafteten möglichst viele Juden befanden.)
Offenbar ging man von der Annahme aus, deutsche Juden könnten möglicherweise Spione oder Agenten der NS-Regierung sein.

Aus Deutschland emigrierte oder sonstwie verdächtige Juden wurden in das Balboa Center
(Panamakanalzone) geschickt, wo sie von Angehörigen der US-Armee verhört wurden.

Anschließend kamen sie zu den anderen Juden und deren Familien,
die über eine große Anzahl von Lagern verstreut waren:
Seagoville, Stringtown, Camp Blanding/Florida sowie Fort Oglethorp/Georgia.
Die beiden letztgenannten Lager dienten der Aufnahme von Kriegsgefangenen
sowie nationalsozialistischen Sympathisanten und wurden von der Armee geleitet.

http://img.photobucket.com/albums/v637/merlin61/Diverse/WachturmeinesUS-KLfrDeutsche.jpg
Ein Wachturm eine US-Konzentrationslagers für Deutsche
hebt sich kontrastreich gegen einen bunten Himmel ab.



Nach Kriegsende wusste man in Washington nicht so recht, was man mit den aus Lateinamerika in die USA Entführten tun sollte.
Im Gegensatz zu in den Vereinigten Staaten selbst festgenommenen feindlichen Ausländern
wurden erstere detainees - "Festgehaltene" - und nicht internees - "Internierte" - genannt.
Dadurch sollte wohl der Eindruck erweckt werden, sie seien irgendwohin unterwegs gewesen und von den amerikanischen
Behörden am Weiterreisen gehindert worden, während man sie doch recht eigentlich gekidnappt hatte, meint Krammer.

In einem am 6. Januar 1946 erschienenen Artikel befand die New York Times, es sei völlig legal gewesen,
Ausländer aus fremden Staaten kidnappen und in die USA verschleppen zu lassen:

»Die Tatsache, daß möglicherweise Gewalt angewendet wurde, um vermutliche Nazi-Sympathisanten zum
Zwecke
ihrer Internierung während des Krieges in die USA zu bringen, ist kein Grund für ihre Freilassung


Wie Krammer aufzeigt, wird in der 1990 erschienenen offiziellen Publikation 50th Anniversary History of the Seagoville Federal Correctional
Institution
die lachhafte Behauptung aufgestellt, diese Familien hätten »ihre Heimatländer verlassen, um die Freiheit Amerikas zu genießen

Die überwältigende Mehrheit der Internierten stellten keinerlei Bedrohung für die Sicherheit der Vereinigten Staaten von Amerika dar.
Sie waren ganz offensichtlich bloße Bauern in einem Schachspiel und dienten als Geiseln,
die man gegen in deutscher Kriegsgefangenschaft befindliche US-Soldaten austauschen konnte.

Nach den Japanern stellten die Deutschen die größte Anzahl von Internierten.
Aus irgendwelchen Gründen ist ihr Schicksal von den Hofhistorikern unter den Teppich gekehrt worden.



Arnold Krammers Undue Process ist ein beunruhigendes Buch, doch sollte es Pflichtlektüre
für jeden sein, der sich Gedanken über die Verletzung von Menschenrechten in den USA macht.





[1] Ursprünglich gab es noch eine fünfte Freiheit, die "Freiheit der Information",
doch Roosevelt ließ diese unter den Tisch fallen, als er seine "Freiheiten" schriftlich formulierte.
(Man vergleiche dazu Burns, James MacGregor, Roosevelt: The Soldier of Freedom, 1940-1945.)
Glücklicherweise wurde diese Freiheit nachträglich doch noch vom Kongress kodifiziert; es war dies eines
der wenigen guten Dinge
, welche die US-Gesetzgebung in den vergangenen Jahrzehnten zuwege gebracht hat.




Quelle: Vierteljahreshefte für freie Geschichtsforschung 3(4) (1999), S. 376-378.



[ Editiert von Administrator Schwabe am 21.09.07 22:47 ]
_______________________________
»Wer die Wahrheit sucht, findet sie - wie lang es auch immer dauert.
Wer aber die Wahrheit nicht sehen will, bleibt ihr gegenüber blind,
auch wenn diese Meterdick aufgetragen wird.«
(Aus Affidavit beim IMT: P.L. 173 Arb. 834)


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Schwabe Männlich
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#2 | Freitag, 21. September 2007 (8:49) | profil | email | nMail | hp | ip | suchen |


In diesem Beitrag werden die obigen "US-Konzentrationslager" schlicht-und-einfach als "Lager" bezeichnet.
Dafür kommt einer der Aspekte dahinter zur Sprache: Die Ausschaltung deutscher Wirtschaftskraft.
Zitat:

Max Paul Friedman:
Nazis & Good Neighbors. The United States Campaign against the Germans of Latin America in World War II,
Cambridge: Cambridge University Press 2003, XII + 359 S., ISBN 0-521-82246-7, GBP 25,00



Rezensiert von: Uwe Lübken
Deutsches Historisches Institut Washington D.C.


15.02.2005

Während des Zweiten Weltkrieges wurden knapp 400.000 Deutsche in US-amerikanischen Lagern interniert.
Neben den Kriegsgefangenen und deutschen Zivilisten aus den USA zählten hierzu auch über 4.000 Deutsche und
Deutschstämmige aus Lateinamerika, die während des Krieges und zum Teil sogar noch nach Kriegsende (226)
auf Druck der US-Regierung aus den Staaten südlich des Rio Grande deportiert und in die USA gebracht wurden.

http://img.photobucket.com/albums/v637/merlin61/Diverse/BekannteUS-Zivilinterniertenlagerfr.jpg
Bekannte Internierungslager für Deutsche und deutschstämmige US-Bürger - Männer, Frauen und Kinder - während und nach dem WKII.

Deren Schicksal ist bislang - ebenso wie das von über 2.000 Italienern und knapp 300 Japanern -, weitestgehend unerforscht geblieben.



Friedman gliedert sein Buch in acht Hauptkapitel, die vorwiegend einer chronologischen Ordnung wie auch dem "Reiseweg" der Betroffenen folgen.
Das erste Kapitel ("Contamination") schildert die Situation der in Lateinamerika ansässigen Deutschen und deren
Reaktion auf den Aufstieg des Nationalsozialismus, der auch vor der westlichen Hemisphäre nicht Halt machte.
Die Akzeptanz der NS-Ideologie in den deutschen Bevölkerungskreisen Lateinamerikas war nach Friedman "broad, but not deep." (42)
Aus US-amerikanischer Perspektive aber bildete die deutsche Bevölkerung in Mittel- und Südamerika einen fruchtbaren Boden für Mobilisierungs-
und Gleichschaltungsversuche der Nationalsozialisten und erschien vielen Beobachtern als willfähriges Instrument der deutschen Außenpolitik.


http://img.photobucket.com/albums/v637/merlin61/Bucheinband/NazisGoodNeighbors.jpg


Das mit "Assessment" betitelte zweite Kapitel befasst sich mit den US-amerikanischen Bemühungen, ein Bild
von der Situation vor Ort zu gewinnen und die vermeintlichen subversiven Tätigkeiten der Deutschen zu untersuchen.
Einer nüchternen Analyse stand allerdings die lange Tradition der paternalistischen US-Politik entgegen, die in Lateinamerika nur schwache und
schutzbedürftige Staaten entdecken konnte - eine Tradition, die durch Roosevelts Politik des Guten Nachbarn eher kaschiert als beseitigt wurde.
Amateurhafte Geheimdienstarbeit und Schreckensberichte der Sensationspresse schienen die schlimmsten Erwartungen zu bestätigen.
Hinter jedem lokalen Aufruhr wurde, wie Friedman schreibt, die planende Hand der Nationalsozialisten gesehen (49f.).

Friedman weist zu Recht darauf hin, dass aus Sicht der USA ökonomische und nicht-ökonomische
Aspekte der Bedrohung durch den Nationalsozialismus kaum voneinander zu trennen waren (85f.).
Beide wurden als Bestandteil eines Programms zur Welteroberung angesehen.
Besonders in Bezug auf Lateinamerika, wo die nationalsozialistische Strategie nach dem Besuch einer deutschen
Handelsdelegation
1934 große Erfolge feiern konnte, entwickelten sich schon frühzeitig gravierende Differenzen.
Die Bilateralisierung des Außenhandels durch Kompensationsgeschäfte und Verrechnungsabkommen
unterminierte das Washingtoner Konzept der unbedingten Meistbegünstigung.



"Blacklisting", Friedmans drittes Kapitel, schildert ebenso wie Kapitel sieben ("Expropriation")
die ersten Gegenmaßnahmen der USA auf diese Herausforderung, insbesondere die "Proclaimed List
of Certain Blocked Nationals"
, die im Juli 1941 vom State Department herausgegeben wurde.
Auf dieser "Schwarzen Liste" konnte sich jedes Unternehmen und jede Person wieder finden,
die in irgendeiner Weise mit dem Deutschen Reich in Kontakt zu stehen schien.
Betroffen von den Sanktionen (wie der Aufkündigung von Verträgen oder einem Handelsboykott)
waren auch deutsche Einwanderer mit lateinamerikanischer Staatsbürgerschaft.

Zielte das Deportationsprogramm zunächst auf Prävention subversiver Maßnahmen, so entwickelte es sich während
des Krieges in ein Projekt zur dauerhaften Ausschaltung deutscher ökonomischer Konkurrenz in Lateinamerika (168).


Die "Proclaimed List" war zudem der organisatorische Auftakt der Ausweisungen
und Internierungen, weil sie die Identifizierung von Firmen und Individuen erforderte.

Wie Friedman deutlich zeigt, hatten jedoch die Rücksichtnahme auf die Interessen lokaler Machthaber, die Inkompetenz der
ausführenden Organe sowie der Wille zur prophylaktischen Ausschaltung wirtschaftlicher Nachkriegs-Konkurrenz zur Folge,
dass die Umsetzung des Programms mit dem ursprünglichen Ziel, dem Kampf gegen die nationalsozialistische Unterminierung
Lateinamerikas, kaum noch etwas zu tun hatte (Kapitel "Deportation").

Besonders frappierend ist der Umstand, dass mehr als 80 jüdische Flüchtlinge, die zum Teil bereits in Deutschland
inhaftiert gewesen waren, unter dem Verdacht, Nationalsozialisten zu sein, ebenfalls in die USA deportiert wurden.
Die Klagen der Inhaftierten stießen lediglich beim amerikanischen Justizministerium und einigen Lager-Kommandierenden auf Gehör.
An der Situation der jüdischen Häftlinge änderte sich aber lange Zeit nichts (Kapitel "Justice").

Die Ausstattung und geografischen Besonderheiten der einzelnen Camps waren zwar sehr unterschiedlich - die Spannbreite reichte vom
ehemaligen Staatsgefängnis Stringtown in einem Sumpfgebiet Oklahomas bis hin zum "familienfreundlichen" Crystal City in Texas -,
generell war der Alltag der Internierten aber, von einigen Auseinandersetzungen zwischen Nationalsozialisten
und anderen Gefangenen abgesehen, "peaceful, comfortable, and dull" (141, Kapitel "Internment").


Skandalös ist dagegen der Umstand, dass die US-Regierung auf einen Austausch Rückkehr-williger deutscher
Internierter
gegen KZ-Häftlinge verzichtete, der etlichen Juden in Europa das Leben hätte retten können.
Den US-Behörden erschien es zu riskant, die "gefährlichen" Deutschen freizugeben, während gleichzeitig befürchtet wurde,
dass man im Gegenzug nicht vom Tod bedrohte Häftlinge, sondern Spione ins eigene Land holen würde (Kapitel "Repatriation").



Problematisch an Friedmans ansonsten exzellenter und überzeugender Darstellung ist allerdings die These, Roosevelts Good Neighbor Policy
sei Opfer der Campagne gegen die Deutschen in Lateinamerika geworden (Klappentext), sowie die daraus abgeleitete Forderung, jede Studie,
die sich mit Lateinamerika und dem Zweiten Weltkrieg befasse, solle das Deportationsprogramm in den Mittelpunkt stellen (3).

Diese These, die im Übrigen aus der differenzierten Argumentation des Buches nicht hervorgeht, ist schon deshalb nicht überzeugend,
weil die meisten Deutschen, die in Lateinamerika lebten, überhaupt nicht von den amerikanischen Maßnahmen betroffen waren.
Argentinien und Brasilien waren ebenso wenig wie Mexiko bereit, in ihrem Land lebende Personen an die USA auszuweisen (9).
Chile deportierte lediglich fünf der 283 von den USA geforderten Personen (164).

Zudem ist schwer nachvollziehbar, warum das Programm auch in den Fällen eine Rückkehr zum Interventionismus bedeutet haben soll,
in denen die lokalen lateinamerikanischen Machthaber nicht nur freiwillig kooperierten, sondern die Gunst der Stunde für die Durchsetzung
eigener Ziele nutzten. Darüber hinaus gab es andere Politikfelder, die nicht weniger Unmut südlich des Rio Grande erregten; genannt seien
hier nur der permanente Streit um versprochene, aber ausbleibende Waffenlieferungen aus den USA oder die seit 1943 virulente und später
eskalierende Auseinandersetzung zwischen Argentinien und den USA über die Anerkennung des neuen Regimes in Buenos Aires.


Friedmans verdienstvolle und auf breiter Quellenbasis angelegte Studie am Schnittpunkt von Diplomatie- und Sozialgeschichte
ist nicht der revisionistische Gegenentwurf zur bisherigen Forschung, als der sie sich zum Teil präsentiert.
Sie macht aber ganz deutlich, dass die Good Neighbor Policy Roosevelts nicht erst
im Kalten Krieg, sondern schon lange vorher ihre Grenzen erreichte.

Ebenso deutlich zeigt der Autor, welche Folgen eine Sicherheitspolitik haben kann, die auf Pauschal-Vorwürfen
gegen ethnische Identitäten beruht und nicht von wirklich verdächtigen Aktivitäten ausgeht (234).




Quelle: Rezensionsjournal für die Geschichtswissenschaften, 5 (2005)


_______________________________
»Wer die Wahrheit sucht, findet sie - wie lang es auch immer dauert.
Wer aber die Wahrheit nicht sehen will, bleibt ihr gegenüber blind,
auch wenn diese Meterdick aufgetragen wird.«
(Aus Affidavit beim IMT: P.L. 173 Arb. 834)


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