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FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND
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Die Stimme seines Herrn

Meier | 24. August 2007 15:24 Uhr

Es ist ein unerhörter Akt der Transparenz, den Präsident Nicolas Sarkozy da gewagt hat: Eine wöchentliche Pressekonferenz des Präsidentensprechers, in der er ankündigt, was der Staatschef vorhat und sich den Fragen der Journalisten stellt, so etwas sei bisher undenkbar gewesen, erzählen längergediente Berichterstatter. Doch wenn man diese Veranstaltung besucht, sieht die Sache prosaischer aus.

Das fängt an beim Rahmen. Wenn man so über die Champs Élysées fährt, macht man sich ja seine Vorstellungen vom Gepräge einer präsidialen Neuigkeitsverabreichung. Dann aber kommt man in einer Nebenstraße durch eine Nebentür in den Nebenraum eines Nebengebäudes, der eng und angegraut ist und dessen Decke offenliegende Gerüste für die Scheinwerfer bilden, die auf ein grobschlächtiges aus angejahrtem Plexiglas zusammengezimmertes Podest leuchten. Davor ausgeleierte Holzstühle mit wackligen Klappschreibtabletts. Eigentlich der richtige Rahmen für die Regierungspressekonferenz irgendeines kleinen afrikanischen Landes, das die Größe Frankreichs gern imitieren würde, aber dem das Vermögen dazu fehlt.

Dann tritt ein freundlicher junger Mann ans Pult und sagt, man solle doch etwas näher rücken. Denn obwohl der Raum kaum die Größe eines besseren französischen Staatssekretärsbüros hat - voll ist er nicht. Aber der freundlicher Herr ist noch nicht der Präsidentensprecher. Der erstaunlich junge und erstaunlich braungebrannte Mann kommt dann, reckt den Hals, guckt verbindlich und liest einen Text vor, der einerseits verkündet, wen der Präsident in der kommenden Woche alles so empfängt. Darunter ist ein Schüler, der Opfer von rassistischem Verhalten seines Lehrers wurde, und den Nicolas Sarkozy nun empfängt, "um zu demonstrieren, dass Frankreich keinen Rassismus duldet", wie der Sprecher sagt. Das sollte mal einem deutschen Präsidenten einfallen, aber über eine Einladung der in Sachsen angegriffenen Bürger indischer Herkunft ins Schloss Bellevue oder ins Kanzleramt ist bislang noch nichts bekannt geworden.

Immerhin kündigt der Sprecher aber auch Grundsatzreden des Präsidenten zur Außen- und Wirtschaftspolitik an und macht einige bescheidene Hinweise, was zu erwarten sei. Wäre dies eine deutsche Regierungspressekonferenz, es würde jetzt bereits Unruhe entstehen. Journalisten von Agenturen und Websites würden im Hintergrund die Aussagen in ihre Geräte hacken, voller Ehrgeiz, die Neuigkeit oder vermeintliche Neuigkeit als erstes zu haben.

Er freue sich auf Fragen, sagt der Sprecher dann. Tut er das wirklich? Ein Journalist des japanischen Fernsehens wagt sich vor, fragt, ob die Außenpolitik-Rede wie üblich eher allgemein sein werde, oder ob konkrete Ankündigungen zu erwarten seien. Er glaube nicht, dass der Präsident dafür bekannt sei, allgemeine Reden zu halten, antwortet mit schneidender Stimme der Sprecher.

Französische Journalisten beharren auf der Frage nach Cécilia und nach der jüngsten Episode aus Sarkozys Urlaubs-Soap. Mitarbeiter des - eigentlich dem Präsidenten zugeneigten - Wochenblatts "L'Express" hatten dokumentiert, wie das Klatschmagazin "Paris Match" in seiner Fotoreportage über Sarkozys Urlaub die Speckrollen des Präsidenten wegretuschiert hat. Das ist auch deshalb von Brisanz, weil der Industrielle Arnaud Lagardère als Eigner von "Paris Match" seinem Freund dem Präsidenten wiederholt einen Gefallen getan hat. Etwa als Cécilia vor zwei Jahren mit einem Werbemanager nach New York durchgebrannt war und "Paris Match" das Bild der beiden auf dem Titel brachte. Lagardère veranlasste, dass der dafür verantwortliche Chefredakteur entlassen wurde. Seitdem steht in "Paris Match" nur noch das Beste über den Sarkozy-Clan und seine Freunde. Präsidentensprecher David Martinon will aber nichts davon wissen, dass die Verbindung in der Speckröllchen-Affäre wieder funktioniert hätte. Die einzige Linie, die der Präsident im Blick habe sei die politische, antwortet er. Im Élysée beherrsche man Photoshop (das Retusche-Programm) nicht so gut.

Hier muss die Erzählung abbrechen, weil die Büros von "Les Echos", wo auch die FTD sitzt, wegen Bombenalarms geräumt werden müssen. Keine Sorge, das kommt öfter vor.


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