Interview zu "München"
Eric Bana: "Wo bleiben die leichten Stoffe?"
LEIF KRAMPObwohl er in Ang Lees "Hulk"-Verfilmung das grüne Männchen zu wuchtigen Überkräften führte, hat es den richtig großen Durchbruch für den Australier Eric Bana noch nicht gegeben. Das könnte jetzt mit "München" passieren, denn Steven Spielberg hat in seiner Hauptrolle auf den Schauspieler gesetzt, der hier differenziert zeigen darf, was er kann. Im Interview spricht der gut gelaunte Mime über schwierige Politik, deutsche Wurzeln und seine Familie, die ihm über alles geht.
Ihre Mutter kommt aus Deutschland. Wie viele deutsche Worte hat sie Ihnen beigebracht?
Es reicht nicht gerade für ein Interview. "Isch kann a bisserl, aber net zu viel." (lacht) Das reicht mir völlig. Meine Mutter kommt ursprünglich aus Viernheim bei Mannheim. Ich bin schon oft mit ihr und auch mal alleine durch die Lande gereist. Vor allem Bayern hat es mir angetan. Ich möchte noch viel mehr reisen durch dieses wunderschöne Fleckchen Erde.
Eines Ihrer Kinder heißt Klaus, ein typisch deutscher Name. Woher kommt's?
Wir nannten ihn nach dem Bruder meiner Mutter, mit dem wir eine sehr enge Beziehung hatten. Er nahm mich immer mit zum Football, als ich noch ein Kind war. Wir haben generell sehr viel Zeit miteinander verbracht. Außerdem ist er mein Pate. Als mein Sohn geboren wurde, war es ein sehr großes Kind. Da dachte ich: Das wird ein echter Klaus ...
Haben Sie geahnt, was es für eine hitzige Diskussion um Ihren neuen Film geben würde?
Schon als ich anfing, war das doch klar bei einem solchen Thema. Schließlich dreht sich der Film nicht nur um die Geschehnisse während der Olympischen Spiele von 1972 in München, sondern vor allem um die darauf folgenden Vergeltungsmaßnahmen. Dadurch werden natürlich eine Menge politisch brisanter Parallelen gezogen. Alles ist sehr komplex, wodurch der Aufruhr für mich überhaupt nicht überraschend kommt.
Wie bewerten Sie selbst die Darstellung und Wertung im Film?
Ich habe eigentlich keine Meinung dazu, da das eine politisch sehr aufgeladene Problematik ist. Ich halte es mit den Worten von Lynn Cohen in der Rolle von Golda Meir. Sie sagt an einer Stelle: "Jede Zivilisation findet es notwendig, über Kompromisse mit ihren eigenen Werten zu verhandeln." Es war nicht überraschend, dass Israel damals, so tragisch die Geschehnisse in München waren, zurückschlagen wollte. Wenn ich Ihnen jetzt ins Gesicht schlagen würde, wäre Ihre Reaktion doch auch, mir eine zu knallen.
Gab es bei den Dreharbeiten nicht viele Diskussionen über das Thema?
Ich habe mich nie mit Steven auf Gespräche eingelassen, die irgendwas mit dem Inhalt des Films zu tun hatten. Ich wollte gar nicht nach tieferen Botschaften oder Ähnlichem suchen. Meine Seele und Energie gehörte beim Dreh der Rolle Avners. 95 Prozent der Gespräche handelten von dem exakten Moment, in dem wir die jeweilige Szene drehten. Steven ist immer sehr konzentriert und detailverliebt. Wir hatten also gar nicht die Zeit, uns mit philosophischen Diskussionen über den tieferen Sinn des Films aufzuhalten.
Hat der Film Sie denn überhaupt nicht verändert?
Ich hatte immer schon eine recht realistisch-pessimistische Sicht auf die weltweite Antiterrorpolitik. Diese Region der Welt hat schon eine sehr schwierige Historie hinter sich. Ich bin damit vertraut und habe mich ja auch schon in anderen Filmprojekten mit solchen Thematiken beschäftigt. Mir war das also alles andere als fremd.
In "Black Hawk Down" spielten Sie einen Soldaten, nun einen Killer. Dabei sollen Sie Schusswaffen doch eigentlich hassen?
Ich kann mit solchen Waffen einfach nichts anfangen. Das liegt daran, dass ich einfach nicht mit diesen Dingern in Kontakt gekommen bin. In Australien kann man sein ganzes Leben verbringen, ohne jemals eine Pistole zu sehen. Ich mag daher auch keine Filme, in denen Gewalt um ihrer selbst Willen gezeigt wird. Aber wenn Schusswaffengebrauch in einer Filmhandlung gerechtfertigt ist, dann habe ich damit keine Probleme.
Sie leben weit weg von Hollywood in Ihrer Heimat Australien: Fluch oder Segen?
Das war mir immer sehr wichtig. Ich könnte keinen klaren Gedanken fassen, geschweige denn eine Entscheidung treffen, wenn ich in den USA leben würde. Ich muss in meinem eigenen Bett darüber schlafen. Das garantiert mir eine Balance in meinem Leben, die mir niemand bieten kann - auch nicht Hollywood. Ich kann verstehen, dass Kameramänner, Produzenten und Regisseure in Los Angeles leben müssen und sich das auch auszahlt. Aber als Schauspieler würde ich das nie in Erwägung ziehen. Dort fehlt einem einfach der Abstand, der Druck ist zu groß. Man wird leicht als Versager abgestempelt, wenn man nicht ständig Engagements hat. Das brauche ich nicht.
Wie beschäftigen Sie sich in der Zeit zwischen Ihren Filmprojekten?Ich habe Kinder und Hobbys - und ein normales Leben. Ich fahre Rennautos. Das tat ich schon, bevor ich Schauspieler war. Außerdem verbringe ich sehr viel Zeit mit meinem Footballteam.
Was verschafft Ihnen den größeren Adrenalinschub: Rennfahren oder das Filmen?
Im Vergleich zu meinem Hobby hat das Filmen rein gar nichts Aufregendes an sich. Dreharbeiten bringen ja schon im Vergleich zur Bühne kaum das Adrenalin zum Kochen. Vor der Kamera zu stehen, hat viel mit Geduld zu tun. Jeder hat eine andere subjektive Meinung von dem, was du gerade für eine Leistung ablieferst und wie es besser klappen könnte. Aber wenn man im Rennauto sitzt, dann gibt es nur die Stoppuhr. Und die hat nur eine klare Meinung. Keine Spezialeffekte, keine Lügen: Platz 1 oder eben Platz 52 ...
Ist Ihr riskantes Hobby nicht unverantwortlich, wo Ihre Kinder doch noch so klein sind?
Ich hatte nur einmal einen Unfall, mich aber dabei nicht sonderlich verletzt. Toi, toi, toi. Ehrlich gesagt, fühle ich mich unsicherer, wenn ich einen Film weit weg von meiner Heimat drehe und von jemandem chauffiert werde, der keine Ahnung hat, wie man richtig fährt. Ich selbst fühle mich sicher, wenn ich die Kontrolle über die Maschine habe.
Sie begannen Ihre Karriere mit Comedy-Serien im Fernsehen. Werden Sie einmal zu diesen Schauspielwurzeln zurückkehren?
Nein, das liegt mir nicht mehr. Aber ich vermisse es sehr, Sketche zu spielen. Der Wunsch danach wird immer besonders groß, wenn ich gerade einen solch schwierigen Stoff wie "München" gedreht habe. Wo bleiben die leichten Stoffe? Aber dann kommt wieder die Lust, das nächste deprimierende Problemthema anzugehen. Das fordert mich einfach mehr.
Begleitet Sie Ihre Familie manchmal zu den Dreharbeiten?
Meine Kinder sind nun fünfeinhalb und dreieinhalb Jahre alt. Bei jedem Film, den ich gemacht habe, waren sie mit dabei - auch bei diesem. Das wird sich jetzt natürlich ändern, weil sie nun in die Schule kommen werden. Ich weiß noch nicht, wie ich damit umgehen soll. Aber vielleicht drehe ich ein Jahr und balanciere dann das darauf folgende alles wieder aus. Ich halte in dieser Hinsicht nichts von strikten Regeln. Ich möchte flexibel sein und mich meinen Bedürfnissen und den meiner Familie anpassen.
Ihre Familie besitzt offenbar oberste Priorität.
So ist es, aber das hat bisher noch keine meiner beruflichen Entscheidungen beeinflusst. Sicherlich hat sie Einfluss darauf, wie viel ich letzten Endes arbeite, aber nicht, welche Filme ich auswähle.
Ist Ihren Kindern klar, was Sie beruflich machen?
Mein Ältester hat mit seinen fünfeinhalb Jahren mehr Kenntnisse über die Filmwelt als ich mit 20 hatte. Er durchschaut schon sehr gut, was ich mache und wie er das zu bewerten hat. Aber meine Filme werde ich ihnen erst zeigen können, wenn sie erwachsen sind. Schließlich sind die ja alle erst ab 17 oder 18 Jahren freigegeben. Den Comedy-Kram dürfen sie aber schon sehen, obwohl sie sicherlich nicht wirklich verstehen, um was es da geht. Außerdem hat auch mein Großer bei all seinem Durchblick keine Ahnung, wie viele Menschen ich in meinen Filmen schon habe umbringen müssen.
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