Die neuapostolische Kirche bewegt sich. Aber wohin?

Suchen

Hauptmenu

Kategorien    (Anzahl Artikel)

Neueste Artikel

Neueste Kommentare

Frühere Artikel

201'544 Besuche seit 01.02.07

Welche Bibelübersetzung ist am besten…? – Teil I

Es gibt zahllose unterschiedliche Bibelübersetzungen und eine der ersten zweifelnden Fragen, die sich dem darob verstörten Betrachter stellt, ist z.B. die: Sind diese alle gleichwertig; mit anderen Worten, geben sie den Urtext gleich wieder? Denn, so räsoniert er nachdenklich: Wie können diese oftmals deutlich unterschiedlichen Formulierungen das gleiche aussagen? Wenn und wo nicht, warum gibt es dann keine einheitliche Übersetzung, am besten noch angeleitet durch den einen einheitlichen Geist Gottes – eine Frage, die nicht nur in Bezug auf die Bibelübersetzung die Gläubigen beherrscht?

Diese und manche Fragen mehr versuchen die nun folgenden Aufsätze zum Thema der Bibelübersetzung zu beantworten. Ein gewiss anspruchsvolles Thema, aber es soll uns nicht abschrecken, um anhand der Geheimnisse des Übersetzens wieder ein wenig mehr in die Geheimnisse der Heiligen Schrift und damit in die Geheimnisse göttlichen Waltens einzudringen. Packen wir’s mit frischem Mut an, dann erschließen sich auch dem Auge des ungelernten Betrachters immer wieder ganz wundersame Dinge.

1. Einleitung

In meinem ersten Aufsatz zum grundsätzlichen Verständnis der Übersetzungsproblematiken der Heiligen Schriften hatte ich bereits kurz auf die kulturellen Übersetzungsschwierigkeiten hingewiesen und bewusst zu machen versucht, dass sprachliche Mittel kulturelle Unterschiede allein würden nicht überbrücken können. Um diese Grundproblematik nochmals dem geneigten Leser ins Gedächtnis rufen zu dürfen: Der englische Satz „there are minus degrees out there“ ist so wenig eine verständliche Übersetzung des deutschen Satzes „draußen hat es Minusgrade“ wie der deutsche Satz „mein Chevi fährt 20 Meilen für die Gallone“ eine verständliche Übersetzung des englischen „my Chevi runs 20 miles to the gallon“ ist. Beide Sätze zeigen vielmehr, wie wenig kultur- oder gar sozialisationsabhängige Begrifflichkeiten mit sprachlichen Mitteln alleine einzufangen sind. Ohne genaue Kenntnis der jeweiligen Kultur und ihrer Ursprünge, Eigenheiten, Ausnahmen und Wahrnehmungsarten kann im Prinzip keine interkulturelle Übersetzung gelingen – noch nicht einmal zwischen relativ ähnlichen Kulturkreisen.

Übersetzungen sind aber bereits nicht mehr bedeutungssynchron, wo sich unterschiedliche Denkvorstellungen entwickeln bzw. entwickelt haben. Übersetzen wir beispielsweise das typisch deutsche Verbotsdenken (z.B. „Gleise überschreiten verboten“ oder „Rauchen verboten“) in eine kulturell so verwandte Sprache wie das Englische, so werden daraus plötzlich eine negative Aufforderung („do not cross the rails“) oder ein allgemeiner Verhaltenshinweis („no smoking“). Die englischen Übersetzungen umfassen dabei das ganze Bedeutungsspektrum von Aufforderung über Ratschlag bis hin zu Verbot und Warnung, weshalb wortgleiche Rückübersetzungen in eine Sprache, in der andere Ausdifferenzierungen vorgenommen werden, auch nicht mehr möglich sind. Das gleiche gilt für die Tempora, in denen das Englische funktional viel feiner ausdifferenziert als das Deutsche.

Bei den nochmals kurz in Erinnerung gerufenen Problemfeldern handelt es sich um die Ebene kultureller und damit nicht zuletzt auch sozialisierungsbedingter Sprach- und – verschweigen wir es nicht – Denkunterschiede, mithin einer Ebene, die sich fundamental von den rein sprachlichen Übersetzungsebenen (morphologische, lexikalische, semantische, syntaktische und diskurs-thematische Ebene) unterscheidet und hinsichlich der Übersetzung der Bibel in erster Linie als Zusatzinformation in Fußnotenkommentaren auftaucht. Während die Kultur- und Sozialisierungsebene aufgrund sprachlich nicht fassbarer Parameter häufig den freien, kommunikativen oder, wie es Nida später ausdrückte, funktional-rezipientenorientierten Übersetzungsstil notwendig macht (oder ansonsten eben mit Fussnoten arbeiten muss), müssen wir im Bereich der sprachlichen Ebenen den philologisch-formorientierten ausgangssprachlichen Übersetzungsstil favorisieren. Aber selbst auf dessen Ebene, und zwar schon auf der lexikalischen Wortebene, sind (wie wir oben gesehen haben) scheinbare Gemeinsamkeiten zwischen Sprachen oft trügerisch, wie folgendes Beispiel, entnommen aus einer wissenschaftlichen Arbeit von mir, verdeutlichen möchte:

Aus einem teilweise eklatanten Unterschied zwischen grammatischer und semantischer Antonymität (begriffliche Gegensätzlichkeit/Antonym ist der Gegenbegriff zu Synonym) in Bezug auf das Bedeutungsspektrum eines Ausgangsbegriffes müssen wir naturgemäß auch auf eine potenzielle begrifflich-semantische Ungleichheit von Sprachen untereinander schließen, da sich begriffliche Einzelbedeutung in anderen Kulturräumen erfahrungsgemäß anders weiterbilden (man vergleiche die unterschiedliche Entwicklung des Englischen in seinen unterschiedlichen Kulturräumen). Ein überzeugend klares Beispiel, wie sehr Antonymität eine scheinbare semantische Synonymität (Gleichartigkeit) des Irrtums überführt, zeigt sich schon an einem kleinen grammatischen Hilfswörtchen. So scheint das deutsche Modalverb ‚müssen’, zumindest oberflächlich betrachtet, in der Tat deckungsgleich, also synonym zu sein mit dem englischen Hilfszeitwort ‚must’, bringen beide doch einen bestimmten Grad von Zwanghaftigkeit zum Ausdruck. ‚Ich muss zur Schule’ scheint somit, semantisch betrachtet, synonym zu stehen für das englische ‚I must go to school’. Wenn und indem wir nun versuchen, Antonymität dadurch herzustellen, dass wir diese Aussage verneinen, so stellen wir überraschend fest: Die scheinbare semantische Synonymität von ‚müssen’ und ‚must’ auf der Wortebene, welche sich offensichtlich auch auf der Satzebene der positiven Aussage einstellt, scheint auf der Satzebene der negativen Aussage plötzlich verschwunden zu sein, denn dem deutschen ‚Ich muss nicht zur Schule’ entspricht keinesfalls das englische ‚I must not go to school’ (was im Deutschen mit: ‚Ich darf nicht zur Schule gehen übersetzt werden müsste), sondern, je nach kontextueller Aussageintention, entweder die Wendung ‚I need not go to school’ oder ‚I don’t have to go to school’ nötig macht. Wie kann die durch das kleine Wörtchen ‚nicht/not’ erfolgte Negation der ursprünglichen Aussage diese in den beiden doch so verwandten Sprachen so vollständig verändern?

Nun, offensichtlich entsprechen sich das deutsche ‚müssen’ und das englische ‚must’ doch nicht so einwandfrei, wie es oberflächlich betrachtet den Anschein hatte. Und in der Tat, bei näherem Studium der semantischen Unterschiede stellen wir fest, dass das deutsche ‚müssen’ sowohl einen inneren als auch einen äußeren Zwang zum Ausdruck bringen kann. Im letzteren und viel häufigeren Fall liegt der Zwang darin begründet, dass jemand etwas befiehlt oder anordnet, während das englische ‚must’ diese Zwanghaftigkeit nur auf die eigene, intentionale Willensbildung beschränkt. Das deutsche Hilfszeitwort ‚müssen’ hat also eine weiteres Bedeutungsspektrum als sein englisches Pendant. Wenn wir beschreibenderweise versuchen, diesen Unterschied zu verdeutlichen, so würde der deutsche Muss-Satz umschrieben meist lauten
äußere Kräfte oder externe Zwänge etc. zwingen mich, zur Schule zu gehen’,
während der englische must-Satz zu beschreiben wäre mit
‚ich will oder ‚es ist meine feste Absicht, mein heißes Anliegen’, unbedingt zur Schule zu gehen’.
„I must do this or that“ ist deshalb so etwas wie eine persönliche Erinnerung oder mentale Aufforderung, etwas unter keinen Umständen zu vergessen oder zu versäumen.

Wenn wir diese beschreibenden Translationen nun wieder verneinen, stellen wir fest, dass sie der ursprünglichen Verneinung der Ausgangsbegriffe entsprechen: ‚Äußere Zwänge zwingen mich nicht, zur Schule zu gehen’ ist in der Tat deckungsgleich mit ‚Ich muss nicht zur Schule’; und auch das englische ‚es besteht keine zwingende Notwendigkeit für mich, zur Schule zu gehen’ trifft semantisch die Ursprungswendung ‚I need not go to school’.

Wir lernen aus diesem für alle verständlichen Beispiel für die Übersetzung der Bibel, dass es häufig auch auf einzelne Wörter und Wendungen, ja ausgangsprachlich bedingt u.U. auf noch kleinere Übersetzungseinheiten (Lexeme und Morpheme) ankommt, ob die intendierte Wirkung des Textschreibers richtig übertragen wurde oder eben nicht. Weiter lernen wir daraus, dass nicht nur kulturelle, kontextuelle, situative und lebenssitz-abhängige Faktoren die Übersetzung der Bibel beeinflussen können, sondern sehr wohl auch ganz spezifisch sprachliche, beispielsweise grammatische (das sprachliche Regelwerk betreffend), syntaktische (den Satzbau betreffend) und semantische (die Entwicklung der Wortbedeutung betreffend) Faktoren.

Zu den lebenssitzabhängigen Faktoren im weiteren Sinne– mithin eine der schwierigsten Übersetzungsprobleme – zählen die Aufhebung der sog. textlichen Exkarnation. Dabei handelt es sich um einen von Assmann geprägten Begriff, den sie so definiert: „Konkret gelebte Erfahrung wird durch Transformation in Schrift abstrakt, d.h. abgezogen von den raum-zeitlichen Umständen, aus denen sie hervorging. Herausgehoben aus der mit allem Konkreten verbundenen Flüchtigkeit und Einmaligkeit. Sinnliches Leben wird umgeformt in schwarze Lettern auf weißem Grund. Die Übersetzung von lebendigen Körpern in abstrakte Zeichen nenne ich ‚Exkarnation’.i Sie spricht damit eine psychologische Erkenntnis an, dass nämlich Wörter und Begriffe niemals die die Wahrnehmung begleitenden und sie prägenden Erfahrungen auf der seelischen Ebene einfangen und verschriftlichen können, weswegen diese nicht auf der Begriffs-, geschweige denn auf der Wortebene übersetzt werden können. Je emotional herausfordernder Wörter, Begriffe und ihr zugehöriger Kontext sind, desto schwieriger wird die Übersetzung (z.B. die konnotativen Begleitgefühle von Urlaub, Strand, Liebe usw.) Aus diesem Grund ist es immer leichter, konkrete Texte zu übersetzen als solche, welche stark gefühlsbezogene Bindungen haben an Raum, Zeit, Werte und damit verbunden individueller Wahrnehmungsverarbeitung.

Darüber hinaus gibt es aber noch weitere Faktoren, welche die Genauigkeit, Treff- und Bedeutungssicherheit einer Übersetzung beeinflussen. Der Alttestamentler und Altorientalist Thomas Krüger bemerkte im Zusammenhang mit der Übersetzung der Neuen Züricher Bibel: „Die Genauigkeit einer Übersetzung bemisst sich nicht nur daran, wie präzise die philologisch und exegetisch bestimmte Bedeutung sowie die formalen Elemente des Originals wiedergegeben werden. Ebenso wichtig – und in der Praxis noch weitaus schwieriger – ist die Übersetzung von Passagen, deren Bedeutung nicht klar ist – es sei, weil ihre Interpretation unter den Experten umstritten ist, oder weil sie mit Absicht mehrdeutig formuliert sind.ii Man lese dazu beispielsweise die Übersetzungskommentare zu Maleachi 2,16, um einen kleinen Eindruck davon zu gewinnen, wie widersprüchlich die Übersetzungsmöglichkeiten sein können.

Da hinsichtlich fehlerhafter exegetischer Übersetzungen bereits sehr viel Literatur vorliegt, Erkenntnisse, die zu einem gewissen Teil in die Übersetzungsrevisionen Eingang gefunden haben und aus diesem Grund unter rein sprachlichen Gesichtspunkten nicht mehr thematisiert zu werden brauchen, möchte ich in diesem und in den folgenden Teilen unserer übersetzungsbezogenen bibelkundlichen Untersuchungen auf eine Problematik aufmerksam machen, welche nur indirekt in der Brückenfunktion zwischen Ausgangs- und Zielsprache liegt, weil sie sich vordergründig mit zielsprachlichen Varianten beschäftigt, die u.a. Thema der Text- und Literarkritik sind. Zurecht macht der Bibelübersetzer und Linguist Arndt Meinhold darauf aufmerksam, dass „…ein exegetisch weitgehend bewältigter Text zwar unabdingbare Voraussetzung für eine Übersetzung ist, dass aber die Brauchbarkeit der Übersetzung nicht alleine von der Exegese abhängt, sondern vor allem von syntaktischen, semantischen und stilistischen Potenzen der Ziel- bzw. der Empfängersprache.iii

Neben text- und literarkritischen Parametern kommen hier wirkungsgeschichtliche Faktoren zum Tragen, die der jeweilige Übersetzer zu leisten hat, will er die Erwartungen des Textes im Sprach- und Verstehenshorizont der Zielsprache möglichst adäquat erfüllen. Wie wir noch sehen werden, sind es oft gerade die scheinbar unscheinbaren kleinen sprachlichen Nuancen, welche diese oder jene Wirkungen hervorbringen und mit ihnen unterschiedliche Verständnis- und im weiteren Interpretationshorizonte.

1.1. Einige Aspekte der Entwicklung der modernen Translationswissenschaft

Wie alle Wissenschaft ist auch die Übersetzungswissenschaft ein Kind ihrer Zeit, mit anderen Worten gebunden an zeitliche Wissens-, Erkenntnis- und Erfahrungsparameter, aber auch an zeitgeistige Strömungen, Ideologien und philosophische Trends. Der amerikanische Linguist und Übersetzer, E. Nida, einer der maßgebenden Väter der modernen Bibelübersetzung, entwickelte die sog. ‚rezipienten-orientierte’ Übersetzung. In ihr steht nicht mehr der ursprüngliche Autor des Grund- oder Ausgangstextes als maßgebendes Übersetzungskriterium im Vordergrund der Betrachtung, sondern der jeweilige Adressat, also Leser der Übersetzung. Mit anderen Worten bestimmen seit Mitte des 20. Jahrhunderts immer mehr das Leseverhalten, Textverständnis und die Bildung des Lesers (oder Rezipienten) die Art und Weise der Übersetzung und nicht mehr die Bildung, Erkenntnis und Intention des Verfassers (oder früheren Übersetzers) des Ausgangstextes. Auch die Übersetzung musste sich zunehmend dem scheinbar demokratischen Trend der Nachfrageüberbewertung zu Lasten der angebotsorientierten Bewertung der Sache selber beugen. So entstanden im Extremfall Bibelübersetzung, die sich nicht mehr in erster Linie am sog. Grundtext, also vorrangig dem masoretischen Text des Alten Testaments (Codex Petropolitanus/Biblia Hebraica) bzw. dem textus receptus des Neuen Testaments (27. Auflage des Novum Testamentum Graece)iv, sondern in erster Linie am Konsumenten und dessen Bedürfnissen orientieren. Die Wirtschaftsideologie des amerikanischen ‚Consumerism’, nach der Konsumfähigkeit und Käufermotivation im Vordergrund allen Handelns zu stehen haben, hat also selbst vor geisteswissenschaftlichen Problemlösungen nicht Halt gemacht.

Nun ist diese Idee Nidas nicht schon von vorne herein verwerflich, denn – um eine bekannte Bibelstelle umzuformulieren –, was hülfe es dem Leser, wenn er die ganze Heilige Schrift läse, aber, unverständnisbedingt, doch keinen Nutzen für seine Seele mitnähme. Wenn Ihnen, liebe Leser, dieser Satz befremdlich oder komisch vorkommt, so zählen Sie zu den potenziellen Rezipienten der Nidaschen Übersetzungstheorien, deren deutsche Vertreter u.a. behaupten, die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung könnte heute nichts mehr mit dem Konjunktiv (dem Modus der Möglichkeitsform) anfangen. Nun, urteilen Sie am besten selber… (näheres hierzu siehe weiter unten). Allerdings gilt auch hier, dass sich die Extreme meist dort treffen, wo sie am wenigsten Sinn machen. Überspitzt ausgedrückt, aber durchaus realistisch, hieße dies nämlich, dass nicht die Gotteserfahrungen der vielen Menschen, welche in der Bibel zu Wort kommen, den Anspruch des Glaubens bestimmen, sondern die – leider oft mangelnden – Kenntnisse, Erfahrung und zeitgeistigen Weltsichten von Menschen, denen heute kaum etwas ferner liegen könnte als solche Einstellungsparameter, die zu Gotterfahrung und aus ihr heraus Glauben führen. Die Denkperspektive heute ist vielmehr so, als ob der Grundschüler darüber zu befinden hätte, ob überhaupt, und falls ja, was er als lernwichtig und entwicklungsnotwendig erachten und mit welchen Kenntnissen ausgestattet er ins Leben gehen möchte. Leider scheint sich diese Art von Demokratieverständnis, die eher der konsumorientierten Selbstbedienungsmentalität denn einem echten Demokratieverständnis entspricht, heute immer mehr durchzusetzen.

Jedenfalls ist aus den Bestrebungen und Erkenntnissen vor allem von Nida eine völlig neue, von der traditionellen Übersetzungsmaxime grundsätzlich zu unterscheidende Bibelübersetzung in der zweiten Hälfte des 20. Jhrts. hervorgegangen. Diese sog. ‚kommunikative oder rezipientenorientierte’ Bibelübersetzung bildet übersetzerisch den Gegenpol zur herkömmlichen wort- oder formgetreuen bzw. konkordanten Übersetzung. Als Folge daraus konnten sich eine ganze Reihe von dazwischen liegenden Mischtypen entwickeln, welche mehr zur einen oder zur anderen Richtung tendieren. Das Ziel der formorientierten (konkordanten) Übersetzungen ist es dabei, möglichst genau am Ausgangstext zu bleiben, wobei es in aller Regel nur um eine semantische, also bedeutungsbezogene Genauigkeit geht (die sog. Interlinear-Übersetzung strebt auch eine grammatisch-syntaktische Genauigkeit an). Der Grund für dieses ‚Kleben am Grundtext’ ist die traditionelle Vorstellung, nur so könne man die eigentliche Aussage bewahren. Am anderen Ende des Spektrums sind die kommunikativen (funktional rezipientenorientierten) Übersetzungen, deren Ziel es ist, Bedeutungsgenauigkeit nicht auf der Wort-, oft sogar nicht einmal auf der Satzebene zu erhalten, sondern auf der sog. Wirkungsebene des Textes, was allerdings die Gefahr in sich birgt, dass die intendierte Wirkung zur reinen Grundtextinterpretation verkommt, aber dem Leser vorgaukelt, die Intention des Textautors zu sein. In jüngster Zeit bildet sich eine neue Einteilung aus hinsichtlich dieser funktionalen Übersetzungsarten, nämlich in struktur-, sinn- und wirkungstreuen Bibelübersetzungen. Diese entsprechen in etwa der Bedeutungsübereinstimmung auf der grammatisch-lexikalischen Ebene, auf der Satzebene und auf der Textebene, sind allerdings auf anderen Übersetzungsstrategien aufgebaut. Die meisten Übersetzungen sind allerdings Mischübersetzungen, welche die eine oder andere Variante mehr oder weniger betonen. Gleichwohl ergeben sich bereits aus dieser gemäßigteren Unterscheidung deutliche Unterschiede, welche normalerweise mit der Zielvorgabe – also der Rezipientengruppe und ihrer zweckorientierter Verwendung – legitimiert werden.

Jede dieser Übersetzungsarten hat wie erwähnt Vor- und Nachteile auf einer rein fachlichen Ebene. Aber es bestehen in vielen Fällen auch Vorurteile und Vorlieben auf einer emotionalen Ebene, die nicht so einfach in den Griff zu bekommen sind. So zeigt sich beispielsweise die Emotionsbindung zwischen Sprache und kindlicher/jugendlicher Entwicklung in überwältigender Art und Weise in allen Regionen, wo aufgrund von Kriegsereignissen o.ä. die ursprüngliche Sprache der Verlierer verboten wurde und nur noch die Siegersprache gestattet war. Als dann nach vielen Jahren der Versöhnungsprozess so weit fortgeschritten war, dass auch die ursprüngliche in der Region gesprochene Sprache wieder zugelassen war, wurde dies teilweise in überschäumender Freude und Rührung wieder aufgenommen und fand so regen Zuspruch, dass eine regelrechte Euphorie entstand. Beispielhaft seien die polnische und die deutsche Sprache in Schlesien erwähnt; erstere wurde ab 1945 nach langen Jahren des Verbots zum ersten Mal wieder gesprochen; letztere durfte ab den 80er Jahren zum ersten Mal wieder öffentlich gesprochen werden. In beiden Fällen bedeutet die Rückkehr zur heimatlichen Muttersprache einen Lebensborn, welcher diesen Menschen die Kindheit und Jugend zurück brachte und sogar vergessene Traditionen wieder neu aufleben ließ.

Ebenso müssen wir uns die emotionale Wirkung althergebrachter Bibeltexte vorstellen, wo der Klang und der Flair alter Wendungen eine gewisse Eigendynamik erzeugen konnte. Wer verbindet nicht die Festlichkeit von Weihnachten mit dem alten Hymnus: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden … an den Menschen ein Wohlgefallen.“ (Lk 2,14) Da ‚…an den Menschen ein Wohlgefallen’ nicht so recht Sinn machte, singt man Land auf Land ab ‚…und den Menschen ein Wohlgefallen’. Die weihnachtliche Gefühlsheiligkeit dieser Aussage hat sich so verselbständigt, dass es vielen Menschen schwer fiele, anhand der mittlerweile korrigierten Übersetzung die nahezu gegenteilige, und nun erst Sinn machende Aussage zu singen: ‚…und Friede auf Erden unter den Menschen, die Gott liebt’. Ähnlich ergeht es uns Deutschen, wenn wir die Sterbeworte Jesu vernehmen: „Es ist vollbracht.“ Diese alte Lutherübersetzung hat sich als glorreiches Finale, als erhabener triumphaler Schlussakkord in unsere Herzen verfestigt, ohne dass wir uns bewusst sind, dass dies in anderen europäischen Sprachen keineswegs der Fall ist. Völlig zutreffend schreibt Manfred Barthel in seinem bekannten Buch ‚Was wirklich in der Bibel steht’: „Der gleiche Satz liest sich in amerikanischen Bibel so: ‚It’s finished’. Gemeint ist das Gleiche, aber die sprachliche Verpackung rückt den Gedanken in die fatale Nähe von Tarzan-Dialogen.“v

Wir erkennen daran, dass altvertraute Übersetzungen oftmals feststehende Redensarten und mit ihnen verbunden Gefühlsauslöser produzierten, die einen eigenen Heiligkeitscharakter entwickelt haben, der sich nicht so leicht aus dem Volksgeist entfernen lässt. Es ist wie mit einer falsch eingesungenen Melodie. Im nachhinein die richtige zu lernen ist ungleich schwerer als gleich die richtige einzuüben.

Mit diesem letzten Hinweis wollen wir diesen einleitenden Überblick der spezifischen Übersetzungsproblematik verlassen und uns einigen ganz typischen Problemfeldern der Bibelübersetzung zuwenden. Zuerst geht es darum, was es mit Bibelübersetzungen auf sich hat und welche – ebenfalls grundsätzlichen – Kriterien dabei zu berücksichtigen sein würden. Näheres erfahren Sie, liebe Leser, dann in meinem diesjährig geplanten Bibelseminar, in dem auf die hier nur grob angeschnittenen Problemfelder und Wahlkriterien genauer eingegangen werden wird.

1.2. Grundsätzliche Problemfelder auf der Sprachebene aufgrund unterschiedlicher Sprachkulturen

Einer der elementaren Gründe für unsere Übersetzungsproblematik ist die Tatsache der lexikalischen, semantischen und syntaktischen Unterschiede unserer indogermanischen Sprachen bezüglich der hebräischen Sprache des Alten Testaments, aber auch hinsichtlich des altgriechischen Koine des Neuen Testaments. Lexikalisch macht sich der Unterschied hauptsächlich dadurch bemerkbar, dass vor allem das Hebräische einen wesentlich geringeren, dafür aber umso vielgestaltigeren und polyfunktionalen Wortschatz aufweist als beispielsweise Deutsch oder Englisch. Semantisch äußert sich der Unterschied, wie bereits früher erwähnt, in der ungleich bildhafteren, symbolträchtigeren, und religiös beladeneren Sprache des Hebräischen im Vergleich zu unseren westlichen Sprachen. So umfasst beispielsweise die hebräische Form des deutschen Wahrheitsbegriffs, ämät, ein ganzes sog. semantisches Feld im Deutschen: In ihm schwingen Begriffe mit wie Zuverlässigkeit, Glaub- und Vertrauenswürdigkeit, die Fähigkeit und Bereitschaft, fest und tragfähig zu sein, bis hin zur unverbrüchlichen Treue und Verantwortungsübernahme in Bezug auf das Objekt der Wahrheitsvorstellung. Bezüglich dieses Punktes gilt, dass je bildhafter eine Sprache ist, desto häufiger müssen Übersetzungen aus ihr dem jeweiligen Zeit- und Kulturverständnis angepasst werden, weil Sprachbilder ungleich schneller veralten als konkrete Sprache. Andererseits können Sprachbilder aber auch zeitlose Wahrheitswirklichkeiten zeitlos übertragen, wo jede konkrete Sprache, aber auch jeder abstrakter Gedankengang ihr Ziel verfehlen würden.

Syntaktisch schließlich liegen die Unterschied vor allem im Bereich der Wortfeld- und Satzfeldbetonung und –bedeutung (unterschiedliche prädikative Schwerpunktbildung hinsichtlich der Satzkonstituenten Satzvorfeld, -hauptfeld und -nachfeld), welche unser hierarchisierend-abstraktes Subjekt-Prädikat-Schema völlig anders ausdrückt als das eher gleichstellend-bildhafte und häufig mit uneindeutigen metonymischen Sentenzen durchzogene Hebräische oder Aramäische.

Rein formal-grammatisch liegen die Hauptunterschiede zwischen den semitischen und den indoeuropäischen Sprachen einerseits im Dreikonsonantismus und andererseits im Vorherrschen des inneren Vokalwechsels. Wenn man nämlich ein Wort seiner Affixe und Vokale entblößt, so besteht die Wurzel lediglich aus einer Aneinanderreihung von, in unserem Fall drei Konsonanten, deren Bedeutungsvielfalt erst mit der Vokalisation – also dem Einfügen von Vokalen – beginnt. Innerhalb dieser starren Rahmenbedingung kann eine umso größere Vielfalt herrschen, indem Vokale auf verschiedene Art und Weise in die Lücken treten. Mit Hilfe von nur fünf einfachen Vokalen ist es z.B. möglich, aus dem Konsonanten-Rahmen l-d-r 25 verschiedene Wörter zu bilden. Da nun keine einheitlichen Regeln darüber herrschen, welche Vokale wann wo aufzutauchen hätten, ist es bei einer reinen Konsonantenschrift extrem wahrscheinlich, dass dieses System zu Fehlinterpretation und damit zu falschen Übersetzungen führen muss – ob gewollt oder nicht. Hier stehen Bibelübersetzer mitunter vor dem Problem, Übersetzungsvarianten zu wählen, die nicht allein die Vokalisation des Grundtextes verändern, sondern den Konsonantenbestand – nämlich dann, wenn der vorgegebene Konsonantenrahmen keine sinnvolle sprachliche Lösung zulässt (z.B. Jer 9,18 oder Psalm 22b).

Aber selbst wo die Vokale, z.B. aufgrund religiöser Regelwerke bereits in religiöse Texte eingefügt oder verbindlich vorgesehen wurden, ist die Bedeutungsvielfalt der einzelnen Wörter immer noch ungeheuer hoch. Daraus resultiert, wie schon erwähnt, dass die Hebräische oder Aramäische Sprache mit wesentlich weniger Vokabeln und damit mit einer ungleich geringeren lexikalischen Differenzierung auskommt als unsere modernen Sprachen, was seinerseits für den Übersetzer biblischer Texte zur Folge hat, dass er Bedeutung viel stärker aufgrund von Kontext, Kultur, Religion, Textsorte u.v.a.m. erschließen muss als dies in Übersetzungen zwischen verwandten Sprachen notwendig wäre. Daraus folgt wiederum, dass Bibelübersetzung immer auch die persönliche Einstellung zu diesen Themen widerspiegelt, so dass eine atheistische Übersetzung im Vergleich zu einer christlich-religiösen gänzlich andere Schwer- und Verstehenspunkte setzen wird. Es ist wie mit der Interpretation einer Filmrolle: Ein locker-flockiger Sonnyboy wird, trotz Text- und Regiegleichheit eine bestimmte Rolle ganz anders spielen als eine schwermütig-introvertierte Natur oder eine Person, der die Rolle des Schurken schon im Gesicht geschrieben steht. Aus diesem Grund gibt es Rollen, die nur für ganz bestimmte Personentypen maßgeschneidert ist.

Was sich für den Übersetzer nun noch erschwerend hinzugesellt und immer neu richtig bewältigt werden will, ist der Sprachwandel unsere modernen, multikulturellen Medienkultur, dessen Intensität und Geschwindigkeit für das biblische Sprachdenken bereits außerweltlich utopisch wären. Nicht nur, dass die dynamische Lebendigkeit und damit kultur- und gesellschaftsabhängige Veränderungswilligkeit von Sprache und Wort in Bezug auf ihre Vorstellungsinhalte Anlass für ständig neue Bibelübersetzungen ist. So gab es seit der ersten Übersetzung Martin Luthers bereits zahlreiche Neuübersetzungen seines ursprünglichen Textes, in denen, so der Linguist Gerhard Megla, „von den 131.000 Wörtern in der 1545-Ausgabe des Neuen Testaments 63.000 geändert wurden, obgleich zum ursprünglichen Textverständnis bereits ca. 2000 genügt hättenvi – ein Phänomen, das sehr eindrucksvoll die lexikalische Halbwertzeit der heutigen Sprachkulturen beleuchtet. Aber auch die Nachfrage nach andersartigen Übersetzungen, sei es bildungs- oder missionsbedingt, hat in den letzten Jahrzehnten enorm zugenommen. Die Eigenschaft der Bibel ist damit zunehmend im Wandel begriffen, von einer Gesamtschau alter Gotteserfahrungen und –interpretationen bis hin zu einem mystischen Meditationsinstrument östlicher Prägung.

Selbst aus diesen wenigen und verständlicherweise nur oberflächlich angekratzten Problemfeldern und Arbeitsperspektiven, was Bibelübersetzung involviert, dürfte klar geworden sein, wie sehr Bibel und ihre Übersetzung einerseits abhängig ist vom Welt-, Gottes- und Menschenbild sowie der religiösen Vorstellungen, Vorurteilen, Abneigungen usw. der jeweiligen Exegeten und Übersetzer, und wie Bibel andererseits doch wiederum die Erfahrung des Menschen mit dem Göttlichen auf eine Art und Weise spiegelt, die zeitlos ist und sich dem öffnet, der sich auch ihr gegenüber nicht verschließt.


2.0 Hauptteil: Die richtige Gewichtung in der Bibelübersetzung auf der Wortebene


2.1. Am Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und Gott war dieses Wort – die konnotative Kraft des Wortes

Dieser grandiose Anfangssatz aus dem Johannesevangelium weist in unübertroffener Art und Weise hin auf die gegenseitige Abhängigkeit von Wort als bedeutungstragender Satzteil und Wort als metasprachliches Schaffungsprinzip des göttlichen Geistes. Ersteres versucht als versprachlichtes menschliches Denken die Geistigkeit Gottes (Letzteres) einzufangen und als menschliche Erfahrung zu konservieren. Dass diese Konservierung nur Sinn machen würde, wenn und insofern sie sich am Wort als dem metasprachlichen Schaffungsprinzip orientierten würde, liegt auf der Hand.

Die Zielvorgabe für die Übersetzung der katholischen Einheitsübersetzung (EÜ) war, wie der Name sagt, der sprachökumenische und bildungsökonomische Kompromiss zwischen Rezipientenfreundlichkeit und theologischer wie bibelwissenschaftlicher Texttreue mit ökumenischer Grundausrichtung. Dabei wurden zugunsten einer scheinbar besseren Lesbarkeit theologische Signalwörter der alten Bibelsprachen weggelassen oder ‚modernisiert’. Was die Übersetzung an konsumorientierter Lesbarkeit dazu gewann, verlor sie an theologischer Aussagekraft. Zurecht weist der bekannte deutsche Bibelübersetzer Hellmut Haug auf diesen Sprachverfall hin:

Es darf nicht unerwähnt bleiben, dass EÜ auf die Wiedergabe sprachlicher Signale der Ausgangstextes verzichtet, wo die Übersetzung mit der Vorgabe ‚Gegenwartsdeusch’ in Formulierungsnot kommt. […] So wird beispielsweise generell der Hebräismus „Es geschah, dass“ weggeglättet, mit dem Effekt, dass der gelegentlich bewusst ‚biblizistische’ Stil des Lukasevangeliums nicht mehr kenntlich gemacht werden kann.“vii Dadurch wird die Geburtsgeschichte Jesu zum nüchternen Geschäftsbericht (…in jenen Tagen erließ Kaiser Augustus den Befehl…). Ebenso werden die Aufmerksamkeitspartikel ‚siehe’ und/oder ‚denn’ wegoperiert oder syntaktisch angepasst (z.B. Lk 2,10: ich verkünde euch große Freud), was zur Folge hat, dass der theologisch relevante Verkündigungscharakter einem schnöden Berichtstil weichen muss. Helmut Haug fährt fort: „Auch sonst wird man bei der EÜ immer wieder Glättungen feststellen, die den Aussagen das ‚Befremdliche’ oder die Schärfe nehmen.“viii

Und der Theologe und Bibelübersetzer Ottmar Fuchs ergänzt noch: „Am Horizont der Freiheit von form- oder rezeptionsorientierter Übersetzungsstrategie […] sehe ich das Projekt der Einheitsübersetzung […] vor allem in dem ideologischen Anspruch als einen binnen- und zwischenkirchlich ekklesiologisch (insbesondere charismentheologisch) wie ökumenisch verfehlten bzw. problematischen Entwurf an. Ekklesiologisch, weil sowohl die bedeutungsreichere Qualität pluraler Übersetzungen als auch die damit jeweils zu verbindenden plurale und davon anzuregende Sinninvestition der Gläubigen strukturell reduziert wird. Ökumenisch lebt die Einheitsübersetzung ohnehin über ihre Verhältnisse, da sie in den evangelischen Kirchen kaum rezipiert wird. Fraglich ist hier das Projekt aber vor allem auch darin, dass man die ökumenische Beziehung offensichtlich nur konsensideologisch und nicht auch differenzdialogisch rekonstruiert. Die Einheitsübersetzung ist ein Niederschlag dieser Einseitigkeit in der Gestaltung ökumenischer Beziehungen.ix

Damit soll nun aber die Übersetzerleistung der Einheitsübersetzung keineswegs geschmälert oder grundsätzlich abgewertet werden. Sie dient nur einem anderen Zweck. Vor allem im Zusammenwirken mit dem Jerusalemer Kommentar (in der sog. Jerusalemer Bibel) ist die Einheitsübersetzung eine sehr gute Studienbibel, mit der vor allem die kulturell-exegetischen Übersetzungsschwierigkeiten zum großen Teil behoben werden können. So sollte sie beispielsweise bei Predigtvorbereitungen die erste Wahl sein, um vorab den Inhalt einer biblischen Aussage exegetisch richtig in den Griff zu bekommen. Erst in einem zweiten Gang können dann beispielsweise die 1984er Lutherübersetzung, die Neue Züricher Bibel, aber auch kommunikationsorientierte Bibelübersetzungen jene sprachlichen Nuancierungen in den Vordergrund rücken, welche sinnstiftend den Grundtenor einer Aussage modifizieren oder modalisieren. In diesem Zusammenhang sei wieder einmal darauf hingewiesen, dass, wem bildungs- oder sprachbeschäftigungsbedingt das notwendige lexikalisch-semantische Differenzierungsvermögen abgeht, wer sich also schwer tut, unterschiedliche begriffliche Bedeutungsnuancen wahrzunehmen, der Kauf eines etymologischen Wörterbuchs und/oder das Arbeiten mit dem umfassend etymologischen Deutschen Wörterbuch von Grimm im Zusammenhang mit predikaler Bibelarbeit ebenso eine Selbstverständlichkeit werden sollte wie es dies für den professionellen Übersetzer auch ist. Denn gerade diese scheinbar nebensächlichen sprachlichen Unterscheidungsparameter können die Gesamtbedeutung doch sehr beeinflussen, wie beispielsweise Robert Steiner, Mitübersetzer der Lutherbibel, zu verdeutlichen weiß:

Das Bestreben, das Wort der Heiligen Schrift so verständlich wie möglich zu machen, darf nicht dazu führen, dem Text den eigentlichen Sinn zu nehmen. […] Kann eine so geglättete Übersetzung nicht auch zur Folge haben, dass man zu schnell über den Kern der Aussage hinweg liest, der zum Haltmachen und Nachdenken führen soll? Ist dem Bibelleser von heute wirklich damit gedient, wenn beispielsweise der biblische Begriff ‚verwerfen’ durch ‚ablehnen’ o.ä. ersetzt wird? Wird nicht mit ‚verwerfen’ ausgedrückt, wie ungewöhnlich eine solche Tat ist? Kann man heute nicht mehr mit ‚Herrlichkeit’ übersetzen, sondern sucht Begriffe wie ‚Schönheit’ (welcher an keiner Stelle der Fülle und Aussagekraft des biblischen Originals gleichkommt), weil für die säkularisierten Leser der Postmoderne ein solcher Begriff keine Aussagekraft mehr hat? […] Warum muss in neuen Übersetzungen das charakteristische Ankündigungsmerkmal der Seligpreisungen (selig sind, die…) ersetzt werden mit ‚glücklich’ oder ‚gesegnet’ oder ‚wohl dem Menschen’, wo doch die Freude und das von Gott geschenkte Heil den Menschen aufjauchzen lassen und seinerseits zur weiteren Verkündigung führen soll?x

Wenn schon befürchtet wird, dass ein Seligsein für heutige Zeitgenossen keine Vorstellung mehr birgt, dann ist es immer noch besser, wenigstens den direkten Weg zu wählen, wie die GN2-Übersetzung von beispielsweise Lk 6,22, wo es heißt: „Freuen dürft ihr euch, wenn…“ – wenngleich ein Sich-Freuen nicht notwendigerweise ein Seligsein einschließt. Auch die Ersetzung von ‚Nächster’ durch ‚Mitmensch’ ist fehl am Platz. Abgesehen davon, dass Mitmensch ein Modewort geworden ist, dessen modisch-zeitgeistige Überfrachtung oder Beladenheit bereits zur Vorsicht mahnen sollte, verblasst es doch sehr gegen den alten Begriff und seine Geschichte. So ist Greeven zuzustimmen, wenn er im Theologischen Wörterbuch zum Neuen Testament schreibt: „Der moderne Mensch ist meist geneigt, unter dem Nächsten den Mitmenschen schlechthin zu verstehen. Das trifft aber für ‚ho plesion’ in keiner Weise zu. Das Wort meint gerade nicht das Allgemeine, sondern ein Besonderes.xi

Desgleichen ist eine ‚Botschaft’ nicht nur konnotativ keine ‚Nachricht’ – auch wenn die „Gute-Nachricht-Bibel“ auf eben dieser begrifflichen Synonymität zu bestehen scheint, und auch ‚wegwerfen’ kann nicht ‚verwerfen’ in Mt 21,42 ersetzen, da ersteres achtlos bzw. ahnungslos sein kann, während letzteres aufgrund von Mängelerscheinungen o.ä. absichtlich geschieht. Ähnlich geht es uns mit dem Begriff ‚Jünger’, der in einigen Bibeln übersetzt wurde mit Christen oder Gläubige, selbst Heilige werden zu Gläubigen nivelliert. Vor dem Hintergrund unserer westlichen Lebenswirklichkeit sind Jünger und Christen noch lange nicht dasselbe. Wer sind Christen heute? Jeder Kirchensteuerzahler, der seit seiner Konfirmation oder Firmung eine Kirche nicht mehr von innen gesehen und mit Glauben überhaupt nichts am Hut hat, darf sich Christ nennen. Wie sehr sich die meisten der heutigen Christen von den Urchristen unterscheiden braucht man nur nachzulesen. Hier hat sich ein Begriffswandel vollzogen, den zu negieren unverantwortlich wäre. Jesuanische Jüngerschaft hat mit Nachfolge zu tun, hat damit zu tun, dass man sich am Leben und Wirken Jesu ausrichtet. Wo Christen das nicht mehr zu ihrem Lebensideal erkoren haben, mögen sie sich Christen nennen – Jünger indes sind sie mit Sicherheit keine mehr.

Kein Zweifel, in vielen der heutigen Übersetzungen soll eine Leseart verkauft werden, die Dies führt unweigerlich zu einer Übersetzung, die nicht nur ersetzt, sondern dies viel zu häufig auch noch ungenügend macht. Die von E. Nida geforderte Rezipientenorientierung, ein kommunikativ orientierter Übersetzungsstil, welcher sich im 20. Jahrhundert immer mehr durchgesetzt hat, ist ein Kind ihrer Zeit. Einer Zeit, in der die Leser bestimmen, was wie geschrieben werden muss, damit sie es lesen. Nicht die Substanz des Inhaltes und der Erfahrungswert ganzer Generationen stehen noch im Mittelpunkt, sondern seine Aufmachung und formale Lesefreundlichkeit. Im Zeitalter der reißerischen Boulevardtitel und schaulustigen Sensationsblätter zählt nicht mehr die Genauigkeit und der Sitz im Leben einer Information oder Aussage, sondern ihr Neuheitswert und Sensationsfaktor. Damit wird sowohl der Informations- als auch der Bildungsauftrag auf den Kopf gestellt: Nicht mehr der Text bestimmt, was der Leser zu lernen oder zu erfahren hat, sondern der Leser bestimmt, was er lernen oder erfahren möchte und was nicht. Übersehen bzw. geflissentlich missachtet wird dabei, dass dieser vermeintliche Demokratisierungsprozess erst zu dieser beklagenswert unseriösen und degenerativen Mediendiktatur des Volkes geführt hat, im Verlauf derer jede hochgeistige Literatur zu einem Nischendasein verdammt wurde.

Nachdenklich stellt der Theologe Ottmar Fuchs denn auch die Frage: „Müsste eine Bibelübersetzung nicht mit wachsender Beweglichkeit [er meint die dynamische Flexibilität der kommunikativen Übersetzung] die gewonnene Freiheit, die sie selbst durch eigene Professionalität nicht verringern kann, an die normale hermeneutische Kompetenz der nichtprofessionellen Bibelleser/innen abgeben?xii Mit anderen Worten: Ziel einer guten Übersetzung müsste es doch eigentlich sein, ihre Rezipienten zu ebenso guten Lesern zu erziehen, Leser, die nicht ihren Lesestoff konsumieren, sondern diesen und sich selber in ihm reflektieren. Damit aber wird – von Übersetzungen für Sondergruppen etc. abgesehen – nicht der freien oder ausschließlich kommunikativ-zielgruppenorientierten Übersetzung das Wort geredet, sondern einer gelungenen Mischung aus grundtexttreuen, exegetisch wie theologisch abgesicherten aber gleichwohl stil- und ausdrucksicheren Übersetzung.

Auch der US-amerikanische Literaturprofessor Leland Ryken (Mitglied des Kommittees für formtreue Bibelübersetzung) stellt diese grundsätzlichen Übersetzungskriterien in den Mittelpunkt: „Eines der einfachsten literarischen Prinzipien ist jenes, dass Bedeutung durch Form ausgedrückt wird, ja dass die Form eines Schriftstückes selber schon Bedeutung ist. Ohne uns mit der Frage des ‚wie’ auseinander zu setzen, können wir auch nicht nach dem ‚was’ fragen. Dabei ist eine der grundlegendsten Formen jeder Literatur das Wort. Es gibt keinen vom Wort losgelösten Gedanken. Gedanken hängen von Wörter ab und wenn wir die Wörter verändern, verändern wir die Gedanken.xiii

Umgekehrt gilt nun aber auch, dass Wörter immer dann verändert werden müssen, wo sie gedanklich irreführen oder falsche Gedanken erwecken könnten. Zurecht moniert die Altsprachlerin, Prof. Katharine Reiß, deshalb viele Übersetzungsstrategien: „Beim Übersetzen liegt ein Text vor, dessen Sprachzeichen Signale aussenden zum Verstehen dessen, was mit dem Zeichen gemeint ist. Hauptproblem des Übersetzens ist, in der Zielsprache solche Sprachzeichen zu finden, die analoge Signale zum gleichen Textverständnis aussenden. Es geht nämlich nicht nur darum, das Gesagte in Gesagtes zu übersetzen, sondern in Gesagtes, das auf das gleiche Gemeinte hinführen kann. So heißt es beispielsweise an der Stelle Ijob 16,5 beim revidierten Luthertext: ‚Ich würde euch stärken mit dem Munde und mit meinen Lippen trösten.’ Hier wird anscheinend übersetzt, was in der Originalsprache gesagt worden war, aber es werden falsche Anstöße zum Erschließen des Gemeinten gegeben. ‚Ich würde euch stärken mit dem Munde’ lässt an künstliche Beatmung oder eloquente Reden denken.xiv Anders als Frau Reiß, welche für diese Bibelstelle die Übersetzung der Bibel in heutigem Deutsch bevorzugt, komme ich allerdings zu der Überzeugung, dass die kommunikativ-orientierte ‚Neues Leben’-Übersetzung diese Hürde besser meistert, wenn sie kontextuell richtig fortfährt (deswegen zur Übersicht der Gesamtkontext der Antwort Ijobs an Elifas, mit dem Vers 5 im Fettdruck):

Da sagte Hiob: »Wie oft habe ich das schon gehört! Ihr seid alle wirklich schlechte Tröster! Haben die windigen Reden nun ein Ende? Was reizt dich so, dass du mir derart widersprechen musst? Wenn ihr an meiner Stelle wärt, könnte ich daherreden wie ihr. Ich könnte euch schöne Reden halten und selbstgerecht den Kopf über euch schütteln. Stattdessen würde ich aber versuchen, euch Mut zuzusprechen und würde mit Trost nicht sparen.

Noch ein Beispiel sei angefügt, wie unterschiedlich formorientierte Mischübersetzungen ausfallen können. Die für ihre „geschmeidige Wörtlichkeit“ xv bekannte Neuen Züricher Bibel zeigt wunderschön, wo in ein und demselben Kapitel Vorteil und Nachteil der formorientierten Übersetzung zum Tragen kommen, und zwar in den beiden Ijobpassagen (Ijob 23,2b und 7,8) – im Vergleich dazu die Einheitsübersetzung und die Lutherübersetzung 1984: Während im ersten Fall die NZB sich sehr flüssig liest und doch am Ausgangstext bleibt (auch wenn das Verb ‚stöhnen’ heute andere Konnotationen trägt), entfernt sie sich im zweiten Fall von diesem, wodurch die Aussage nicht nur an sprachlicher Prägnanz verliert, sondern auch in die Irre führt.

Exegetisch und theologisch in den Griff gebracht, kann eine kommunikative Übersetzung gerade bei „Aussagen von raffinierter theologischer Dialektik“xvi, wie wir sie häufig in den Paulinischen Briefen antreffen, die Aussageintention besser verdeutlichen als dies Übersetzungen können, die sich eher an Wort und Form des Ausgangstextes halten. Beispielhaft sei ein Übersetzungsvergleich der berühmten Glaubensdefinition von Hebr 11,1 hier angeführt, deren hochstehende literarische Form – die allerdings nicht auf Paulus zurückgeht – diese Predigt in Briefform zu den herausragenden biblischen Sprachformen macht. Deutlich spielt die kommunikativ-orientierte GN2 hier ihre paraphrasierenden Vorteile aus vor der eher formorientierten und deshalb am Grundtext klebenden Lutherbibel und, zumindest stilistisch, sogar vor der in ebenfalls gutem Deutsch gehaltenen EÜ: Ein weiteres Beispiel, wie sehr Wort und Wortstellung Bedeutung schaffen, liefert Psalm 70. Der Linguist Robert Alterxvii deutet hier zurecht auf die Spannungsklammer hin, indem die Anfangs- und Endstellung einen spannungsgetragenen (synonymen) Parallelismus bilden. Auch wenn Robert Alter von englischsprachigen Bibeln ausgeht, bei denen die Betonungssyntax dieses Aspekts sprachlich anders ausfällt, so lässt sich seine Wahrheit auch für das Deutsche fruchtbar machen. Man beachtet deshalb, wie die Anfangsstellung im Vers 2 (der erste Vers betrifft nur die Nennung der Thematik): „Eile Herr, mich zu erretten“, mit der Endstellung im Vers 6 kontrastiert wird: „Mein Gott, säume nicht!“ In diesem synonymen Parallelismus eingebettet steht die Sorge des Psalmisten, die durch diese Spannungsklammer der drängenden Eile und Not erst ihr eigentliches Gewicht, ihre kaum mehr auszuhaltende Dringlichkeit erhält. Keine der modernen kommunikativen Übersetzungen, selbst die Mischform der Einheitsübersetzung, bringen diesen eigentlichen Punkt des 70. Psalms auch nur annähernd so zum Ausdruck wie die Lutherübersetzung dies tut. Gegenüber der revidierten Lutherübersetzung von 1984, deren Schlussvers sie mit ‚Mein Gott, verziehe nicht’ übersetzt, übersetzt die alte Lutherübersetzung noch ‚Mein Gott, säume nicht’. Auch wenn ‚säumen’ ein umgangssprachlich nicht mehr gängiges Wort ist, so kommt in ihm doch besser als in modernen Versionen die Trägheit der Handlungsunterlassung selber zum Ausdruck, ohne dem Handelnden dabei aber eine Absicht (z.B. aus Bestrafungsgründen o.ä.) zu unterstellen, welche im ‚verziehen’ konnotativ mit anklingt.

In seinem Artikel „Der Hang zur frommen Lüge“ äußerte Bernhard Rothen eine weitere Kritik an kommunikativen Bibelübersetzungen, in diesem Fall an der Gute Nachricht Bibel: „Im selben Sinn eines der Gnade vorauslaufenden Verdienstes sagt König Salomo in der GN2 von seinem Vater David im Gebet, Gott habe ihm ‚viel Gutes getan, weil er dir stets die Treue gehalten […] hat’ (1.Kön 3,6). Ganz problemlos erscheint hier der gute Lebenswandel (oder die gute Gesinnung) als Grund und Ursache der göttlichen Wohltat. Rein grammatikalisch ist diese Übersetzung zwar möglich. Aber die hebräische Konjunktion ist kein einfaches ‚weil’, sondern stellt die beiden verbundenen Aussagen eher in eine gegenseitige Abhängigkeit. Luther übersetzte darum sachlich viel vorsichtiger und im gesamten biblischen Zusammenhang gesehen richtiger: ‚Du hast an meinem Vater David, deinem Knecht, große Barmherzigkeit getan, wie er denn vor dir gewandelt ist in Wahrheit und Gerechtigkeit.xviii Leider benutzen neben der GN2 auch noch andere Übersetzungen Kausalkonjunktionen, so beispielsweise auch die EÜ, die mit ‚denn’ übersetzt. In all diesen Fällen entsteht der Eindruck einer Leistung-Gegenleistung-Perspektive, die weder dem Grundtext noch der jüdischen Theologie gerecht wird. Wie kein anderer Übersetzer hat Luther die Mischung aus kausaler, temporaler und finaler Anteiligkeit durch seine qualitativ-komparative Übersetzung (der Art und Weise) gelöst: So wie du Mensch vor Gott wandelst in Wahrheit und Gerechtigkeit, wird sich auch Gott in seiner Barmherzigkeit zu dir neigen. Deutlich vermied er auch die Falle einer quantitativ-komparativen Lösung (In dem Maße wie…), da auch diese einen anteiligen Werkgerechtigkeitscharakter offenbarte, der dem Grundtext in dieser Schärfe fehlt.

2.2. Begriffliche Mehrdeutigkeit und ihre Folgen

Die Mehrdeutigkeit der hebräischen Begriffe führt automatisch zur interpretierenden Übersetzung, da für einen hebräischen Begriff mehrere deutsche Begriffe einsetzbar sind.

Wenn wir uns beispielsweise den 90. Psalm betrachten, so finden wir in der Lutherübersetzung die Wendung:

Unser Leben währet siebzig Jahre, und wenn es hoch kommt, so sind’s achtzig Jahre, und wenn’s köstlich gewesen ist, so ist’s Mühe und Arbeit gewesen.“ (LU 1912)

Mühe und Arbeit als sinnstiftende Quintessenz des Menschenlebens, so jedenfalls macht uns dies Luthers Übersetzung glauben und nicht von ungefähr stellt sich ein, wenn auch nicht immer eindeutiger Zusammenhang zwischen fortschrittsgläubigem, pragmatisch orientierten Protestantismus und traditionswahrendem, eher mystisch orientierten Katholizismus – ein Umstand, der den Protestantismus scheinbar offener machte für das kapitalistische Denken der Neuzeit, auch wenn dessen eigentliche Ursachen noch in der katholischen Welt entstanden. (Detaillierte Ausführungen zu dieser Thematik, die Max Weber bereits in Grundzügen aufgegriffen hatte, findet man u.a. hier)

Wenn wir uns nun die revidierte Lutherübersetzung von 1984 ansehen, so stellen wir interessanterweise und ganz verwirrt fest: Diese Psalmstelle lässt sich offensichtlich auch anders deuten, da der Kontext des schnell dahinfahrenden Lebens durchaus auch andere Übersetzungsschwerpunkte nahelegt:

Unser Leben währet siebzig Jahre, und wenn es hoch kommt, so sind’s achtzig Jahre, und was daran köstlich scheint, ist doch nur vergebliche Mühe, denn es fähret schnell dahin, als flögen wir davon.“ (LU 1984)

Zuerst sind es Mühe und Arbeit des Lebens, welche seinen Sinn ausmachen, und dann wird gerade dies als sinnloses Hetzen und vergebliches Jagen betrachtet – ein Widerspruch in sich. Wie können wir ihn auflösen und die zutreffende Übersetzung ausfindig machen?

Nun, das hinter unserer Fragestellung liegende Hauptproblem ist jene bereits angesprochene bildhafte Eigenschaft des Hebräischen, seinen Begriffen eine Vielzahl von Bedeutungen zu unterlegen. So kann der hebräische Begriff ‚amal’, und zwar sowohl als Nomen als auch als Verbum, u.a. sowohl Mühe als auch (neutraler) Arbeit bzw. sich mühen oder arbeiten bedeuten; in manchen Kontexten meint er auch das Produkt menschlicher Mühe und Arbeit, nämlich seinen Besitz. Er kann aber auch Bedeutungsnuancen annehmen, für die wir im Deutschen ein ganzes Bedeutungsspektrum von Begrifflichkeiten benötigen, und zwar von Schufterei oder Plackerei bis hin zu Plage und Unheil.

Häufig kommen Verb und Nomen im Hebräischen zusammen in einer sog. ‚figura etymologica’ (schöne Beispiele finden sich im Koheletbuch 1,3/2,10/2,18), ein dem Hendiadyoin ähnliches rhetorisches Stilmittel, bei dem zwei gleichstämmige Wörter unterschiedlicher Wortarten in einem Begriff oder Satz zusammentreffen (z.B. im Deutschen „Wer andern eine Grube gräbt…“), was vor allem in der hebräischen Dichtung durchaus häufig vorkommt. In diesem Fall müssen wir davon ausgehen, dass zwischen den beiden Begriffen, die Luther mit ‚Mühe’ und ‚Arbeit’ übersetzt hatte, zumindest Bedeutungsähnlichkeit herrscht, so dass der Begriff Arbeit nicht im positiven (und postindustrialisierten) Sinne des (vielleicht sogar gewinnträchtigen) Broterwerbs zu deuten sein würde, sondern im negativen Sinn der Plackerei und, im weiteren Sinn, des nutzlosen und ob der Kürze des Lebens zeitaufwendigen Plagens. Dieser Gedankengang wird auch durch die andere Bedeutung des Arbeitsbegriffes deutlich, den er zur Zeit Luthers hatte und der, als mittelhochdeutsches Wort ‚arebeit’, in der Tat synonym war zu Plackerei, denn von ihrem Ursprung her „...war arbeit die auf dem knecht lastende, vorzugsweise was für die feldbestellung, um tagelohn“. (Grimms Wörterbuch). Klar wird damit auch, dass die arbeitsorientierte protestantische Moralethik, zumindest was diesen Psalm betrifft, einer irrtümlichen Übersetzungsinterpretation aufsaß – einer von zahlreichen Fällen, bei denen die Übersetzung und/oder Interpretation der Bibel für weltgeschichtliche Veränderungen gesorgt hat; leider nicht immer zum besseren.

Damit aber ist unser Problem noch nicht gelöst, denn während das Köstliche des Lebens im Fall der alten Lutherübersetzung noch Mühe und Arbeit ist, steht im Fall der neuen Übersetzung dafür eine vergebliche Mühe. Während erstere also unter der Ambiguität dessen steht, ob Mühe und Arbeit eher positiv oder eher negativ zu sehen sein würden – eine Frage, die wir gelöst haben –, kommt letztere zu dem eindeutigen Schluss, dass alles Plagen und Schuften letztlich nur verlorene Liebesmüh sein würde – eine deutliche Verschiebung der Grundaussage. Wie finden wir also die richtige Übersetzung?

Versuchen wir zur grundsätzlichen Klärung uns die Aussage des Grundtextes anhand einer Interlinearübersetzung für exegetische Wissenschaften anzusehen.

Die Tage unserer Jahre betragen von sich aus 70 Jahre und wenn mit Krafttaten 80 Jahre, aber ihr Drängen (ist) Mühsal und Unheil. Wenn es rasch vorbeigegangen ist, dann sind wir schon davongeflogen.“ (wissenschaftliche Übersetzung des 90. Psalms des Alttestamentlers Krueger, 1994)

Deutlich wird hier folgendes: Wir erkennen nun, dass der Unterschied von der 1912er Übersetzung zur 1984er Übersetzung nur eine Schwerpunktverlagerung ist: von der Perspektive des mühevollen Schuftens und Plagens zur nicht weniger negativen Perspektive der Vergänglichkeit dieses Tuns. Wenn wir abschließend noch einige Übersetzungen dieses 10 Verses aus dem 90. Psalm vergleichend betrachten, so fallen gerade solche Schwerpunktverschiebungen ins Auge – ein legitimes Stilmittel, welches große Beachtung finden sollte beispielsweise in der Predigtvorbereitung. Gleichzeitig erkennen wir aber auch, dass nicht nur die unterschiedliche Schwerpunktsetzung für die Vielfalt der Übersetzungen verantwortlich ist, sondern – vor allem bei den sehr kommunikativen Übersetzungstypen (Hfa, GNB, Neues Leben) – auch die teilweise völlig Neuphrasierung, welche mit dem Grundtext oft nicht mehr so viel gemein hat und leider auch oft an der Intention des Bibelautors vorbeiübersetzt.

Die Tage unserer Jahre sind siebzig Jahre, und, wenn in Kraft, achtzig Jahre, und ihr Stolz ist Mühe und Nichtigkeit, denn schnell eilt es vorüber, und wir fliegen dahin.“ (Rev. Elberfelder)

Die Tage unserer Jahre, -ihrer sind siebzig Jahre, und, wenn in Kraft, (And.: wenn vollzählig) achtzig Jahre, und ihr Stolz ist Mühsal und Nichtigkeit, denn schnell eilt es vorüber, und wir fliegen dahin.“ (Elberfelder, 1871)

Unser Leben dauert siebzig, vielleicht sogar achtzig Jahre. Doch worauf wir stolz sind, ist nur Mühe, viel Lärm um nichts! Wie schnell eilen die Jahre vorüber! Wie rasch fliegen sie davon!“ (Hfa)

Unser Leben währt siebzig Jahre, und wenn es hoch kommt, so sind's achtzig Jahre; und worauf man stolz ist, das war Mühsal und Nichtigkeit, denn schnell enteilt es, und wir fliegen dahin.“ (Schlachter 2000)

Siebzig Jahre sind uns zugemessen, wenn es hoch kommt, achtzig - doch selbst die besten davon sind Mühe und Last! Wie schnell ist alles vorbei und wir sind nicht mehr!“ (GN2)

Unser Leben währt siebzig Jahre, und wenn es hoch kommt, sind es achtzig. Das Beste daran ist nur Mühsal und Beschwer, rasch geht es vorbei, wir fliegen dahin.“ (EÜ)

Unser Leben dauert siebzig Jahre, vielleicht sogar achtzig Jahre. Doch selbst noch die besten Jahre sind voller Kummer und Schmerz, wie schnell ziehen die Jahre vorüber und alles ist vorbei.“ (Neues Leben)

The days of our years are threescore years and ten (seventy years)--or even, if by reason of strength, fourscore years (eighty years); yet is their pride [in additional years] only labor and sorrow, for it is soon gone, and we fly away.” (Amplified Bible)

Interessant ist hier m.E. auch noch die Übersetzung der englischen Amplified Bibel, die ja zu den sog. kommunikativen Übersetzungsarten zählt und dabei bestrebt ist, die möglichen Bandbreiten oder Zusatzvorstellungen etc. des Grundtextes in Klammern zu verdeutlichen. Sie erfüllt hier bereits deutlich den Zweck einer kommentierenden Bibel. In unserem Fall zeigt sie beispielsweise auch, dass die für uns selbstverständliche Zählweise im Dezimalsystem nicht notwendigerweise dieselbe sein muss in alten Volkssprachen.

Ein ähnlich weitreichender Übersetzungsfehler wie jener, der die protestantische Arbeitsethik so in den Mittelpunkt des Lebens stellte, ist jener, der die menschenbezogene Bekenntnishaftigkeit des Glaubens ins Leben rief oder sie zumindest legitimierte. Aus diesem Grund lauten moderne Übersetzungen des Johannesevangeliums (Joh 6,47) nicht mehr: „Wer an mich glaubt, der hat das ewige Leben“, da die beiden Wörter ‚an mich’ nicht im Grundtext stehen. Ebenso stehen die Verse Joh 5, 3b und 4 nicht mehr im Text, sondern in einer Fußnote mit der Erklärung: „Sie gehören nicht zum ursprünglichen Text des Johannesevangeliums.“

2.3. Die nicht zu unterschätzende Einbettung im Kontext von Raum, Zeit und Situation

Wir waren ja schon näher eingegangen auf die Notwendigkeit, den Sitz im Leben von Aussagen zu ergründen, eine Notwendigkeit, die nicht nur für die Übersetzung gilt. Ein ähnlich gelagertes Problemfeld, wenn auch auf einer ganz anderen Ebene, ist die kontextuelle Einbettung sprachlicher Äußerungen auf der begrifflich-semantischen Ebene. Wörter und Begriffe erhalten genauere Bedeutung oder sogar ihre eigentliche Bedeutungskraft oftmals erst durch den Zusammenhang, in dem sie auftauchen. Dabei gibt es sogar richtige kontextuelle Schlüsselwörter, die einen zeitlichen, situativen oder anders gelagerten Kontext geradezu fordern. Ganz deutlich wird dies beispielsweise, wenn im Deutschen in der indirekten Rede Aussagen wiedergegeben werden, die relativer Natur sind. So kann jemand beispielsweise die telefonisch gemachte Aussage eines Dritten an mich mit den Worten weitergeben: „Peter sagte am Schluss noch, er käme bald.“ Wann ist dieses ‚bald’?, so haben wir uns wohl alle schon mal gefragt. Oder jemand könnte mir eine Mitteilung hinterlassen aus einer ihm gemachten Wegbeschreibung. Dort heißt es dann: „Bitte hinter dem Supermarkt rechts abbiegen.“ Die natürliche Frage: Was bedeutet hier ‚hinter’?, resultiert aus unserem Unwissen, ob wir von einer sprecherbezogenen Objektivierungsperspektive oder von einer adressatenbezogenen auszugehen haben würden.

Für den Bibelübersetzer erschwerend kommt nun hinzu, dass solche Präpositionen bzw. präpositionale oder adverbiale Wendungen im Deutschen eine andere Funktion haben als im Aramäischen oder im Griechischen der Zeit Jesus. Nicht zuletzt aus diesem Grunde sollte uns das Bewusstsein für solcherlei Unterschiede in Zukunft auch bei den biblischen Texten begleiten. Wenn der Offenbarungsschreiber eine himmlische Stimme sagen lässt: „Siehe ich komme bald.“, dann müssen wir uns in das kontextuelle Bild dieser Aussage hinein vertiefen, um ein erstes Verständnis dafür zu bekommen, was denn dieses ‚bald’ bedeuten könnte. Zweimal taucht diese Versicherung im letzten Kapitel der Johannesoffenbarung unter der Überschrift „Schlußermahnungen und Hinweis auf das baldige Kommen Jesu“ auf und beide Male richtet es sich an Visionsadressaten, welche mit dieser Versicherung getröstet und gestärkt werden sollten. Aus diesem, wie auch aus einigen anderen Gründen kann und muss dieses ‚bald’ auf die unmittelbare Lebenszeit von Adressaten bezogen werden, die sich einerseits ganz offensichtlich in einer großen seelischen und/oder körperlichen Notlage befanden und denen andererseits daran gelegen sein musste, dass sich diese Zusage schnellstmöglich erfüllte. Aus diesen Kriterien lässt sich ganz dezidiert eine ebenso bestimmte Gruppe von Menschen ableiten, auf die allein sich diese Aussage nur ganz spezifisch beziehen konnte. Jede andere, vor allem jede eschatologische Endzeitinterpretation o.ä. sektiererischer Unfug wäre futuristische Sciencefiction.

2.4. Die funktionale Aussagekraft und –intention des Konjunktivs: xix

Ein weiteres großes Problemfeld, das dem modernen Reduktionismus und alles einebnenden Relativismus zum Opfer zu fallen droht, sind bestimmte sprachliche Ausdrucksformen, deren formale Bildung und gedankliche Anforderungen sich in einer Zeit der über alles herrschenden Vereinfachung nicht mehr verkaufen lassen. Zu diesen Ausdrucksformen gehört sicherlich auch der Konjunktiv und seine Verwendung in der Bibelsprache. Wie alle sprachlichen Ausdrucksformen ist auch der Konjunktiv entstanden aus der Notwendigkeit, bestimmten Denk- und Vorstellungsprozessen und -perspektiven sprachlichen Ausdruck zu geben, so dass sein Wegfall einer Verarmung nicht nur der sprachlichen, sondern auch der mit ihm verbundenen kognitiven Ausdrucksmöglichkeiten wäre. Neben Indikativ (Grundform) und Imperativ (Befehlsform) ist der Konjunktiv (Möglichkeitsform) die dritte Modusform der deutschen Sprache. Dabei ist klar, dass Unterschiede der Form immer auch Unterschiede der Bedeutung beinhalten, den Form selber ist Bedeutung. Vor diesem Hintergrund ist es nun wichtig, die unterschiedlichen Bedeutungen dieser Modusformen (oder Modi) zu untersuchen, um anhand dieser Unterschiede die jeweilige Bibelübersetzung auf ihre Aussagekraft in Bezug auf die Ausgangssprache hin zu untersuchen.xx

Ebenso wie die Tempuskennzeichnungen müssen auch die Moduskennzeichnungen strukturell als Satzmorpheme (bedeutungstragende Formen auf Satzebene) angesehen werden, insofern sie nicht nur den spezifischen pragmatischen Geltungsanspruch des Verbs spezifizieren, sondern den der ganzen Aussage, in der das jeweilige Verb Benützung findet. Mit anderen Worten müssen wir uns bewusst machen, dass auch die genannten Modusformen (Indikativ, Imperativ und Konjunktiv) den pragmatischen Geltungsanspruch der Aussage metainformativ qualifizieren.

Durch den Terminus Konjunktiv (lat. coniungere = verbinden) wird schon darauf aufmerksam gemacht, dass das Funktionspotenzial der Konjunktivformen dadurch bestimmt ist, dass die mit ihnen realisierten Aussagen in bestimmter Weise auf andere Aussagen bzw. Vorstellungsinhalte bezogen sind. Die französischen bzw. englischen Termini (subjonctif bzw. subjunctive) machen das noch deutlicher, insofern sie auf eine Unterordnung hinweisen, die ihrerseits komplexe Satzgefüge impliziert, in denen Zusatzaussagen auf Hauptaussagen bezogen werden.

Robert Musil hat den Konjunktiv explizit als eine Ausdrucksform des menschlichen Möglichkeitssinns bezeichnet, der im Kontrast zum Wirklichkeitssinn stehe und der es ermögliche, gedanklich jede gegebene Wirklichkeit zu transzendieren – eine Eigenschaft, die gerade und vor allem im religiösen Ausdrucksspektrum eine entscheidende Rolle spielt. Die Tatsache, dass das Hebräische keine Konjunktivform kennt, zeigt nun, dass Bibelübersetzungen, welche den Konjunktiv benutzen, damit offensichtlich ganz besondere sprachliche Perspektivierungsformen zu übersetzen trachten, welche in der Ausgangssprache mit anderen Mitteln Ausdruck finden. Und in der Tat wird der Möglichkeitssinn der Konjunktivformen im Deutschen, der auf ein Denken hinweist, welches sich von der Dominanz der realen Situation und damit gleichzeitig von der naiv eindimensionalen Wahrnehmungsperspektive des humorlos-wörtlichen Sich-überernst-Nehmensxi lösen und dafür einem relationalen Denken Ausdruck verleihen möchte, anhand dessen das Wahrnehmungsobjekt losgelöst ist von jeder rationalen Wertung, für hebräische Ausdrucksformen benutzt, welche dies durch ihre symbolträchtige Bildhaftigkeit zu erreichen suchen. Nicht zufällig hat Graf deshalb dem Konjunktiv die grundsätzliche pragmatische Sinnbildungsfunktion zugeschrieben, Äußerungen metainformativ die Qualität „gültig in einer anderen Welt“ zuzuweisen. Die Vorstellung „Andere Welt“ könne daher in der abhängigen Rede „Welt eines anderen“ bedeuten und in irrealen Wunsch- und Bedingungssätzen „nicht-reale Welt“xii.

Diese generelle Charakterisierung der Konjunktivformen als sprachliche Ausdrucksformen für andere Welt bzw. andere, für unsere menschlichen Wahrnehmungsformen u.U. ‚nicht realen’ Seinsformen macht sehr klar darauf aufmerksam, dass es nicht genügt, die Perspektivierungsfunktion der Konjunktivformen darauf zu beschränken, eine Aussage einer anderen syntaktisch und logisch unterzuordnen, sondern dass sie darüber hinaus als Mittel dienen, den pragmatischen Sinnanspruch von Aussagen aus der Sicht des Sprechers zu modalisieren.

Wenn man in dieser Weise die Konjunktivformen als sprachliche Mittel ansieht, die gegebene Welt gedanklich zu transzendieren sowie verschiedene Welten aufeinander zu beziehen und ineinander zu spiegeln, dann bekommt die grammatische Kategorie Konjunktiv ein besonderes anthropologisches Gewicht. Der Konjunktiv exemplifiziert auf besonders eindrucksvolle Weise die in der Sprache prinzipiell angelegte Möglichkeit, dass sich Menschen im Gegensatz zu Tieren aus der festen Einbindung in die aktuell gegebene Welt bzw. Wahrnehmungssituation lösen können und sie von einem anderen Sehpunkt zu thematisieren und zu objektivieren vermögen, um dadurch Aspekte zu erschließen, die sonst nicht so klar in Erscheinung treten.

Der Konjunktiv ist so gesehen nicht nur aufschlussreich für die Denkverfassung der Menschen, die ihn verwenden oder ablehnen, sondern auch für die Gattung und Kultur, die ihn entwickelt hat, um im Denken und Mitteilen einen Perspektivenwechsel zu erleichtern. Der Konjunktiv als ein genuines Mittel der Variation von Sichtweisen fällt deswegen auch nicht zufällig in Sprechsituationen aus, in denen Leidenschaften direkt ausbrechen, Reden direkt stattfinden oder Handlungen unmittelbar aktuell werden. Er gehört nicht in die Welt des Handelns, sondern in die Welt der Reflexion.
xiii

Im Zusammenhang mit der Bibelübersetzung interessiert uns nun vor allem der Konjunktiv II, der sich sprachgeschichtlich vom Präteritumstamm des Verbums ableitet, aber seine ursprüngliche chronologische bzw. temporale Ordnungsfunktion fast gänzlich zugunsten seines Modalisierungspotenzials verloren hat. Gerade in sog. irrealen Wunsch- oder Bedingungssätzen, in denen ein Sachverhalt sprachlich objektiviert aber gleichzeitig hinsichtlich seiner Realitätspräsentation negiert wird, ermöglicht der K II, das Interpretationspotenzial des Sprechers/Schreibers als entweder irreal oder potenziell möglich, aber nicht gegeben, zu versprachlichen. Dabei ist, und dies ist wichtig für die diversen Bibelübersetzungen, ein Ersatz des K II durch den Indikativ oder den K I prinzipiell nicht möglich, wenn die pragmatische Sinnbildungsfunktion der Sätze erhalten bleiben soll. Informationell müssen wir bei der Sinnanalyse von Sätzen im K II nämlich klar unterscheiden zwischen der Objektivierung eines vorstellbaren Sachverhalts einerseits und der Interpretation dieses Sachverhalts als irreal oder potenziell durch den Sprecher oder Schreiber andererseits.

Dabei muss sich die implizite Negationsfunktion des K II nicht notwendigerweise nur auf den Sachverhalt einer Äußerung beziehen, sondern kann auch Aspekte des damit verbundenen Sprechaktes betreffen. In dem Aufforderungssatz „Ich hätte gerne ein Bier“ negiert der K II nicht den tatsächlichen Wunsch nach einem Bier, sondern nur die Direktheit der Aufforderung, ein Bier zu bringen, was den Höflichkeits- oder Bittstellungscharakter der Aufforderung verstärkt bzw. in den Mittelpunkt der Wahrnehmung rückt. Gerade die potenzielle Möglichkeit des Schreibers/Sprechers, die sich ja erst dann ergibt, wenn ihm alle Tempus- und Modusformen zur Verfügung stehen, stellt den Reichtum und die metainformative Sinnbildungsfähigkeit der Sprache und des Denkens und ihren jeweiligen Perspektivierungsformen sicher.

Wenn wir nun biblische Übersetzungen vergleichen, in denen der K II Verwendung findet bzw. solche, in denen er durch scheinbar einfachere (umgangssprachlichere) sprachliche Mittel wiederzugeben getrachtet wird, so fällt uns im letzteren Fall sofort das Fehlen der eben beschriebenen Funktionen des K II auf. Die wunderschöne alte Lutherübersetzung des Psalm 139/8-12:
Führe ich gen Himmel, so bist du da; bettete ich mich bei den Toten, siehe, so bist du auch da. Nähme ich Flügel der Morgenröte und bliebe am äußersten Meer, so würde auch dort deine Hand mich führen und deine Rechte mich halten. Spräche ich: Finsternis möge mich decken und Nacht statt Licht um mich sein -, so wäre auch Finsternis nicht finster bei dir, und die Nacht leuchtete wie der Tag. Finsternis ist wie das Licht.
verliert in der Einfachdeutsch-Übersetzung der Gute Nachricht Bibel (GN2)…
Steige ich hinauf in den Himmel - du bist da. Verstecke ich mich in der Totenwelt - dort bist du auch. Fliege ich dorthin, wo die Sonne aufgeht, oder zum Ende des Meeres, wo sie versinkt: auch dort wird deine Hand nach mir greifen, auch dort lässt du mich nicht los. Sage ich: »Finsternis soll mich bedecken, rings um mich werde es Nacht«, so hilft mir das nichts; denn auch die Finsternis ist für dich nicht dunkel und die Nacht ist so hell wie der Tag.
…und selbst in der katholischen Einheitsübersetzung (EÜ)…

Steige ich hinauf in den Himmel, so bist du dort; / bette ich mich in der Unterwelt, bist du zugegen. Nehme ich die Flügel des Morgenrots / und lasse mich nieder am äußersten Meer, auch dort wird deine Hand mich ergreifen / und deine Rechte mich fassen. Würde ich sagen: «Finsternis soll mich bedecken, / statt Licht soll Nacht mich umgeben», /auch die Finsternis wäre für dich nicht finster, die Nacht würde leuchten wie der Tag, / die Finsternis wäre wie Licht.
…ihren schreiber- wie auch grundtextbezogenen irrealen Möglichkeitscharakter, anhand dessen der Psalmist gerade die Großartigkeit der göttlichen Allmacht und die in und über alles reichenden Barmherzigkeit Gottes im Vergleich zu den nichtigen Möglichkeiten und begrenzten Fähigkeiten und Vorstellungen seines Menschseins in den Mittelpunkt seines Lobpreises stellen will. Gerade die konjunktivische Negation jeder realen Vergleichhaftigkeit, die faktische Irrealität des bedingenden Vergleichs, ist das Relief, durch welches die göttliche Allmacht an Höhe und Größe gewinnt. Ohne diese strukturierende Reliefbildung verliert die Rede ihren ehrfurchtgebietenden Lobpreisungscharakter.

Erst die Irrealität der Vergleichsbedingung „Nähme ich die Flügel der Morgenröte“ ist in der Lage, die ehrfurchtgebietende Unendlichkeit der Gottheit sinnbildend so zu versprachlichen, dass bereits beim Lesen der betreffenden Aussage sich ein Gefühl der göttlichen Erhabenheit einstellen kann, eine spezifisch konjunktivische Sinnbildungskraft, welche in der indikativischen Form (die hier formal gleich ist mit dem K I) „Nehme ich die Flügel des Morgenrots“, aber auch in der umgangssprachlichen Konditionalform „Würde ich die Flügel des Morgenrots nehmen“ völlig verloren geht, da beide, der Indikativ wie auch die Konditionalform, ja gerade auf das abheben, was der Konjunktiv hier verneint, nämlich eine reale, zeitlich wie räumlich denkbare Vergleichbarkeit bzw. Bedingungshaftigkeit, welche ihrerseits zu einer scheinbaren Bedingungsgleichheit verführen.

Ähnlich geht es dem Verlust des Konjunktivs in reinen Bedingungssätzen. Wie bereits oben näher erläutert, müssen wir bei der Sinnanalyse von Sätzen im K II informationell klar unterscheiden zwischen der Objektivierung eines vorstellbaren Sachverhalts einerseits und der Interpretation dieses Sachverhalts als irreal oder potenziell durch den Sprecher oder Schreiber andererseits. So stellt die Jesus-Aussage in Joh 11,40 eine Bedingung, die erst durch die Verwendung des Konjunktivs im Bedingungsteil des Satzes die Irrealität oder Potenzialität der Aussage des Hauptsatzes verdeutlichen kann. Erst unter der voraussetzenden Bedingung könnte oder würde etwas anderes eintreten. Ohne diesen Bedingungszusammenhang verändert sich die Aussage zu einer realen Feststellung mit Zukunftscharakter, welche sowohl die Notwendigkeit der Vorleistung als auch den zumindest leichten Verwurfscharakter der Gesamtaussage unterdrückt. Wenn wir uns die zeitgeistige Entwicklung der postmodernen westlichen Überflussgesellschaften vor Augen halten, so liegt der Verdacht nahe, dass gerade der Verbindlichkeits- aber auch der Anforderungscharakter, den dieses Bedingungsgefüge schafft – es geht ja nicht nur um den bedingungsleitenden Konjunktiv im Nebensatz, sondern um die Bedeutung des Gesamtgefüges –, vermieden werden soll, weil sein Anspruch an uns vielen der heutigen Menschen unangenehm bis unangemessen erscheint, weil er zu viele Einschränkungen mit sich brächte. Machen wir uns das anhand eines Alltagsbeispiels deutlich. So ist es ein deutlicher Unterschied, ob wir in einem Konditionalsatzgefüge auf die real existierende, faktische Möglichkeit eines Besuchs abheben oder auf eine rein hypothetische Möglichkeit. Während im ersteren Fall die (Vor-)Freude aufgrund eines regelmäßigen oder zukünftigen geplanten o.ä. Besuchs konkret und faktisch ist, ist sie im zweiten Fall nur als hypothetische Möglichkeit geäußert, deren Wahrscheinlichkeitsgrad mehr oder minder groß ist. Konnotativ mitschwingen wird im zweiten Fall damit automatisch entweder die Wunschhaftigkeit oder die Vorwurfshaftigkeit des Untertons – je nach Kontext. Wieder erkennen wir die Doppelbedeutung konjunktiver Satzgefüge: Objektivierung einer Grundaussage und gleichzeitig Negation des Ausgesagten.

Es ist somit nicht alleine die Schönheit der Sprache oder der zeitlose Eleganz des Stils, welche hier wie in den vielen weiteren Fällen, wo der Konjunktiv II in formgetreuen Bibelübersetzungen Verwendung findet, den Unterschied ausmachen, sondern es sind in der Tat metainformative Perspektivierungsparameter, welche nicht nur die Form, sondern vielmehr den Inhalt, nämlich die Bedeutung verändern.

Nun kommt häufig der Einwand, dass das Sprachgefühl und -bewusstsein des modernen Menschen diese metainformativen Perspektivierungsparameter ja ohnehin nicht mehr wahrnähmen, da sie den Konjunktiv kaum mehr gebrauchten, geschweige denn wirklich verstünden. An seine Stelle sei – so die zeitgeistige Meinung – der Konditionalisanzeiger (die umgangssprachlichen würde-Sätze) oder der Indikativ getreten. Dazu sei vorab angemerkt, dass mit solchen Behauptungen eine große Zahl von Menschen aus zeitgeistig-populistischen Gründen für dumm verkauft wird. Sehr viele Menschen können immer noch eine gute literarische und humanistische Allgemeinbildung ihr eigen nennen und können sehr wohl mit den unterschiedlichen Funktionen des Konjunktivs umgehen. Was jene anderen betrifft, die entweder Bildungslücken haben oder einfach zu bequem sind, sich geistigen Anforderungen auszusetzen, sollte die Alternative ins Auge gefasst werden, statt ständig auf der reduktionistischen Schiene des kleinsten gemeinsamen Nenners zu fahren und noch den allerletzten Grund für mangelnde Lernfähigkeit entschuldigend in den Vordergrund zu rücken, doch einmal die Herausforderung anzunehmen und diese Menschen bildungsorientiert zu fördern, was am besten dadurch geschieht, dass man sie diesbezüglich fordert, anstatt ständig ihrem Bequemlichkeitsdenken nachzugeben und damit im Prinzip ihr schwarz-weißes Anspruchsdenken nach Sofortverständnis oder alternativer Ablehnung auch noch zu fördern.

Viel grundsätzlicher, allerdings, erscheint mir dieser Einwand einem vielsagenden Bequemlichkeitsdenken unserer Zeit das Wort reden zu wollen, denn interessant ist doch, dass dies ausgerechnet stattfindet in einer Zeit, in der Bildung so weit verbreitet ist wie nie zuvor. Unsere Vorfahren, Großeltern und Urgroßeltern usw., hatten teilweise nur wenige Jahre Schulbildung genossen. Gleichwohl war ihnen der Text der alten Lutherbibel vertraut und geläufig. Ohne größere Probleme verstanden sie einen Großteil dessen, was die Bibel ihnen sagen wollte. Der Grund: Sie hatten sich von Kindesbeinen an mit der biblischen Materie beschäftigt, gingen regelmäßig zur Kirche und besaßen noch die Fähigkeit, biblische und religiöse Aussagen in ihren Herzen zu bewegen. Sie hatten auch noch jenes gesunde Maß an Ehrfurcht vor den biblischen Texten, welches vielen der modernen Bibelübersetzer zu einem nicht unerheblichen Teil abgeht. Dabei geht es nicht darum, die Bibel als unfehlbares Dogma zu postulieren, sondern darum, dem Wert und der Erhabenheit vieler ihrer Aussagen mit dem Respekt zu begegnen, den die Autorität ihres Jahrhunderte verdichtenden Erfahrungsschatzes auch gebührlich einfordern kann.

Interessant im Zusammenhang mit der ständig geforderten Vereinfachung der biblischen Texte, was zu geradezu absurden Übersetzungen geführt hat, ist auch die Tatsache, dass in höheren Schulen, welche mittlerweile ja ohnehin zu Allgemeinschulen im angelsächsischen Stil verkommen sind, nach wie vor Shakespearetexte im Original gelesen werden, aber für die Bibel im Lutherdeutsch des beginnenden 20. Jahrhunderts scheint es nicht zu reichen. Ein Schuft wer Böses denkt, aber hier scheinen andere Gründe eine viel durchschlagendere Rolle zu spielen.

Wie in allen Fachsprachen – also sachthematisch orientierten sprachlichen Besonderheiten – kann auch die Bibelsprache nicht ohne Substanzverluste in eine gewöhnlich Alltags- oder gar soziolektisch angepasste Subsprache überführt werden. Geistig, literarisch, künstlerisch, geistlich usw. hochstehende und gleichzeitig inhaltlich tiefschürfende Gedankengänge können nicht um des Verständnisses willen in einfach Sprache gepackt werden. Nachfrageorientierung verbietet sich hier wie in allen wissenschaftlichen Bereichen. Dies betrifft auch die Theologie der Bibelübersetzung. Jede „Kleinste-gemeinsame-Nenner-Strategie, welche erfahrungsgemäß jeden Standard und jeden Wert immer nur nach unten zieht, ist hier fehl am Platz. Es ist ja auch irgendwie seltsam, dass jeder Vertreter oder Verkäufer von High-Tech-Waren wie selbstverständlich von seinen Kunden erwartet, dass er sich mit der jeweiligen, meist englischsprachigen Terminologie des Geräts auseinandersetzt, und nur von dem, der eine Bibel kauft, dürfte nicht im Mindesten erwartet werden, dass er sich mit der Sache, die dieses Buch an ihn heranträgt, die Welt, in die es ihn führen möchte, auseinandersetzt.

Die Philosophien und Ideologien, die sich im Gefolge von Egalitarismus, Reduktionismus und Relativismus breit machten, machen auch vor der Sprache nicht halt. So entstanden beispielsweise gängige Bibelübersetzungen, also Bibeln für den Alltagsgebrauch für Erwachsene, welche über die simplifizierten Formen – wir erinnern uns: Form ist ebenfalls Bedeutungsträger – die erhabenen Gedanken der biblischen Autoren in die Niederungen der jeweiligen Alltags- und Umgangssprache hinunter ziehen ohne zu merken, dass damit der spezifische Gedanke selber und mit ihm die intendierte Aussagekraft entartet und auf eine Ebene gezogen wird, welche weder den Tiefgang noch die Weite der geistigen Anspielungen, Konnotationen und Allusionen übertragungsfähig macht.

Diejenigen meiner Leser, die eine höhere Bildung ihr eigen nennen dürfen, wissen, dass es z.B. im Englischen eine Serie der sog. ‚Easy Reader’-Bücher gibt, kleine Büchlein, die alte Meister der englischen Literatur in vereinfachter Sprache dem Schüler und Sprachenlernenden näher bringen wollen. In solch einem Zusammenhang ist dies sicherlich ein legitimes Ansinnen, da von einem Fremdsprachenlerner nicht erwartet werden kann, dass er Shakespeare oder die anderen englischen Klassiker sofort im Original lesen könnte. Gleichwohl darf nicht übersehen werden, dass damit im Prinzip ein Verrat am Verfasser begangen wird, indem seine Größe und Wortgewalt, seine Intentionen und Zielrichtungen – und damit das eigentlich Lesens- und Bedenkenswerte, – zunichte gemacht werden. Genauso gut könnte man dann ja gleich einen modernen, einfach gestrickten Autoren lesen, wenn die Lesefähigkeit bzw. Lesbarkeit DAS Kriterium für literarisches Niveau, schriftstellerische Exzellenz oder einfach ‚Kaufwürdigkeit’ eines Werkes wäre.

Nun gäbe es noch viele Punkte anzusprechen – wir sind im Prinzip erst am Anfang –, aber das heben wir uns für ein andermal auf. Festhalten wollen wir, sozusagen als generelle Erkenntnis, dass es einerseits nicht DIE richtige oder beste Übersetzung gibt, sondern dass Übersetzung ein ebenso zweckgebundener Vorgang ist wie das Schreiben von Texten auch, und dass andererseits allerdings Übersetzung an einen Ausgangstext gebunden ist, dessen Intention sie nicht unterdrücken darf, sondern vielmehr versuchen muss, diese mit allen Mitteln herauszuarbeiten. Einige wenige dieser Mittel bzw. deren Ergebnisse haben wir versucht, uns bewusst zu machen. Damit ist die Hoffnung von mir verbunden, dass die Leser ihre Bibeltexte aufmerksamer lesen und gleichzeitig motiviert werden konnten, auch einmal unterschiedliche Bibelübersetzungen vergleichend zu Rate zu ziehen. Dann hätte sich die Mühe gelohnt.

Liebe Leser, auch wenn es inhaltlich wie didaktisch unumgänglich war – in diesen ersten und grundlegenden Aufsätzen zur Thematik und Problematik der Bibel und ihrer Übersetzung habe ich Ihnen viel zugemutet, dessen bin ich mir bewusst. Und sicherlich sind es viel mehr als jene, die sich aufgrund der ersten Aufsätze schon direkt bei mir gemeldet haben, welche die Frage quält: Aber muss ich das alles wissen? Reicht denn der kindliche Glaube zu gar nichts?

Keine Frage, diese Art von Fragen ist mir bestens bekannt. Sie entstehen programmgemäß dort, wo Glaube als die allein erlösende Macht – versteckt oder offen – in den Mittelpunkt von Religion und Christentum gestellt wird. Dabei bedeutet diese Überbewertung von Glauben eine automatische Unterbewertung unseres schöpfungsgewollten Verstandes und unserer gottgeschenkten Vernunft. In Bezug auf die Heilige Schrift möchte ich diese Ihre verständlichen Einwände gerne aus berufenerem Mund beantwortet wissen. So schreibt Siegfried Wittwer, der Leiter des Bibelstudien-Instituts einer bibelorientierten Glaubensrichtung in einem Artikel mit der Überschrift „Haben die Menschen zur Zeit der Bibel das Wort Gottes richtig verstanden?“ auf eben diese, in diesem Fall Bibel bezogene Frage, folgendes:

Um leben zu können, ist es nicht notwendig, genau zu wissen, wie unser Körper in allen Details aufgebaut ist und funktioniert. Wir brauchen allerdings Grundkenntnisse der Ernährung, Bewegung und Körperpflege, um unsere Gesundheit und unser Leben nicht zu gefährden. Es ist außerdem gut, wenn wir unser Wissen darüber ständig erweitern, um unsere Lebenssituation zu verbessern. So ähnlich verhält es sich auch mit den Wahrheiten, die Gott uns offenbart hat. Für unsere Erlösung ist es nicht wichtig, dass wir alles auf Anhieb verstehen, was in der Bibel steht. Wir brauchen kein geistliches Abitur, und auch kein theologisches Hochschulstudium, um getauft werden zu können und das ewige Leben zu erreichen. Trotzdem sollten wir weiter in der Bibel studieren, um unsere Kenntnis und unser Verständnis geistlicher Wahrheiten zu vertiefen (Hebr 5,12 – 6,2). Dadurch sollten wir außerdem lernen, Wahrheit von Irrtum zu unterscheiden (Apg 17,11). Paulus verglich unser Wissen mit Nahrung (1 Kor, 2). Wer ‚jung’ im Glauben ist, braucht Milch, also die einfachen Grundwahrheiten des Evangeliums, die auch ein Kind schon begreifen kann. Aber im Laufe der Jahre wird die ‚Babynahrung’ durch festere Speisen ersetzt, d.h. man dringt immer tiefer in biblische Wahrheiten ein. Die Schreiber der Bibel verstanden nicht immer, was Gott ihnen offenbaren wollte. Dies zeigt, dass sie sich das Geschriebene nicht ausgedacht hatten….xiv


Rudolf Stiegelmeyr, Copyright 2008




i A. Assmann: Exkarnation: Gedanken zur Grenze zwischen Körper und Schrift. In Raum und Verfahren, Basel 1993, 133-155.
ii Thomas Krüger in: Bibelübersetzung heute – geschichtliche Entwicklungen und aktuelle Anforderungen, 2001, S.316
iii Arndt Meinhold, Kriterien wissenschaftlichen Bibelübersetzens, in: Bibelübersetzung heute – geschichtliche Entwicklungen und aktuelle Anforderungen, 2001, S.152f.
iv Näheres zu den verschiedenen Grundtexten und ihren unterschiedlichen Beurteilungen in einem der nächsten Aussätze
v Manfred Barthel, Was wirklich in der Bibel steht, dritte ergänzte Auflage 1991, S.265
vi Gerhard Megla in „Sprache – Ausdruck des Geistes“, S.199
vii Hellmut Haug in: Bibelübersetzung heute – geschichtliche Entwicklungen und aktuelle Anforderungen, 2001, S. 350f.
viii ebd.
ix Ottmar Fuchs, Die pragmatische Relevanz semantischer Beweglichkeit, in: Bibelübersetzung heute – geschichtliche Entwicklungen und aktuelle Anforderungen, 2001, S. 236. Erklärend fügt Fuchs hier noch hinzu: Konsensideologisch meint hier, dass nur im Konsens Fortschritte innerhalb der Ökumene gesehen werden, und nicht etwa auch im sich gegenseitig schätzenden Umgang im Dissens, Konsensideologisch ist also nicht identisch mit dem Vorgang des Konsensdialogischen, insofern diesem nicht allein die Bürde ökumenischer Beziehungen aufgelastet wird.
x Robert Steiner, Neue Bibelübersetzungen, 1975, S. 92f.
xi Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament
xii Ottmar Fuchs in: Bibelübersetzung heute – geschichtliche Entwicklungen und aktuelle Anforderungen, 2001, S. 252
xiii Leland Ryken, The word of God in English – Criteria for Excellence in Bible Translation, p. 31
xiv Katharina Reiß in: Die Übersetzung der Bibel – Aufgabe der Theologie, S. 255
xv Hellmut Haug, Ein Vergleich zwischen den großen Gebrauchsbibeln, in: Bibelübersetzung heute – geschichtliche Entwicklungen und aktuelle Anforderungen, 2001, S.361
xvi Hellmut Haug, Ein Vergleich zwischen den großen Gebrauchsbibeln, in: Bibelübersetzung heute – geschichtliche Entwicklungen und aktuelle Anforderungen, 2001, S.354, Fußnote 84
xvii Robert Alter, The Cambridge Companion to Biblical Interpretation, p. 231f.
xviii Rothen, Der Hang zur frommen Lüge, S. 5
xix Nähere Erläuterungen zu dieser grundsätzlichen Thematik siehe u.a.: Wilhelm Köller, Perspektivität und Sprache, 2004, S. 451ff.
xx Ebd.
xxi „Lebensklugheit bedeutet, alle Dinge möglichst wichtig,aber nicht völlig ernst zu nehmen.“ (Arthur Schnitzler) Diese Humorfähigkeit hat u.a. mit selbstreflexivem Denken zu tun, welches sich immer in Relation zum anderen zu stellen fähig und bereit ist.
xxii R. Graf, Der Konjunktiv in der gesprochenen Sprache, 1977, S. 140ff.
xxiii Nähere Erläuterungen zu dieser grundsätzlichen Thematik siehe u.a.: Wilhelm Köller, Perspektivität und Sprache, 2004, S. 451ff.
xxiv entnommen aus der Programmzeitschrift „Stimme der Hoffnung“, Jan./Feb. 2008, S.4f.



Drucken  21.01.2008 05:00

Dieser Artikel wurde noch nicht kommentiert.

Kommentar zu diesem Beitrag schreiben


Nehmen Sie sich vor dem Schreiben Ihres Kommentars zwei Minuten Zeit, um die Anforderungen an Kommentare zu lesen!
Es werden nur Kommentare veröffentlicht, die diesen Anforderungen entsprechen.
Beachten Sie auch die Rechtshinweise im Impressum!

:

:

:

:

Wichtige Hinweise:
1. Kopieren Sie Ihren Text vor dem Abschicken, damit er bei einem allfälligen Übermittlungsfehler nicht verloren geht!
2. Verwenden Sie niemals öffnende Spitzklammern (<), da diese und der gesamte nachfolgende Text aus Sicherheitsgründen gelöscht werden!
7 + 7 =

Haben Sie Name, Überschrift, Text und Spamschutz-Prüfzahl eingetragen? Wenn ja, dann