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 Letzte Aktualisierung dieser Seite am: 16.3.2001

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St. Magnus

 

 

"Si porro insistas, cineris calcare memento, Quos Sancti Magni terra sacrata tegit."

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"Wenn Du auch in der Ferne verweilen magst, gedenke der Asche derer,

die der geweihte Boden von St. Magnus bedeckt."

 

Dieser Vers stammt aus einem Gedicht.
Er ist ein Hinweis darauf, daß die Billunger Grafen in St. Magnus bestattet sein könnten. Nach einer mündlichen Überlieferung war St. Magnus eine Begräbnisstätte -diese Vermutung wurde schon frühen 19. Jahrhundert durch einige Funde bestätigt. Als in den Jahren 1867- bei dem Neubau der alten Schule am Kapellenberg und 1892 bei dem Bau von Haus Schotteck, Ausschachtungsarbeiten durchgeführt wurden, stieß man auf viele Menschenknochen. "Zwei alte Grabplatten, so hat der verstorbene Hofmeier Addicks seinem Sohne erzählt, sind zu Lebzeiten seines Großvaters (das wäre etwa um 1800 herum gewesen) von der Friedhofsstelle in St. Magnus, auf zwei Bauernwagen nach dem Lesumer Friedhof gefahren worden" (6).

Diese Textstellen bestätigen die Vermutung, daß sich an dieser Stelle ein Friedhof befunden haben muß. Vermutlich hat es schon im vorigen Jahrhundert im Bereich der Villen Schotteck und Lesmona archäologische Ausgrabungen gegeben. In dem authentischen Liebesroman "Sommer in Lesmona" schreibt Magdalene Melchers am Tag ihres Brautfestes, das am 3. Juni 1895 in der Villa Lesmona gefeiert wurde: "Onkel Herbert rief Rudi zu den Ausgrabungen, die Dausch geschickt hatte"(5). Constantin Dausch war jedoch ein bekannter Bremer Bildhauer und kein Archäologe. Somit bleibt es ungewiss, was Magdalene Melchers mit dem erwähnten Satz gemeint hatte.

Nicht nur die sterblichen Überreste der St. Magnuser Ureinwohner wurden bei Schotteck gefunden -auch Münzen kamen ans Tageslicht. Im August 1829 fand ein Landwirt beim Begraben seines Ackers, (da wo der Sage nach vor Zeiten eine Ritterburg gestanden (8) (im Bereich der Villa Lesmona), einen Topf mit fünf Pfund Silbermünzen...Ferner in Nummer 90 des "Bremischen Mitteilungsblattes": "Es ist wohl mit Gewißheit anzunehmen, daß der 1829 gefundene Schatz im Jahre 1349 bei dem Andringen der Bremer gegen das jenseitige Lesum-Ufer vergraben wurde...(8)

Weiterhin werden einige Vermutungen aufgestellt, in denen es heißt, daß der Schatz im Jahre 1349 von einem Bremer Kaufmann vergraben worden sei, der befürchtete, daß ihn oldenburgische Soldaten ausrauben könnten. Damals befand sich Bremen im Streit mit dem Grafen Moritz von Oldenburg. Er hatte im selben Jahr die Vorstädte bis hin zur Lesum verheert.

In dem Artikel des "Bremischen Mitteilungsblatt" Nr. 90 wird sogar angenommen, daß die Münzen dort von Piraten vergraben wurde. Seeräuber hatten die Gewohnheit: "ihre Beute an Land zu vergraben. Der sagenhafte Störtebecker-Schatz (?) soll noch immer ungehoben in Mutter Erdes Schoß ruhen" (8). Anhand solcher mutmaßungen und Märchen, die in damaliger Zeit verbreitet wurden, ist sehr gut zu verstehen, warum sich auch um die Geschichte von St. Magnus so viele Sagen ranken.

Eine große Anzahl von Münzen fand man erneut im Jahre 1867 bei Ausschachtungsarbeiten für den Bau einer Halle bei Knoops Schloß. Es waren Brakteaten (einseitig geschlagene Münzen), die im 13. und im 14. Jahrhundert in Niedersachsen hergestellt wurden. (6)

Der letzte Münzenfund datiert auf das Jahr 1886 zurück. Bei dem Bau der Villa Schotteck, wo man Menschenknochen ausgegraben hatte, fand man auch einige Münzen (Brakteaten), auf denen teilweise drei Türme abgebildet waren. Friedrich Spengemann vermutet dahinter das Wappen der Stadt Hamburg, schließt aber auch die Möglichkeit ein, daß es sich dabei um das Wappen der "Von der Lesmon" handeln könnte. (Siehe Wappen unten)

Das Wappen der Grafen von Lesmona?

Mit den Grafen von Leßmon beginnt auch der geschichtliche Ursprung von St. Magnus. Er läßt sich bis in das 9. Jahrhundert zurück verfolgen. Als unsere Heimat zum Christentum bekehrt wurde, setzte der damalige Kaiser um 860 den Grafen Hermann als Lehensgrafen ein. Dieser ließ sich vermutlich auf dem Geestrücken an der Lesum eine Burg errichten. "Zur Leßmon" wurde der Graf genannt -ein Hinweis auf seinen Sitz an der Lesum. Später gind der Besitz an Liudjers Neffe über: "Die Nach Liudjers Tode vom Kaiser eingezogene Graffschafft Lismona wurde in der Folge Liudjers Bruder Sohne, dem Ditmar verliehen. Nach dessen Tode verfiel die Graffschafft dem Kaiser Heinrich III." (6)

Über das adelige Geschlecht von "den von der Leßmon" wurde später in einem Dokument geschrieben, in dem die Herkunft des Wappens behandelt wird:

 

De von der Leßmon haben ihren Zunahmen ohne Zweifel von dem nicht weit von der Stadt Bremen an der Leste (Lesum) gelegenen Ort Lesmona, woselbst vorzeiten eine Burg gewesen, von welcher die dreh (drei) Thürme in dem Wapen dieses Geschlechts mögen entliehen sehn. Von dem Ursprung desselben habe ich keine Nachricht gefunden; aber den Untergang setzet Erz-Bischoff Johannes Rode in das 15de Jahrhundert, wenn er in seinem bekandten MSCro diese Worte gebrauchet, den Anführung der Dienst-Männer der Kirche zu Bremen: De van Leßmen, de sind in korter tyth verkamen. Anno Christi 1412 hat noch gelebet Martin von der Leßmen, welcher obengesetztes Wapen gebrauchet, und ist Erz-Bischöfflicher Ambt-Mann zu Bederkese gewesen. Vid. D. Kreffringii MSC. Difcurs. de R. B. p. m. Vor der Zeit sind auch verschiedene dieses Nahmens im Leben gewesen, als Anno 1321. Matthias de Lesmona. 1323. Jacobus de Lesmona. 1333. Gerhardus & Hermannus de Lesmona. und 1337. Albertus de Lesmona.

"Monumenta Nobilitatis Antiquaere", Mushard

Vermutlich ist handelt es sich bei den Grafen von Lesmon um die Billunger Grafen. Sie kamen aus Sachsen und trugen alle verschiedene Titel, wie Herzog von Sachsen. Im Stammbaum der Billunger Grafen, also der Herzöge von Sachsen finden wir vereinzelt den Namen "von der Lesmon". Es ist daher anzunehmen, daß sie auch Grafen von der Lesmon genannt wurden.

 

Die Burg Lesmona; rechts die Kapelle
Die Burg Lesmona, rechts daneben die St. Magnus Kapelle

 

Die Burg der "von der Lesmon" stand vermutlich in der Nähe der Villa Lesmona, wo man bei Ausschachtungsarbeiten Anfang des 18. Jahrhunderts einen Stollen entdeckte, der in den Hügel in Richtung der Liegehallen führte. Der Bremer Kunsthallendirektor und spätere Ehemann von Marga Berck (Magdalene Melchers), Gustav Pauli, erwähnt dies in seinen "Erinnerungen aus sieben Jahrzenten". Nach Meinung von J.G. Roth vom Jahre 1719 "zeigen die Einwohner im Westen einen hohen Berg, einem Wall nicht ungleich, und gaben für, daß das Schloß allda soll gestanden haben. Jetzo ist darauf nichts mehr, als ein kleines Haus mit Kohlgarten."

Friedrich Spengemann erwähnt in seinem Buch (6) Das noch um die Jahrhundertwende, bei Erdarbeiten auf dem Melcherschen Gut, sonderbar geformte lange Ziegel gefunden wurden. Diese Tatsache bestätigt auch die Annahme des Historikers Mushard, der in seinem Buch von Resten einer Ruine berichtet. Der Gärtner Addicks, der für Hermann Melchers als Hofmeier das Gut "Lesmona" verwaltete, beschrieb die Ziegel "als sehr schmale, braungebrannte Ziegel mit langen Haken" (6). Somit kommt der Standort an der Villa Lesmona für eine Burg in Frage. Vielleicht ist der kleine Hügel, der sich heute noch zwischen den Liegehallen und der Villa Lesmona aufbäumt, der Rest eines Burgfundamentes.

Die allgemein übliche Annahnme, daß der Emmaberg in Lesum der Standort der Burg gewesen sei, ist laut Spengemann unbegründet, zumal der Berg erst seit wenigen Jahrzehnten den Namen trägt und ursprünglich Kühlkens Berg hieß. Der Emmaberg währe auch insofern als Burg-Standort nicht geeignet, weil die Burg, wenn sie denn dort gestanden hätte, einen unstrategischen Platz gehabt hätte, von dem man in die Lesum einfahrende feindliche Schiffe, nicht sehen konnte.

Im Schutze der Burg lag der sogenannte Meierhof, die Meierhofstrasse erinnert an ihn. Er war ein wichtiger Bestandteil des Burglebens, da er die Burgbewohner mit den Erzeugnissen des täglichen Bedarfs ausstattete. Der Hof stand im Bereich der "Meierhofstrasse" Ecke "Auf dem Hohen Ufer" und er bestand nachweislich über 600 Jahre. Als er 1938 abgebrochen wurde, verschwand mit ihm ein Zeuge der Geschichte unserer Heimat.

Nach Erlöschen der Billunger Grafenlinie ging der Hof an den Bremer Erzbischof Adalbert 2 über, der mit den Einkünften des Hofes das Domkapitel ausstattete. Als Zeichen seiner Dankbarkeit soll Adalbert in St. Magnus eine Kapelle errichtet haben. Heinrich Hoops schreibt in seinem Buch "Die Gründung der Kirchengemeinde Aumund", Vortrag zur 50-Jahrfeier, 1924: In dat Jahr 1757 hett Generalsupperndent Pratje en Book rutgeben aber de Herzogdömer Bremen un Verden. Darin seggt he, dat de Leeßmer Karken veer Kapellen stift harr: een to Ritterhur, een to Sankt Mangels, een to´n Swanewedel un een to´n Blomendaal. Bloß de een von disse Dochders-St. Mangels- is naher storben". (3)

Im Jahre 1046 hatte Adalbert (altdeutsch für "durch Adel glänzend") eine List angewandt, um die Grafschaft Leßmon in den Besitz der Stadt Bremen zu bringen. Er lud den damaligen Kaiser Heinrich III. zu sich nach Lesum ein, "umb das vorgebrachte übele Verhalten seiner (des Kaisers) Bedienten besser und genauer einzusehen" (6) worüber Adalbert sich beim Kaiser oftmals beschwert hat. "Unter Wegens wird der Kayser in einem Busche nahe bey Lesmon von allen Seiten her feindlich angefallen, und wäre vielleicht ermordet worden, wenn ihm nicht der Ertz-Bischoff wäre zur Hülffe kommen. Dieses große Verbrechen wurde dem Grafen Ditmar zu Leßmon beygemessen" (6). Ditmar, der aus der Linie der Billunger Grafen stammt, wurde in Poelde bei Herzberg vor Gericht gestellt und mit dem Tode bestraft. Die Grafschaft Lesmon ging an die Stadt Bremen über und fiel somit unter den Einfluss Adalberts. Der Anfags schon erwähnte Lateinischen Vers "Wenn Du auch in der Ferne verweilen magst, gedenke der Asche derer, die der geweihte Boden von St. Magnus bedeckt." stammt aus einem Gedicht, das von dem Zweikampf des Grafen Ditmar mit seinem Dienstmann dem Erzbischof Adalbert, der ihn verriet, handelt. Es gab für den Historiker Mushard den Grund zur Annahme, daß die Billunger Grafen in St. Magnus begraben sein könnten. Es wird angenommen, daß Adalbert den Überfall organisiert habe, und dem Grafen Ditmar die Schuld dafür beigemessen habe, damit die Grafschaft Leßmon an die Stadt Bremen überging.

"Die Geschichte hat die Menschheit nie gebessert"

Christian Diedrich Grabbe (1801-1836)

Die von der Lesumer Kirche gestiftete Kapelle in St. Magnus wurde nach einem Heiligen namens Magnus benannt (Magnus = lath. Bedeutung für der Große). Wer dieser Magnus war ist bisher nicht bekannt, denn im Laufe der Jahrhunderte hat es viele mit dem Namen Magnus gegeben. Ein Magnus, der im Jahre 1059 durch den Erzbischof Adalbert von Bremen in Jütland zum Bischof geweiht wurde, könnte als Namensgeber für St. Magnus in Frage kommen. Eine Legende besagt, daß Magnus ein Priester gewesen sei, der von Erzbischof Adalbert als Missionar in den Norden geschickt wurde, wo er den Märtyrertod starb. Später sprach Adalbert ihn heilig. Hierbei handelt es sich jedoch um eine Legende -eine von vielen, die sich um die Entstehung des Ortsnamens St. Magnus ranken. Im nordschottischen Kirkwall benannte man eine Kirche nach einem heiligen Magnus, und bei den Shettlandinseln erinnert die St. Magnusbay an ihn. Viele weitere Orte und Gemeinden auf der Welt tragen den namen St. Magnus.

"...Nur in der Sage noch erhält sich das Andenken an eine dem heiligen Magnus geweihte Kirche. Die kleine Umwallung, die auf dem Heinzberg sichtbar ist, diente vielleicht zur Befestigung dieser Kirche, so wie denn alle Kirchen in den Niederweserlanden befestigt waren und als Burgen gebraucht wurden..." (2)

 

Durch die Errichtung der Kapelle zwischen Haus Schotteck und Haus Lesmona bürgerte sich der Ortsname St. Magnus ein. Erstmals erwähnt wurde St. Magnus durch den Erzbischof Johann Rode in dem "Vörder Register" aus dem Jahre 1511. In einer Urkunde von 1350 wird der Ort vermutlich schon einmal erwähnt, allerdings gibt es Zweifel, ob es sich darin nicht um die St. Martini-Kirche in Lesum handelt. Von alten Urkunden, in denen der Name Sankt Magnus erscheint, glaubt man, daß es sich bei dieser namentlichen Erwähnung um den Ort St. Magnus handelt. Immer wieder wird die St. Martini Kirche in Lesum mit der Kapelle in St. Magnus verwechselt.

 

Aus einer alten Urkunde

"Tho sunte Magnus Lesmene"

heißt es in der Urkunde des Bremer Erzbischofes Gottfried. In dieser und in anderen Urkunden wird St. Magnus aber immer nur im Zusammenhang mit Lesum (Lesmene, Lesmon, Lesmonia) genannt. Vermutlich wurde der gesamte Bereich von Lesum bis St. Magnus mit Lesmona, Lesmene, Lesmonia bezeichnet und der Satz "Tho sunte Magnus Lesmene" ist eine detaillierte Bezeichnung für "St. Magnus in Lesum", wie man heutzutage "Bremen-St. Magnus" sagt.

De Kapell in St. Mangels, de von de Leeßmer Karken (Kirche) boot worrn is, de hefft de Ritter von Aumund mit Landbesitz utstatt´t. Wi koent darum seggen: Dat weer de erste Anfang von de Aumunner (Aumunder) Karkengemeen (Kirchengemeinde); un dat liggt all´n Stucker 600 Jahr trugg (zurück). (3)

Die Ritter von Oumünde (Aumund) stifteten 1451 der St. Magnus-Kapelle eine Glocke. Sie trägt die Inschrift: "Sanctus Magnus helf Gott Anno 1451". Bisher ist nicht bekannt, wie lange die Kapelle in St. Mangus gestanden hat und wann sie abgebrochen wurde. Ihre Glocke läutet aber heute noch, weithin schallend, in der Kirche in Bremen-Horn.

"Wie diese Glocke aus St. Magnus in den Horner Kirchturm gelangt ist, das kann man heute nur noch ahnen. Es kann ja sein, daß die "Hornfater" auf streng reellem Wege die Glocke in St. Magnus käuflich erworben haben; viel wahrscheinlicher aber ist es bei der Unsicherheit der damaligen Zeiten, daß die Horner, nachdem sie davon Wind gekriegt hatten, daß in St. Magnus die Glocke unter dem Schutt der zerstörten Kapelle läge, sich bei Nacht und Nebel mit einem "gehörnten" Gespann aufgemacht und die Glocke ohne Bedenken mit nach Hause genommen haben: "zum Ruhm und zur Ehre Gottes"! (7).

In dem alten Handschriftenbuch des Pastors Kohlmann ist zu lesen: "Anno 1547 den 20. Februar ist durch der Soldaten Wuth der Thurm (der Horner Kirche) seiner Glocken,... beraubt worden."

In der Zeit des schmalkadischen Krieges, in dem Bremen dem protestantischen Fürsten- und Städtebund gegen den Kaiser beitrat, waren kaiserliche Truppen in die protestantischen Gebiete eingerückt und belagerten, unterstützt vom Grafen Anton Günther von Oldenburg, sechs Wochen lang Bremen und plünderten und sengten rund um die Stadt herum. In dieser Zeit fand auch die Plünderung der Horner Kirche statt. Auch in das Werderland kamen die Lands-Knechte der Belagerungsarmee. Ob sie auch Lesum und St. Magnus gebrandschatzt haben, ist nicht bekannt; wahrscheinlich jedoch nicht, denn am 1. April 1547 floh der letzte katholische Erzbischof Christof, der mit im Bunde der Kaiserlichen war, über die Lesum nach Lesum, wahrscheinlicher wohl nach St. Magnus und brannte die Lesumbrücke bei Burg hinter sich ab (6).

Somit ist es warscheinlicher, daß die St. Magnus-Kapelle den dreißigjährigen Krieg (1618-1648) nicht überstanden hat. Wenn die Horner Kirche 1547 beraubt wurde, und sie nicht einige Jarhzehnte ohne Glocke auskommen mußte, was nicht anzunehmen ist, dann muß die St. Magnus-Glocke wenig später dorthin gelangt sein. Spengemanns Vermutung, daß sie nicht während der Kriegswirren zerstört wurde, sondern verfallen ist, wird somit wahrscheinlicher als seine weitere Version, das die Kapelle auch während des 30-jährigen Krieges zerstört worden wäre.

 

Der Ortskern von St. Magnus lag im späten 18. Jahrhundert südlich der Hauptstraße "Auf dem Hohen Ufer", dort wo heute Haus "Schotteck" steht. Eigentlich bestand er sogar aus 3 Ortsteilen. Der östliche Teil lag zwischen Knoops Park und der Straße "Am Kapellenberg". Der mittlere Teil schloß sich daran an und ging bis zum ehemaligen Meierhof. Der Westteil bestand aus einigen Häusern an der Hauptstraße, "Maschkuhlen" und "Bei Raschens Werft". Hier lebten bis Ende des 18. Jahrhunderts nur einige Bauern und Fischer. Später kamen Seefahrer, Walfänger und Schiffsbauer hinzu. Die Zahl der Einwohner stieg zwischen 1823 und 1897 von 315 in 50 Häusern auf 645 Einwohnern in 123 Häusern.

Alte Karte von 1860
Karte aus dem Jahre 1860

Auf dieser Karte aus dem Jahre 1860 kann man den alten Verlauf der Lesum sehen. Damals bestand noch eine kleine Bucht, die vom heutigen Hundeübungsplatz am Lesum-Sperrwerk bis zum Fuße der Straße "Am Kapellenberg" ging und direkt an den Admiral-Brommy-Weg reichte. Links als "Werft" bezeichnet liegt die Raschens Werft. Auf der rechten Seite ist das Areal des "Landrat Focke" zu sehen, der vor Ludwig Biermann das Grundstück besaß. Links neben dem Grundstück ist die Vertiefung der "Meyerhofstrasse" zu sehen. Unterhalb der Bezeichnung "Schönebecker Groden" (Grohn) lag damals noch eine kleine Insel in der Mitte der Lesum. Diese Insel hatte in den Jahren 1795-98 insofern eine Bedeutung, als derzeit der Plahn erwogen wurde, an dieser Stelledie Lesum mit einem Wehr abzuriegeln um dadurch einen höheren Wasserstand in der Weser zu erreichen. (6)

 

Der schöne Blick auf die Lesum, das "Oldenburger Land" und das einfache, ruhige Leben zog später auch Kaufleute aus Bremen nach Lesum und St. Magnus.
Der erste Bremer der sich in St. Magnus niederließ, war der Kaufmann von Heymann, der sich um 1772 in einer ländlichen Wohnung einrichtete, um die ruhige Atmosphäre zu genießen.

"...Jener erste Bremer, der bald die Wohnung zu enge fand, erbauet daneben ein schönes Landhaus mit angemessenen Umgebungen, das jedem, der von Bremen herkommt, angenehm von fern in die Augen leuchtet...Das dazu gehörige Waldtal ist eine schön ersonnene Anlage. Hier ist wahrhafte Einsamkeit und Waldesnacht und doppelt erfreulich sind die wenigen gebrochenen Sonnenblicke, die zwischen dem Dunkel der Blätter hereinspielen..." (2).

 

Wenig später um 1790 wurden auch der Aeltermann Andreas Gottlieb Kulenkamp aus Bremen und 1797 der Bremer Kaufmann Johann Caspar Dreier auf die reizvolle Lage aufmerksam und errichteten hier ihre Sommerhäuser.

"...Wenn die Bremer sich den Anblick der Gebirgsländer im Kleinen verschaffen wollen, so wallfahrten sie nach St. Magnus. Dieses Dorf liegt auf einer ziemlichen Höhe, deren Fuß die sanftfließende Lesum bespült...Dies Alles ist sehr ländlich und gewährt dem zufriedenen und genügsamen Spaziergänger, vorzüglich dem Kenner landschaftlicher Eigentümlichkeit, in welcher Gestalt die Natur auch immer erscheinen mag, manchen anmutigen Genuß. Auch der kommende Sturm hat auf diesen höhen etwas Erhabenes. Dann fliegen die Vorboten des Sturms, die Seemöven, kreischend den Fluß herauf; ihr weißes Gefieder scheidet sich scharf an dem schwarzen Gewölk ab, indem sie auf und nieder schießen (2).

Auf der anderen Seite der Lesum, in Lesumbrok, erwarb der Pastor Dr. Johann Smidt 1773 die "kleine Dunge", ein altes Gut im Wederland. Das Werderland (niederdeutsch Inselland) bestand damals noch aus kleinen Inseln, die von Flußarmen der Lesum umgeben waren, daher der Name Werderland. Der Sohn des Pastors, Johann Smidt, der spätere Bürgermeister von Bremen und Gründer Bremerhavens, verlebte auf der kleinen Dunge eine schöne Kindheit, an die er sich als Vierundzwanzigjähriger in der Schrift "Der Familientag zur Dungen" erinnert:

"Die nach St. Magnus hinüber gewährt die freundlichste Aussicht. Lieblich erstrecken sich da die waldbewachsenen Hügel, bis nach Vegesack hin, wo die Lesum fällt in die Weser. Lange verweilte man hier, denn keiner konnte sich satt sehen". (4)

 

Bis in die zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts blieb St. Magnus ein beliebter Wohnort vieler Bremer Kaufleute, die auf dem Rücken der Geest ihre Villen und Schlösser errichteten.
Nach der Inflation von 1923 standen viele Villen leer und verfielen zusehends. Ein Artikel in den Bremer Nachrichten vom 30. September 1932 beschreibt die Situation:

"Was wird aus den Lesum-Gütern? Fast nirgendwo herrscht Leben. Die meisten Villen und schloßartige Bauten sind verlassen. Man blickt in leere Fenster hinein. Die Parks mit uraltem und seltenem Baumbestand sind ungepflegt, die Wege unkrautüberwuchert, kilometerlange Einfriedungen sind von Staub und Rost zerfressen die Nebengebäude zeigen ebenso bedenkliche Zeichen des Verfalls. Die Landgüter drohen der Wirtschaftsnot zum Opfer zu fallen...


 

An die Heimat

 

Ob auch die Zeit vergeht;

Ob die Gestalten der Lebenden, Liebenden

In der Vergangenheit Dämmer verblassen,

Eins doch bleibt mir in ewiger Jugend,

Eines ersteht mir mit jeglichem Lenze

Grünend und sonnig: die Heimat, die alte!

 

Schütze der Himmel dich,

Die du aus wiesenumgebender Stille

Mir in die Seele den Frieden gelächelt,

Die du im Schatten stolzragender Wipfel

Zweifel und Sehnsucht und Herzweh begrubest,

Niemals verlorene, geliebteste Heimat.

 

"Es lebt", Bernhardine Schulze-Smidt, Bielefeld und Leibzig, 1883.

 

 

 

Bücherlinks zu diesen Themen:

An der Lesum

Burglesumer Heimatbuch

abebooks.de

Themen-Links:

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Namens-Index St. M. überall Bremen/Ansichten
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Literaturnachweis:

Der Inhalt dieser Seite wurde u.a. aus folgenden Büchern/Werken entnommen:
"Burg-Lesumer Heimatbuch", Heimat- und Verschönerungsverein Lesum e.V., Druck- und Verlagshaus Friedrich Pörtner,
Bremen-Blumenthal.
(1) "Die geschichtliche Entwicklung des Stadtteils Burglesum", Günter Carstens, Webseite des Ortsamtes Burglesum.
(2)"Ansichten der Freien Hansestadt Bremen und ihrer Umgebung", Adam Storck, 1822
(3) "Die Gründung der Kirchengemeinde Aumund", Vortrag zur 50-Jahrfeier, Heinrich Hoops, 1924
(4) "Der Familientag zur Dungen". Eine Idylle von Johann Smidt, 1798. Herausgegeben von Heinrich Smidt. Bremen 1867.
(5) "Sommer in Lesmona", Marga Berck, 1956
(6) "Altes und Neues aus dem alten St. Magnus", Friedrich Spengemann, St. Magnus 1957.
(7) "Geschichte der Horner Gemeinde",
(8) "Bremisches Unterhaltungsblatt" Nr. 89 u. 90 v. 1830 (erwähnt in Spengemanns "Neues u. Altes aus dem alten St. Magnus")

 

 

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