Heimat ist mehr als nur ein Standort - Ein Südthüringer Überblick

Als Südthüringen werden im allgemeinen alle thüringischen Gebiete südlich des Rennsteiges bezeichnet. Dieser historische Grenzweg, der im Mittelalter die Grenze des Herzogtums Franken zum thüringisch-sächsischen Herrschaftsbereich markierte, stellt heute noch die Sprachgrenze zwischen den mainfränkischen Dialekten Südthüringens und dem thüringisch-obersächsischen Sprachgebiet Thüringens dar.

Im Vergleich zu Thüringen nördlich und östlich des Rennsteigs gibt es einige Unterschiede, die in der engen geschichtlichen Verknüpfung Südthüringens zu Franken begründet liegen. Historisch deckt sich Südthüringen mit dem "Henneberger Land", seine Einwohner sind ethnisch-kulturell sowie sprachlich überwiegend Ost- bzw. auch Rheinfranken (in der nördlichen Rhön).

Südthüringen erstreckt sich im Süden des deutschen Bundeslandes Thüringen über eine Fläche von etwa 3000 km². Es umfasst im wesentlichen die Landkreise Schmalkalden-Meiningen, Hildburghausen und Sonneberg sowie die Kreisfreie Stadt Suhl als Kernregion. Auch der südliche Wartburgkreis (Salzunger Land) im Nordwesten gehört zu Südthüringen. Definiert man den Rennsteig nach rein geografischen Kriterien als exakte Nordgrenze der Region, so werden die südlich dieses historischen Grenzweges gelegenen Gemeinden des Ilm-Kreises ebenfalls hinzugerechnet, während die nördlich des Rennsteigs gelegenen Gebiete des ehemaligen Kreises Neuhaus im heutigen Landkreis Sonneberg nicht zur Region zählen.

Während mit dem über den Hauptkamm von Thüringer Wald und Thüringer Schiefergebirge verlaufenden Rennsteig eine sehr klare Nordostgrenze besteht, ist der Übergang im Süden und Westen zu den angrenzenden Regionen fließend und nicht genau definierbar. Einzelne Grenzgebiete der heutigen Regionen Osthessen, Unterfranken und Oberfranken wurden früher zu Südthüringen gezählt und waren zeitweise Bestandteile des historischen Henneberger Landes. So war der im Südosten gelegene oberfränkische Landkreis Coburg als Territorium des thüringischen Herzogtums Sachsen-Coburg und Gotha bis 1920 ein Teil Südthüringens. Auch im Südwesten und Westen gehörten nennenswerte Teile des Grabfeldes und der bis zu 751 m hohen Vorderen Rhön (jedoch nur Minimalanteile der Kuppenrhön und der Hohen Rhön) in Unterfranken und Osthessen zur Region.


Unser schöner Dolmar

Insgesamt weist der Süden Thüringens im wesentlichen neun Landschaftsuntergliederungen auf, die zu fünf Kategorien zusammengefügt werden können.

Der bis zu 983 m (Großer Beerberg) hohe Thüringer Wald und das bis zu 869 m (Großer Farmdenkopf) hohe Thüringer Schiefergebirge überragen ihr Vorland meist um 300 bis 400 Meter. Während der Thüringer Wald als Bruchgebirge nur eine maximale Breite von ca. 20 km erreicht, ist das Thüringer Schiefergebirge mit teils über 50 Kilometern ein wesentlich breiterer Gebirgszug, der von engen, tiefen Tälern und weiten, teils unbewaldeten Hochflächen geprägt ist. Das Buntsandsteinvorland am Südrand des Thüringer Waldes und das Salzunger Werrabergland schließen sich direkt an das Gebirge an und fallen zum Mittellauf der Werra hin kontinuierlich bis auf eine Höhe zwischen 430 m (Eisfeld) und 240 m (Bad Salzungen) über NN ab. An sanften Hängen öffnen sich hier die Täler in breite Wiesenauen und es entstanden durch Salzauslaugungen einige kleine Seen. Nur wenige Erhebungen dieser Zone übersteigen die 550m-Marke, sodass aus der Ferne lediglich der Dolmar bei Meiningen mit 739 m hervortritt.

Links der Werra erstreckt sich etwas oberhalb von Meiningen bis Eisfeld die durch Muschelkalk geprägte Werra-Gäuplatte (auch Meininger Kalkplatte genannt). Dieses Plateau erhebt sich mit vielen schmalen Tälern zu einer Hochfläche von etwa 400-500 Metern über NN. Weiter südöstlich wird diese Zone durch das ebenfalls muschelkalkhaltige Sonneberger Hinterland (Schalkauer Thüringer-Wald-Vorland, zwischen Eisfeld und Sonneberg) abgelöst.

Südlich dieser Platte schließt sich das nochmals deutlich flachere Grabfeld und der zu Thüringen gehörende Anteil des Itz-Baunach-Hügellandes an. Nur hier ist es durch die weite, offene Landschaft und ein trocken-warmes Klima in nennenswertem Umfang möglich, Landwirtschaft zu betreiben, was den meisten anderen Teilen der Region vorenthalten bleibt. Lediglich einige erloschene Vulkane (Gleichberge, Straufhain) überragen mit bis zu 679 m über NN diese flachwellige Landschaft deutlich.


Die Gleichberge vom Eckartsberg aus festgehalten

Im Westen der Region liegt schließlich das Basaltkuppenland der Vorderen Rhön. Hier trifft man auf bis zu 751 m (Gebaberg) hohe Vulkanberge, deren Umgebung durch Weideland, steinige Bergäcker und Ödland geprägt ist.

Vom Thüringischen Kernland abgegrenzt durch den Rennsteig im Nordosten und einer oberhalb von Bad Salzungen verlaufenden Linie nach Vacha gehört der größte Teil Südthüringens zum Stromgebiet der Werra. Über etwa 120 Kilometer begleitet dieser bei Masserberg entspringende Fluss den Landstrich.

Die Werra ist zur Rechten durch Thüringer Schiefergebirge und Thüringer Wald, zur Linken durch die Rhön in ein sich Richtung Salzbogen öffnendes Tal eingebettet.

Aus Thüringer Wald und Schiefergebirge nimmt die Werra die Schleuse und die Hasel sowie einige kleinere Bäche auf. In ihrem Oberlauf speist die Schleuse die der Trinkwasserversorgung dienende Talsperre Schönbrunn, in ihrem Mittellauf den auch als Naherholungsziel bekannten Ratscher bei Schleusingen, während unmittelbar südlich des Adlersberg-Massives bei Suhl die Erle die kleinere Talsperre Erletor passiert.


Der (größte) große Beerberg

Da die meisten Berge in Thüringer Schiefergebirge und Thüringer Wald - anders als die Kuppen der Rhön - durch tiefe Täler voneinander getrennt werden, spielen jene Flusstäler hier besonders als Verkehrswege (Straßen, Eisenbahnlinien), aber auch als Siedlungsraum (zahlreiche lannggezogene Straßendörfer) eine wichtige Rolle.

Bekanntere Gipfel dieses Landstriches, die auch als Aussichtspunkte Bedeutung erlangt haben, sind u.a. der Bleßberg (865 m) östlich von Eisfeld, der Eselsberg (842 m) und der Simmersberg (781 m) bei Masserberg, der Adlersberg (849 m) nahe Suhl, der Ruppberg (865 m) bei Zella-Mehlis und der Große Inselsberg (916 m) bei Brotterode. Hinzu kommt der solitär zwischen Thüringer Wald und Rhön östlich von Meiningen stehende Dolmar (739 m). Bekannt sind außerdem die Gleichberge bei Römhild, die dort weit aus der Landschaft ragen.

Die linken Nebenflüsse der Werra sind mehrheitlich kurze Bäche mit Ausnahme von Felda und Ulster, die aus der Nordrhön Richtung Werra bei Bad Salzungen fließen.

Im Südosten Südthüringens verläuft die Wasserscheide Rhein-Weser über eine Linie zwischen dem 865 m hohen Bleßberg im Thüringer Schiefergebirge und den mit bis zu 679 m das Grabfeld überragenden Gleichbergen bei Römhild. Jenseits dieser Linie fließen (von Ost nach West geordnet) aus dem Thüringer Schiefergebirge die Flüsse Steinach, Göritz, Röthen, und Grümpen durch zunächst tiefe, landschaftsprägende Täler in Richtung Itz bzw. Main. Die Itz entspringt zwar noch am Westhang des Bleßberges, verlässt jedoch das Mittelgebirge sofort in Richtung Süden.


Inselsberg vom Dolmar aus fotografiert

In flacheren Gefilden folgen schließlich Rodach, Kreck und Milz und passieren den zum Grabfeld gehörigen Heldburger Zipfel.

Die Wasserscheide Rhein-Elbe verläuft im Thüringer Schiefergebirge von Lauscha aus über die Hochfläche um Scheibe-Alsbach/Steinheid bis hin zum 868 m hohen Kieferle im Süden.

Jenseits dieser Linie liegt das sehr tiefe Tal der Schwarza, aus deren Oberlauf sich am 869 m hohen Großen Farmdenkopf das mit 877 m über NN noch etwas höhere Pumpspeicherwerk Goldisthal speist, das das größte seiner Art in Deutschland ist und als Puffer in der Stromversorgung der Region eine wichtige Rolle einnimmt. Überdies ist das Oberbecken seiner unvergleichlichen Rundumsicht wegen ein beliebtes Ausflugsziel. Die ebenfalls aus dem Oberlauf des Flusses gespeiste Talsperre Scheibe-Alsbach wird dem gegenüber u.a. als Badesee genutzt. Allerdings sei erwähnt, dass sich die hier erwähnten Gewässer allesamt nördlich des Rennsteiges, der nordwestlich zur Wasserscheide Weser-Elbe-Weser wird, befinden, somit also nicht geografisch, sondern nur verwaltungstechnisch der Region Südthüringen zuzuordnen sind.

Wichtigste Städte Südthüringens sind heute die drei Mittelstädte Suhl, Sonneberg und Meiningen. Die Kreisfreie Stadt Suhl - hier haben zahlreiche Regionalbehörden ihren Sitz - ist das Wirtschaftszentrum, das Veranstaltungszentrum (CCS) und ein Verkehrsknoten der Region. Die Kreisstadt Sonneberg ist ein wichtiger Verwaltungsstandort im östlichen Südthüringen und ein traditionelles Zentrum der Spielzeugindustrie. Die Kreisstadt Meiningen mit dem berühmten Meininger Theater ist das kulturelle Zentrum der Region, ein Verkehrsknoten und ein wichtiger Behördenstandort (vor allem im Justizwesen).


Der beliebte Bergsee Ratscher bei Schleusingen

Eine Sonderrolle nehmen die Gebiete des ehemaligen Kreises Ilmenau ein. Diese werden - je nach Definition - manchmal zu Südthüringen und manchmal zu Mittelthüringen gerechnet, wobei die historisch-kulturellen Verbindungen zu Mittelthüringen von jeher stärker waren, als die zu Südthüringen. Deutlich wird dies z.B. dadurch, dass in Ilmenau sowohl die mittelthüringische Lokalzeitung, die Thüringer Allgemeine, als auch die südthüringische Lokalzeitung Freies Wort mit eigenen Lokalausgaben erscheinen. Der IOV (die Ilmenauer Regionalbusgesellschaft) ist Mitglied in den ÖPNV-Verbänden Mittelthüringen und Südthüringen und bei diversen Behörden wird Ilmenau ebenfalls teilweise zu den südthüringischen und teilweise zu den mittelthürinigischen Dienststellen gerechnet.

Im 6. Jahrhundert begann, nach nur schwacher prähistorischer und bronzezeitlicher Besiedlung, eine stärkere Welle von Ortsgründungen durch Alemannen, Chatten und Thüringern, wobei die schriftlichen Überlieferungen erst im späten 8. Jahrhundert, während der Fränkischen Ostkolonisation, einsetzten (z.B. Jüchsen, Salzungen, Themar und Kaltennordheim). Hauptsächlich wurde der heutige Süden Thüringens vom Main her, fränkisch besiedelt. Eine Ausnahme bildet der Raum um Bad Salzungen und der angrenzenden Rhön bis zum Salzbogen, diese Region wurde schon vorher von Nord - Nordwest her besiedelt und nur noch teilweise in die Ostkolonialisierung einbezogen, was der hier gesprochenen westthüringische Mischdialekt aus Hennebergisch, Osthessisch und Zentralthüringisch noch heute verdeutlicht. Die gesamte Region stand vom 8. bis 11. Jahrhundert unter dem Einfluss der fränkischen Machtzentren Fulda, Bamberg und Hersfeld von wo aus auch die christliche Missionierung durch die Missionare Sankt Kilian und Bonifatius ausging. Die weltliche Macht lag zumindest zum Teil weiterhin bei Grafen, die z. B. den Schwabengau und den Südthüringengau verwalteten.

Gegen Ende des 11. Jahrhunderts übernahmen die Grafen von Henneberg die weltliche Herrschaft. Die von ihnen begründete Grafschaft Henneberg existierte etwa 500 Jahre bis zum Abbrechen der männlichen Erbfolge im Jahre 1583. Laut Vertrag kamen nun die noch hennebergisch gebliebenen Gebiete unter ernestinische Hoheit. Es entstanden die Staaten Sachsen-Meiningen, Sachsen-Hildburghausen und Sachsen-Römhild. Sie gingen später zum größten Teil in den Herzogtümern Sachsen-Meiningen und Sachsen-Coburg und Gotha auf, Schmalkalden und Umgebung kam zu Hessen-Kassel (und 1866 zu Preußen), die Stadt Suhl mit dem angrenzenden Landkreis Schleusingen zur preußischen Provinz Sachsen und die nördliche Rhön im Gebiet um Dermbach und Vacha wurde im Kreis Eisenach Teil des Großherzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach.

1920 wurde das Land Thüringen gegründet. In ihm gingen die Sachsen-Meining'schen Gebiete auf. Die Kreise Schmalkalden und Schleusingen blieben zunächst bis 1945 preußische Enklaven im Regierungsbezirk Erfurt. 1952 wurde das Vewaltungssystem der DDR reformiert. Die Länder, also auch Thüringen, wurden aufgelöst und durch neue Bezirke ersetzt. Nun war der gesamte Südthüringer Raum erstmals in seiner Geschichte ein einheitliches Verwaltungsgebilde, nämlich der Bezirk Suhl. 1990 wurde das Land Thüringen nach der Wiedervereinigung wiederhergestellt. 1994 erfolgte dann eine Kreisreform, bei der die heutigen Landkreise gebildet wurden.


Die Schönbrunn-Talsperre

Für den Südthüringer Raum sind die Mainfränkischen Dialekte Itzgründisch, Hennebergisch und Grabfeldisch kennzeichnend. In der Rhön und im Nordwesten werden Westthüringische bzw. Osthessische Mundarten gesprochen (Rhöner Platt).

Südthüringen weist eine hohe Dichte an Kulturdenkmälern auf. Es gibt zahlreiche Burgen und Burgruinen (allerdings sind diese alle kleinere Burganlangen) sowie sehenswerte Schlösser (z.B. Schloss Elisabethenburg in Meiningen, Schloss Landsberg bei Meiningen, Schloss Wilhelmsburg in Schmalkalden, Schloss Bertholdsburg in Schleusingen, Park und Schloss Altenstein bei Bad Liebenstein). In Suhl kann außerdem ein Waffenmuseum sowie das Fahrzeugmuseum besichtigt werden. Schmalkalden ist für sein Schloss und vor allem für seinen historischen Fachwerk-Stadtkern bekannt. Meiningen besitzt neben dem berühmten Theater noch zahlreiche weitere Repräsentativbauten und mit den Meininger Museen die umfangreichste Kunstsammlung Thüringens. Das Hennebergische Freilichtmuseum in Kloster Veßra zeigt, unter anderem, Ausschnitte des mittelalterlichen Lebens in der Region des heutigen Südthüringens. Im Landkreis Sonneberg sind u. a. das Deutsche Spielzeugmuseum und das Astronomie-Museum in der ehemaligen Weltspielwarenstadt Sonneberg sowie das Glaskunstmuseum in Lauscha als besondere Sehenswürdigkeiten hervorzuheben.

Die wichtigen Verkehrsachsen für Südthüringen stellen die mit zahlreichen spektakulären Brückenbauwerken und dem längsten Straßentunnel Deutschlands neu erbauten Autobahnen A 71 Erfurt-Schweinfurt sowie A 73 Suhl-Nürnberg dar. Weitere wichtige Verkehrsadern sind die Bundesstraßen entlang der Werra, namentlich die B 19 und die B 89. Von Bedeutung ist auch die B 281 von Eisfeld nach Saalfeld. Die Stadt Schmalkalden wird durch die Umwidmung der B 62 Bad Salzungen-Schmalkalden-Zella-Mehlis erstmals Anschluss ans Bundesfernstraßennetz erhalten.

Eine erste Eisenbahnstrecke durch Südthüringen war die Werrabahn von Eisenach nach Lichtenfels im Jahre 1858. Sie führt durch die Städte Bad Salzungen, Meiningen, Hildburghausen, Eisfeld und Coburg (heute zwischen Eisfeld und Coburg abgebaut). Eine ebenfalls 1858 eröffnete Nebenlinie der Werrabahn verband Coburg mit Sonneberg. Suhl erhielt mit dem Bau der zweiten wichtigen Bahnstrecke in Südthüringen, der Bahnstrecke Erfurt-Schweinfurt, im Jahr 1882 einen Anschluss. Später folgten noch zahlreiche Nebenstrecken (u. a. auch die steilste regelspurige Bahnstrecke Deutschlands von Suhl nach Schleusingen mit abschnittsweise knapp 7% Steigung sowie Deutschlands erste Meterspurbahn von Bad Salzungen nach Kaltennordheim und Vacha), von denen heute einige wieder stillgelegt sind. Auf denen noch in Betrieb befindlichen Eisenbahnstrecken wird der Personenverkehr im wesentlichen durch die Süd-Thüringen-Bahn durchgeführt. Linien der Deutschen Bahn AG in Südthüringen sind die tagsüber im 2-Stundentakt verkehrenden Regional-Expresszüge Erfurt-Suhl-Grimmenthal-Schweinfurt-Würzburg, mit zwei Regional-Express-Zugpaaren Erfurt-Meiningen und die Regionalbahn Sonneberg-Coburg.


Der Umpfen-Steinbruch




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