Steuerdebatte

Union will Steuerpläne der FDP aussitzen

Das Steuersystem zwar vereinfachen, aber keine Steuern senken: Diese Idee findet offenbar in der CDU/CSU-Fraktion immer mehr Anhänger. Ärger mit der FDP ist wahrscheinlich.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble muss den Haushalt konsolidieren, gleichzeitig sollen nach dem Willen der FDP die Steuern gesenkt werden

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble muss den Haushalt konsolidieren, gleichzeitig sollen nach dem Willen der FDP die Steuern gesenkt werden

In der Unionsfraktion gibt es laut einem Zeitungsbericht Bestrebungen, alle Pläne für Steuersenkungen zu begraben – und das Steuersystem stattdessen nur zu vereinfachen. Ein entsprechendes Gesetzespaket über kostenneutrale Änderungen solle die Koalition in den nächsten Monaten verabschieden, berichtete die Financial Times Deutschland unter Berufung auf Vertreter der CDU/CSU.

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Die vereinfachten Regeln könnten dann bereits zum 1. Januar 2011 wirken. Auch von der Unionsseite im Kabinett hieß es, angesichts der desolaten Haushaltslage stünden Steuersenkungen "auf absehbare Zeit nicht mehr auf der Tagesordnung".

Die Akteure betonten, der schwarz-gelbe Koalitionsvertrag führe Entlastungen und Vereinfachungen ohnehin getrennt auf. Diesen Ansatz wolle man nun weiterverfolgen, hieß es.

Bei den Vereinfachungen handelt es sich etwa um verständlichere Vordrucke für Steuererklärungen, eine einfachere Rentnerbesteuerung oder einen pauschalierten Abzug der Kosten für Pflegeheime.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Peter Altmaier, erklärte allerdings, von derartigen Plänen sei ihm nichts bekannt. Gleichwohl habe sich  durch den Entschluss der FDP, Steuersenkungen nicht vor 2012 vorzunehmen, die Lage für die Koalition entspannt.

Die FDP hält ungeachtet der seit langem geäußerten Kritik von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) an ihren Plänen für eine steuerliche Entlastung der Bürger fest. Generalsekretär Christian Lindner sagte, nach den bereits zu Jahresanfang umgesetzten Vergünstigungen im Umfang von acht Milliarden Euro müssten im Laufe der Wahlperiode weitere 16 Milliarden Euro folgen.

Diese Gesamtsumme sei das Ergebnis von Verhandlungen mit der Union im Herbst. Die Rahmenbedingungen des Haushalts seien damals allen in der Koalition klar gewesen und hätten sich seitdem nicht verändert. Die FDP erwarte von der Union "Courage und Standfestigkeit". Zugleich appellierten die Liberalen an Schäuble, rasch Vorschläge für eine Vereinfachung des Steuersystems vorzulegen.

Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) schlug seinerseits eine radikale Senkung der Einkommenssteuer vor. Bürger und Unternehmen könnten demnach durch deutlich niedrigere Sätze bis 2016 um bis zu 100 Milliarden Euro entlastet werden. Das wäre unter anderem ein Beitrag zu mehr Steuergerechtigkeit, sagte IfW-Steuerexperte Alfred Boss der Bild-Zeitung.

Zur Gegenfinanzierung schlägt Boss Bund, Ländern und Gemeinden den Abbau von Steuervergünstigungen und Subventionen vor, die nach seinen Angaben bundesweit ein Volumen von rund 140 Milliarden Euro erreicht haben. Als Beispiel nannte er einen Abbau der Kohle- und Agrarsubventionen und den Wegfall der Pendlerpauschale.

 
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Leser-Kommentare

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    • 20.04.2010 um 8:38 Uhr
    • joG

    ....deren Politik auf allen Ebenen von öffentlichen Bediensteten bestimmt wird die Steuern zu reduzieren, war bereits vor 1990 klar. Die leben ja davon. Da die CDU eine der beiden Parteien ist, die hauptsächlich von dieser Klientel getrieben wird, können und wollen die in Ihr versammelten Politiker keine signifikante Steuersenkung und noch weniger einen bedeutungsvollen Abbau der Staatsausgaben. Damit würden sie die Interessen ihrer Klientel gegenüber der Bevölkerung verraten.

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    Es ist doch leider so, dass waehrend der Zeiten, in denen es Steuererhoehungen gab, der Staat auch nicht gespart hat und das Geld mit allen Haenden herausgeworfen hat. In Finanzfragen ist der Staat ein Moloch, der alles verschlingt, was man ihm hinwirft.
    In Wirklichkeit steht doch hinter der Frage nach Steuersenkungen die frage nach der Rolle des Staates in unserem Gesellschaftsmodell. Wollen wir einen Staat, der die Belange der Buerger bis ins Kleinste regelt und eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung anbietet oder wollen wir einen Staat der den Buergern Raum zur Selbstentfaltung und zum selbstverantortetem umgang mit ihrem Geld laesst.

    Durch eine Steuersenkung wuerde der Staat durch seine Einnahmensituation endlich zum Sparen gezwungen werden. Ohne Steuersenkung waeren die Defizite nicht geringer.

    Natuerlich profitieren nicht alle Menschen gleichermassen von den Senkungen, aber da es immer noch einen grossen Teil im Volk gibt, der nicht von hartz4 betroffen ist, halte ich es fuer legitim, deren Steuerlast zu senken.
    Man kann darueber streiten.
    Aber bitte nicht mit dem Schuldenargument. Das hoeren wir seit JAhren, dass kein Geld fuer eine Entlastung da ist und dennoch wachsen die Defizite ins Unendliche.

    Der Vorschlag aus Kiel klingt wirklich ueberlegenswert.

  1. Steuerentlastungen sind schön, doch nur möglich , wenn im Haushalt gespart wird. Die große STEUERSENKUNGSPARTEI FDP ist da nicht mit gerade bestem Beispiel vorangegangen. Alle Sparvorschläge wurden nicht umgesetzt!
    Erst sparen, dann Schulden abbauen und dann Steuern senken, das erwarten wir, denn was nützt uns eine Steuersenkung auf Pump, die wir am Ende richtig teuer wird.
    Da die FDP das nie begreifen wird, sollte sich die CDU einen neuen Koalitionspartner suchen.

  2. Moin,
    ich mache einmal einen Exkurs, mit dem ich die Wirkung von "weniger Staat" und "schlanker Staat" beleuchten möchte. Es führt zu "dummer Staat" im Sinne von unwissendem Staat, nicht nur bezogen auf die Verwaltung und Politik. Also bitte nicht gleich "Thema verfehlt" rufen. Nehmen wir einmal den Bereich der Normen, unsere guten alten DIN-Normen. Die werden nicht von einem Amt gemacht, auch nicht von der Regierung, es ist ein Verein. Dies gilt auch für Europa, die Normen werden von Vereinen gemacht. In diesen Vereinen sitzen überwiegend Vertreter der Wirtschaft, vornehmlich der jeweiligen Branchenführer. Nun kenne ich gleich drei Normen aus dem Baubereich, die aus wirtschaftlichen Interessen verändert wurden, sie wurden nicht etwa einfacher (sollte man ja nach der Philosophie "die Wirtschaft kann es besser" erwarten); nein, aus wenigen Seiten wurden hunderte aus einfachen Beiwerten Formeln, die nur noch mit Rechnerunterstützung zu rechnen sind. Es nützt jeweils drei Seiten, dem Marktführer mit unangreifbarer Stellung, dem Anbieter der Software und dem Entwickler der Formeln (meist ein Prof.); eine Entwicklung, die darüber hinaus auch im Elektronikmarkt festzustellen ist.
    Nun zurück, mit "schlankem Staat" bekommen wir keine besser funktionierende Gesellschaft. Es verschiebt sich nur die Schaffung von Regeln weg vom Staat, hin zur Wirtschaftsunternehmen. Solche, die übrigens auch heute schon einen großen Einfluss auf die Regeln haben.
    Beste Grüße
    Grabert

  3. Ob nun zuerst eine Steuersenkung, und damit der Zwang zu Einsparungen über hohe Neuschulden verursacht, oder ob zuerst die Ausgaben gekürzt und danach die Überschüsse durch Steuersenkungen an die Steuerzahler zurückgegeben wird, mag jeder für sich selbst entscheiden. Leider vertritt keine der im Bundestag vertretenen Partei letzteren Standpunkt.

    Die beiden Staatsmodell allerdingse, die Sie aufzeigen, sind keine Gegensätze! Denn die Belange des Bürgers müssen in einem Rechtstaat tatsächlich geregelt sein, damit bei der abschließenden Entscheidung von Streitfragen in Gerichten die Richter nicht willkürlich entscheiden. Durch die Regelung besteht nämlich die Möglichkeit, dass das Volk im demokratischen Prozess die Regelungen beeinflusst.

    Es bedeutet nicht, dass dem Bürger kein Raum mehr zur Selbstentfaltung gegeben wird. Dieser Raum wird sogar erst durch Regeln geschaffen. Und zwar dadurch, dass Rechte geschaffen werden.

    Ich vermute, Sie verstanden unter Reglementierung hauptsächlich Verbote, und in der Tat bestand leider, leider die Politik der letzten Jahrzehnte hauptsächlich in der Schaffung von Verboten. Nur die Verfassungsrichter schafften es aus dem Grundgesetz neue Rechte abzuleiten. Die Politik hat es leider nur geschafft, die Rechte schrittweise einzuschränken. Selbst die Unverletzlichkeit der Wohnung wurde bereits gebrochen.

    Sie sehen, dass eine weitreichende Gesetzgebung sogar erwünschenswert ist, wenn diese positiv (Rechte) ausgelegt ist statt negativ (Verbote).

  4. Die Frage nach dem schlanken Staat ist keine, die mit dem Rueckzug des Staates aus der Verantwortung und der GEstaltung zu beantworten ist.
    Ich stelle nur die Frage, ob diese Sicht, die in Buergerrechts-und Verwaltungsfragen sicher einfacher zu skizzieren ist, auf die Steuerproblematik uebertragen werden kann.
    ICh persoenlich bind er MEinung, dass die Buerger auch ein recht gegen zuviel Staat haben.
    Und wenn der mittelstaendische unternehmer mittlerweile weit mehr als 50 prozent seines Verdienstes fuer Steuern-und Sozialabgaben aufwendet und in seinem taeglichen Unternehmerdasein noch von staatlicher Regulierungswut getrieben wird, kann man sich schon so manche frage stellen.
    Und wir reden hier beileibe nicht nur um Millionere und Banker.

    Das ist keine FDP-Wahlpropaganda sondern vielerorten Wirklichkeit und in diesem gesellschaftlichen klima DARF auch ueber Steuersenkungen diskutiert werden. ich halte es sogar fuer notwendig.

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    Die Sozialabgaben sollten nicht so leichtfertig mit in den Steuertopf geworfen werden.

    Denn die Sozialabgaben sind eine Pflichtversicherung, die im Leistungsfall Ihnen ganz persönlich zugute kommt, während die Mittel aus den Steuern primär allen zugute kommt. Dazu kommt, dass die Sätze für die Sozialversicherungen fest sind, während der Einkommensteuersatz mit dem Einkommen variiert.

    Deswegen wäre es hilfreich, diese Leistungen getrennt zu betrachten und bei hohen Abgaben nicht zu pauschalisieren, da wie gesagt auch Leistungen für Sie persönlich mit reinspielen.

    Moin,
    zu den 50% Steuern und Abgaben möchte ich nur kurz einwerfen, dass es keinen Unterschied (in der Summe) macht, ob Steuern und Abgaben gezahlt werden oder hinterher das Geld für privatwirtschaftlich erstellte Zertifizierungen und Lizenzgebühren, worauf es in vielen Branchen hinauslaufen wird. Übrigens sind es vornehmlich die großen Unternehmen, die von dem einen (kompliziertes Steuersystem mit hohen nominellen Steuern - wenn ich mich dieser Ansicht hier zur Erläuterung unreflektiert annehme) und einem eben so wüsten privatwirtschaftlichen Regelungssystem. Als schönes Beispiel ist hier die grüne Gentechnik, vielleicht auch die rote, zu nennen. Mit Patenten und Lizenzgebühren weniger großer Unternehmen haben die landwirtschaftlichen Betriebe (Beispiel USA) eine erhebliche Last zu tragen, mit wachsendem Problem- und Leidensdruck. Der Mittelstand wird, zumindest langfristig gesehen, keine Entlastung erfahren, bei den Kleinunternehmern wird die Existenznot ein ständiger Begleiter werden. Mit einem schwachen Staat, hier ist Hessen ein gutes Beispiel, wo in den Ministerien Fachpersonal seit Jahren abgebaut wird und in noch stärkerem Maße werden wird, hat man auch keinen öffentlichen Sachverstand mehr, der den wirtschaftlich orientierten Interessen der großen Unternehmen noch viel entgegen zu setzen hat.
    Man sollte die Steuerdebatte also tunlichst nicht mit der Staatsdebatte vermengen oder letztere mit der Ausgabenseite begründen.
    Beste Grüße
    Grabert

  5. Die Sozialabgaben sollten nicht so leichtfertig mit in den Steuertopf geworfen werden.

    Denn die Sozialabgaben sind eine Pflichtversicherung, die im Leistungsfall Ihnen ganz persönlich zugute kommt, während die Mittel aus den Steuern primär allen zugute kommt. Dazu kommt, dass die Sätze für die Sozialversicherungen fest sind, während der Einkommensteuersatz mit dem Einkommen variiert.

    Deswegen wäre es hilfreich, diese Leistungen getrennt zu betrachten und bei hohen Abgaben nicht zu pauschalisieren, da wie gesagt auch Leistungen für Sie persönlich mit reinspielen.

    Antwort auf "@5 und 6"
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  • Datum 20.4.2010 - 12:05 Uhr
  • Quelle ZEIT ONLINE, AFP
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