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Politik

Zu Guttenberg fest auf dem Prüfstand

Freitag, den 23. April 2010 um 10:26 Uhr von Rolf Ehlers

Es ist wirklich erst ein gutes halbes Jahr her, als am 3.9.2009 der Bundeswehr-Oberst Klein die Drohnenüberwachung eines Geschehensorts bei Kundus abbrechen ließ und amerikanische Bomber anforderte, um zwei im Wüstensand stecken gebliebene Tanklaster und eine große Zahl von herumlaufenden Menschen zu bombardieren. Es starben aufständische Taliban, die die Laster gestohlen hatten, und viele Zivilisten, auch Kinder.

Inzwischen hat die Bundesstatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen  Klein eingestellt, weil ihm keine “verbotene Methode der Kriegs-führung” nachzuweisen sei. Die Strafverfolger haben festgestellt, dass Klein nicht davon ausgegangen sei, dass Zivilisten auf dem Plan waren. Nur bei vorsätzlicher Tötung von Zivilisten nimmt das Völkerstrafrecht nämlich ein Kriegsverbrechen an. Die Frage, ob der Angriff “militärisch angemessen” war, wie der erst bald nach dem Kundus-Vorfall ins Amt gekommene junge neue Verteidigungsminister zu Guttenberg (CSU) erst urteilte und dann nachdrücklich widerrief, ist durch die Feststellung, dass ein vorsätzliches Kriegsverbrechen nicht nachweisbar sei, nicht beantwortet. Daher war es auch unsinnig, alsbald nach der Einstellung des Strafverfahrens nach der Aufhebung des Untersuchungsausschusses des Bundestages zur Kundus-Affäre zu verlangen. ZU Guttenberg musst daher gestern über seine Rolle in der Aufklärung des Vorkommnisses aussagen.

Dort stand zu Guttenberg zu seinem Sinneswandel und zu seiner Entscheidung vom 26.9.2009, den Staatssekretär im Bundesministerium der Verteidigung, Peter Wichert von seinen Aufgaben zu entbinden und den höchsten deutschen Soldaten, den Generalinspekteur der Bundeswehr Wolfgang Schneiderhan zu entlassen, Rede und Antwort.

Niemand ist heute noch der Meinung, dass die Bombardierung der Tanklaster angesichts der auf allen Fotos erkennbaren großen Zahl nicht identifizierter herumlaufender Menschen militärisch oder sonstwie angemessen gewesen sei. Wie aber ist es mit der Entlassung der beiden hohen Amtsträger? Dazu gab zu Guttenberg im Ausschuss gestern erstmals eine klare und nachvollziehbare Antwort. Er hatte nicht selbst gründlich geprüft, sondern sich auf das Urteil der beiden Spitzenleute verlassen, die ihm ohne entsscheidende Vorbehalte erklärten, militärisch sei das Vorgehen korrekt gewesen. Er räumte ein, dass er auch als Anfänger im Amt besser selbst geprüft hätte und übernahm für seinen Fehler die politische Verantwortung, beanspruchte aber für sich auch das Recht, solche Beamte, die ihm eine solch windige Entscheidung untergejubelt hatten, aus ihren Ämtern zu entfernen.

Bisher hatte er in der Öffentlichkeit geäußert, er hätte von den beiden Beamten nicht alle Unterlagen für die richtige Beurteilung des Vorgangs erhalten. Das war ein weiterer Fehler, für den zu Guttenberg die politische Verantwortung trägt. Zu Gutenberg bestätigte jetzt die Aussagen von Wichert und Schneiderhahn, dass er die Unterlagen doch alle in Händen gehabt hätte.
Mit der Korrektur seiner Beurteilung des Anschlags vom 3.9.2009 machte zu Guttenberg auch ein Ende mit der verbalen Eierei seines Amtsvorgängers Jung, der das Wort Krieg für die militärische Auseinandersetzung in Afghanistan immer gemieden hatte wie der Teufel das Weihwasser. Dafür hatte er Lob verdient wie auch für die Berichtigung der Beurteilung der Angemessenheit des Angriffs.

Unter dem Strich stehen zu lasten zu Guttenbergs ein verzeihlicher Anfängerfehler, den eingearbeiteten angeblich größten Strategen der Bundewehr eine unhaltbare Einschätzung ungeprüft abzunehmen und eine anfänglich ungeschickte Verteidigung gegen den Vorwurf auf billige Weise die beiden zu Bauernopfern gemacht zu haben.

Gleich wie man über den m.E. unsinnigen und unverantwortlichen Krieg in Afghanistan steht und zum Politiker zu Guttenberg, und gleich welche Zukunft man ihm wünscht, kommt man nicht umhin zu erkennen, dass das lässliche Sünden sind, wegen derer zu Guttenberg gewiss nicht wie sein tölpelhafter Amtsvorgänger aus dem Amt gedrängt werden muss.

Photo Quelle/Copyright: isafmedia, cc creative commons, Bestimmte Rechte vorbehalten, via flickr

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8 Reaktionen zu “Zu Guttenberg fest auf dem Prüfstand”

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  1. Niko

    am 23. April 2010 um 11:49 Uhr | Link | Kommentar melden

    Die militärische Beratung durch den Einsatzführungsstab zum Com-Isaf Bericht vom 3.Nov-3 Tage vor seiner Presseerklärung- welcher direkt Schneiderhan unterstellt war, war folgendermaßen:
    „Trotz einiger Verfahrensfehler ist festzuhalten, dass Oberst Klein auf der Grundlage der ihm zum damaligen Zeitpunkt zur Verfügung stehenden Informationen und vor dem vorliegenden Bedrohungshintergrund militärisch angemessen gehandelt hat.“
    Bei der „Abwägung zwischen den Absichten des Isaf Oberbefehlshabers und dem aktiven oder passiven Schutz deutscher Soldaten wird von deutschen Kommandeuren erwartet, dass sie die nationalen Vorgaben umsetzen.“
    Das genaue Gegenteil stand im Feldjägerbericht, welcher ihm vorenthalten wurde, Schneiderhan und Wichert haben dies inzwischen zugegeben!

  2. guillaume

    am 23. April 2010 um 12:29 Uhr | Link | Kommentar melden

    Ich hoffe v.u.z. Guttenberg überlebt die Scharade unseres Bundeshosenanzuges ihn in das Verteidigungsressort abzuschieben….

    Trotz allem (!!!) der einzige Lichtblick unter lauter TränenInnen………

    Herr, erlöse uns von dem Übel ( sorry, Herr Ehlers, ich weiss um Ihre religösen Bedenken)

  3. hma.tornow

    am 23. April 2010 um 15:27 Uhr | Link | Kommentar melden

    Es scheint aber nur Wenigen bisher aufgefallen zu sein, was die Vokabel Krieg für eine eklatant wichtige Bedeutung für diesen Konflikt hätte.
    Krieg müsste einem Gegner gegenüber erklärt werden. Wer aber ist hier der Gegner? Banden korrupter Eingeborener unter ihren Clanchefs. Fanatische Islamisten, die am Tage der bäuerlichen Tätigkeit nachgehen und abends in den Bergen mit Gewehrgranaten üben, um das nächste Fluggerät der ISAF auch wirklich treffen zu können, oder von den USA seinerzeit ausgebildete Talibankämpfer?

    Woran man jedoch hierzulande eher zu denken scheint sind, wie schon zuvor bei dem Flugverbot, die möglichen Regreßansprüche von Betroffenen des Konfliktes.
    Wie einige wissen, leisten Versicherungen grundsätzlich nicht, bei Schäden durch Kriegseinwirkungen.

    Der wichtigste Hinderungsgrund einer Kriegserklärung wäre jedoch ein neues Mandat des Bundestages, denn das aktuelle genehmigt nur Hilfestellung beim Wiederaufbau des Landes unter der Ägide der ISAF.

    Mir erscheint im Moment der einzige mit wenigstens etwas Rückgrat der Verteidigungsminister zu sein.
    Die übrigen Protagonisten der Regierung müssten zukünftig singen:
    Peinlichkeit beugt Recht durch Frechheit!

  4. Frank Hofmann

    am 23. April 2010 um 17:26 Uhr | Link | Kommentar melden

    Danke für ihren mutigen Artikel. Übrigens ersten Kommentaren aus dem alternativen Netzwerk Journalismus soll die heute gen Weltraum geschossene USA Rakete einen Atomwaffentragfähigen Orbiter ausgesetzt haben. Iran lässt grüßen? Man darf ja mal fragen stellen, gell Herr Obama. Oder ist das Teil für Angela bestimmt falls sie doch die Seite wechselt? Auch dazu flüstert das Netz bereits umher.
    Machen sie also weiter Netzwerkreporter und bleiben sie kritisch.

  5. Rainhelt

    am 24. April 2010 um 09:45 Uhr | Link | Kommentar melden

    “Niemand ist heute noch der Meinung, dass die Bombardierung der Tanklaster angesichts der auf allen Fotos erkennbaren großen Zahl nicht identifizierter herumlaufender Menschen militärisch oder sonst wie angemessen gewesen sei. ”

    Wirklich? So lange mir nicht endlich jemand sagt, wie viele Tote und wie viele davon “Zivil” waren (Ist es nicht erstaunlich, dass es immer noch keine Zahlen gibt?) erlaube ich mir gar nicht erst ein Urteil. Wenn sagen wir mal von 150 Toten 50 Zivilisten waren heißt das für mich: Da waren 100 (!) gegnerische Kämpfer. Sprich: Ohne die Zahlen kann ich mir gar keine Meinung bilden und somit obige Aussage nicht unterschreiben…

  6. Frank Hofmann

    am 26. April 2010 um 12:52 Uhr | Link | Kommentar melden

    @Rolf Ehlers. Sie gestatten eine linken AAufwärtshaken - denke doch:
    Lieber Herr Gutmenschlügnervomheiligenberg - oh verzeihen sie Herr Guttenberg Baron zu Lügenhausen. Warum reden sie nicht mal Klartext an ihr Volk. Denn demnächst müssen wir ja wieder Stiefelputzen und Gleichklang üben.
    Die Bloggfreien Spatzen (Luftpost) Europas pfeiffen es längst vom heißen Isreaelischen Parlamentsblechdach.
    http://www.luftpost-kl.de/luftpost-archiv/LP_10/LP10810_230410.pdf
    Bleiben sie locker aufm Tresenhocker liebe Leser, aber es ist ein gehöriges Säbelrasseln in Berlin und Übersee!

  7. Gimling68

    am 26. April 2010 um 14:02 Uhr | Link | Kommentar melden

    Die CIA versucht gerade in Deutschland die negative Stimmung wegen dem Afghanistan zu kippen http://mindrouting.de/forum/viewtopic.php?f=61&t=1586
    WikiLeaks deckte auf. Sonder-Memorandum der CIA Red Cell - Afghanistan: Sicherung der Unterstützung Westeuropas für den NATO-Einsatz – Warum man sich nicht auf die Apathie der Westeuropäer verlassen sollte (C//NF).

  8. Rolf Ehlers

    am 26. April 2010 um 17:40 Uhr | Link | Kommentar melden

    @Frank Hofmann: Gestattet. Ich habe bewusst geagt, dass man zum glatten Baron so oder so stehen kann. Wie er jetzt davon spricht, dass ganz sicher noch mehr deutsche Soldaten sterben werden: ein toller Realitätssinn! Wie bei unseren Politikern aber üblich ist das “alternativlos.”

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