Erstens hat Frau Merkel "nichts Neues" gesagt, wie der neben mir sitzende Geschäftsmann aus Belgien nach Ende der Rede trocken diagnostizierte.
Zweitens waren die Davoser Zuhörer vermutlich noch unter dem Eindruck der Performance von David Cameron, dem britischen Premier, der kurz zuvor seinen großen Auftritt hatte. Cameron schritt in einer Art Mischung aus Barack Obama und Hamburger Fischmarktverkäufer sprechend über die Bühne, moderierte sich und die Fragen aus dem Publikum selbst. Und hinterließ allein damit mächtig Eindruck. Frau Merkel, naja, ist da halt etwas anders.
Und drittens, was am schwerwiegendsten ist, hat das werte Weltpublikum mittlerweile ein tiefes Verständnisproblem, was die originelle Uminterpretation des deutschen Krisenmanagements durch die Bundesregierung angeht. Zum deutschen Lieblingsspruch gehört derzeit ja allen Ernstes der Satz, dass die Deutschen gern bereit gewesen seien, mit den kriselnden Ländern solidarisch zu sein (diese Solidarität aber nun mal keine Einbahnstraße sei). Das kommt im Ausland halt komisch rüber, wenn jeder sich erinnert, wie sich die Deutschen mit Händen und Füßen und ordnungspolitischen Grundsatzreden und angedrohten Verfassungsklagen und (voreiligem) Steuerzahlergejammer und dummen "Bild"-Kampagnen monatelang gegen jedwede Hilfe und Solidarität gestemmt haben - und am Ende in einer Nacht- und Nebel-Wochenendaktion nur deshalb den Hilfen zugestimmt haben, weil irgendwann selbst der Bundesregierung klar wurde, dass es ohne Stoppmechanismus für die Marktpanik eine ganz große Katastrophe gibt.
Das jetzt großmütig Solidarität zu nennen, hat schon etwas Dreistes. Da darf man sich über mageren Applaus dann auch nicht wundern.