Neuer Lesestoff aus den Cultural Studies
7. Juni 2011 von VerenaFür die Anthologie „Dekonstruktion und Evidenz“ haben sich Kulturwissenschaftlerinnen der Universität Lüneburg zusammen getan, um soziale Kategorien wie „Geschlecht“, „Rasse“ und „Nation“ in ihrer medialen Darstellung zu untersuchen.
Die Einsicht, dass in medialen, wissenschaftliche und politischen Diskursen produziertes Wissen gesellschaftliche Wirklichkeit nicht abbildet, sondern ‚Wahrheit’ durch bestimmte Diskursregeln erst hergestellt wird und zudem immer mit Machtwirkungen verknüpft ist, zieht sich als roter Faden durch die Texte der Autor_innen dieses Bandes
Dieser Satz, den die vier Herausgeber_innen, Irina Hennig, Merle-Marie Kruse, Steffi Hobuß und Tanja Thomas ihrer Einleitung voranstellen, wird für die meisten ihrer Leser_innen nicht bahnbrechend neu sein, gibt aber den Hinweis, dass sich hier auch nicht Gender-Initiierte zurecht finden können. Unter dem Stichwort „Ausgangspunkte“ folgen zwei Kapitel, die Grundsätzliches über poststrukturalistische Theorien vorstellen und auch wenn ich persönlich die Theorie nonchalant überblättert habe, ein Seitenblick zeigt mir, dass die grundlegenden Ideen und Prinzipien dekonstruktiver Theorie greifbar vermittelt wird.
Diesem Prinzip – anschaulich den theoretischen Ansatz darlegen und dann die Analyse mit gut dokumentierten Beispielen vorstellen – folgen auch die Aufsätze dieses Sammelbands. Egal ob Miriam Stehling die neoliberalen Prinzipien geschlechtsspezifisch verlangter Handlungen anhand von „Germany’s next Topmodel“ analysiert oder Wera Mohns Patten den „Konstruktionen von Mutterschaft und Gender in den Filmen Juno und Knocked Up“ nachspürt, die Autor_innen bleiben nah am Forschungsgegenstand und nutzen den popkulturellen Bezug alltagsnah.
Überhaupt liegt hier die große Stärke der Anthologie: Sie stellt die Verunsicherung der Autor_innen anhand der Beschäftigung von (De)Konstruktionen in Medienkulturen genauso bewusst heraus, wie das Positive der Weiterentwicklung von Gedanken und Wissen:
Wie wichtig ihnen in diesem Rahmen auch die Gelegenheit für die Reflexion über Denkbewegungen, der Austausch über Verstörung und Verunsicherung wie über Freude an Erkenntnisfortschritten war, haben die Autor_innen beschrieben. […] Die Beschäftigung mit Rassismus- und Nationalismustheorien oder Critical Whiteness Studies produziert häufig Phasen der Sprachlosigkeit angesichts der Anstrengung der Vermeidung, aber auch angesichts der Unvermeidlichkeit des Wiederholens von Verallgemeinerungen, kollektivierenden und differenzstiftenden Formulierungen. (weiterlesen…)
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