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19.02.2012

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Ausland
Marokko: König Mohammed VI. für rasche Reformen
Reaktion auf Unruhen

Marokkanischer König kündigt Reformen an

In einer Fernsehansprache hat Marokkos König Mohammed VI. eine umfassende Verfassungsreform angekündigt. Außerdem soll die Stellung des Premierministers und der politischen Parteien gestärkt werden. Damit reagiert der König auf zentrale Forderungen von Demonstranten.

Von Alexander Göbel, ARD-Hörfunkstudio Rabat

Mittwochabend, 20 Uhr Ortszeit - im marokkanischen Fernsehen erklingt die Nationalhymne. Im dunklen Anzug blickt König Mohamed VI. steif und mit ernster Miene in die Kameras. Eine der seltenen königlichen Ansprachen - etwas Großes liegt in der Luft: "Die Verfassungsreform, die wir heute ankündigen, ist eine wichtiger Meilenstein auf unserem Weg der Demokratie. Diesen Weg verfolgen wir konsequent mit umfassenden politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Reformen. Die Institutionen, der Rechtsstaat, die gute Regierungsführung sollen dabei besonders berücksichtigt werden. Ich will diese Reform - und Gott möge mir dabei helfen."

Parlament soll Premierminister ernennen

König Mohammed VI. von Marokko (Foto: dpa) Großansicht des Bildes [Bildunterschrift: Kündigte eine umfassende Verfassungsreform an - Marokkos König Mohammed VI. ]
Eine faustdicke Überraschung: Der König gibt den forschen Reformer, will mehr Demokratie wagen. Eine Kommission soll eine neue Verfassung ausarbeiten, und die Wähler sollen später darüber abstimmen dürfen - in einem Referendum. Und das ist noch nicht alles. Künftig soll nach Wahlen die stärkste Partei im Parlament den Premierminister nominieren. Was in westlichen Demokratien selbstverständlich ist, war in Marokko bisher ein Privileg des Monarchen, der in der Politik das letzte Wort hat.

"Ein Sieg für alle, die mutig auf die Straße gingen"

Zineb El Rhazoui traut ihren Ohren nicht. Hat Mohamed VI. tatsächlich von Dezentralisierung gesprochen, von persönlichen Freiheiten, von politischer Teilhabe, von unabhängiger Justiz? Das hätte die Aktivistin nicht zu hoffen gewagt - seit Jahren gilt die junge Marokkanerin als eine der schärfsten Kritikerinnen des Monarchen: "Das war die erste echte Rede des Königs als Staatsmann, als wahrer Reformer. Politisch gesehen war es ein Donnerschlag. Der König hat alle wichtigen Forderungen der jungen Marokkaner angesprochen - das ist ein Sieg für alle, die mutig auf die Straße gegangen sind, um für ihre Rechte zu kämpfen!"

Beifall von allen Seiten

Beifall für den König kommt aus dem gesamten politischen Spektrum. Der Chef der Islamistenpartei PJD nimmt nach der royalen Ansprache sogar das Wort Revolution in den Mund: Soweit will El Rhazoui dann doch nicht gehen: "Der König hatte keine andere Wahl, er musste einfach auf diese Forderungen reagieren. Das Regime stand unter Druck. Wenn Mohamed VI. es ehrlich mit uns meint, wenn er nun persönlich darüber wacht, dass die Reformen auch durchgeführt werden, dann werte ich das als Zeichen seiner politischen Weisheit. Es war an der Zeit, uns zu zeigen, dass er unsere Probleme ernst nimmt."

Reaktion auf politisches Tauwetter

Auch der Soziologe Mohamed Darif sieht die Rede des Königs als indirekte Reaktion auf das politische Tauwetter in Nordafrika. Und darauf, dass nun auch die Marokkaner den Geist der Freiheit aus der Flasche gelassen haben: "Was sich seit dem 20. Februar hier getan hat, hängt natürlich mit den Ereignissen in der übrigen arabischen Welt zusammen, vor allem mit Tunesien und Ägypten. Deshalb fordert diese Bewegung des 20. Februar nun auch hier in Marokko politischen Wandel und institutionelle Reformen.

Wie weit der Wandel geht, ist offen

Doch so wie viele junge Marokkaner will auch El Rhazoui weiter auf die Straße gehen, genau hinschauen, ob sich wirklich etwas tut. Ob Marokko nun zu einer konstitutionellen Monarchie werden wird, so wie Spanien oder Großbritannien, muss sich noch zeigen. Auf jeden Fall habe der König mit seiner Rede dafür die Weichen gestellt - und auch seine eigene Position in einem neuen Marokko gefestigt, glaubt  Abdelhamid Amin von der marokkanischen Menschenrechtsorganisation AMDH: "Es könnte tatsächlich so sein, dass die Mächtigen hier sozusagen eine historische Intelligenz beweisen. So etwas gibt es selten, aber es scheint nun möglich. Ich hoffe jedenfalls, dass auch hier in Marokko der Jasmin blühen wird, und noch alle möglichen anderen Blumen!"

Stand: 10.03.2011 03:33 Uhr
 

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