Die Rolle von Abdullah Öcalan
Die Geschichte der PKK ist untrennbar verbunden mit der Biographie ihres Vorsitzenden Abdullah ÖCALAN, der 1973 mit
sechs Freunden die Vorläuferorganisation der PKK, die Gruppierung Kurdistan-Revolutionäre, gründete. Am 27. August 1978
erfolgte die Umbenennung in Partiya Karkeren Kurdistan (PKK). ÖCALAN, der innerparteiliche Kritiker rücksichtslos
verfolgte, entwickelte sich in den Folgejahren zur unumstrittenen Führungsfigur der Organisation. Beeinflusst von der
an den türkischen Universitäten in den siebziger Jahren verbreiteten marxistisch-leninistischen Ideologie versuchte der
aus Anatolien gebürtige Parteiführer, der in Ankara Politikwissenschaft studiert hatte, in den unterentwickelten
kurdischen Siedlungsgebieten eine Widerstandsbewegung gegen die kurdischen Landbesitzer und die herrschenden
Kurdenführer aufzubauen. Seine Bemühungen zielten darauf, das Gefühl von einer nationalen kurdischen Identität an die
Stelle des traditionellen Denkens in Clanstrukturen treten zu lassen.
Die Aktivitäten der PKK
Nach einer mehrjährigen Vorbereitungsphase, während der im Osten der Türkei angeworbene PKK-Mitglieder eine Ausbildung
in libanesischen Palästinenserlagern erhalten hatten, eröffnete die PKK am 15. August 1984 einen bewaffneten
Guerillakampf, der sich zunächst auf Gendarmeriestationen und kleine Militärstützpunkte konzentrierte. Die
Gewaltaktionen der PKK richteten sich in der Folgezeit aber auch gegen die kurdische Bevölkerung, soweit diese die
Positionen der PKK nicht teilte. Die türkische Regierung reagierte mit der Verhängung des Kriegsrechts und der
systematischen Verfolgung der PKK-Kämpfer durch die Armee, die bei ihrem Einsatz seit Beginn der neunziger Jahre immer
wieder die Grenze zum Irak überschritt. Militärisch geriet die PKK zunehmend in die Defensive. Ihr Operationsspielraum
schränkte sich entscheidend ein, als die syrische Regierung auf den von der Türkei ausgeübten politischen Druck im
Oktober 1998 mit der Ausweisung der PKK-Führung reagierte. Vier Monate später, am 15. Februar 1999, wurde ÖCALAN in
Kenia gefangen genommen. Er wurde in die Türkei gebracht und dort im Juni 1999 vom Staatssicherheitsgericht wegen
Hochverrats zum Tode verurteilt. Eine endgültige Entscheidung über die Vollstreckung des Urteils ist bis zum Abschluss
eines von ÖCALAN beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg (EGMR) angestrengten Verfahrens
ausgesetzt.
Der Rückzug der PKK
Die PKK und ihre Kampfeinheiten sind in Folge der geschilderten Entwicklung geschwächt worden. Ab August 1999 zogen
sich die nach Darstellung der PKK noch immer operationsfähigen Guerillaeinheiten unter Mitnahme ihrer Waffen aus der
Türkei zurück. ÖCALAN, dem die PKK - ähnlich wie die PLO Arafat - die Bedeutung eines Symbols für die nationale Einheit
zuspricht, wurde auf dem Parteikongress der PKK im Januar 2000 trotz seiner Inhaftierung auf der Gefängnisinsel Imrali
in der Funktion als Vorsitzender bestätigt.
Neue Organisationsbezeichnung KADEK statt PKK
Die KADEK ist keine Neugründung. Ihre Satzungen sind mit denen der PKK weitgehend identisch, die Führungsriege der PKK
verblieb im Amt. Verändert wurden lediglich die Namen der zahlreichen Front- und Volksorganisationen der PKK, die in
ihrem Aufbau und ihren Funktionen jedoch gleich blieben.
Vor allem ist auch nach der Umfirmierung der PKK ihr Verhältnis zu Gewalt kritisch. Dies gilt insbesondere, solange die
PKK / KADEK noch über militärische Strukturen verfügt, die seit 1999 dem Namen nach zwar defensiv sind
(„Kurdische Volksverteidigungseinheit“), gemäß ihrer Struktur jedoch noch immer offensiven Charakter haben.
Gewaltbereitschaft signalisierte die PKK / KADEK etwa im November 2002, als Osman ÖCALAN als ein
Mitglied des Generalpräsidialrates im Zusammenhang mit einer Protestkampagne gegen die Haftbedingungen seines Bruders
Abdullah ÖCALAN drohte, dass die KADEK gezwungen sei, „für die Freiheit Öcalans und des kurdischen Volkes jede Art der
Auseinandersetzung vorzusehen“. Krieg und Gewalt sind also weiterhin Handlungsoptionen der PKK / KADEK.
Zu einer ähnlichen Einschätzung kam der Rat der Europäischen Union, der bereits am 02. Mai 2002 beschloss,
die PKK in die Liste der terroristischen Organisationen aufzunehmen. Diese Entscheidung wurde europaweit von
PKK-Anhängern mit Demonstrationen quittiert, die aber friedlich verliefen.
In der Abschusserklärung des 8. Parteikongresses der PKK (4. bis 10. April 2002 im Grenzgebiet Iran/Irak) wurde erklärt, dass die PKK alle Aktivitäten unter diesen Namen mit dem 4. April 2002 eingestellt habe. Gleichzeitig wurde eine neue Organisation, der Freiheits- und Demokratiekongress Kurdistans (KADEK), mit "neuem Programm, neuer Satzung und neuer Organisationsform" ins Leben gerufen. Der KADEK wurde zum "legitimen und einzigen Nachfolger der PKK" deklariert, Abdullah ÖCALAN zum Vorsitzenden erklärt, sein politischer Führungsanspruch bleibt offensichtlich trotz seiner Inhaftierung unangetastet, auch wenn die praktische Leitung seiner Organisation in den Händen eines Präsidialrates liegt. Der KADEK gibt sich lt. Selbstdarstellung die Aufgabe, bei "der demokratischen Lösung der kurdischen Frage eine koordinierende Funktion auszuüben". Inwieweit eine tatsächliche Akzeptanz des neuen Namens bei der Anhängerschaft eintreten wird, bleibt abzuwarten.
Aus der KADEK wird KONGRA GEL
Die "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) unterliegt in Deutschland einem vereinsrechtlichen Betätigungsverbot, weil sie
hier in früheren Jahren u.a. mit terroristischen Anschlägen und zahlreichen gewalttätigen Demonstrationen agiert
hat.
Die PKK hat sich auf ihrem 8. Kongress im Frühjahr 2002 in KADEK umbenannt und gleichzeitig erklärt,
alle Aktivitäten unter dem Namen PKK einzustellen. Als Hintergrund der Umbenennung müssen die Bemühungen der
kurdischen Organisation angesehen werden, sich nach außen von ihrer terroristischen Vergangenheit zu lösen und als
politischer Akteur akzeptiert zu werden. Da dem KADEK die öffentliche Anerkennung als Vertretung des kurdischen Volkes
versagt blieb, beschloss die Organisation im Herbst 2003 auf einem Parteikongress ihre Auflösung. Im November 2003 ist
im Rahmen einer konstituierenden Sitzung der so genannte "Volkskongress Kurdistans" (KONGRA GEL) gegründet worden. Der
KONGRA GEL legt großen Wert darauf, dass die erfolgte Neugründung nicht als bloße Umbenennung des KADEK verstanden
werde.