Sie befinden sich hier: WDR.de WDR Fernsehen Wissen Quarks & Co Sendung vom 09. September 2008 Muttermilch hält schlank
Dass Muttermilch die beste Nahrung für ein Baby ist, darüber sind sich Mediziner schon länger einig. Neu ist dagegen, dass das Stillen sich auch positiv auf das Gewicht des Kindes auswirkt – es senkt das Risiko für Übergewicht. Und zwar nicht nur, solange das Kind gestillt wird, sondern auch noch lange danach, bis ins Erwachsenenalter hinein. Im Jahr 2005 kam auch eine Studie von Geburtsmedizinern der Berliner Charité zu einem solchen Ergebnis: Wer als Säugling zwischen sieben und neun Monate lang Muttermilch getrunken hat, dessen Risiko für Übergewicht liegt etwa ein Drittel niedriger als das von Flaschenkindern. Was die Muttermilch für das Kind so wertvoll macht, sind hunderte so genannter bioaktiver Faktoren – Substanzen, die den Stoffwechsel des Säuglings beeinflussen. Dazu gehören unter anderem Hormone, Proteine, Enzyme, Fettsäuren, Mineralien und Vitamine.
Einige der Hormone in der Muttermilch sorgen zum Beispiel als Wachstumsfaktoren dafür, dass der Körper des Babys das richtige Maß an Fettzellen und Muskelzellen anlegt, andere steuern vermutlich den Appetit des Säuglings. Ein Kandidat, den die Forscher dabei im Blick haben, ist das Sättigungshormon Leptin. Mit der Muttermilch gelangt es in den Körper des Kindes. Die Forscher vermuten, dass es dort vom Blutkreislauf bis ins Gehirn transportiert wird, und zwar zum Hypothalamus, dem Appetitzentrum des Menschen. Dort angekommen, löst das Leptin ein Sättigungsgefühl aus.
Doch es sind nicht nur die Hormone, sondern noch viele andere Stoffe aus der Muttermilch, die offensichtlich den Stoffwechsel des Babys dauerhaft programmieren können. Und die geben den Ernährungsforschern bislang noch einige Rätsel auf. Denn keine der Substanzen wirkt allein, erst die spezielle Mischung schützt das Kind vor Übergewicht. Und das tut sie nach Meinung der Forscher nicht nur in den ersten Lebensmonaten, sondern auch später, wenn das Kind heranwächst.
In der Babynahrung aus der Flasche dagegen sind viele der Wirkstoffe aus der Muttermilch nicht enthalten. Auch die Nährstoffzusammensetzung ist anders. So haben Wissenschaftler der Münchner Universitäts-Kinderklinik herausgefunden, dass in der Fläschchennahrung oft mehr Eiweiß enthalten ist als in der Muttermilch. Bis zu 70 Prozent mehr Eiweiß nehmen Flaschenkinder durchschnittlich in den ersten sechs Monaten auf. Die Forscher vermuten, dass dieser Eiweißüberschuss im Körper des Babys zu einem Nährstoffüberangebot führt und zum Beispiel die Bauchspeicheldrüse anregt, mehr Insulin auszuschütten. Dieses Insulin gelangt über den Blutkreislauf zum Fettgewebe. Dort dockt es an den Fettzellen an und bewirkt, dass sie in kürzerer Zeit mehr Zucker aufnehmen. So wird der Zucker schneller in die Fettzellen eingeschleust - das Fettgewebe wächst. Gleichzeitig bleibt immer weniger Zucker im Blut übrig – und dieser Zuckermangel wird ans Gehirn gemeldet, wo der Hypothalamus Alarm schlägt: Das Baby bekommt wieder Hunger, obwohl sein Körper eigentlich schon mehr als genug Energie gespeichert hat - ein Teufelskreis.
Und es gibt noch eine weitere Theorie, warum gestillte Kinder oft schlanker sind: Beim Stillen trinkt das Baby nur so lange, bis es satt ist. Dagegen werden Flaschenkinder oft dazu angehalten, ihr Fläschchen ganz leer zu trinken. Und das kann gravierende Folgen haben: Schließlich lernen Kinder gerade in den ersten Lebensjahren, auf die Sättigungs-Signale ihres Körpers zu hören. Auch dabei wird ein Grundstein für das spätere Gewicht gelegt – beim Beachten oder Ignorieren wichtiger Körpersignale.
Scarlet Löhrke
Stand: 13.07.2007