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Galerie Göttinger Land
Römerlager Hedemünden

Auf einer bewaldeten Hochfläche oberhalb eines zur Werra abfallenden Steilhanges (65 bis 90 m über der Werra), in strategisch herausragender Lage an der alten Werrafurt, wo der Nord-Süd-Verkehr des antiken Fernwegenetzes den schiffbaren Fluss kreuzte, liegt eine im Volksmund früher als "Hünenburg" bezeichneter Ringwall.
Schon 1855 fand man unweit dieses Geländes römische Münzen (zwischen Hedemünden und Ellerode). Nach Meldungen und Fundverschleppungen (1985 und 1998) erfolgten ab 1998 auf dem Burgberg intensive Geländeprospektionen mit einer Reihe von Probegrabungen durch die Kreisarchäologie Göttingen. Diese führten zum Nachweis des ersten, in Niedersachsen gefundenen Römerlagers.

Es handelt sich einerseits um gut erhaltene Geländeüberreste mit Wall- und Grabenbefestigungen, Terrassierungen und Steinsetzungen, andererseits liegt eine Serie von Metallfunden (Münzen, Militaria, Tross, Baureste) und Keramikbruch (römisch wie einheimisch) vor. Form und Größe lassen eine Mehrgliederigkeit erkennen.

Zwei Lager unterschiedlicher Form und Größe, dazu vermutlich weitere Lagerbereiche:

Lager I

Obertägig gut erhaltene Befestigungsanlage aus Wall und Graben, Grundriss länglich oval, NNO-SSW orientiert, Länge außen 320 m, Breite maximal 150 m, Innenraumfläche 3,215 Hektar.

Der Außengrundriss zeigt zwei lange und parallelverlaufende West- und Ostflanken, eine halbrund gebogene Nordflanke sowie eine durch bastionsartige Abknickungen abgesetzte Südflanke. Gesamtlänge Wall/Graben 760 m, der Verlauf ist im Norden durch älteren Wegebau beschädigt, ansonsten sind nur ein Forstwegdurchstich und mehrere kleinere Beschädigungen am Wall vorhanden.

Tore sind mittig in der Südflanke sowie jeweils mittig in der West- und Ostflanke erkennbar, ein weiteres Tor befindet sich im Südosten; ein Nordtor bleibt - wegen der Wegebaustörung - fraglich, ist zu überprüfen.

Flach welliger Innenraum, von Nord nach Süd um rund 15 m abfallend, längs der Mittelachse erhebt sich geringfügig ein Rücken aus anstehendem Sandstein-Blockschutt, durchsetzt von Steinbruchpingen und -trichtern (vermutlich mittelalterliche bis frühneuzeitliche Bausteingewinnung). Im gesamten Innenraum sind Hinweise auf anthropogene Setzungen großer unbearbeiteter Sandsteine vorhanden, z. T. als rechteckige Grundrisskonfigurationen und Punktfundamente für "schwebende" Holzbaukonstruktionen ehemaliger Lagervorratsgebäude rekonstruierbar. Nach Magnetometerprospektion liegen Hinweise auf unterirdische Grubenstrukturen vor (Keller, Zisternen, Kloaken ?). Diese geophysikalischen Untersuchungen in Verbindung mit Fundkonzentrationen zeigen im nördlichen Teil des Lagers ein Zentralgebäude.

Bis November 2005 erfolgte kontinuierlich die vollständige flächige Prospektion mit dem Metalldetektor, d. h. eine Feinkartierung mit Einzeleinmessung und Bergung aller Metallobjekte in der oberflächennahen Bodenschicht 0 - 0,25 m Tiefe (Waldhumus und bioturbationsgestörte oberste Sand-Löß-Steinschuttdecke).

Von Oktober 2003 bis November 2005 Anlage mehrerer Profilschnitte durch Wall und Graben. Außerdem mehrere Flächenfreilegungen im Innenraum. Die Profilschnitte haben gezeigt: der Wall ist regellos aus anstehendem Sandlöß mit großen Einzelsteinblöcken aufgeschüttet, Basisbreite heute 5 - 6 m, Höhe noch 0,8 - 1,2 m; außen verläuft ohne Berme ein - großteils verfüllter - Spitzgraben, obere Breite 3,5 - 4 m, Tiefe 1 - 1,2 m. Vermutlich Rekonstruktion als Holz-Erde-Mauer mit innenseitiger Wallböschung, darauf Steinversteifung einer ehemaligen hölzernen Wehranlage. Gesamthöhe von Grabenbasis bis Wallkrone rund 3,5 - 4,5 m.

Im Profilschnitt 12 (durch Ostflanke) ist alte bauzeitliche Oberfläche als fossiler A-Horizont erhalten, darauf als Funde: 1 eiserne Pionieraxt (Dolabra), Keramikbruch einheimischer Machart und römischer Drehscheibenware (gelb- bis rottonig, geglättet, dünnwandig), Holzkohlen.

Im Nordostabschnitt wurde unter dem Wallkern eine zweite eiserne Pionieraxt (Dolabra) geborgen, eine dritte im südlichen Wall; eine vierte Dolabra wurde im Nordabschnitt beim Wegebau schon 1883 im Wallkern gefunden (publiziert u. abgebildet im Atlas vor- u. frühgesch. Befestigungen, Schuchhardt 1916). Ebenfalls von der Wallbasis stammt eine eiserne Schaufelhacke.