Kernkraftwerk Philippsburg | Bildquelle: dpa

Debatte über Auslagerung von AKW in "Bad Bank" Raus aus dem Risiko

Stand: 12.05.2014 12:08 Uhr

Es wird viele Euro-Milliarden kosten, die 18 verbliebenen deutschen AKW abzureißen. Deswegen haben die Energiekonzerne EnBW, Eon und RWE offenbar die Idee, die deutschen Kernkraftmeiler und damit auch deren Abwrackrisiken dem Staat zu übertragen. Doch der Plan stößt auf Ablehnung.

Von Frank Aischmann, MDR, ARD-Hauptstadtstudio

Die Abrissbirne und der handelsübliche Bauschuttcontainer müssen zu Hause bleiben, wenn die Innereien eines Atomkraftwerks zerlegt werden sollen. Nach der endgültigen Abschaltung klingen die Brennelemente kontrolliert ab - allein dieser sogenannte Nachbetrieb dauert fünf Jahre. Und dann vergehen weitere 20 arbeitsreiche Jahre, bis die gesamten, teils hochstrahlenden AKW-Reste entsorgt sind. (Wobei der Endlager-Standort dafür auch noch gefunden werden muss.)

Kurzfassung: Es wird viele Milliarden kosten, die 18 verbliebenen deutschen AKWs abzureißen, wenn auch das Letzte in spätestens acht Jahren abgeschaltet wurde. Die deutschen Energieriesen haben dafür 35 Milliarden Euro angehäuft. Allerdings nicht als Rücklage auf einem Sperrkonto, sondern - kleiner Unterschied - als Rückstellung in den Bilanzen. Wird ein Energieversorger zahlungsunfähig, ist dessen Rückstellung weg - und der Steuerzahler müsste einspringen.

Deshalb klingt die Idee einer öffentlich-rechtlichen AKW-Stiftung ziemlich überzeugend: EON, RWE und EnBW schmeißen jetzt ihre Rückstellungs-Milliarden in den Topf, dazu die laufenden und abgeschalteten Atommeiler, der Bund übernimmt all das, trägt dann aber auch alle Abrisskosten.

Streit um Bad Bank für Atomkraftwerke
F. Aischmann, ARD Berlin
12.05.2014 10:42 Uhr

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Alle Sorgen los?

Elegant für die Noch-Betreiber: Sie wären alle Sorgen um unkalkulierbare Entsorgungs-Kosten los, außerdem sind die Gewinne aus dem Atomstrom ohnehin kräftig gesunken. Auf der anderen Seite schön für den Bund: Die Konzerne lassen ihre Milliarden-Klagen gegen die vorzeitige Schließung ihrer Atommeiler und die Brennelementesteuer fallen. Eine plausible Idee also?

Energie-Expertin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin sagte im ZDF : „Die Idee ist mehr als fragwürdig. Denn in der Vergangenheit haben die Konzerne sehr viel Gewinne gemacht. Man hätte jetzt erwarten können, dass sie diese Rückstellungen in der Höhe auch bilden, damit dann auch die Kosten gedeckt werden können durch die Konzerne. Denn die sind ja verantwortlich für den Rückbau und auch für die Entsorgung des Atommülls.“

Und sie haben dafür Steuernachlässe erhalten. Offiziell bestätigte Gespräche mit der Bundesregierung gibt es noch nicht, aber sowohl den dringenden Wunsch der Kraftwerksbetreiber wie auch eine treffende Bezeichnung für den möglichen künftigen Fond: "Bad Bank für Alt-AKWs".

Der Umweltminister Schleswig-Holsteins, Robert Habeck, sagte im Deutschlandfunk: "Die Hälfte der Idee würde ich nehmen, nämlich dass wir das Geld den Atomkonzernen wegnehmen. Die andere Hälfte, dass das Risiko und auch der Betrieb an den Staat geht, können die gerne behalten", sagte der Grünen-Politiker.

Hendricks: Verantwortung bei Energiekonzernen

Ganz ähnlich sieht es auch Bundesumweltministerin Barbara Hendricks, SPD. Die uneingeschränkte Verantwortung für Auslaufbetrieb, Stilllegung Rückbau und Zwischenlagerung der Strahlenabfälle liege bei den Energieunternehmen, die Rückstellungen dafür müssten zeitgerecht und sicher zur Verfügung stehen.

Die Debatte um die mögliche Einrichtung der AKW-"Bad Bank" läutet das letzte Kapitel der Atomkraft in Deutschland ein, nämlich die möglichst sichere Verpackung des Strahlenmülls für viele tausend Jahre. Hendricks sagte vor einigen Tagen - beim Besuch der Asse: "Eigentlich bin ich eher geschockt über die Verantwortungslosigkeit in der vor 50-60 Jahren mit radioaktivem Abfall umgegangen worden ist. Diese Fehler holen uns jetzt ein oder haben uns schon längst eingeholt."

Hans Jessen, ARD Berlin, zum Vorschlag der Energiekonzerne
tagesschau 12:00 Uhr, 12.05.2014

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