Wirtschaft

OECD-Studie

11.04.14

Deutschland ist bei Abgabenlast absolute Weltspitze

Deutsche müssen so hohe Steuern und Abgaben zahlen wie kaum ein anderes Volk. Sogar in skandinavischen Sozialstaaten gibt es mehr Netto. Relativ komfortabel ist Deutschland nur für Höchstverdiener.

Die Abgabenlast ist im Vergleich zu anderen wichtigen Staaten in Deutschland hoch.

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Foto: Infografik Die Welt

Das gilt auch, wenn man die Abgaben der Arbeitgeber außen vor lässt

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Es ist eine gute Nachricht für die Arbeitnehmer hierzulande: In Deutschland ist die Abgabenlast im vergangenen Jahr erneut gesunken, sodass mehr Geld vom Bruttolohn übrig bleibt. Das ist ein Ergebnis einer Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), eines Forums vorwiegend wohlhabender Industriestaaten.

Deren Forscher haben berechnet, dass die Belastung der Einkommen zuletzt noch einmal leicht gesunken ist: Ein Angestellter mit durchschnittlichem Gehalt, unverheiratet und ohne Kind wurde im vergangenen Jahr hierzulande im Schnitt mit 49,3 Prozent belastet. Im Jahr 2012 waren es noch 49,6 Prozent gewesen.

Die OECD berechnet die Entwicklung auch für sieben weitere Familienkonstellationen modellhaft. Zwar werden die Detailergebnisse erst im Mai veröffentlicht, aber laut der Organisation sank die Abgabenlast auch in diesen Fällen.

Am stärksten war der Rückgang bei Ehepaaren ohne Kinder, bei denen ein Teil durchschnittlich verdient und die Partnerin oder der Partner Geringverdiener ist. Bei dieser Konstellation sank die wegen des Ehegattensplittings ohnehin geringere Belastung noch einmal von 45,5 Prozent auf 45,1 Prozent.

In anderen Ländern stieg Belastung

Die Abgabenlast hierzulande entwickelt sich damit im internationalen Vergleich gegen den Trend: In der gesamten OECD, zu der 34 Länder gehören, stieg die Abgabenlast im vergangenen Jahr um 0,2 Prozentpunkte auf eine Durchschnittsbelastung von 35,9 Prozent. Nur in elf anderen Ländern sank die Belastung der Einkommen.

Allerdings ändert diese positive Entwicklung nichts daran, dass Fiskus und Sozialversicherung hierzulande im internationalen Vergleich besonders kräftig zugreifen. Für die einmal jährlich veröffentlichte Untersuchung "Taxing Wages" berechnen die Wissenschaftler der OECD, wie stark die Einkommen von Arbeitnehmern mit Steuern und Sozialabgaben belastet werden.

Dabei kommen die Ökonomen seit Jahren regelmäßig zu dem Ergebnis, dass in kaum einem Industrieland so viele Steuern und Sozialbeiträge gezahlt werden wie bei uns. Unter den 34 OECD-Staaten sind nur noch in Belgien die Abgaben höher: Dort reduzieren Steuern und Abgaben das Einkommen des Durchschnittsverdieners um 55,8 Prozent. Hoch ist die Belastung auch in Österreich, Ungarn und Frankreich.

Erstaunlicherweise bleibt den Arbeitnehmern in den skandinavischen Staaten weit mehr Netto vom Brutto als den Angestellten hierzulande – und das, obwohl die Sozialsysteme dieser Länder als vorbildlich gelten: In Dänemark beispielsweise gehen nur gut 38 Prozent des Einkommens an Fiskus und Sozialversicherung.

Relativ niedrige Last für sehr hohe Einkommen

Für die hohe Belastung hierzulande ist nicht die Einkommensteuer verantwortlich, auch das zeigt die OECD-Studie deutlich. Deutschland ist im internationalen Vergleich kein Hochsteuerland. Allerdings sind die Sozialabgaben hierzulande weit höher als in anderen wohlhabenden Volkswirtschaften.

Die Forscher haben auch untersucht, wie progressiv das Steuersystem in Deutschland ist, ob also mit steigendem Einkommen die prozentuale Steuer- und Abgabenlast steigt und Arbeitnehmer mit geringen Verdiensten weniger stark belastet werden. Dieses Muster finden die Ökonomen in allen Ländern der OECD – nur nicht in Deutschland, Österreich und Spanien.

Hierzulande ist die Progressivität gedeckelt: Die Abgabenlast ist bei den Arbeitnehmern am höchsten, die das Anderthalbfache des Durchschnittseinkommens verdienen. Steigen die Einkommen darüber, geht die relative Belastung allerdings wieder zurück.

Verantwortlich dafür sind die Bemessungsgrenzen, ab denen Sozialversicherungsbeiträge nicht weiter steigen. Dieses Muster hat sich laut den Befunden der Forscher in den vergangenen Jahren sogar noch verstärkt.

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