Staatsstreich des 18. Brumaire VIII

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General Bonaparte vor dem Rat der Fünfhundert in Saint Cloud am 10. November 1799. (Gemälde von François Bouchot aus dem Jahr 1840)

Am 18. Brumaire VIII des Französischen Revolutionskalenders (9. November 1799) fand in Frankreich ein Staatsstreich statt. Seine Folgen waren das Ende des Direktoriums und damit auch der Französischen Revolution. Napoleon Bonaparte wurde als Erster Konsul zum Alleinherrscher.

Die Regierung des Direktoriums war mit den ökonomischen und militärischen Schwierigkeiten überfordert. Es drohte ein Staatsstreich der Royalisten. Der Direktor Emmanuel Joseph Sieyès ließ verlauten, dass er einen Säbel suchte. Er wünschte einen starken Mann, der zu einer Wiederherstellung der Republik beitragen konnte, wenn nötig mit Gewalt. Allerdings ist zu vermuten, dass er selbst als Alleinherrscher die Macht übernehmen wollte und Napoleon als Handlanger ansah.

Die Rückkehr Bonapartes von der ägyptischen Expedition am 22. August 1799 bot ihm hierzu eine willkommene Gelegenheit.

Am 18. Brumaire wurden die beiden Kammern der Nationalversammlung unter dem Vorwand eines bevorstehenden Putsches der Neujakobiner auf das Schloss Saint-Cloud evakuiert, vor allem um sie dem Zugriff der Pariser Stadtbevölkerung zu entziehen, die vermutlich die Parlamentarier gegen das Militär schützen würden, falls sie vom Putsch erführen. Bonaparte wurde die Sicherung der Stadt Paris anvertraut.

Drei der fünf Direktoren, Sieyès, Paul Barras und Roger Ducos, traten zurück. Die beiden anderen, Gohier und Moulin, wurden unter dem Verdacht, Jakobiner zu sein, angeklagt und abgesetzt.

Am 19. Brumaire war der Staat ohne Führung. Die Mitglieder des Direktoriums waren zurückgetreten oder inhaftiert. Paris war von den Soldaten Bonapartes besetzt. Die Putschisten erklärten, die Republik wäre durch „Konterrevolutionäre und Verschwörer“ gefährdet, die angeblich kurz vor einem Angriff stünden. In dieser angespannten Situation brauche man eine starke Führung, die durch eine Verfassungsänderung geschaffen werden sollte.

Das Parlament im Schloss von Saint-Cloud wurde von Soldaten umstellt. Die im Orangerie-Saal zusammengetretenen Abgeordneten des Rates der Fünfhundert verweigerten ihre Zustimmung zu der ihnen von den Putschisten um Bonaparte vorgelegten Verfassungsänderung. Der als Redner unbegabte und unerfahrene Bonaparte hatte zuvor schon vor dem Oberhaus, dem Ältestenrat, mit seinen Überzeugungsversuchen wenig Anhänger gewinnen können.

Auch vom Rat der Fünfhundert erhielt er mit Rufen wie „Nieder mit dem Diktator!“ eine Abfuhr. Die Abgeordneten bedrängten Napoleon, indem sie ihn anschrieen; unklar ist, ob sie handgreiflich wurden. Sein Bruder Lucien Bonaparte, der Vorsitzende des Rates der Fünfhundert, griff zur Rettung Napoléons ein: In einer improvisierten Rede behauptete er, die Abgeordneten hätten Napoleon mit Dolchen attackiert. Eine klare Lüge, die die Soldaten dennoch nicht überzeugen konnte.

Lucien Bonaparte zog daraufhin seinen Säbel und verkündete, er selbst würde ihn seinem Bruder in die Brust rammen, sobald „dieser die Revolution verriete“. Die Soldaten räumten unter dem Befehl des Kavallerieoffiziers Joachim Murat – des späteren Schwagers Napoléons und späteren, von Napoléon eingesetzten, Königs von Neapel – daraufhin mit Gewalt den Saal.

Gegen zwei Uhr morgens stimmten die Abgeordneten des Ältestenrates und einige der Abgeordneten des Rates der Fünfhundert unter Druck der Militärs der Verfassungsänderung zu. Eine vorläufige Regierung, die aus den drei Konsuln Napoléon Bonaparte, Emmanuel Joseph Sieyès und Roger Ducos bestand, wurde ernannt. Wider Erwarten blieb die Pariser Stadtbevölkerung ruhig und protestierte nicht gegen den Regierungswechsel. Damit war die letzte Hürde genommen, die Putschisten hatten ihr Ziel erreicht.

Bonaparte ließ unter der Federführung Sieyès’ eine neue Verfassung ausarbeiten. Dabei schaffte er es jedoch, seine Mitverschwörer auszubooten. Da er faktisch derjenige war, der nun alle Fäden in der Hand hatte (er kommandierte die Truppen, die die Putschisten brauchten, und war beim Volk beliebt), konnte er seine Bedingungen diktieren.

Am 12. Dezember 1799 wurde die Verfassung des Konsulats (die sogenannte Verfassung des Jahres VIII) verabschiedet. Sie trat am 24. Dezember 1799 in Kraft und wurde 1800 durch eine Volksabstimmung bestätigt. Kurz zuvor hatte Napoleon seinen Bruder Lucien zum Innenminister ernannt, der in dieser Funktion auch die Wahl überwachte. Das Wahlergebnis war deshalb auch sehr eindeutig: Ca. 99 % der Wahlberechtigten stimmten für die neue Verfassung. Der 30-jährige Bonaparte wurde als Erster Konsul faktisch zum Alleinherrscher. Er allein ernannte die Minister, konnte Gesetze verfassen und verabschieden, die beiden anderen Konsuln durften ihn nur beraten.

Literatur[Bearbeiten]

  • Jacques-Olivier Boudon, Histoire du Consulat et de l'Empire, Perrin, Paris, 2003.
  • Jean-Paul Bertaud, Bonaparte prend le pouvoir, Complexe, Bruxelles, 1987.
  • Thierry Lentz, Le 18 Brumaire, Picollec, Paris, 1997;
  • Jean Tulard, Le 18 Brumaire. Comment terminer une révolution, Perrin, Paris, 1999.