Riese im Zwergenstaat

Costa Rica holte den US-Konzern Intel ins Land. Nun hängt der Staatshaushalt von der Chipkonjunktur ab, und andere Investoren bleiben fern von Beat Glogger

S eñores y señoras von Intel. Wir danken Ihnen für die große Freigebigkeit, mit der Sie uns alles geschenkt haben, was wir brauchen. Gott segne Sie." Das Mädchen steckt das Dankesbriefchen dem Reporter zu und macht einen artigen Knicks. Es glaubt, dass auch der Journalist, der den Weg ins abgelegene Nest Las Palmas gefunden hat, von Intel geschickt worden sei. Denn hier kommt alles Gute von Intel, seit der US-Konzern vor drei Jahren seine Fabrik eröffnete.

Die Schuluniform, die Cindy trägt, ist eine Spende des weltweit größten Chipproduzenten. Ebenso das Schulbuch, das Heft, sogar der Bleistift.

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Las Palmas liegt in Costa Rica, dort, wo die große atlantische Ebene in die vulkanischen Kordilleren übergeht. Hier war vor 100 Jahren noch dichter Regenwald, dann kamen die Bananenplantagen, und heute ist die Gegend ein Armenhaus. Die Leute schlagen sich als selbst versorgende Bauern durch. Das Einkommen pro Familie liegt bei 200 Dollar monatlich. Viele haben nicht einmal das Geld, ihren Kindern das Schulmaterial zu bezahlen. Intel hat die Schule von Las Palmas und drei Nachbardörfer mit je zwei Millionen Colones unterstützt, einer Riesensumme für die Gemeinden, nicht mehr als ein Griff in die Portokasse für den Elektronikriesen. Der Betrag entspricht etwa 6000 Dollar.

Unterstützt werden auch das Technologieinstitut und die Elektroingenieure an der Universität. Hier bringt Intel jährlich mehrere hunderttausend Dollar auf. Dafür darf die Firma an den Instituten ihre Jobs vorstellen und die Professoren bei der Ausgestaltung der Lehrpläne beraten. Trotzdem sei die Lehre an seiner Schule nicht auf Intel zugeschnitten, so versichert Ismael Mazon von der Universität Costa Rica. Man nehme aber Anregungen gern entgegen, denn immerhin findet etwa ein Fünftel seiner Studenten bei Intel Arbeit.

Solche Geschichten bescheren dem Elektronikkonzern ganzseitige Reportagen in der nationalen Presse und Wohlwollen in der Bevölkerung. Intel wolle, außer Geld zu verdienen, so der Pressesprecher Danilo Arias, "auch in der Gesellschaft etwas bewirken": die Bildung verbessern, Bewusstsein schaffen für Umwelt und Sicherheit am Arbeitsplatz, den Lebensstandard heben. "Intel versteht sich als Vorkämpfer", sagt Arias weiter. "Wir setzen neue Normen, und wir rufen karitative Aktionen ins Leben, sodass andere Firmen nachziehen müssen."

Den weitaus größten Einfluss jedoch, den Intel in Costa Rica hat, spielt das Unternehmen gern herunter. Der defizitäre Staat der kleinen zentralamerikanischen Demokratie hängt am Tropf des amerikanischen Konzerns.

Das Medikament heißt Pentium und ist der meistverkaufte Chip auf diesem Planeten. Intel beherrscht 85 Prozent des Chipmarktes für Personalcomputer.

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