Ausbau des AKW Mochovce von Höchstgericht gestoppt

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Greenpeace: Bauarbeiten an neuen Reaktoren müssen eingestellt werden - Wiens Stadträtin Sima begrüßt Urteil

Bratislava/Wien - Das slowakische Höchstgericht hat eine Genehmigung aufgehoben, die vor vier Jahren den Ausbau des Atomkraftwerks Mochovce um den dritten und vierten Reaktor ermöglichte. Das berichtete die Nachrichtenagentur TASR am Mittwoch. Die Entscheidung ist endgültig und kann nicht mehr angefochten werden.

Eine Reaktion der slowakischen Atomaufsichtsbehörde UJD gab es zunächst nicht. Nach dem Urteil wird die Behörde jedoch nun einen völlig neuen Zulassungsprozess starten müssen. Zudem wurde eine neue Umweltverträglichkeitsprüfung angeordnet, hieß es.

Greenpeace klagte Slowakei

Weil die Atomaufsicht die Umweltorganisation Greenpeace vom Bewilligungsprozess ausgeschlossen hatte, hatte diese die Slowakei geklagt. Das zuständige Kreisgericht in Bratislava hatte die Greenpeace-Klage abgewiesen, das Höchstgericht gab aber den Umweltschützern recht und hob auch das ursprüngliche Urteil als rechtswidrig auf.

Mit dem Höchstgerichtsurteil verlieren die teilstaatlichen Slowakischen Stromwerke (SE), mehrheitlich im Besitz des italienischen Energiekonzerns Enel, einen Genehmigungsbescheid mit Schlüsselbedeutung, erklärte der slowakische Greenpeace-Direktor Juraj Rizmann.

Praktisch bedeutet das laut Rizmann, dass die Bauarbeiten am dritten und vierten Block von Mochovce "umgehend eingestellt werden müssen". Auch Greenpeace Österreich sah in dem Höchstgerichtsurteil ein deutliches Signal an den Investor von Mochovce. Die österreichische Bundesregierung müsse darauf bestehen, dass das Urteil exakt umgesetzt werde, forderte die Atomsprecherin von Greenpeace Österreich, Julia Kerschbaumsteiner. Ziel sei weiterhin, die Fertigstellung zu verhindern.

Laut der Umweltschutzorganisation weisen auch die Reaktoren 1 und 2 massive Mängel auf. Das gesamte AKW sei zudem auf potenziellem Erdbebengebiet gebaut worden. "Fukushima zeigt, welche Auswirkungen die Kombination aus unkalkulierbaren Umwelteinflüssen und technischen Mängeln hat", so Kerschbaumsteiner.

Sima: "Ohrfeige für Atomlobby"

Wiens Umweltstadträtin Ulli Sima (SPÖ) begrüßte das Urteil. Spät, aber doch bekämen die Mochovce-Betreiber nun "die Rechnung für ihr überhebliches und ignorantes Verhalten präsentiert", da diese "mit einer Uralt-Genehmigung und ohne Beteiligung der Öffentlichkeit" den Reaktor unweit der Grenze weiterbauen hätten wollen. Es sei eine "deutliche Ohrfeige für die Atomlobby, die all die Warnungen und Bedenken in den Wind geschlagen hat".

BZÖ-Sprecher Rainer Widmann bezeichnete das Urteil als sehr erfreulich, bedauerte aber, dass die Regierung in den vergangenen zwei Jahren kein Vertragsverletzungsverfahren gegen das UVP-Verfahren eingeleitet habe.

Genehmigung von 1986

Die ursprüngliche Baugenehmigung für Block 3 und 4 in Mochovce wurde noch 1986 erteilt, Anfang der 90er-Jahre wurden aber die Bauarbeiten eingestellt. Die Baugenehmigung wurde anschließend mehrmals verlängert, ab 2008 wurde auf der Grundlage des Genehmigungsbescheids des UJD die Fertigstellung des Atomkraftwerks erneut eingeleitet. Nach einer Berufung von Greenpeace bestätigte die Atomaufsicht den Bescheid 2009, Greenpeace klagte vor Gericht.

Der Bau der zwei neuen Reaktoren sorgt seit Jahren auch für Spannungen zwischen Enel und der slowakischen Regierung. Die vorgesehenen Baukosten sind inzwischen von 1,8 Milliarden auf 3,8 Milliarden Euro gestiegen, was Enel mit erhöhten Sicherheitsauflagen begründet. Statt wie geplant 2012 und 2013 sollten die Reaktoren voraussichtlich erst 2014 und 2015 ans Netz gehen, in der Bauphase muss der Staat auf Dividendenauszahlungen aus den Stromwerken verzichten. Das aktuelle Urteil des Höchstgerichts könnte nun eine weitere Verschiebung bedeuten. (APA/red, derStandard.at, 21.8.2013)

  • Der Ausbau des AKW Mochovce wurde nun durch ein Urteil gestoppt.
    foto: apa/milenko badzic

    Der Ausbau des AKW Mochovce wurde nun durch ein Urteil gestoppt.

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