Das Weltraumteleskop Herschel der Weltraumbehörde ESA, welches am 14. Mai 2009 gestartet wurde, besitzt mit seinem 3,5-Meter Spiegel den größten Spiegel in einem Stück, der je für Weltraumteleskope hergestellt wurde. Es wurde nach Friedrich William Herschel, einem bedeutenden Astronomen und Physiker, benannt. William Herschel (1738-1822) gilt als der Entdecker der unsichtbaren Wärmestrahlung.

Einsatzbereiche des Weltraumteleskops Herschel

Die wichtigste Aufgabe des Herschel- Teleskops ist das Beobachten des Weltraums im Infrarotspektrum. Hiervon erhofft man sich eine genauere Analyse aus der Entstehungsphase von Galaxien in der frühesten Jugend des Universums (und ihre weitere Entwicklung).

Neue Erkenntnisse der Molekülchemie des Weltraums werden genauso erwartet wie die Klärung von Fragen bezüglich der Chemie der Atmosphären von Kometen, Planeten und ihren Monden. Das Licht aus jenen vielen Milliarden Jahren entfernten Sternsystemen ist durch die Expansion des Universums stark zum roten Ende des Farbspektrums, also zu größeren Wellenlängen hin, verschoben. Diese Wellenlängen würden von herkömmlichen Teleskopen nicht genau genug bzw. kaum erfasst werden können. Daher ist das Herschel- Weltraumteleskop ein viel versprechendes Instrument der modernen Astrophysik.

Herschels raffinierte Energieversorgung

Der 3,3 Tonnen-Gigant wurde gegen 13 Uhr am 14. Mai 2009 von einer Ariane-5-Rakete ins Weltall gestartet. Nach wenigen Monaten erreichte er antriebslos den Lagrange-Punkt L2 (nach dem Physiker Joseph Louis Lagrange benannt).

Lagrangepunkte (auch Libartionspunkte genannt) sind Punkte im Weltraum, an welchen es zu einer Aufhebung von Gravitationskräften und Zentrifugalkraft zwischen zwei sich umkreisenden Himmelskörpern und einem dritten Himmelskörper mit deutlich geringer Masse kommt. Dies bedeutet konkret für Herschel, dass es sich im Punkt L2 (1,5 Millionen Kilometer von der Sonne aus gesehen hinter der Erde) ohne Einwirkung der Gravitation von Sonne und Erde kräftefrei in einer Umlaufbahn um die Sonne befindet - und dies ohne Treibstoff zu benötigen! Dies ist eine ideale Lösung für die Energieversorgung von Weltraumteleskopen.

Zudem sogt die Entfernung zur Sonne und Erde dafür, dass Herschels Detektoren nicht durch ihre Wärmestrahlung beeinträchtigt werden, was für die Qualität und Genauigkeit der Messungen maßgeblich ist.

Genauigkeit durch Abschirmung und Kühlung

Ein Strahlungsschild ist einseitig auf Herschel angebracht um die Wärmestrahlung von Erde und Sonne abzuschirmen. Dies erlaubt eine Abkühlung des Teleskopsspiegels auf etwa -193 Grad.

Ein drei-Meter-Kryostat mit flüssigen Helium-3 hält zudem die Messinstrumente kühl. Genauer genommen wäre jedoch das Wort "frostig" eher geeignet um die Temperatur zu charakterisieren: Herschels Detektoren sind in einem Kryostat bei 0,3 Grad über den absoluten Nullpunkt untergebracht worden.

Die Dauer der Herschel-Beobachtungen im Punkt L2 hängt direkt mit der Menge des Kühlmittels zusammen. Ist das Helium aufgebraucht, ist Herschel nicht mehr funktionsfähig. Es wird eine Beobachtungsdauer zwischen drei bis fünf Jahren prognostiziert.

Herschels Messinstrumente

Drei Instrumente ermöglichen die Registrierung von Wellenlängen im Bereich zwischen 60 und 670 Mikrometern. Strahlungen dieses Bereiches werden meist von Körpern bei einer Temperatur zwischen -268 und -223 Grad emittiert.

- PACS

Der Photodetector Array Camera and Spectrometer ist für die kürzeren energiereicheren Wellenlängen von 60 bis 120 Mikrometer zuständig. Hierbei handelt es sich um das ferne Infrarot.

PACS besteht aus einer Farbkamera und einem Spektrometer, die Informationen über junge Sterne und Galaxien liefern sollen. Bei der "Sternengeburt" werden viele gasförmige und staubähnliche Substanzen benötigt. Diese absborbieren jedoch das sichtbare und ultraviolette Licht der neu entstandenen Sterne. Zusammen mit dem Effekt der Rotverschiebung sorgt dies wiederum nun dafür, dass der warme Staub junger Spiralnebel überwiegend im fernen Infrarotbereich strahlt.

- SPIRE

Der Spectral and Photometric Imaging Reciever verfügt ebenfalls über einen Spektrometer und eine Kamera. Hiermit werden allerdings Wellenlängen zwischen ca. 200 und 670 Mikrometern detektiert. Dieser Spektralbereich wurde bislang kaum erforscht. Er umfasst die Strahlung von sehr leuchtstarken und stark rotverschobenen Galaxien.

- HIFI

Das Heterodyne Instrument for the far Infrared misst Wellenlängen zwischen 150 und 600 Mikrometern und überlappt sich daher mit den Messbereichen von PACS und SPIRE. HIFI funktioniert mit einer viel höheren spektralen Auflösung als die anderen beiden Instrumente und bietet sehr viel zusätzliches Informationsmaterial über die Atmosphäre ferner Planeten - speziell über eventuelle Wasservorkommnisse - und über den Aufbau von Kometen.

Einige Wochen nach HIFIs ersten Beobachtungen erfolgte eine längere Pause von ca. 160 Tagen aufgrund eines unerwarteten technischen Defekts. Ein Expertenteam von Ingenieuren konnte diesen Defekt allerdings mittlerweile beheben und Herschel ist nun erneut voll funktionstüchtig.

Es sind weiterhin viele neue spannende Erkenntnisse über das junge Universum und die Entwicklung von Galaxien sowie über Wasservorkomnisse in Sternenformationen zu erwarten...

Quellen:

Offizielle Homepage der European Space Agency (ESA)

Bambeck, Thorsten: "Das eiskalte Riesenauge", in "Sterne und Weltraum" (2007), S. 9-12.

Lemke, Dietrich: "Das Weltraumteleskop Herschel vor dem Start", in "Sterne und Weltraum" (2007), S. 26-32.