Übersicht über die Situation im Donbass aus Vogelflughöhe: Januar 2015

Übersetzung von Обзор ситуации на Донбассе с высоты птичьего полета. Январь 2015 (Autor yurasumy)


Einige Monate lang gab es solche Übersichten nicht mehr wegen des Fehlens aktiver Handlungen an der Front. Der Januar 2015 wurde zum Wecken aus langem Schlaf, der in erster Linie durch die Unmöglichkeit für beide Seiten, im Ergebnis der Sommer-Kampagne ihre Ziele mit Gewalt zu erreichen. Die ukrainische Armee (UA) konnte es nicht mehr, die neurussische Armee (NA) konnte es noch nicht – die militärische Lösung der Ukrainekrise zu eigenen Gunsten.

Militärreform

In erster Linie begannen beide Seiten ihre bewaffneten Kräfte zu reformieren, weil zum Ende der aktiven Phase der Kampfhandlungen im September offensichtlich war, dass das bestehende System ihres Aufbaus nicht optimal war und nicht den Aufgaben entsprach, die sie zu lösen hatten.

NA

Faktisch stellten im September die Hauptmasse der bewaffneten Kräfte Neurusslands “Milizionäre” dar, denen es gelungen war, einige Mengen an Kriegstechnik von der UA zu erobern, und auch so einiges “erworben” hatten aus dem Osten. Das Hauptproblem war der lokale Charakter. Die Teile hatten sich nach den Ortschaften gebildet, nahmen ein Gebiet unter ihre Kontrolle und “Versorgung”. Diese Abteilungen bewährten sich gut bei der Verteidigung, aber sie waren ungeeignet für Angriffsoperationen, was die Kämpfe in DVR und LVR gezeigt hatten. Alle erfolgreichen Angriffsoperationen wurden nicht von medienberühmten Feldkommandeuren und ihren Abteilungen abgesichert, sondern von unbekannten (in der Welt) Teilen. Zwei-drei motorisierte Schützenbrigaden, die die Formierung und Ausbildung im Sommer durchgeführt hatten, wurden Muster der zukünftigen Armee von Neurussland. Nach ihrem Vorbild wurde die “Miliz” umgebaut. Alle Ärgernisse dieses Prozesses will ich nicht wiederholen (seinerzeit wurde zu diesem Thema genug gesagt). Im Endeffekt wurde die “Machnowtschina” in der DVR besiegt und in der LVR stark geschwächt. Zu Beginn von 2015 bestand die NA aus 12-15 nummerierten motorisierten Schützenbrigaden von 1.5-1.8 tausend Leuten.

UA

In den August- und Septemberkämpfen hat die UA (ukrainischen Armee) erhebliche Verluste an Menschen und Technik erlitten. Viele Brigaden waren zerschlagen worden und waren faktisch kampfunfähig. Die dritte Welle der Mobilisierung war faktisch gescheitert und die Armeeführung ließ sich auf Reformen ein. In der Armee gab es 32 Bataillone der Territorialverteidigung, die sich vor allem aus Freiwilligen und den Maidan-Hundertschaften zusammensetzten. Aber sie hatten faktisch keine schwere Technik. In der UA gab es Technik (nach Reparaturen), aber es fehlten die Leute. Für eine schnelle Komplektierung der mechanisierten und Panzerbrigaden wurde der Beschluss gefasst, einen Teil der Territorialbataillone in Brigaden der UA einzugliedern. Bis zu 15-17 Bataillone wurden so “verbraucht”. Aus dem Rest wurde beschlossen, “leichte Teile” zu schaffen – mechanisierte Infantriebataillone (bis jetzt sind DREI aufgeflogen), Luftlande (bis jetzt EINE + EINE wird formiert), Artilleriebrigade. Auf diese Art hat die UA zum Wiederbeginn der Kampfhandlungen faktisch ihre Sollstärke wiederhergestellt und 5 neue Teile vom Brigadetyp geschaffen. Aber in der Armee, als Folge der Verluste in der Sommerkampagne, sind schwache Punkte entstanden: Offiziere und Technik. Ein Großteil der Kaderoffiziere war in der Sommerkampagne verlorengegangen. Weiterhin nahmen in den neuen Teilen die Führungspositionen Offiziere der Reserve ein, die ihrem Rang nicht entsprachen. Mit der technischen Ausrüstung (relativ zum Sommer) sieht die Lage deutlich schlechter aus. Ein Großteil der Technik, mit der die UA in den Krieg zog, ist entweder verlorengegangen oder beschädigt. Vollständig wiederherzustellen war ihre Kampfkraft aus einer Reihe von Gründen nicht mehr. Technik aus der dritten Reihe ist, dem Wesen nach, nicht kampffähig. Und mit dieser Belastung trat die UA in die Winterkampagne ein.

Politische Veränderungen

Wichtige Veränderungen geschahen an der politischen Front. In der LDVR fanden Wahlen statt, was die Macht in den Augen der Bevölkerung Neurusslands legitimierte, was es Moskau gestattete, eine harte Vertikale an den Orten zu errichten. Die Wahlen, die in derselben Zeit die Zusammensetzung des Kiewer Parlaments entschieden, konnten die faktische Doppelherrschaft nicht beenden. Weder die Partei des “Friedens” von Poroschenko noch die Partei des “Krieges” von Jazenjuk konnten die Kontrolle über das Parlament erlangen. Den ganzen Rest des Herbstes und den Winter über wuchs die Krise an, und wurde nach den ersten Niederlagen an der Front zu einer Konfrontation. Die zweite Hälfte des Januar ist eine Zeit, in der beide Parteien sich fast schon offen auf eine Auseinandersetzung vorbereiten, indem sie sich gegenseitig an allen Niederlagen an der Front und im Hinterland die Schuld zuschieben. Sehr wahrscheinlich wird die Auseinandersetzung im Februar stattfinden, was das Ende der jetzigen Zusammensetzung des Kiewer Regimes werden kann.

Negative Veränderungen gab es für die Junta auch in der internationalen Arena. Die einheitliche antirussische Front begann zu bröckeln. Die Versuche, die Grenzen Russlands anzuzünden (Aserbaidshan, Armenien) sind gescheitert. Europa, welches in eine Rezession geriet, handelte immer häufiger nicht zusammen mit den USA. Die letzten Wahlen in Griechenland wurden für die EU sogar zu einem Schock. Jetzt ist das Hauptproblem für Europa nicht mehr die Ukraine, sondern das der Einheit der EU. Auf diese Art wurde die Ukraine zu einer zweitrangigen Frage, welche sich außerdem negativ auf die Ökonomie auswirkt.

In der zweiten Januarhälfte hat die neue Position der USA die Anhänger des Maidan völlig niedergeschmettert. Es sah nach einem offenen Verrat der “Revolution der Würde” und gleichzeitig auch der Revolutionäre aus. Der Hauptgrund dieser resoluten Wende der USA war die Unfähigkeit der Junta, die Korruption einzuschränken, und ihr eigener Appetit.

Ökonomische Situation

Ukraine

Mit der Ökonomie der Ukraine ist alles sehr schlecht. Jeden Monat des haltlosen Niedergangs der Ökonomie des Staates schwächt die Positionen der Junta im Land mehr und mehr. Wenn man ihnen im Sommer alles verziehen hat (wenn das nur bald aufhört), hat der Herbst gezeigt, wie ökonomisch wackelig die Lage des Kiewer Regimes ist. Die schnelle Verschlechterung des Lebensstandards eines großen Teils der Bevölkerung hat zu den ersten sozialen Aktionen geführt.

Die Unmöglichkeit für das offizielle Kiew, die Alltagsprobleme der Bewohner zu lösen, hat die Protestbewegung vergrößert und organisiert. Die reihenweisen Abschaltungen des Lichts wurden zu einer echten Herausforderung für die Machthaber.

Die Schließung von Betrieben, der Übergang ihrer Arbeit auf Kurzarbeit wurde zu einer wahren Plage für die Ukraine. Im Januar schlossen auch Flagschiffe der ukrainischen Industrie (zum Beispiel Jushmasch). Arbeitslosigkeit und Nichtauszahlung der Löhne im Staatssektor und die Erhöhung der Kommunalausgaben um ein mehrfaches haben in der Gesellschaft eine explosive Situation geschaffen. Und nun hat auch noch die STAATSPLEITE um die Ecke geschaut und kommt mit soliden Schritten näher.

Man kann der Bevölkerung und der Welt Märchen darüber erzählen, dass alles Folge des Krieges ist, aber ich denke, dass das ökonomische Hauptproblem der Krise in der Ukraine der Geiz und die Dummheit der Junta sind. Das absolute Fehlen jeder Haushaltsdisziplin und der patologische Geiz ihrer Mitglieder führten dazu, dass die Ukraine im Dezember mit der Geschwindigkeit von 3.16 Mrd. Grivna pro Tag verarmte.

Insgesamt ist alles sehr schlecht und in Zukunft wird es nur noch schlimmer.

Neurussland

Hier ist alles noch schlimmer (erstmal). Weil der Donbass die Kampfzone ist. Es stimmt, im Dezember-Januar zeigten sich positive Tendenzen in Hinsicht auf den Beginn der Auszahlung von Renten und Gehältern für Staatsangestellte. “Graue Schemata” der Lieferung von Kohle an die Ukraine gestatteten es, die Schächte wieder mit Arbeit zu versorgen und den Druck auf den Arbeitslohn der Bergleute zu nehmen. Und, endlich, die Zahlung von Geld an die Kämpfer der NA gestattete es vielen Familien von Milizionären eine relativ erträgliche Existenz zu fristen (soweit das im Krieg möglich ist).

Insgesamt – immer noch schlimmer als in der Ukraine, aber es gibt Hoffnung und positive Tendenzen (wenn bloß noch die Beschüsse aufhören würden).

Die Situation an der Front

Wie auch immer, die Zukunft der Ukraine und des Donbass wird an der Front entschieden (daran kann man nichts ändern). Wenn es unmöglich ist, politische und ökonomische Probleme im Frieden zu lösen, dann beginnen Kriege. So auch der Krieg im Donbass. Der Friedensprozess Minsk-Astana wurde mit leichter Hand von der USA und der ukrainischen Kriegspartei beendet. Die Unmöglichkeit, aus dieser Sackgasse, in die sich die ukrainische Oligarchenmacht hineinmanövriert hat, einen Ausweg zu finden, zwang sie dazu, wieder zu militärischen Handlungen überzugehen.

Der Krieg fing zu Weihnachten [orthodoxe Weihnacht 7. Januar, d.Ü.] wieder an (wie üblich an einem großen Kirchenfeiertag). Die Junta hat sich auf den Krieg vorbereitet und ihn sogar angefangen, aber erwies sich als unvorbereitet. Sehr oft ist das Zählen von Bajonetten und Panzerfahrzeugen irreführend. Auf dem Papier 232 tausend Soldaten, aber für die wichtigste Angriffsoperation kann man gerade mal mit aller Macht 500 Leute zusammenkratzen (Donezker Flughafen).

Schon diese Episode zeigt den Grad des Zerfalls, den die UA in der Zeit des Waffenstillstands erlitten hat. Man kann Teile mit Leuten und Waffen komplektieren, aber ihnen Kampfgeist und Glauben an den Sieg geben, wenn sie nicht da sind und nirgends zu holen sind, ist unmöglich. Auf dem Papier haben Sie 232 tausend Soldaten und tausende Einheiten von Kampftechnik, der größte Teil von denen kampfunfähig ist. Und das bedeutet, dass nicht der Fakt der Niederlage der UA in den Januarkämpfen verwunderlich ist, sondern die Zahnlosigkeit dieser Kriegsmaschine, die noch im Sommer recht schrecklich war. Faktisch konnten 2 taktische Bataillonsgruppen der NA unter erdrückender Unterstützung der Artillerie und von Milizeinheiten nicht nur der um ein mehrfaches größeren Gruppierung in Debalzewo einen Kampf aufzwingen, sondern sie faktisch ausbluten. Nach Einnahme von Schlüsselhöhen ist das Schicksal der Debalzewo-Gruppierung schon im Voraus entschieden. Aber das passiert schon im Februar, wie auch vieles andere.

Schlussfolgerungen

Russland hat fest die Initiative in der ukrainischen Konfrontation mit den USA in seine Hände genommen. Versuche, im Januar das Problem zu lösen mit Terrorakten auf Wohnviertel und Autobusse mit dem Ziel, eine einige antirussische Front wiederherzustellen, sind gescheitert. Und friedliche Wege der Stabilisierung der Situation, auf die Kiew heute hofft, hatte es selbst verbaut mit dem Beginn der barbarischen Bombardierungen friedlicher Städte des Donbass. Schon im Herbst war der Weg der Junta vorausbestimmt (ich habe dieser Frage große Aufmerksamkeit gewidmet). Und augenblicklich geht sie diesen Weg weiter. In die Nichtexistenz.