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Wunschlos glücklich

04.07.2008 | 19:45 Uhr

Schauspieler Werner Strenger blickt weit mehr als zufrieden auf seine erste Saison am Essener Theater zurück. Da trifft Leidenschaftlichkeit auf Leidenschaftlichkeit

Werner Strenger, der zuletzt den Patriarchen Orgon in "Tartuffe" auf der Grillo-Bühne gestaltete, widmet sich neben dem Theater in erster Linie seiner Familie. Foto: WAZ, Walter Buchholz

Theater. Familie. "Dazwischen gibt es nichts, daneben wenig", sagt Werner Strenger. Dem seit 2007 in Essen fest engagierten Schauspieler bleibt nicht viel Zeit. In vier Rollen war der Österreicher bisher zu sehen. Darunter seine Interpretation des Orgon in "Tartuffe", für die er bei der Premiere gefeiert wurde. Zum Auftakt der neuen Spielzeit wird er Agamemnon in der "Orestie" verkörpern.

Die Familie war immer wichtig in seinem Leben. In einem Drei-Generationen-Haushalt ist Werner Strenger groß geworden, gleich gegenüber dem Schauspielhaus in Graz. Der Großvater väterlicherseits - wie Vater und Bruder ein Arzt - war für ihn prägend. "Er hatte etwas Stilles, Gerades. Er gewährte mir Einblick in sein Leben und klammerte auch den Nationalsozialismus nicht aus", erzählt der 38-Jährige, der eigentlich kein Familienmitglied hervorheben will, weil er doch allen dankbar ist. Für die gelebte Geschichte, den gelebten Glauben ebenso wie für die Maximen "sich an dem zu erfreuen, was die Natur uns gibt" und "zu dem zu stehen, was ist".

Das Theater, das er vom Kinderzimmerfenster im Blick hatte, besuchte er schon früh. Mit fünf sah er "Tischlein deck dich", mit acht oder neun "Minna von Barnhelm". Ein Jahr nach dem Abitur kam er auf die Idee, Schauspieler zu werden. Er studierte gerade Geschichte und Klassische Philologie, um Grundsätzliches über den Menschen zu erfahren, und erkannte, dass sein Zugang das Theater ist. "Beim Theaterspielen ging es mir nie darum, mich zu verstellen oder etwas zu behaupten, sondern spielerisch etwas zu begreifen", betont Strenger.

Nach dem Schauspielstudium in seiner Heimatstadt wurde er in Innsbruck verpflichtet. Dort lernte er seinen späteren Moerser Intendanten Ulrich Greb kennen. "Zu ihm hatte ich das innigste künstlerische Verhältnis", so Strenger, der auch sieben Jahre am Deutschen Theater in Göttingen auf der Bühne stand. Den Oger spielte er, den Hamlet, den Tartuffe, dem Woyzeck begegnete er zweimal.

Als seine Möglichkeiten am Niederrhein ausgereizt waren, kündigte er und bewarb sich für Gastrollen an sechs Theatern, unter anderen am Essener. Intendant Anselm Weber nahm ihn sofort fest unter Vertrag. Werner Strenger ist weit mehr als zufrieden. "Alles, was man hier zu sehen bekommt, wird mit einer Leidenschaftlichkeit betrieben", stellt der Schauspieler fest. "Man trifft auf gute Partner und junge Regisseure, die sich an vielen guten Adressen behaupten."

Er spielt, was ihm angeboten wird, sieht in jeder Rolle die Herausforderung. "Die Größe ist für mich keine Kategorie", betont er. Mit seiner eigenen Leidenschaftlichkeit gestaltete er den Räuberhauptmann in "Ronja Räubertochter" ebenso wie den Mitch in "Endstation Sehnsucht", den Saturnin in "Anatomie Titus Fall of Rome" und den Orgon in "Tartuffe". Den Part hat er von einem erkrankten Kollegen übernommen und in nur zwölf Tagen den in den Grundfesten erschütterten Patriarchen erarbeitet. Eine beachtliche Leistung, um die er nicht viel Aufhebens macht.

Wie gesagt: Daneben bleibt wenig Zeit. Etwas für die Lehrtätigkeit an der Folkwang-Hochschule, etwas für das Lesen historiografischer Fachbücher und schöner Literatur und so viel wie möglich für Daniel (11), Johannes (8), Michael (5) und Ehefrau Bettina, seine "sicherste und nächste Begleiterin". "Die Zeit, die man zusammenlebt", sagt er, "ist ja begrenzt."

Von Dagmar Schwalm

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