Anwar al-Awlaki

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Anwar al-Awlaki im Oktober 2008

Anwar al-Awlaki (auch Aulaqi geschrieben; arabisch أنور العولقي, DMG Anwar al-ʿAwlaqī; * 22. April 1971 in Las Cruces, New Mexico, USA[1][2]; † 30. September 2011 in Jemen[3]) war ein islamistischer Extremist und Imam mit US-amerikanischer und jemenitischer Staatsbürgerschaft.

Man nimmt an, dass er als Anwerber für al-Qaida tätig war.[4] Anwar al-Awlaki wurde bei einem gezielten Luftangriff durch eine US-amerikanische Drohne, die von der CIA eingesetzt wurde, im nördlichen Jemen getötet.[3]

Leben und Aktivitäten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anwar Al-Awlaki wurde als Sohn wohlhabender jemenitischer Einwanderer in Las Cruces im US-amerikanischen Bundesstaat New Mexico geboren. 1978, als er sieben Jahre alt war, kehrte seine Familie wieder in den Jemen zurück.[5] In der Heimat seiner Eltern lebte er über 11 Jahre lang und besuchte dort auch die Schule, bevor er in die USA zurückkehrte. An der Colorado State University begann er 1991 ein Studium zum Bauingenieur, das er 1994 mit dem Bachelor abschloss. Im selben Jahr heiratete er eine Cousine aus dem Jemen und begann als Teilzeit-Prediger in Denver zu arbeiten. Von 1996 bis 2000 war er Imam einer Moschee im kalifornischen San Diego. Bereits im Jahr 1999 wurde er vom FBI aufgrund potenzieller Kontakte zur Hamas beobachtet, die aber nicht genügend Beweise für rechtliche Schritte fand[6]. Im Jahr 2000 machte Al-Awlaki eine Weltreise und kehrte im Januar 2001 zurück. Dort nahm er eine Stelle als Prediger in einer Moschee in Falls Church nahe Washington an.[7]

Von 2002 bis 2004 hielt sich Al-Awlaki in Großbritannien auf, wo er durch teilweise radikale Predigten auf sich aufmerksam machte. Anfang 2004 kehrte er schließlich in den Jemen zurück und ließ sich mit seiner Frau und seinen fünf Kindern in der Region Schabwa nieder. Von 2006 bis 2007 saß er dort in Haft, vermutlich auf Druck der Vereinigten Staaten[8], was zu seiner Radikalisierung beitrug.

Im März 2010 rief Anwar al-Awlaki zum Dschihad („Heiligen Krieg“) gegen die USA auf. „Nach der fortgesetzten Aggression gegen Muslime“ sei er dazu verpflichtet, sagte er. Den in den USA lebenden Muslimen warf er Opportunismus vor.[9]

Er forderte im Mai 2010 alle Muslime in den US-Streitkräften dazu auf, Kameraden zu töten, die auf dem Weg in den Irak oder nach Afghanistan seien. Als Vorbild nannte er den amerikanischen Offizier Nidal Malik Hasan, der 13 Angehörige der US-Armee bei dem Amoklauf in Fort Hood erschossen hatte.[10]

Im Juni 2010 gab er eine Fatwa zur Tötung von Molly Norris und anderen Cartoonisten heraus, unter anderem wegen der Beteiligung an Everybody Draw Mohammed Day. Auf Anraten des FBI tauchte Molly Norris daraufhin unter.[11]

Wegen seiner Aufrufe zum Töten von Ausländern im Jemen wurde er am 17. Januar 2011 in Abwesenheit zu zehn Jahren Haft verurteilt. Anlass war der Prozess gegen einen jemenitischen Sicherheitsmann, der wegen der Ermordung eines französischen Mitarbeiters eines Energieunternehmens zum Tode verurteilt worden war. Diesen Sicherheitsmann hatte Anwar al-Awlaki in monatelanger Korrespondenz ermutigt, Ausländer zu töten. Vorgeworfen wurde ihm außerdem, einer „bewaffneten Bande“ anzugehören. Ein Verwandter von ihm, Othman al Aulaqi, wurde wegen derselben Anklagepunkte zu acht Jahren Haft verurteilt[12][13].

Social Websites[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit einem eigenen Blog und eigener Facebook-Seite galt er als „Bin Laden des Internets“.[14] Berichten zufolge sollte er im Jahr 2009 innerhalb al-Qaidas in den Rang eines regionalen Befehlshabers aufgestiegen sein.[15]

Verfolgung und Tod[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im April 2010 wurde bekannt, dass al-Awlaki als erster US-Bürger seit 2001 auf eine CIA-Liste der meistgesuchten Extremisten gesetzt wurde, die zur Festnahme oder Tötung ausgeschrieben sind. In der Presse wurde die Freigabe zu einer gezielten Tötung eines US-Bürgers unter der Regierung Obama als „beispielloser Vorgang“ beschrieben.[16] Am 5. Mai 2011 scheiterte ein Versuch, ihn in einem abgelegenen Teil des Jemen mit einer Drohne der US Air Force zu eliminieren.[17]

Nasser al-Awlaki, der Vater von Anwar, versuchte mit einem Team von jemenitischen und US-amerikanischen Rechtsanwälten zu erreichen, dass ein Bundesgericht in den USA die gezielte Tötung seines Sohnes verbietet, da sie illegal sei und der Verfassung der Vereinigten Staaten widerspreche. Auch Anwar stehe ein fairer Prozess zu.[18]

Ende September 2011 wurde Anwar al-Awlaki nach einem Bericht des US-Militärs zusammen mit einem weiteren US-Bürger, Samir Khan, und zwei weiteren Personen bei einem Drohnenangriff im Jemen getötet.[19] Laut der Washington Post wurde der Angriff vom Justizministerium der Vereinigten Staaten autorisiert.[20] Al-Awlakis Aufenthaltsort wurde über einen Kurier identifiziert, der mit einem Agenten des dänischen Geheimdienstes Politiets Efterretningstjeneste in Kontakt stand.[21]

Zwei Wochen später wurde al-Awlakis 16-jähriger Sohn Abdulrahman al-Awlaki, der ebenfalls die US-Staatsbürgerschaft besaß, auf die gleiche Weise im Jemen getötet. Dabei starben auch acht unbeteiligte Zivilisten, Freunde, mit denen er gerade beim Abendessen saß.[22] Die USA brachten ihn nie mit al-Qaida-Aktivitäten in Verbindung.[23] Der US-amerikanische Journalist Jeremy Scahill erhob massive Vorwürfe gegen die Obama-Regierung im Zusammenhang mit der Drohnen-Tötung dieses 16-jährigen Jugendlichen, die er als schweres Verbrechen bezeichnete.[24]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Felisa Cardona: U.S. attorney defends dropping radical cleric's case in 2002 In: The Denver Post, 3. Dezember 2009 (englisch).
  2. Michelle Shephard: The powerful online voice of jihad. In: Toronto Star, 18. Oktober 2009 (englisch).
  3. a b Mark Mazzetti, Eric Schmitt, Robert F. Worth: Two-Year Manhunt Led to Killing of Awlaki in Yemen. In: The New York Times, 30. September 2011 (englisch).
  4. Muhammad ud-Deen: Al-Awlaki May Be Al Qaeda Recruiter. In: CBS News, 30. Dezember 2009 (englisch).
  5. Aamer Madhani: Cleric al-Awlaki dubbed 'bin Laden of the Internet In: USA Today, 30. September 2011 (englisch).
  6. Paul Sperry: Infiltration: How Muslim Spies and Subversives have Penetrated Washington. In: Google Books (englisch).
  7. „Täter kannte radikalen Imam“ In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10. November 2009.
  8. Scott Shane: Imam’s Path From Condemning Terror to Preaching Jihad. In: The New York Times, 8. Mai 2010 (englisch).
  9. Hass-Prediger ruft zum Dschihad gegen die USA auf. In: Die Welt, 18. März 2010.
  10. Prediger ruft Muslime zum Töten ihrer Kameraden auf. In: Spiegel Online, 23. Mai 2010.
  11. Mark D. Fefer: On the Advice of the FBI, Cartoonist Molly Norris Disappears From View (englisch) In: Seattle Weekly. 14. September 2010. Abgerufen am 13. Oktober 2011.
  12. Jemen: Anklage gegen radikalen islamischen Prediger im Jemen auf focus.de vom 2. November 2011
  13. Radikalislamischer Prediger Anwar al Aulaqi im Jemen verurteilt auf focus.de vom 17. Januar 2011
  14. Loveday Morris: "The anatomy of a suicide bomber." In: The National, 2. Januar 2010 (englisch).
  15. Sudarsan Raghavan, Michael D. Shear: U.S.-aided attack in Yemen thought to have killed Aulaqi, 2 al-Qaeda leaders. In: The Washington Post, 25. Dezember 2009 (englisch).
  16. Obama gibt terrorverdächtigen US-Bürger zur Tötung frei. In: Spiegel Online, 7. April 2010.
  17. Mark Mazzetti: Drone Strike in Yemen Was Aimed at Awlaki. In: The New York Times, 6. Mai 2011, abgerufen am 7. Mai 2011 (englisch).
  18. Yassin Musharbash: US-Gericht soll gezielte Tötung von Qaida-Kader verhindern. In: Spiegel Online, 27. August 2010.
  19. Christina Hebel: Jemen meldet Tod von Hassprediger Awlaki. In: Spiegel Online, 30. September 2011.
  20. Amerikanisches Justizministerium autorisierte Tötung Aulaqis. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 1. Oktober 2011, abgerufen am 3. Oktober 2011 (deutsch).
  21. Orla Borg, Carsten Ellegaard Christensen und Morten Pihl: The Double Agent Who Infiltrated Al Qaeda. In: The Daily Beast, 10. Februar 2013 (englisch).
  22. USA und Nato ermorden Muammar Gaddafi. In: World Socialist Web Site, 22. Oktober 2011.
  23. Verwandte amerikanischer Drohnen-Opfer erstatten Anzeige gegen den Staat Barry Grey, 20. Juli 2012
  24. Amerikas schmutzige Kriege: "Obama füttert die Bestie", n-tv.de, 24. Oktober 2013