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Veröffentlicht: 25.02.2017, 10:00 Uhr

Arco Madrid 2017 Vor allem Frische

Die Stimmung auf Spaniens Messe für zeitgenössische Kunst ist gut: Die Arco Madrid überzeugt in ihrer 36. Ausgabe mit einem neuen Konzept und Vielfältig in der Qualität.

von Clementine Kügler/Madrid
© Enrique Lejárraga Zwischen Comic und Abstraktem Expressionismus: „Pink Pentagon“ von Sue Williams aus dem Jahr 2013. Das 41 mal 51 Zentimeter große Ölbild auf Leinwand kostet bei der Galerie Maruani Mercier aus Brüssel 30 000 Euro.

Rund zehn Prozent weniger Galerien als in den vergangenen Jahren tun der aktuellen Messe für Gegenwartskunst in Madrid keinen Abbruch. Zweihundert Aussteller, davon 164 im Hauptprogramm und insgesamt 66Prozent aus dem Ausland, zeigen Malerei, Fotografie, Skulpturen und Installationen. Nach den 67 spanischen stehen die 23 deutschen Galerien, wie schon üblich, zahlenmäßig an zweiter Stelle. Zwölf Galerien aus Buenos Aires wurden im Rahmen des Gastlandauftritts Argentinien eingeladen.

Zur Eröffnung wandelten das spanische Königspaar und der argentinische Staatspräsident Mauricio Macri durch die Hallen; Macri will außerdem noch gern Lionel Messi treffen. Die spanische Brücke zum amerikanischen Halbkontinent wird von der Arco gepflegt. Außer den Argentiniern kommen 41 Galerien aus neun lateinamerikanischen Ländern hinzu. „Das macht eine Attraktivität aus, die schwer von anderen Messen zu überbieten ist“, freut sich der neue Direktor der Madrider Messegesellschaft, Clemente González Soler. Der Etat, den der Arco-Direktor Carlos Urroz verwaltet, liegt bei 4,5 Millionen Euro, von denen auch einiges in ein ausgedehntes Rahmenprogramm fließt. Dreihundert Sammler wurden eingeflogen. Zu den Foren kommen Kunstexperten aus aller Welt. Und so waren die großzügig angelegten Stände sofort gut besucht.

Einheitliche Mehrwertsteuer auf Kunst

In der Halle 7 empfangen die Galerien Helga de Alvear aus Madrid und Filomena Soares aus Lissabon die Besucher: ein Zeichen auch für die enge Zusammenarbeit, die im Mai mit der Arco Lisboa weitergeht. Bei Soares leuchtet ein grünes Epoxy-Gemälde von Peter Zimmermann aus dem Jahr 2015 kräftig hervor (60 000 Euro). Helga de Alvear konnte gleich zu Beginn zwei Werke verkaufen: Axel Hüttes großformatigen C-Print des „Irati“-Walds in den Pyrenäen von 2014 (Auflage 4; 33 000Euro) und „Bridges Dream“, eine Skulptur von Ana Prada aus dem Jahr 2014 (13 500 Euro). „Nachdem Spanien nun wieder eine Regierung hat, kommen auch wieder mehr Leute“, sagt Helga de Alvear, die mit ihren achtzig Jahren unverändert kämpferisch auftritt. Eine einheitliche Mehrwertsteuer auf Kunst in Europa wäre dringend nötig, findet sie außerdem.

44964983 Am Stand der Galerie Crone aus Berlin/ Wien: Clemens Krauss, „Selbstportrait als Kind“, 2017, Silikon, Farbe und Eigenhaar Maß variabel © EPA Bilderstrecke 

Viel Malerei ist vertreten, die erfolgreich als Blickfang funktioniert: Die Farbe dick aufgetragen hat Secundino Hernández auf einem seiner „Palettenbilder“ aus diesem Jahr: Am Gemeinschaftsstand von Bärbel Grässlin aus Frankfurt und Heinrich Ehrhardt aus Madrid ging das frische Werk in Blau und Weiß für 72 000 Euro sofort an einen deutschen Sammler. Bärbel Grässlin freut sich, auf der Arco zu sein. Was man spürt, sagt sie, sei zwar eine Zurückhaltung im hohen Preissegment, aber die Aussteller richten sich darauf ein. Von dieser Reserviertheit lässt sich die Madrider Galerie Elvira González nicht abschrecken: 1,55 Millionen Euro erwartet man dort für drei auf Stühlen sitzende Männer von Juan Muñoz, die von der Kojenwand auf die Besucher herunterlachen. Ein hellblaues, zwei mal drei Meter großes Format von Miquel Barceló mit Tierköpfen, „Perfils parietats“ von 2013, soll 400 000 Euro kosten. Erschwinglicher sind Werke des 1980 in Alcalá de Henares geborenen Guillermo Mora, zu haben bei der Galerie Moisés Pérez de Albéniz aus Madrid: Das Doppelpaket aus Acrylfarbe auf dem Drehhocker von 2016 mit dem Titel „Mitad tú, mitad yo (Pepa)“ ist mit 7500 Euro beziffert, vier Arbeiten in Acryl auf Papier, „Más aire (I)“ von 2017, zusammen mit 13 500 Euro.

In der „Opening“-Sektion zeigt die Galería Alegría aus Madrid dunkle Bilder von Wolfgang Voegele (6500 Euro) und Sandsteinfiguren von Stefan Rinck (5000 bis 22 000 Euro). An „Opening“ nehmen achtzehn Galerien teil, höchstens sieben Jahre dürfen sie im Geschäft sein – Frische heißt hier das Gebot. Die frühere Sektion „Solo Projects“ wird diesmal durch Dialoge ersetzt; je zwei Künstler treten da in Beziehung zueinander. Zwölf Galerien stellen ihre Künstler vor. Die Galerie Alexander and Bonin aus New York lässt den Kubaner Diango Hernández mit Wellenskulpturen und -bildern und den argentinischen Kunstveteran Víctor Grippo aufeinander los. Peter Kilchmann aus Zürich stellt die Mexikanerin Teresa Margolles, Gerichtsmedizinerin und Künstlerin, mit verwitterten Porträts verschwundener Frauen in Ciudad Juárez (30 Farbfotografien, 2016) den unbeschriebenen Blättern des Argentiniers Jorge Macchi, „Shy“ von 2008, gegenüber.

Grüne Landzungen, Fjorde und Eismeer

Die Galerie Leme aus São Paulo hat die hochformatige Lichtskulptur „GlowstickI“ von 2016 des Schotten David Batchelor im Angebot (55 000 Dollar). Bei Aural aus Alicante sind Werke der brasilianischen Konzeptkünstlerin Anna Bella Geiger und des Argentiniers Máximo González zu sehen. Gonzalez’ Installation „Partitura“ besteht aus vierzehn Notenständern und Tabletts statt Partituren (39 000 Euro). Kinetische Kunst ist, dank Argentinien, überhaupt gut vertreten. Die Galerie Denise René aus Paris hat Julio le Parc mit einer sich krümmenden Metallschlaufe von 1967 dabei, und Avantgardekunst bringt der Madrider Galerist Guillermo de Osma mit, darunter eine kubistische Komposition von María Blanchard aus diesem Jahr. Die Galerie Hauser & Wirth hat einen großen, blutroten Kasten von Louise Bourgeois an ihrem Stand, „La Maladie de l’Amour“ von 2008 (750 000 Dollar). Zum ersten Mal nimmt Maruani Mercier aus Brüssel teil, mit dem kleinen rosafarbenen Querformat „Pink Pentagon“ von Sue Williams (30 000 Euro).

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Ein Foto – wie ein Bild: Bei der Galerie von Juana de Aizpuru, der Gründerin der Arco, hat die Stiftung Cristina Masaveu „Helsinki“ von Wolfgang Tillmans erworben. Das Unikat von 2002 im Holzrahmen lässt an grüne Landzungen, Fjorde und Eismeer denken. Eine spezielle Koje hat auch Christopher Grimes aus Santa Monica: Dort stellt der in San Francisco lebende Deutsch-Japaner Kota Ezawa sein eigenes Museum berühmter geraubter Bilder zusammen; die Lichtkästen von 2016 kosten 10 000 bis 12 000 Euro. Manche der Werke, wie Munchs „Schrei“, wurden wiedergefunden, andere sind bis heute vermisst.

Arco Madrid. Messe Madrid, noch bis Sonntag, den 26.Februar, täglich von 12 bis 20 Uhr. Eintritt am Samstag 40 Euro, am Sonntag 30 Euro.

Katalog 40 Euro.

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