Herpes Zoster

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Klassifikation nach ICD-10
B02 Herpes Zoster
ICD-10 online (WHO-Version 2016)
Gürtelrose (Herpes Zoster)
Gürtelrose am Hals entlang des C3 mit Schmerzen hinter dem rechten Ohr

Herpes Zoster, auch kurz Zoster,[1][2] umgangssprachlich Gürtelrose, manchmal auch Kopfrose[3] oder Gesichtsrose genannt, ist eine Viruserkrankung, die hauptsächlich durch einen schmerzhaften, streifenförmigen Hautausschlag mit Blasen auf einer Körperseite in Erscheinung tritt. Der Ausschlag entsteht durch das Übergreifen einer Entzündung von einem Nerv (z. B. eines Ganglions) auf das umliegende Dermatom.

Die Krankheit wird durch das zur Familie der Herpesviren gehörende Varizella-Zoster-Virus (VZV) ausgelöst. Sie tritt meist bei älteren Menschen oder solchen mit geschwächtem Immunsystem (durch Stress, infolge anderer Erkrankungen wie beispielsweise bei AIDS oder durch eine spezielle Therapie) auf. Das Virus wird häufig bereits in der Kindheit übertragen und verursacht nach der Infektion die Windpocken. Ein Herpes Zoster ist immer eine endogene Reaktivierung einer früheren VZV-Infektion (Erregerpersistenz).

Etymologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der volkstümliche deutsche Ausdruck Gürtelrose entstand, weil sich der rötliche Ausschlag bei besonders ausgeprägten Erscheinungsformen von der Wirbelsäule ausgehend halbseitig oder ganz gürtelförmig um den Körper schlingt und dort eine Wundrose hervorruft.[4] Der Sammelbegriff Wundrose ist ein altertümlicher Ausdruck für eine akute, lokal begrenzte Hautentzündung, der oft undifferenziert für verschiedene Krankheitsbilder unterschiedlicher Ursachen verwendet wurde.

Die Bezeichnung Herpes Zoster leitet sich ab von griechisch ζωστήρ zoster (‚Gürtel‘ in Bezug auf den „gürtelartigen“ Verlauf erstmals bei Plinius d. Ä.[5]). Vergleiche auch griechisch ἕρπειν herpein, deutsch ‚kriechen‘.

Der englische Begriff für den Herpes Zoster, Shingles, wiederum ist dem lateinischen cingulum für ‚Gürtel‘ entlehnt.

Alte Bezeichnungen sind unter anderem „(zona ignea) Feuergürtel“, in Frankreich und England auch Zone bzw. Zona, und der ansonsten für den Ergotismus verwendete Begriff Ignis sacer (‚Heiliges Feuer‘).[6]

Häufig werden die verkürzten Fachbegriffe Zoster (für Herpes Zoster, ausgelöst durch das Varizella-Zoster-Virus (VZV)) und Herpes (für Herpes simplex, eine durch Herpes-simplex-Viren hervorgerufene Erkrankung) verwechselt, obwohl es sich um zwei verschiedene Erkrankungen handelt, die sich im Erreger und insbesondere in den Folgeerkrankungen deutlich unterscheiden.

Epidemiologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Deutschland erkranken jährlich etwa 350.000 bis 400.000 Menschen an einem Herpes Zoster, rund 2/3 davon sind über 50 Jahre. Die jüngste Studie für Deutschland hat gezeigt, dass jährlich mehr als 306.000 Menschen über dem 50. Lebensjahr an Herpes Zoster erkranken. Daraus resultiert eine Inzidenz von 9,6 pro 1000 Personen pro Jahr.[7]

Da bis zum vollendeten 40. Lebensjahr rund 98 % der Bevölkerung mit dem Varizella-Zoster-Virus meist entweder klinisch manifest in Form der Windpocken oder in Form einer stillen Feiung Kontakt hatten, sind nahezu alle Menschen gefährdet. Rund 25 bis 30 % der Bevölkerung erleiden im Laufe ihres Lebens einen Zoster. Bei den 85-Jährigen haben bereits 50 % eine Erkrankung durchlebt.

Erreger[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Erreger dieser Erkrankung ist das Varizella-Zoster-Virus (VZV) – auch als Humanes Herpes-Virus-3 (HHV-3) bezeichnet – nachgewiesen. Dieses Virus ist ein behülltes, doppelsträngiges DNA-Virus (dsDNA) und gehört zur Familie der Herpesviridae, zur Unterfamilie Alphaherpesvirinae und zur Gattung Varicellovirus. Alle Viren dieser Familie sind mit einem ikosaedrischen Kapsid ausgestattet, das von einer Virushülle umgeben ist. Dazwischen findet sich als Besonderheit das Tegument aus verschiedenen funktionellen Proteinen. Das Varizella-Zoster-Virus ist mit den Herpes-simplex-Viren relativ nahe verwandt, dennoch gibt es keine Kreuzprotektion.

Schätzungen zufolge sind rund 90 Prozent der über 14-jährigen Europäer durch Windpocken-Infektionen Träger von Varizella-Zoster-Viren. Die Tatsache, dass außer bei erheblich immunsupprimierten Menschen und bei nicht erfolgter Doppelinfektion oder Sekundärinfektion (siehe auch Infektion) die von diesen Erregern verursachte Erkrankung nur extrem selten einen tödlichen Verlauf nimmt, zeigt zum einen, dass diese Viren stark an den Menschen als ihren Reservoirwirt angepasst sind. Die Schädigung des Reservoirwirts bis hin zu seinem Tod ist für ein Virus kein vorteilhafter Effekt, da es zur eigenen Vermehrung auf diesen Wirt angewiesen ist. Die dennoch von diesem Virus beim Reservoirwirt ausgelösten Erkrankungen sind letztlich nur Nebeneffekte der Infektion. Dennoch kommen tödliche Verläufe auch in Deutschland vor, wobei das Risiko, an den Windpocken zu sterben, mit dem Alter deutlich ansteigt (laut RKI bis 31/100.000).

Übertragung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Erstinfektion eines gesunden Menschen äußert sich üblicherweise in der weitverbreiteten Kinderkrankheit Windpocken. Die hochansteckenden Erregerviren werden per Tröpfcheninfektion, also direktes Einatmen von Ausatmungströpfchen (Exspirationströpfchen) infizierter Personen, oder über Kontaktinfektion beziehungsweise Schmierinfektion mit den Viren der auf Gegenständen oder Körperoberflächen niedergegangenen infektiösen Exspirationströpfchen übertragen, wenn sie anschließend sofort über die Schleimhäute beispielsweise in Mund, Nase oder Augen in den Körper gelangen.[8] Da die Erreger an der Luft nur für etwa zehn Minuten infektiös sind, ist eine Übertragung durch herumliegende Kleidung oder Spielzeug in der Regel nicht zu befürchten. Weiterhin ist durch den virushaltigen Bläscheninhalt des Hautausschlags eine Schmierinfektion möglich. Auch der Speichel und die Tränenflüssigkeit (Konjunktivalflüssigkeit) infizierter Personen ist infektiös. Sehr selten ist die Möglichkeit einer diaplazentaren Übertragung des Varizella-Zoster-Virus durch die Schwangere auf den Fetus. Dabei kann es in etwa ein bis zwei Prozent der Varizellenerkrankungen bei Schwangeren zum fetalen Varizellensyndrom führen.[9]

Auch wenn die Betroffenen normalerweise nach einer Windpocken-Erkrankung ein Leben lang immun gegen die Krankheit sind, verbleibt das Virus nach Abklingen der Symptome im Körper und kann später, beispielsweise ausgelöst durch Stress oder ein geschwächtes Immunsystem, in seltenen Fällen auch durch Sonneneinwirkung (UV-Licht), reaktiviert werden. Die Viren verbleiben latent in den Nervenwurzeln des Rückenmarks, den Spinalganglien, sowie in den Ganglien der Hirnnerven. Der Herpes Zoster kann nicht direkt übertragen werden; es erfolgt immer nur eine Reaktivierung einer bereits stattgefundenen Infektion („Kein Zoster ohne vorherige Windpocken“) oder einer Impfung mit Lebendimpfstoff gegen Varizellen. Herpes Zoster ist demnach keine Infektion im eigentlichen Sinne, sondern die erneute Aktivierung des Varizella-Zoster-Virus nach einer mehr oder weniger langen Latenzzeit. Für Menschen, die in der Kindheit an Windpocken erkrankt waren und über ein voll aktives Immunsystem verfügen (d. h. immunkompetent und nicht immunsupprimiert sind), besteht in der Regel keine Gefahr, sich an einem Herpes-Zoster-Erkrankten anzustecken. Eine Übertragung der Viren erfolgt bei Herpes Zoster nur durch den virushaltigen Bläscheninhalt (Schmierinfektion), nicht aber über die Atemwege als Tröpfcheninfektion. Nur bis zur Verkrustung der Bläschen bleibt der Erkrankte über den Bläscheninhalt ansteckungsfähig. Es können durch Herpes Zoster – ohne eine frühere Windpocken-Erkrankung oder Windpocken-Lebendimpfung – im Infektionsfall dann die Windpocken ausgelöst werden.

Krankheitsverlauf/Symptome[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Verlauf von Herpes Zoster. a) Hautoberfläche; b) Nervenfaser; c) aktivierte Viren; d) inaktive Viren

Verlauf[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Latenzphase der Erkrankung kommt es zu einer Reaktivierung der Varizella-Zoster-Viren, die nach Erstinfektion in den Spinalganglien verblieben sind. Diese Phase ist durch eine Entzündung des Nervengewebes ausgezeichnet. Es kommt typischerweise zu starken Schmerzen und weiteren Symptomen wie Brennen in dem Hautbereich, der durch den Nervenstrang versorgt wird. Schmerzen, die vor oder begleitend mit dem dermatomalen Ausschlag auftreten, nennt man zosterassoziierte Schmerzen. Im Gegensatz dazu wird der Schmerz, der nach der Hautsymptomatik auftritt und oftmals von Dauer ist, postzosterische oder postherpetische Neuralgie (PHN) genannt.

In 80 % der Fälle geht der Manifestation des Zoster an der Haut ein Frühstadium (Prodromalstadium) voraus. Dies dauert etwa drei bis fünf Tage. Die Symptome in dieser Phase können sehr variabel sein. In den meisten Fällen wird über Allgemeinsymptome wie leichtes Fieber, Müdigkeit und Abgeschlagenheit (auch B-Symptomatik genannt) berichtet. Seltenere Beschwerden wie Brennen, Parästhesien und Schmerzen mit unterschiedlichem Charakter sind je nach befallenem Dermatom oftmals Anlass für Fehldiagnosen wie Bandscheibenvorfall, Nierenkolik, Herzinfarkt, Blinddarmentzündung, Cholezystitis und Gallenkolik.

Das Nervengewebe entzündet sich bei einer Reaktivierung des latenten Virus. Symptome sind Brennen und teils starke Schmerzen in dem Hautbereich, der durch den betroffenen Nervenstrang versorgt wird und in dem Nervenstrang selbst. Auch können Allgemeinsymptome wie Abgeschlagenheit und Müdigkeit im Frühstadium auftreten. Die Schmerzen treten häufig vor der Bildung der Hauterscheinungen auf, die in der Regel zwei bis drei Tage später folgen. Im befallenen Nervensegment entwickeln sich schubweise einseitig auftretende, schmerzhafte kleine erhabene Stellen mit Rötung der Haut (1). In den folgenden zwölf bis 24 Stunden bilden sich in diesem Erythem oft gruppiert stehende bis zu reiskorngroße prall gespannte Bläschen (2), die eine wasserklare Flüssigkeit enthalten. In der Regel ist dieses Stadium nach zwei bis drei Tagen abgeschlossen. Zu einer Verschmelzung (Konfluenz) dieser Bläschen kommt es nach weiteren zwei bis vier Tagen. Bereits am dritten Tag können die Bläschen eintrüben. Die Bläschen füllen sich anschließend mit Lymphe und brechen auf (3) und können im Normalfall über ca. sieben bis zwölf Tage abtrocknen. Binnen zwei bis sieben Tagen trocknen sie dann aus, dabei bildet sich eine gelb-braune Borke aus (4). Diese Phase kann ein bis vier Wochen dauern, in der Regel heilt der Zoster jedoch binnen zwei bis drei Wochen ab. Abwehrgeschwächte Patienten leiden gelegentlich an chronischen Verläufen mit monatelang bestehenden Hautveränderungen und mehrmaligen Bläscheneruptionen.[10][11][12] Häufig bilden sich Narben, insbesondere nach einer Zweitinfektion z. B. durch Bakterien.[13] In sehr seltenen Fällen kann der Ausschlag aber auch ganz ausbleiben.

Als Folge der Gürtelrose können noch lange neurologisch bedingte Schmerzen auftreten.[4] Das Auftreten solch einer (postherpetischen) Neuralgie ist bisher nicht ausreichend geklärt. Es werden Schädigungen der Nerven vermutet.[14]

Lokalisation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lokalisation auf der Brust

Die Lokalisation der Gürtelrose wird durch das Versorgungsgebiet der befallenen Nerven bestimmt. Überdurchschnittlich häufig (in 50–56 % der Fälle) handelt es sich um einen Befall der Interkostalnerven (im Bereich des Brustkorbes).[15] Seltener können auch Rücken, Arme oder Beine betroffen sein.

Bei Zoster ophthalmicus sind Gesicht und Augen betroffen (Nervus ophthalmicus aus dem Nervus trigeminus). Sind die Augen betroffen, kann durch Hornhautvernarbung teilweise oder vollständige Erblindung die Folge sein. Bei Befall der Gesichtsnerven (Nervus facialis) kann es zu vorübergehenden Lähmungserscheinungen oder Verlust des Geschmackssinns kommen.

Zoster oticus bezeichnet einen Befall des Gehörgangs und/oder der Ohrmuschel. Mögliche Folgen sind hier neben den Zoster-typischen starken Schmerzen Schwerhörigkeit (Nervus cochlearis) und Störungen des Gleichgewichtssinnes (Nervus vestibularis). Auch kann im Rahmen eines Zoster oticus eine Neuralgie zusammen mit einer Fazialisparese auftreten (Ramsay-Hunt-Syndrom/Ramsay-Hunt-Neuralgie).[16] Unbehandelt können dauerhafte Hörbeeinträchtigungen oder Taubheit die Folge sein.

Zoster generalisatus bezeichnet einen Befall des gesamten Nervensystems; diese Krankheitsform ist lebensbedrohlich, tritt aber üblicherweise nur bei starker primärer Schwächung des Immunsystems auf (z. B. bei AIDS, Leukämie oder anderen Krebs-Formen).

Zoster genitalis tritt im Genitalbereich auf. Er zieht über das ganze Geschlechtsteil wie Penis, Schamlippen, Klitoris großflächig bis auf die Oberschenkel. Im Lymphabflussgebiet des betroffenen Hautareals lassen sich nicht selten aktivierte Lymphknoten nachweisen.

Zum Zoster disseminatus kommt es bei Streuung der Viren im Blut. Dies ist allerdings nur bei ein bis zwei Prozent der Patienten mit gesundem Immunsystem der Fall. Bei abwehrgeschwächten Patienten wird es häufiger beobachtet.[17][18]

In der Regel ist nur ein Dermatom vom charakteristischen Zosterexanthem betroffen (Zoster segmentalis). Es sind jedoch auch Überlappungen im Befall der Dermatome beschrieben. Zoster duplex, bei dem es zu einer Überschreitung der Mittellinie des Körpers kommt, ist eher selten. In sehr seltenen Fällen werden mehrere Hautsegmente asymmetrisch befallen, insbesondere wenn es zu einer Zweitinfektion z. B. durch Bakterien kommt.[19]

Komplikationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zoster ophthalmicus in Gesicht und Auge

Herpes-Zoster-Komplikationen sind mit über 20 % der Fälle relativ häufig. Insbesondere die postherpetische Neuralgie (PHN), auch als Post-Zoster-Neuralgie (PZN) bezeichnet, ist dabei überaus häufig und führt zu schweren, oft als brennend beschriebenen Schmerzen. Die PZN/PHN kann im schlimmsten Fall sogar lebenslang fortbestehen und ist für die Betroffenen zum Teil unerträglich. Auch die selteneren Zoster-Formen wie Zoster generalisatus, Zoster ophthalmicus (10–15 %, davon mit Augenbeteiligung 30–40 %) und Zoster oticus werden gelegentlich zu den Komplikationen gezählt. Nicht selten heilen auch die Bläschen nur unter Pigmentierungsstörungen und Narbenbildung ab (im Gegensatz zu den Windpocken, sofern diese nicht durch Kratzen zu Vernarbungen geführt haben). Andere Komplikationen sind seltener und betreffen meist nur stark immungeschwächte Menschen. Zu den Komplikationen gehören Zoster-Meningitis (Hirnhautentzündung), Zoster-Enzephalitis (Hirngewebsentzündung) und Zoster-Myelitis (Rückenmarksentzündung).

Ebenso kommt es häufig zu Lähmungen peripherer Nerven, insbesondere des Gesichtsnervs. Die Lähmungserscheinungen bilden sich in der Regel jedoch zurück.[13]

Eine Herpes-Zoster-Infektion ist Indikator für ein leicht erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen wie Schlaganfall und Herzinfarkt.[20] Dies sollte bei der individuellen Planung von Vorsorgeuntersuchungen berücksichtigt werden.

Diagnose und Differentialdiagnose[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Herpes Zoster ist vorwiegend eine Diagnose auf der Basis der klinischen Symptome. Spezielle virologische Nachweisverfahren sind nur bei komplizierten Verläufen (Beteiligung des Zentralnervensystems, generalisierter Zoster) oder bei unsicheren klinischen Zeichen notwendig. Führend ist in allen Fällen der direkte Virusnachweis mittels PCR, entweder aus betroffenem Gewebe oder Gewebsflüssigkeit oder aus punktiertem Bläscheninhalt. Da es sich um eine Reaktivierung handelt, sind serologische Methoden zum Nachweis spezifischer Antikörper nur sehr eingeschränkt aussagefähig. Bei Reaktivierungen des VZV kann das Anti-VZV-IgA bei gleichzeitig negativem Anti-VZV-IgM für mehrere Monate nachweisbar sein.

Differentialdiagnostisch ist beim Auftreten von typischen Bläschen auf der Haut auch an eine atypische Lokalisation einer Herpes-simplex-Infektion zu denken. Diese den Zoster nachahmende Form des Herpes simplex bezeichnet man auch als „Zosteriformer Herpes simplex“. Umgekehrt kann ein unregelmäßig lokalisierter Zoster als „Herpetiformer Zoster“ auch eine Herpes-simplex-Infektion nachahmen. Als weitere mögliche Ursache für ständig wieder auftretende Hautbläschen kommt auch ein Morbus Hailey-Hailey in Betracht.

Therapie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Varizella-Zoster-Virus kann mit Virostatika behandelt werden. Eventuell mögliche Komplikationen können nur bei rechtzeitiger Behandlung, im von Patienten und Ärzten meist nicht korrekt eingeschätzten Prodromalstadium, reduziert werden, so dass diese Chance in der Regel nicht genutzt werden kann.

Wichtig ist die frühzeitige medikamentöse Behandlung mit Virostatika bei sehr ausgedehntem Befund, beispielsweise Beteiligung des Auges oder Ohres und insbesondere bei vorbestehender Abwehrschwäche (z. B. Tumorerkrankung, schwerem Diabetes mellitus oder HIV). Üblicherweise erfolgt die Behandlung mit Aciclovir, Brivudin, Famciclovir oder Valaciclovir, meistens in Tablettenform. Medizinische Studien deuten darauf hin, dass der Wirkstoff Brivudin effektiver als Aciclovir wirkt[21][22] und eine ähnliche Effektivität wie Famciclovir[23] aufweist. Im Vergleich zu Aciclovir, Valaciclovir und Famciclovir muss Brivudin nur einmal täglich verabreicht werden.[24] Allerdings sollte Brivudin nicht länger als 7 Tage angewendet werden, da eine Verlängerung der Behandlung über den empfohlenen Zeitraum von 7 Tagen hinaus mit einem erhöhten Risiko für die Entstehung einer Leberentzündung (Hepatitis) verbunden ist.[25]

In komplizierteren Fällen (Beteiligung des Auges, des Ohres, des Rückenmarks) ist eine intravenöse Behandlung mit Aciclovir erforderlich. In der Regel ist die zusätzliche Gabe von starken Schmerzmitteln angezeigt. Bei einigen der betroffenen Patienten können die akuten Schmerzen nicht durch Schmerzmittel beeinflusst werden. Manchmal kommen Pflaster oder andere Anwendungen mit Lokalanästhetika zum Einsatz.[26]

Die im oberen Abschnitt Komplikationen beschriebenen Fälle von postherpetischer Neuralgie sind oftmals schwer zu behandeln. In Betracht kommen hier neben Schmerzmitteln auch Antidepressiva und Antikonvulsiva, gelegentlich sogar chirurgische Eingriffe. Die Behandlung mit Elektrotherapie (Galvanisation, Reizstrom oder transkutane elektrische Nervenstimulation) kann Schmerzen lindern. Dabei sind jedoch Hautläsionen (Bläschen und Pusteln) zu berücksichtigen.

Vorbeugung/Impfung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die für den an Windpocken oder an Gürtelrose Erkrankten höchste Verantwortung gegenüber Dritten besteht darin, Kontakt mit Schwangeren zu vermeiden. Haben diese nämlich – insbesondere bei einer ungeplanten „plötzlichen“ Schwangerschaft – keine entsprechende Impfung erhalten und auch sonst keine oder nicht genügend Antikörper gegen das Virus im Körper, kann eine Windpockeninfektion während der Schwangerschaft zu Entwicklungsstörungen beim Kind führen. Bei einem Windpockenausbruch bei der Mutter in den letzten Tagen vor der Geburt besteht sogar Lebensgefahr für das Kind.

Der Zoster-Impfstoff (Zostavax™), der vorbeugend das Erkrankungsrisiko für Gürtelrose auf etwa die Hälfte senkt, wurde am 25. Mai 2006 in den USA durch die zuständige Behörde FDA zugelassen. Am 25. Oktober 2006 empfahl das Advisory Committee on Immunization Practices (ACIP), welches Teil des Centers for Disease Control and Prevention ist, die Verabreichung des neuen Impfstoffes an alle Personen, die das sechzigste Lebensjahr vollendet haben.[27] Mit einer derartigen Impfung könnten 51 % der Gürtelrosen-Krankheitsfälle verhindert und auch eine PZN (Post-Zoster-Neuralgie) um 66,5 % vermieden werden. Wenn trotz Impfung dennoch eine Gürtelrose auftritt, verläuft diese in der Regel deutlich milder und mit weniger Komplikationen.[28]

In der Bundesrepublik Deutschland werden sowohl Varilrix™ als auch Varivax™, zwei ab dem ersten Lebensjahr zugelassene Varizellen-Impfstoffe, von der Ständigen Impfkommission als Standardimpfstoffe empfohlen.[29]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Leitlinien der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft – Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Infektiologie: (Zoster und Zosterschmerzen. (PDF) In: ChemotherapieJournal, 11. Jahrgang, Heft 5/2002; abgerufen am 24. August 2015).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 Commons: Herpes Zoster – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Pschyrembel Klinisches Wörterbuch. 266., aktualisierte Auflage, De Gruyter, Berlin 2014, ISBN 978-3-11-033997-0, S. 2326
  2. Helmut Ruska: Über das Virus der Varicellen und des Zoster. In: Klinische Wochenschrift. Band 22, 1943, S. 703–705.
  3. Anna Nilsson: Gürtelrose am Kopf. guertelrose-infektion.de, 9. September 2013; abgerufen am 24. März 2016.
  4. a b Gürtelrose. gesundheit.de; abgerufen am 15. September 2013.
  5. G. Plinius Secundus: Naturalis historia. XXVI, Cap. 11, Basel, 480.
  6. Albrecht Scholz: Herpes zoster. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 579.
  7. B. Ultsch et al.: Herpes zoster in Germany: Quantifying the burden of disease. In: BioMed Central (BMC): Infectious Diseases. 2011, Nr. 11, S. 173, doi:10.1186/1471-2334-11-173.
  8. Dietmar Busch: Varizella-Zoster-Virus: Windpocken und Herpes Zoster - Eine szientometrische Analyse. Dissertation, Institut für Arbeitsmedizin der Medizinischen Fakultät Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin 2011, S. 3: 1.3.1 Primärinfektion. (Volltext als PDF-Datei (PDF) ).
  9. RKI-Ratgeber für Ärzte: Windpocken, Herpes zoster (Gürtelrose). Abschnitt: Infektionsweg. Auf: rki.de Stand: 30. März 2016; zuletzt abgerufen am 11. Januar 2017.
  10. J. J. Rusthoven, P. Ahlgren, T. Elhakim et al.: Varizella zoster infection in adult cancer patients: a population study. In: Archives of internal medicine. (Arch Intern Med) Bd. 148, Nr. 7, Juli 1988, S. 1561–1566, PMID 3382302.
  11. W. B. Hoppenjans, M. R. Bibler, R. L. Orne et al.: Prolonged cutaneous herpes zoster in acquired immunodeficiency syndrome. In: Archives of Dermatology. Bd. 126, Nr. 8, August 1990, S. 1048–1050, PMID 2166483.
  12. R. G. Kost, S. E. Straus: Postherpetic neuralgia – pathogenesis, treatment and prevention. In: The New England journal of medicine. (N Engl J Med) Bd. 335, Nr. 4, Juli 1996, S. 23–42, PMID 8637540.
  13. a b Ingrid Moll (Hrsg.): Dermatologie. 6., komplett überarbeitete und erweiterte Auflage. Thieme, Stuttgart / New York 2005, ISBN 978-3-13-126686-6, S. 215 f.
  14. Lea Schnurbus, M. Foerster: Herpes Zoster. Auf: www.guertelrose-infektion.de, aktualisiert am 26. Mai 2013, abgerufen am 15. September 2013.
  15. R. Edgar Hope-Simpson: The Nature of Herpes Zoster: A Long-term Study and a New Hypothesis. In: Proceedings of the Royal Society of Medicine. (Proc R Soc Med) Jan. 1965, Bd. 58, Nr. 1, S. 9–20. PMC 1898279 (freier Volltext), PMID 14267505. M. W. Ragozzino, L. J. Melton et al.: Risk of cancer after herpes zoster: a population-based study. In: The New England journal of medicine. (N Engl J Med) 12. Aug. 1982, Bd. 307, Nr. 7, S. 393–397, PMID 6979711, doi:10.1056/NEJM198208123070701; W. Meister, A. Neiss, G. Gross et al.: Demography, symptomatology, and course of disease in ambulatory zoster patients: a physician-based survey in Germany. In: Intervirology. 1998, Bd. 41, Nr. 6, S. 272–7.
  16. C. Sweeney, D. Gilden: Ramsay Hunt syndrome. In: Journal of Neurology, Neurosurgery, and Psychiatry (J Neurol Neurosurg Psychiatry.) August 2001, Band 71, Nummer 2, S. 149–154, doi:10.1136/jnnp.71.2.149.
  17. J. L. Meier, S. E. Straus: Comparative biology of latent varicella-zoster virus and herpes simplex virus infections. In: The Journal of infectious diseases. (J Infect Dis) Nr. 166, Supplement 1, August 1992, S. 13–23, PMID 1320646.
  18. P. R. Cohen, V. P. Beltrani, M. E. Grossman: Disseminated herpes zoster in patients with human immunodeficiency virus infection. In: The American journal of medicine. (Am J Med) Bd. 84, Nr 6, Juni 1988, S. 1076–1080, PMID 3376978.
  19. G. Bloss, M. A. Ebisch u. a.: Bilateral asymmetric herpes zoster in adolescence. In: Der Hautarzt; Zeitschrift für Dermatologie, Venerologie, und verwandte Gebiete. Bd. 52, Nr. 4, April 2001, S. 335–338, ISSN 0017-8470, PMID 11382126.
  20. Judith Breuer, Maud Pacou, Aline Gauthier, Martin M. Brown: Herpes zoster as a risk factor for stroke and TIA: A retrospective cohort study in the UK. In: Neurology. Online-Veröffentlichung vor Druck am 2. Januar 2014, doi:10.1212/WNL.0000000000000038.
  21. S. W. Wassilew, P. Wutzler u. a.: Oral brivudin in comparison with acyclovir for improved therapy of herpes zoster in immunocompetent patients: results of a randomized, double-blind, multicentered study. In: Antiviral research. Juni 2003, Band 59, Nr. 1, S. 49–56, PMID 12834860.
  22. S. W. Wassilew, P. Wutzler u. a.: Oral brivudin in comparison with acyclovir for herpes zoster: a survey study on postherpetic neuralgia. In: Antiviral research. Juni 2003, Band 59, Nr. 1, S. 57–60, PMID 12834861.
  23. S. Wassilew, Collaborative Brivudin PHN Study Group: Brivudin compared with famciclovir in the treatment of herpes zoster: effects in acute disease and chronic pain in immunocompetent patients. A randomized, double-blind, multinational study. In: Journal of the European Academy of Dermatology and Venereology; JEADV. (J Eur Acad Dermatol Venereol.) Januar 2005, Band 19, Nr. 1, S. 47–55, PMID 15649191, doi:10.1111/j.1468-3083.2004.01119.x.
  24. X. Rabasseda: Brivudine: a herpes virostatic with rapid antiviral activity and once-daily dosing. In: Drugs of today (Barcelona, Spain: 1998.) Mai 2003, Band 39, Nr. 5, S. 359–371, PMID 12861349.
  25. Zostex - Beipackzettel, abgerufen am 16. Juli 2017.
  26. R. W. Johnson, A. S. Rice: Clinical practice. Postherpetic neuralgia. In: The New England journal of medicine. (N Engl J Med) 16. Oktober 2014, Band 371, Nr. 16, S. 1526–1533, doi:10.1056/NEJMcp1403062.
  27. U.S. Panel Backs Shingles Vaccine (PDF; 311 kB)
  28. „Shingles prevention study“ M. N. Oxman, M. J. Levin, G. R. Johnson et al.: A Vaccine to Prevent Herpes Zoster and Postherpetic Neuralgia in Older Adults. In: New England Journal of Medicine. (N Engl J Med) 2. Juni 2005, Nr. 352, S. 2271–2284, doi:10.1056/NEJMoa051016.
  29. Robert Koch-Institut: Lieferengpass bei Varizellen-Einzel- und Kombinationsimpfstoffen der Firma GlaxoSmithKline (GSK). Stand: 15. Januar 2014, abgerufen 17. Juni 2015.
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