Zwei Polizeiautos und mehrere Reporter sowie ein Kamerateam stehen vor dem mit Holzbrettern verkleideten Wohnhaus des Thüringer AfD-Vorsitzenden Björn Höcke in Bornhagen im Eichsfeld
Die Polizei schützte während der Eröffnung des Denkmals das Wohnhaus von Höcke in Bornhagen. Bildrechte: MDR/Sebastian Jakob

Bornhagen Kritik an Holocaust-Mahnmal vor Höcke-Haus im Eichsfeld

Die Jüdische Landesgemeinde Thüringen sieht das Holocaust-Mahnmal auf dem Grundstück neben Björn Höckes Haus kritisch. "Gut gemeint, schlecht gemacht", nannte Vorsitzender Reinhard Schramm das Kunstprojekt in Bornhagen. Applaus kommt dagegen von der Mitinitiatorin des Berliner Holocaust-Denkmals, Lea Rosh.

Zwei Polizeiautos und mehrere Reporter sowie ein Kamerateam stehen vor dem mit Holzbrettern verkleideten Wohnhaus des Thüringer AfD-Vorsitzenden Björn Höcke in Bornhagen im Eichsfeld
Die Polizei schützte während der Eröffnung des Denkmals das Wohnhaus von Höcke in Bornhagen. Bildrechte: MDR/Sebastian Jakob

Die Jüdische Landesgemeinde Thüringen hat Kritik am Holocaust-Mahnmal auf dem Grundstück neben Björn Höckes Wohnhaus in Bornhagen im Eichsfeld geübt. Familie und Privatleben des AfD-Politikers sollten tabu bleiben, sagte Vorsitzender Reinhard Schramm MDR THÜRINGEN. Er befürworte Proteste gegen den Chef der Thüringer AfD. Doch vor Höckes Privathaus seien sie fehl am Platze.

"Gut gemeint, aber schlecht gemacht", kommentierte Schramm das Kunstprojekt des "Zentrums für politische Schönheit" (ZPS). Die Aktivisten hatten neben Björn Höckes Haus 24 Stelen aus Beton aufgestellt. Sie erinnern an das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin, dass der amerikanische Architekt Peter Eisenman entworfen hat. Der AfD-Politiker hatte das Mahnmal im Januar während einer Rede in Dresden als "Denkmal der Schande" bezeichnet.

Zum Kniefall aufgefordert

Der Aktionskünstler Philipp Ruch sagte MDR THÜRINGEN, er hoffe, dass Höcke von seiner Schande loslassen kann und Verantwortung zeigt. Höcke habe direkten Blick auf die Stelen, sagte er. Für ihre Aktion hatten das ZPS das Nachbarhaus im Frühjahr angemietet und den AfD-Landeschef von dort aus beobachtet.

Holocaust-Mahnmal für Björn Höcke
Der Philosoph und Aktionskünstler Philipp Ruch leitet das "Zentrum für politische Schönheit", das hinter der Aktion mit den Betonstelen steht. Bildrechte: MDR

Die Künstlergruppe forderte Höcke auf, vor dem Denkmal in Berlin oder dem Nachbau in Bornhagen auf die Knie zu fallen und um Vergebung für die deutschen Verbrechen des Zweiten Weltkriegs zu bitten. Sollte er dies nicht tun, werde man Informationen aus seinem Privatleben veröffentlichen.

Die Thüringer AfD kritisierte die Aktion heftig. Landessprecher Torben Braga sagte MDR THÜRINGEN: "So etwas ist unfassbar und abstoßend". Wenn solch eine Aktion von der Presse verharmlost werde, sei das entlarvend. Für ihn gehe das gar nicht, weil auch Höckes Familie betroffen sei. Der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion im Landtag, Stefan Möller, sprach am Nachmittag in einer Preseekonferenz in Erfurt von "psychologischer Kriegsführung" gegen Höcke und dessen Familie. Diese sei monatelang ausgespäht worden. Nach Möllers Angaben will Höcke rechtliche Schritte gegen die Aktion einlegen.

Grüne: "So kann Zivilcourage aussehen"

Eine Mitinitiatorin des Berliner Holocaust-Mahnmals, Lea Rosh, begrüßte den Nachbau im Eichsfeld. "Das ist eine wunderbare Idee", sagte sie. Die Aktion so kurz vor der Weihnachtszeit sei eine herrliche Bestrafung für Höcke. So müsse er vor seinem Haus den Nachbau des Denkmals für die ermordeten Juden Europas erdulden.

Ein Kreis um Rosh und den Historiker Eberhard Jäckel (1929-2017) hatte den Bau des 2005 eröffneten Mahnmals angeregt. Es besteht aus 2.711 aufrechten Betonstelen. Die Mahnmal-Stiftung in Berlin wollte sich zu der Aktion auf Anfrage nicht äußern.

Die Grünen im Thüringer Landtag zeigten sich erfreut über das Kunstprojekt: So könne Zivilcourage aussehen, teilte die Fraktion mit. Die Abgeordnete und parlamentarische Geschäftsführerin Astrid Rothe-Beinlich twitterte: "Chapeau für diese Aktion - Danke dem Zentrum für politische Schönheit".

Carius: Angriff auf die Freiheit des Mandats

Scharfe Kritik übte hingegen Landtagspräsident Christian Carius. Die "Gesamtaktion" des ZPS habe nichts mit Kunst zu tun, erklärte der CDU-Politiker. Das Abhören und Ausspionieren von Abgeordneten und deren Familien gleiche den Zersetzungsmethoden der DDR-Staatssicherheit und sei durch nichts zu rechtfertigen. Carius sprach von einem "Angriff auf die Freiheit des Mandats und die Unversehrtheit der Familie" sowie von einem ungeheuerlichen Eingriff in das Leben eines Menschen.

Polizei schützte Wohnhaus während Eröffnung

Höcke gilt als Rechtsaußen der Alternative für Deutschland und hatte Anfang des Jahres mit Blick auf das Holocaust-Mahnmal gesagt: "Wir Deutschen, also unser Volk, sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat."

Für die Polizei stand am Mittwoch laut Sprecherin zunächst der Schutz von Höckes Wohnhaus im Vordergrund. "Dann werden wir prüfen, inwiefern ein möglicher Strafbestand vorliegt."

Quelle: MDR THÜRINGEN, dpa

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 22. November 2017 | 12:00 Uhr

Zuletzt aktualisiert: 22. November 2017, 13:58 Uhr

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201 Kommentare

25.11.2017 15:46 @199 (Peter) 201

Sie können Höckes Geschichtsverzerrung ja als legitime Meinungsäußerung betrachten. Wie kommen Sie jetzt aber darauf, dass Kritik an dieser Meinung nicht durch Artikel 5 gedeckt wird? Meinungsfreiheit heißt eben nicht, dass einem nicht widersprochen werden darf.

Was Artikel 5 nicht deckt sind hingegen Morddrohungen geg. das ZPS.

25.11.2017 14:38 Peter 200

Hier setzt nur für die Dummheit der Aktionisten und Unterstützer ein Zeichen. Das Mahnmal wurde auch als Mahnung gegen Intolleranz errichtet. Und jetzt wird es von genau solchen intolleranten Menschen genau wie 1933 genutzt. Demokratie ist unsere Gesellschaftsform. Das bedeutet wir leben von und mit allen möglichen Meinungen. Das GG, Artikel 5, ist hier bindend. Hier müsste der Staatsschutz wegen Bedrohung eines Abgeordneten ermitteln.

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