Richard Wagners Held nimmt das Leben in Deutschland mit Resignation. In Rumänien war er Offizier des Geheimdienstes gewesen – einer, dem man gehorchte, der sich leicht Respekt verschaffen konnte. Und heute? Als Privatdetektiv schlägt er sich im Berlin der Nachwende-Zeit herum, spioniert potenziell untreuen Ehefrauen oder Zigarettenschmugglern hinterher. Bis Erika auftaucht – „Miss Bukarest“, nach der Wagner seinen Roman benannt hat.
Am Dienstagabend war der aus dem Banat stammende Schriftsteller im Darmstädter Literaturhaus zu Gast und stellte seinen facettenreichen Roman vor. Die Handlung spielt 1996 in Berlin und Frankfurt. Obwohl Wagner bei der Lesung nur zwei Erzähler vorstellte – den Detektiv und einen mit ihm befreundeten Schriftsteller –, gab dieser Einblick bereits ein Gefühl davon, wie intensiv sich der 1952 geborene Autor literarisch mit seinem Thema auseinander setzt: In dem mal sehnsüchtigen, mal stoisch-resignativen Rückblick des Schnüfflers wird deutlich, wie mit dem Zerfall der kommunistischen Staatengemeinschaft ganze Lebensgeschichten umgekrempelt wurden.
Die fein gewebte Erzählstruktur, die im letzten Kapitel vom Sohn des Detektivs aufgenommen wird, griffen am Dienstagabend Jazz-Stücke von Uli Partheil auf. Den Texten des Jazz-Fans Richard Wagner setzte der Darmstädter Pianist komplexe Miniaturen gegenüber, die sich mit der Lesung zu einem stimmungsvollen Ganzen verbanden. (pts)