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Datum:   29.10.1999
Ressort:   Feuilleton
Autor:   Gerhard Poppenberg

Der Dichter auf der Straße

Zum Tod des bedeutenden spanischen Lyrikers Rafael Alberti

In den Radionachrichten in Spanien wurde es am frühen Morgen gemeldet: "Unser größter Dichter ist tot." Rafael Alberti ist am Donnerstag kurz nach Mitternacht im Alter von 96 Jahren an Herz- und Atemversagen gestorben. Der spanische Kulturminister sagte eine Reise nach Paris ab. Die Stadt Puerto de Santa Maria in Südspanien ordnete eine dreitägige offizielle Trauer an. Das spanische Königspaar sandte noch in den Morgenstunden ein Kondolenztelegramm an die Witwe Maria Asuncion Mateo. Alberti galt als der bedeutendste zeitgenössische Poet der spanischsprachigen Welt.

Er wurde früh berühmt. Bereits für seinen ersten Lyrikband erhielt er 1925 den Nationalen Literaturpreis. Und 1983, als er achtzig Jahre alt war, wurde ihm mit dem Cervantes Preis die höchste Ehrung der spanischen Literatur zuteil. Mit seiner markanten Gestalt und seinem schlohweißen Haarschopf hat er den Spaniern ein Bild des Dichters als ganzer Mann verkörpert. Er verstand sich auf den volkstümlichen Ton der traditionellen Lieder- und Romanzen-Dichtung, mit dem er, vor allem in jungen Jahren, heiter-gefällige See- und Sonnenstücke schrieb, wie auf die hochartifizielle Sprödigkeit der modernen Lyrik, in der er "Die schimmligen Engel" besang und das "Kellergeschoss im Innern" offenbarte.

Der 1902 im andalusischen Puerto de Santa Maria in der Nähe von Cßdiz geborene Sohn aus gutem Hause kam nach dem Besuch des Jesuitenkollegs in seinem Heimatort als Fünfzehnjähriger nach Madrid und versuchte sich zunächst mit einigem Erfolg als Maler. 1927 beteiligte er sich zusammen mit Jorge Guillén, Pedro Salinas, Dßmaso Alonso, Gerardo Diego und Federico Garcia Lorca an den Feiern zum dreihundertsten Todestag des Barockdichters Luis de Góngora. Von dessen Werk leitete die Freundesgruppe, immerhin die bedeutendsten spanischen Dichter des 20. Jahrhunderts, ein Bewusstsein für technische Meisterschaft und absolute "poesía pura" ab. In dem 1929 veröffentlichten Band "Über die Engel" erschloss er der spanischen Literatur die surrealistische Bildersprache. Diese Gedichte drücken das Lebensgefühl seiner Generation in einem Maße aus wie sonst nur die fast gleichzeitig entstandenen aus Lorcas Band "Dichter in New York".

1930 trat Rafael Alberti der Kommunistischen Partei bei; er begann politisch engagierte Lyrik zu schreiben. In die dreißiger Jahre fällt auch der Beginn seiner Freundschaft mit Pablo Neruda, mit dem er die Treue zur Partei teilte. Im Bürgerkrieg gründete er die Zeitschrift "El Mono Azul" und schrieb Kampflieder für die Front. 1938 sammelte er die Gedichte dieser Jahre in dem Band mit dem programmatischen Titel "El poeta en la calle" "Der Dichter auf der Straße". Im Jahr darauf sah er sich gezwungen zu emigrieren. Mehr als dreißig Jahre lebte er in Buenos Aires und Rom. Für die deutschen Leser hatten Erich und Katja Arendt in der DDR schon relativ früh mit der Nachdichtung Albertis begonnen. In der BRD hat ihn zunächst 1960 Erwin Walter Palm vorgestellt, und erst in den achtziger Jahren hat Fritz Vogelgsang zwei weitere Bände veröffentlicht.

Nach Francos Tod 1975 ließ sich der Dichter für die KP ins Parlament in Madrid wählen. Für ein postmodernes Bewusstsein mag der Wunsch, als Intellektueller politisch wirksam zu sein, schwer nachzuvollziehen sein. Rafael Alberti selbst war betroffen über den Zerfall des kommunistischen Systems am Ende der achtziger Jahre.

Heute soll Rafael Albertis Leichnam eingeäschert werden. Seinem Wunsch folgend, wird seine Asche ins Meer gestreut.

"Sollte meine Stimme an Land sterben, bringt sie bis ans Meer und lasst sie am Ufer. " Rafael Alberti

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