Die Deutsche Sozialdemokratische Partei (DSP) von 1952 bis 1955


Allmählich hatte sich ein Wandel in der politischen Landschaft ergeben. Die Bundesrepublik Deutschland war gegründet und hatte sich als lebensfähig erwiesen. Eine Gruppe saarländischer Sozialdemokraten um Kurt Conrad, Friedel Regitz und Alwin Kulawig (damals wohnhaft in Quierschied) sahen die Zukunft des Saarlandes in der Eingliederung in die Bundesrepublik. Sie trennte sich von der SPS und stellte beim Innenministerium den Antrag auf Zulassung der "Deutschen Sozialdemokratischen Partei" (DSP). Die Gründungsversammlung (25.05.1952) erstellte ein Programm, in dem es u.a. heißt "...daß die Bevölkerung des Saarlandes keine nationale Eigenständigkeit besitzt und Teil des deutschen Volkes ist..."

Aktivisten während der Illegalität

Die DSP forderte die Kündigung aller mit Frankreich abgeschlossenen Verträge, da diese nicht auf der Grundlage der Gleichberechtigung zustande gekommen seien, und volle demokratische Rechte für die Menschen an der Saar.

Natürlich wurde dieser Antrag von der Saarregierung und von der Militärverwaltung abgelehnt und jede weitere Aktivität verboten. Trotzdem bildete sich auch in Quierschied eine starke Gruppe von Anhängern, die zwischen 1952 und 1955 sehr engagiert an dem nun beginnenden illegalen Kampf teilnahmen. Zu ihr gehörten in erster Linie Alwin Kulawig, Hans Scherer, Erhard Blug, Georg Matheis, Hans Knauber, Karl Gorges, Paul Jochum, Eduard Wagner, Peter Scharding, Hugo Stenger, Rudi Schneider, Josef Beck, Heinrich Brückerhoff, Günter Andreis, Fritz Wolf und Gottfried Weyrich.

DSP-Aktivisten

Georg Matheis führte damals eine Zeitlang die Wirtschaft "Haupert" (vormals Gasthaus Persch) am Mühlenberg. Hier fanden geheime Treffen in den oberen Räumen des Hauses statt. Georg Matheis erzählt, daß an einer solchen geheimen Zusammenkunft auch einmal der Landesvorsitzende Kurt Conrad teilnahm. Als zwei Kriminalbeamte im Lokal auftauchten, konnte er mittels einer versteckten Klingelanlage gewarnt werden und durch das Küchenfenster entkommen. Die DSP-Leute hatten ständig mit Bespitzelung, Verrat und gegebenfalls mit Verhaftung, Entlassung und Ausweisung zu rechnen.

Es ging vor allem um die Verteilung der "Freien Saarpresse", die in der Bundesrepublick hergestellt wurde. Bündel dieser Zeitung wurden auf konspirativen Wegen bei Nonnweiler über die Grenze geschmuggelt und in Quierschied und Umgebung verteilt. Einmal wurden Georg Matheis und Paul Jochum in Theley erwischt und drei Tage lang auf der Polizeistation festgehalten und vernommen.

Diese patriotisch gesinnten Sozialdemokraten lebten in ständiger Angst vor Anzeigen und mußten gelegentlich auch leichtere Strafen hinnehmen. Meist lief alles glimpflich ab, weil manche in Quierschied stationierte Polizisten den im Untergrund operierenden Sozialdemokraten heimliche Warnungen zukommen ließen.

Am 08. Juli 1955 wurde im Vorfeld der Volksabstimmung über das "Europäische Statut" die deutschen Parteien zugelassen; es waren neben der DSP die CDU, die KPD und die DPS. In Quierschied wurde eine Ortsgruppe der Deutschen Sozialdemokraten Saar offiziell am 08. September im Lokal Diehm gegründet, nachdem schon vorher Versammlungen im Café Thome stattgefunden hatten. Zum ersten Vorsitzenden wurde Alfred Kulawig gewählt.

Protokoll der Gründungssitzung der DSP

Es kam nun zu einem erbitterten Wahlkampf zwischen Ja- und Nein-Sagern, der manchmal sogar Familien spaltete und manche Sozialdemokraten der SPS in Gewissenskonflikte stürzte. Es soll hier noch bemerkt werden, daß manche Befürworter des Saarstatuts ihre Einstellung auf echter Überzeugung und irregeleitetem Idealismus begründeten; sie glaubten wirklich daran, daß das Saarland zu einer Keimzelle Europas werden könne. Andere auch fürchteten kurzsichtig um soziale und wirtschaftliche Vorzeile, die ihnen tatsächlich nach der Eingliederung ins Bundesgebiet verloren gingen.

Das Ergebnis der Abstimmung vom 23. Oktober 1955 ließ im ganzen Saarland an Klarheit nichts zu wünschen übrig. In Quierschied stimmten 1.798 Wahlberechtigte für und 4.728 gegen das vorgeschlagene Saarstatut (Gesamt-Quierschied: 2.892 gegenüber 7.541). Damit war die Rückkehr zu Deutschland nach einer Übergangszeit beschlossene Sache, da die Franzosen dieses Ergebnis einer Mehrheit von mehr als zwei Drittel respektierten und in weiteren Verhandlungen mit der deutschen Regierung ihre Schlüsse daraus zogen.

 

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