Karel Reiner
Zweites Streichquartett op. 33


Karel Reiner, geb. am 28.6.1910 in Zatec/Saaz in Nordböhmen, gest. am 17.10.1979 in Prag, gehört zu der Gruppe der "Theresienstädter" Komponisten und Musiker, deren gemeinsames Schicksal darin bestand, von den Nazis aus dem "Protektorat Böhmen" in das ghettoähnliche KZ Theresienstadt deportiert worden zu sein (im Fall Karel Reiners im Juli 1943), um von dort aus in eines der Vernichtungslager im Osten weiter verschleppt zu werden. Karel Reiner, dessen Vater Kantor einer jüdischen Gemeinde war, hatte in Prag sowohl Jura studiert (mit der Promotion zum Dr. jur.) als auch Komposition bei Josef Suk und Alois Hába, mit dem er befreundet und zudem durch die Nähe zur Anthroposophie verbunden war. Hábas Spezialität der Komposition mit Mikrotönen wurde von Reiner nur anfangs aufgegriffen, dessen Hang zum "athematischen" Komponieren übernahm Reiner hingegen. Im September 1944 wurde Karel Reiner ins KZ Auschwitz verbracht und von dort aus ins KZ Dachau weiterdeportiert, wo er im April 1945 die Befreiung erlebte. Zurück in Prag, konnte Reiner als freischaffender Komponist arbeiten (sein Gesamtwerk zählt nahezu 300 Kompositionen). Im Prager Musikleben erfüllte er wichtige Funktionen: er war Vorsitzender des Tschechischen Musikfonds und führendes Mitglied im tschechischen Komponistenverband.

Das Zweite Streichquartett op. 33 schrieb Karel Reiner 1941, also während der Okkupationszeit (Böhmen war im März 1939 von den Deutschen besetzt worden), aber noch vor der Deportation nach Theresienstadt. Das gut 20 Minuten lange, viersätzige Werk folgt dem Beethovenschen Muster zweier Außensätze, in deren Rahmen ein langsamer und ein scherzoser Satz eingebettet sind. Die schnellen Außensätze haben die Ausdrucksangabe "energico" gemeinsam, wobei der Kopfsatz Toccata-, das Finale Marciacharaktere ausbildet. Sehr ernst und wehmütig klingt das "Moderato", in dessen Rhythmik Funebreintonationen zu erkennen sind. Ganz nach dem Modell der Presto-Scherzi im schnellen ganztaktigen 3/4-Takt zieht der 3. Satz vorüber, der auch ein leicht kontrastierendes Trio aufweist. Spieltechnisch höchst anspruchsvoll, hinterläßt das Quartett den Eindruck von Herbheit und Undurchsichtigkeit. Am dankbarsten für die Entfaltung des Streicherklangs ist sicherlich der langsame Satz.

Peter Petersen



Zurück zur Repertoireliste