Erklärt werden können diese Körperreaktionen durch eine Erregung des
autonomem Nervensystems. Bei Angst steigt die Erregung an und ist
dabei nicht willentlich zu kontrollieren. Es kommt zur Freisetzung des
Hormons Adrenalin, d.h. ein "Adrenalinstoß" wird in Sekundenbruchteilen
freigesetzt und auf der Blutbahn durch den Körper gejagt.
Die Herzfrequenz kann sich dabei von einem Schlag auf den anderen
verdoppeln.
Die Angst kann aber nicht für immer andauern oder sich ständig auf einem
für den Körper schädlichen Niveau halten.
Der Körper hat hierfür einen Schutzmechanismus eingebaut, der das
Adrenalin wieder abbaut und so die Angst vermindert. Bis es aber soweit
ist fühlt man sich noch für eine gewisse Zeit aufgeregt und angespannt.
Menschen, die an einer Angst- oder Panikstörung leiden sind so
ausgestattet, daß ihre körperlichen Reaktionen sehr schnell und in einem
übermaß erfolgen und das Adrenalin nur langsam wieder abgebaut wird.
Diese Menschen sind also mit einer schnellen und überschießenden
Energiebereitstellung ausgestattet. Zum anderen stehen sie auch unter
einer höheren allgemeinen Anspannung, so daß nur eine geringe
Angstsituation ausreicht, um einen Angstanfall auszulösen.
Solche Menschen erleben diese Energien aber auch als positiv, da sie
sowohl körperlich als auch geistig eine schnelle Reaktionsfähigkeit und
hohe Leistungsfähigkeit bewirken.
Häufig zeichnen sich solche Menschen durch ihr Temperament oder hohe
Sportlichkeit aus.
Oft findet man unter Patienten mit Angstanfällen Berufssportler, Piloten,
erfolgreiche Kaufleute, Manager. Berufe die eine hohe Flexibilität
erfordern.
Man kann die körperlichen Reaktionen gut an einem bildhaften Beispiel
erklären, wenn man den Vergleich zwischen einem Traktor und einem
Porsche vollzieht.
Beides sind Fahrzeuge, die jedoch für unterschiedliche Leistungen
konstruiert wurden:
Der Porsche ist ein hoch sensibles Fahrzeug mit viel PS, das schon bei
einem geringen Tritt auf das Gaspedal mit hoher Geschwindigkeit reagiert.
Der Traktor dagegen ist nur träge und langsam auf Höchstleistung zu
bringen. Er tuckert langsam und gemächlich.
Angstpatienten sind oft die Porschefahrer unter den Menschen.
Schwindelgefühle, Schwarz vor den Augen
Jedem Menschen stehen 4 - 5 Liter Blut zur Verfügung, die den gesamten
Organismus versorgen. In gefährlichen Situationen beschleunigt sich der
Blutfluß.
Grundsätzlich wird Blut von den Stellen, an denen es nicht gebraucht wird
weggenommen und an die Orte transportiert, an denen erhöhter Bedarf
herrscht.
So wird z.B. Blut aus den Fingern und Zehen weggenommen (vor Angst
kalte Füße kriegen).
Zusätzlich wird das Blut zu den großen Muskeln transportiert, z.B. zu den
Oberschenkeln und Bizeps, was dem Körper hilft Handlungen
vorzubereiten, die Muskelarbeit erfordern.
Durch die Umverteilung des Blutes kommt es zu einer geringeren
Durchblutung der nicht zur Leistung benötigten Organe. Dies führt zu
Schwindel oder Sehstörungen, da der Augenhintergrund und der
Gleichgewichtssinn sensibel auf die kurzfristig verringerte Durchblutung
reagieren.
Herzklopfen bis Herzjagen, unregelmäßiges Herzschlagen (Galopprhytmus)
Unter erhöhter Leistungsbereitschaft kommt es zu einer Erhöhung der
Herzfrequenz, da mehr Blut durch den Körper gepumpt wird um die
benötigte Energie (Sauerstoff und Zucker) zu transportieren. Die
normale Herzfrequenz liegt bei ca. 60 Schlägen pro Minute. Bei seelischer
Erregung, wie z.B. Angst, steigt die Herzfrequenz an.
Man empfindet Angst vor dem Anstieg, dadurch erhöht sich die Angst, die
wiederum den Herzschlag erhöht. Dieser Kreislauf schaukelt sich immer
weiter hoch, bis Herzfrequenzen von 120 und mehr Schlägen / min.
erreicht werden.
Dieser Anstieg ist aber nicht als krankhaft zu sehen, sondern als normal.
Bei sportlichem Training ist er sogar erwünscht, da der Trainingseffekt
erst ab Herzfrequenzen von 140 - 160 Schlägen / min. beginnt.
Atembeschwerden bis Atembeklemmung
Die Kampf / Flucht - Reaktion ist mit einer schnelleren und tieferen
Atmung verbunden.
Dies ist bedeutend für die Alarmbereitschaft des Organismus, da das
Gewebe mehr Sauerstoff
benötigt um den Körper auf Handlungen vorzubereiten.
Diese verstärkte Atmung kann Atemlosigkeit, Erstickungsgefühle,
Schmerzen oder Beklemmungsgefühle in der Brust hervorrufen.
Besonders wenn keine aktuelle körperliche Aktivität eintritt.
Kloß- und Engegefühl im Hals
Beide Lungenflügel werden weit gestellt und die Atemgeschwindigkeit wird
größer, da der Körper handlungsbereit ist. Da Flucht oder Kampf nicht
stattfinden, bleibt die Atmung trotz Erhöhung ihrer Geschwindigkeit flach,
so daß die Lungenbläschen in den Randbezirken nicht ausreichend
beatmet werden. Das erzeugt ein Gefühl der Atembeklemmung.
Mundtrockenheit
Der ganze Körper ist auf Leistung und nicht auf Verdauung eingestellt.
Dadurch wird weniger Speichel produziert. Durch die schnellere Atmung
verstärkt sich noch das Gefühl der Mundtrockenheit.
Kälte- und Hitzeschauer, Kribbeln in den Beinen
Diese Körpergefühle kommen von der Blutumverteilung im Körper.
Das Blut, das über chemische Vorgänge in der Leber warm gehalten wird,
ist gleichzeitig Wärmeleiter und Transporteur des Körpers.
Eine rasche Umverteilung führt auch zu Veränderung der Warm- und
Kaltwahrnehmung in den einzelnen Körperbereichen. Es kommt auch zu
vermehrtem Schwitzen.
Übelkeit und flaues Gefühl im Magen
Da der Körper biologisch auf Leistung eingestellt ist, ist der Bauchraum
schlecht durchblutet und nicht auf Nahrungsaufnahme eingestellt. Deshalb
kann es zu Übelkeit kommen, im Extremfall auch ohne
Nahrungsaufnahme.
Aus dem Bereich des Leistungssports ist das Phänomen bekannt, daß der
Körper während extremer sportlicher Leistung nicht imstande ist,
irgendwelche Nahrung zu aufzunehmen.
Weiche Knie
Die Gelenke sind auf Bewegung (Flucht oder Angriff) programmiert.
Manchmal zittert sogar die Muskulatur wegen der hohen Nervenerregung
der Energiebereitstellung. Man erlebt die Erregungsbereitschaft der
Gelenke als unsicheren Stand (weiche Knie),
und die der Muskeln als Zittern, solange keine
Bewegungen ausgeführt werden.
Es ist wichtig, zu wissen, daß diese Körpereaktionen
-
natürliche biologische Reaktionen mit hohem Überlebenswert sind und
keine Krankheit.
-
nicht nur speziell bei Ängsten ausgelöst werden, sondern auch bei
körperlicher Belastung und bei Gefühlsbewegungen wie Freude, Wut,
ärger, Streß.
-
nicht lebensbedrohlich sind und vom Körper nach einer gewissen Zeit
wieder abgebaut werden.
Wer als "Porsche" aufgrund seiner biologischen Veranlagung zu
überschnellen Reaktionen der Energiebereitschaft neigt, wird dies alles oft
als Krankheit deuten. Ist diese Definition "Krankheit" einmal geschehen,
dann neigt man dazu, auch Gefühlsbewegungen wie Freude oder Wut, die
die gleichen Körperreaktionen hervorrufen können, als Angst zu deuten.
Obwohl doch offensichtlich nichts beängstigendes vorliegt, wird die
wahrgenommene Körperreaktion als Angst empfunden.
Dadurch ändert sich auch das Verhalten in Situationen, in denen man z.B.
ärgerlich oder freudig ist. Der biologische Ausdruck dieser Gefühle wird als
Angst bewertet, und in Folge dieser Angst werden solche natürlichen
Reaktionen wie Freude oder Ärger in Zukunft gemieden.
Ein typisches Beispiel ist:
"Ich kann nicht zu dieser Einladung gehen, weil ich dort einen Angstanfall
bekomme."
Wenn es in dieser Situation bei der Einladung von Bekannten zu einer
Fehldeutung der Körperreaktion kommt und diese als "Krankheit" erlebt
wird, kann es passieren, dass man verlernt mit Situationen umzugehen,
die normalerweise Freude machen.
Freude oder andere Gefühle werden nicht als solche erlebt, sondern die
damit verbundenen körperlichen Abläufe möglicherweise als Vorboten von
Angstanfällen fehl gedeutet.
Zwangsläufige Folge: Jegliche gefühlsbeladene Situation wird zunehmend
gemieden.