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Frontal21 vom 26. November 2002
Soldaten oder Verbrecher?
Teil 2
1944 wächst der französische Widerstand, es kommt zu Partisanenanschlägen. Die SS nimmt Rache, ermordet in der kleinen Ortschaft Oradour-sur-Glane fast alle Männer. Frauen und Kinder sperren sie in eine Kirche und zünden sie an.
von Wolfgang Kramer |
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Jean Marcel Darthout überlebte die Verbrechen von Oradour: "Mein Vater kam weinend an und sagte, es hat keinen Sinn zu suchen. Sie sind alle tot in der Kirche. Das tat weh. Das war schrecklich." 642 Menschen, darunter 190 Kinder, sterben.
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In den letzten Kriegstagen macht der Terror der SS vor den eigenen Wehrmachtskameraden, vor den Alten und den Kindern aus dem "Volkssturm" nicht Halt. Manche der Henker empfinden bis heute keinerlei Reue.
Keine Reue Friedhelm Busse, ehemals SS-Division "Hitlerjugend": "Und dann haben wir da im Carré gestanden. Dann wurde das Urteil verlesen und dann zack die Fässer weggestoßen, und dann haben die gebaumelt. Und ich muss sagen, mein Gefühl war damals, die Schweine hängen zu recht, denn die sind uns in den Rücken gefallen. Im Krieg hört man nicht auf. Man sabotiert nicht. Man hat seine Pflicht zu tun bis zum Letzten." Busse ist ein aktiver Neonazi, verurteilt wegen Volksverhetzung. Er sieht noch heute in Hitler den "größten Staatsmann des Jahrtausends" und hält ihn wie andere SS-Veteranen in Ehren: den Totenkopfring.
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Hans Bernhard, ehemals "Leibstandarte": "Ja, ich freue mich darüber, dass ich ihn bekommen habe. Da ich nun zu dem stehe, was ich mache und was ich getan habe ohne Abstriche, ist das ja für mich auch eine gewisse Erinnerung, Andenken. Gutes Andenken."
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"Verbrecherische Organisation" Das Nachkriegs-Deutschland hat zu diesem guten Andenken beigetragen. Schon 1952 findet die erste große Wiedersehensfeier der Waffen-SS statt. Die Männer können mit Nachsicht rechnen. Es gibt viel Verständnis in der öffentlichen Meinung für den angeblich vierten Wehrmachtsteil, obwohl die SS vom internationalen Militärgerichtshof als "verbrecherische Organisation" geächtet wurde. Doch sogar der von KZ-Haft gezeichnete SPD-Vorsitzende Kurt Schumacher warnt vor Ausgrenzung, sieht in den Waffen-SS-Leuten überwiegend normale Soldaten.
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Konrad Adenauer besucht SS-General
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Kanzler Konrad Adenauer besucht im Sommer 1953 sogar SS-General Meyer im Kriegsverbrecher-Zuchthaus Werl. Adenauer kennt die Stimmung im Volk. Es ist Bundestags-Wahlkampf. Die Wiederbewaffnung steht an. Die Wehrmachtsoffiziere bestehen auf Ehrenrettung, auch für die Waffen-SS. Bis zum Rang eines Obersturmbannführers dürfen ehemalige SS-Offiziere in den Reihen der neuen Bundeswehr mitmarschieren. Deren Schöpfer fördern die Legende von den "Soldaten wie andere auch".
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Vaterländische Pflicht Prof. Wolfgang Benz: "Es war die Zeit der Legendenbildung. Und es war die Zeit, in der die Lebenslügen der deutschen Kriegsgeneration aufgebaut wurden: Niemand wollte bei etwas Bösem dabei gewesen sein. Und man hat alles Böse, was im deutschen Namen geschehen ist, dann auf eine kleine Clique von Verbrechern zu delegieren versucht, und dass sich der Rest darauf zurückziehen konnte, man habe seine vaterländische Pflicht getan und sonst nichts."
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Helmut Kohl und Ronald Reagan in Bitburg
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So kann langsam Gras wachsen über die Schuld der vielen. Heldengedenken ist da nur konsequent. 1985 führt Helmut Kohl in Bitburg Ronald Reagan auch zu den Gräbern gefallener SS-Soldaten. Benz: "Jetzt hat man Geschichte geschönt. Jetzt hat man Verbrechen verharmlost. Jetzt hat man kleingeredet, was eine große Katastrophe war und was in unserem Bewusstsein als Katastrophe bleiben müsste."
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Die Waffen-SS - Mahnung und Warnung.
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