Der Wegbereiter Friedrich Peter

Lebensdaten

Aufzählung Geboren am 13.07.1921 in Attnang-Puchheim
Aufzählung 1968 Volks- und Sonderschullehrer und Landesschulinspektor
Aufzählung Abgeordneter zum Oberösterreichischen Landtag 1955–1966
Aufzählung Landesparteiobmann der FPÖ Oberösterreich 1955–1971
Aufzählung Bundesparteiobmann der FPÖ 1958–1978
Aufzählung Obmann des Klubs der Freiheitlichen Partei Österreichs 1970–1986
Aufzählung Austritt aus der FPÖ 1992

Von Friedrich Weissensteiner

FPNach dem Tod Anton Reinthallers wurde nach einer einige Monate währenden Führungsdiskussion auf dem 3. ordentlichen Bundesparteitag der FPÖ, der vom 12. bis 14. September 1958 in Salzburg stattfand, Friedrich Peter mit 207 von 224 abgegebenen Stimmen (17 waren ungültig) zum neuen Bundesobmann gewählt. Die Partei vollzog mit seiner Wahl einen Generationenwechsel. Friedrich Peter war zu diesem Zeitpunkt verhältnismäßig jung an Jahren und jung in der Politik. Aber er hatte bereits viel hinter sich. Die Gnade der Geburt, von der heute so viel und oft die Rede ist, wurde ihm nicht zuteil.

Der am 13. Juli 1921 in Attnang-Puchheim zur Welt gekommene Sohn eines sozialdemokratischen Lokomotivführers und einer bürgerlichen Bäckermeisterstochter besuchte nach der Volksschule die Lehrerbildungsanstalt der Salesianer in Linz. Er trat bereits im November 1938 der NSDAP bei und meldete sich freiwillig zur Waffen-SS. Im Zweiten Weltkrieg war er an der West-und Ostfront eingesetzt, zuletzt als Obersturmführer beim 10. Regiment der 1. SS-Infanteriebrigade, die zahlreiche Kriegsverbrechen beging.

Als 1975 Simon Wiesenthal, der Leiter des Jüdischen Dokumentationszentrums, diese Tatsache "enthüllte", gab Peter im ORF folgende Stellungnahme ab: "Ich habe meine Militärdienstzeit in der 1. SS-Infanterie-Brigade und in der 2. SS-Panzerdivision 'Das Reich' von 1941 bis 1945 abgeleistet. Dabei habe ich weder innerhalb noch außerhalb dieses Zeitraumes an Erschießungen noch sonstigen Repressalien teilgenommen. Meine militärische Tätigkeit beendete ich im Mai 1945 als Obersturmführer der Waffen-SS und Chef einer Panzerkompagnie. Als Kriegsauszeichnung wurde mit das EK 2 für die Teilnahme an der Winterschlacht 1941/42 verliehen. Alle von Dipl. Ing. Simon Wiesenthal gegen mich angedeuteten Unterstellungen und Verdächtigungen weise ich schärfstens zurück." Nach Kriegsende wurde Peter in dem von der amerikanischen Militärbehörde im salzburgischen Glasenbach errichteten Inhaftierungslager zehn Monate lang festgehalten und dort einem "brainwashing" unterzogen. Nach seiner Entlassung legte er die Lehrbefähigungsprüfung für Volks-, Haupt-und Sonderschulen ab und war anschließend Lehrer an verschiedenen Schulen im Bezirk Kirchdorf an der Krems und in Linz.

Start in Oberösterreich

Friedrich Peters politische Laufbahn begann, wenn man so will, im Oberösterreichischen Landeslehrerverein. Bei den von dieser national orientierten Gruppierung veranstalteten (Diskussions)-Veranstaltungen lernte er die namhaftesten Vertreter des Dritten Lagers zu dieser Zeit kennen: Herbert Kraus, Viktor Reimann, Max Stendebach, Emil van Tongel und andere. Der definitive Einstieg in die Politik erfolgte dann im Februar 1955, als er an der Seite Anton Reinthallers die "Freiheitspartei" mitbegründete, deren Zielsetzung es war, dem VdU eine prononciert nationale Ausrichtung zu geben. Peter, den mit Anton Reinthaller ein politisches Vater-Sohn-Verhältnis verband, erwies sich bereits damals als ein geschickter Verhandler, der dem Kompromiss und nicht der Konfrontation das Wort redete. Diesem politischen Stil ist er im Großen und Ganzen bis zum Ende seiner Karriere treu geblieben.

Niedriger Bekanntheitsgrad

Friedrich Peter war bei seiner Wahl zum Bundesparteiobmann der FPÖ Abgeordneter zum oberösterreichischen Landtag und oberösterreichischer Parteiobmann. Sein Bekanntheitsgrad war niedrig, er war politisch unerfahren. Er musste sich durch Überzeugungskraft, Leistung, Fleiß und die Fähigkeit, zwischen den nationalen und liberalen Elementen in seiner Partei ausgleichend zu wirken, profilieren. Das ist ihm im Verlauf der zwei Jahrzehnte, in denen er an der Spitze der FPÖ stand, hervorragend gelungen. Er bewies in heiklen Situationen Standfestigkeit, ein gerüttelt Maß an Durchhaltevermögen und diplomatisches Geschick Vorrangiges Ziel des jungen Obmanns war es, musste es sein, die Partei nachhaltig zu stabilisieren, sie aus der politischen Isolation zu führen und sie regierungsfähig zu machen. Wahrlich keine leichte Aufgabe. Die Chancen für eine Zusammenarbeit mit einer der beiden Großparteien waren nicht ungünstig. Das Kräfteverhältnis zwischen ÖVP und SPÖ war ziemlich ausgeglichen. Die Mandatsverteilung nach der Nationalratswahl von 1959, bei der sich die FPÖ von 6 auf 8 Mandate verbesserte, war 79:78 für die Volkspartei. Sowohl die Schwarzen wie die Roten bemühten sich um die Gunst der Freiheitlichen, die das Zünglein an der Waage waren.

Zunächst mit der ÖVP

Friedrich Peter setzte zunächst auf eine Zusammenarbeit mit der ÖVP. Vor der Wahl des Jahres 1962 kam es im Grazer Hotel "Erzherzog Johann" zu Gesprächen zwischen Bundeskanzler Alfons Gorbach und Josef Krainer sen., dem Landeshauptmann der Steiermark, einerseits, Friedrich Peter und Alexander Götz sen., dem steirischen Landesparteiobmann der FPÖ, andererseits. Die Gespräche verliefen vielversprechend. Eine schwarz-blaue Koalition rückte in den Bereich der Möglichkeit. Nach der Wahl teilte Gorbach der FPÖ-Führung jedoch mit, dass er seine Linie im Parteivorstand nicht durchgebracht habe. Peter begann nun seine Fühler nach links auszustrecken. Seine Gesprächspartner auf sozialistischer Seite waren Bruno Pittermann, Franz Olah und Bruno Kreisky, mit dem er sich menschlich bald gut verstand. Die Annäherung zwischen den beiden Parteien führte in der Habsburg-Frage zu einer inhaltlichen Kooperation. SPÖ und FPÖ lehnten in einer gemeinsamen parlamentarischen Entschließung die Einreise Ottos von Habsburg ab. Zum ersten Mal seit der Gründung der Gründung der Partei hatte die FPÖ bei einer wichtigen innenpolitischen Entscheidung maßgeblichen Einfluss ausgeübt. Auf einem Parteitag in Salzburg im Juni 1964 gaben sich die Freiheitlichen ein liberaleres Profil, im Juli wurde mit der SPÖ schriftlich eine Wahlrechtsreform fixiert, die die bestehende Benachteilung der Kleinparteien bei der Zuteilung der Nationalratsmandate beseitigen sollte.

Probleme mit "Linkskurs"

Gegen den "Linkskurs" gab es in der Partei wohl Widerstand, der von Otto Scrinzi und Alexander Götz jun. angeführt wurde, aber Friedrich Peter wurde in Salzburg mit 264 von 299 abgegebenen Stimmen als Obmann wiedergewählt. Die Weichen für eine weitere Zusammenarbeit mit den Sozialisten schienen gestellt, obwohl auch in deren Reihen deutliche Vorbehalte, vor allem von ganz links und von Gewerkschaftsseite, geäußert wurden. Allen weiteren Überlegungen und Entscheidungen setzte die Olah-Krise dann ein jähes Ende. Franz Olah hatte 1962 der FPÖ mit einer "Millionenspende" finanziell unter die Arme gegriffen und 1964 die Gründung der "Kronen-Zeitung" mit Gewerkschaftsgeldern mitfinanziert. SPÖ und FPÖ gerieten in schwere Turbulenzen, die ÖVP errang bei den Nationalratswahlen des Jahres 1966 die absolute Mehrheit. Die FPÖ fiel von 8 auf 6 Mandate zurück. Friedrich Peter zog in den Nationalrat ein. Innerparteilich bekam er es nun mit verstärktem Gegenwind vom nationalen Flügel zu tun, aber er behauptete sich und hielt Kurs. Er blieb bei seiner Präferenz für die SPÖ und hielt verstärkten Kontakt zu Bruno Kreisky, der 1967 zum Vorsitzenden seiner Partei gewählt worden war. Friedrich Peter nutzte die Chance, die nach dem Ende der Großen Koalition die Aufwertung des Parlaments den Abgeordneten gab. Er profilierte sich als Oppositionspolitiker und entwickelte sich mit pointierten, gut vorbereiteten und glänzend vorgetragenen Reden zu einem in allen Parteien geachteten Parlamentarier.

Ischler Programm

Als Parteiobmann machte sich seine Handschrift in dem 1968 in Ischl beschlossenen neuen Programm bemerkbar, in dem die FPÖ ein deutliches Bekenntnis zu Europa ablegte ("Wir wollen den europäischen Bundesstaat"), sowie im "Freiheitlichen Manifest" des Jahres 1973, das liberale gesellschaftliche Markierungen setzte. Nach dem Wahlsieg der SPÖ am 1. März 1970 unterstützte die FPÖ die Minderheitsregierung Kreisky und wurde gegen die Zusage, dem Budget 1971 zuzustimmen, mit der längst fälligen Wahlrechtsreform belohnt. Diese trug ihr bei der vorverlegten Nationalratswahl am 10. Oktober 1971 bei stagnierendem Wählerzuspruch 10 statt der bisherigen 6 Mandate ein. Allerdings: die SPÖ errang die absolute Mehrheit (wie dann auch 1975 und 1979) und war auf keinen Koalitionspartner angewiesen. Friedrich Peters Traum von einer Regierungsbeteiligung seiner Partei war auf lange Zeit ausgeträumt. Durch die Wiesenthal-Enthüllung geriet der Parteiobmann auch innerhalb der eigenen Reihen schwer unter Beschuss. Er wurde sowohl von seinem weit rechts stehenden Intimfeind Otto Scrinzi als auch von den jungen, nachrückenden Liberalen attackiert. Auf dem Bundesparteitag am 18. und 19. September 1976 in Villach wurde er zwar mit 74 Prozent der abgegebenen Stimmen wiedergewählt, aber er selbst rang sich zur Entscheidung durch, beim nächsten Parteitag als Obmannkandidat nicht mehr zur Verfügung zu stehen. Er blieb jedoch Klubobmann und spielte beim Zustandekommen der Regierung Sinowatz (SPÖ)-Steger (FPÖ) eine entscheidende Rolle. Der Posten des Dritten Nationalratspräsidenten blieb ihm versagt.

Austritt aus der FPÖ


1986 zog sich Friedrich Peter aus der Politik zurück, 1992 trat er aus Protest gegen den Kurs der Partei unter Jörg Haider, vor allem gegen dessen Anti-Europa-Politik aus der Partei aus. Mit der Haider-FPÖ will der nunmehr 82 Jährige nichts zu tun haben. Der seit 60 Jahren glücklich verheiratete FPÖ-Politiker und Vater zweier längst erwachsener Töchter ist zum überzeugten Demokraten geworden. Er hat jetzt Zeit, sich seinen kulturelle Vorlieben zu widmen, der Musik (seinen schönen Bariton hat er der Politik geopfert) und der Literatur, und darüber ernsthaft besorgt zu sein, dass die Konsensbereitschaft, die sein politisches Handeln bestimmte, Solidarität und staatspolitisches Verantwortungsbewusstsein in der heutigen Wohlstandsgesellschaft nicht mehr den Stellenwert besitzen, der ihnen gebührt.

Erschienen am: 05.05.2004