Von Friedrich Weissensteiner
Nach dem Tod Anton Reinthallers
wurde nach einer einige Monate währenden Führungsdiskussion auf dem
3. ordentlichen Bundesparteitag der FPÖ, der vom 12. bis 14. September
1958 in Salzburg stattfand, Friedrich Peter mit 207 von 224 abgegebenen Stimmen
(17 waren ungültig) zum neuen Bundesobmann gewählt. Die Partei
vollzog mit seiner Wahl einen Generationenwechsel. Friedrich Peter war zu
diesem Zeitpunkt verhältnismäßig jung an Jahren und jung in der
Politik. Aber er hatte bereits viel hinter sich. Die Gnade der Geburt, von der
heute so viel und oft die Rede ist, wurde ihm nicht zuteil.
Der am 13.
Juli 1921 in Attnang-Puchheim zur Welt gekommene Sohn eines
sozialdemokratischen Lokomotivführers und einer bürgerlichen
Bäckermeisterstochter besuchte nach der Volksschule die
Lehrerbildungsanstalt der Salesianer in Linz. Er trat bereits im November 1938
der NSDAP bei und meldete sich freiwillig zur Waffen-SS. Im Zweiten Weltkrieg
war er an der West-und Ostfront eingesetzt, zuletzt als Obersturmführer
beim 10. Regiment der 1. SS-Infanteriebrigade, die zahlreiche Kriegsverbrechen
beging.
Als 1975 Simon Wiesenthal, der Leiter des Jüdischen
Dokumentationszentrums, diese Tatsache "enthüllte", gab Peter im ORF
folgende Stellungnahme ab: "Ich habe meine Militärdienstzeit in der 1.
SS-Infanterie-Brigade und in der 2. SS-Panzerdivision 'Das Reich' von 1941 bis
1945 abgeleistet. Dabei habe ich weder innerhalb noch außerhalb dieses
Zeitraumes an Erschießungen noch sonstigen Repressalien teilgenommen.
Meine militärische Tätigkeit beendete ich im Mai 1945 als
Obersturmführer der Waffen-SS und Chef einer Panzerkompagnie. Als
Kriegsauszeichnung wurde mit das EK 2 für die Teilnahme an der
Winterschlacht 1941/42 verliehen. Alle von Dipl. Ing. Simon Wiesenthal gegen
mich angedeuteten Unterstellungen und Verdächtigungen weise ich
schärfstens zurück." Nach Kriegsende wurde Peter in dem von der
amerikanischen Militärbehörde im salzburgischen Glasenbach
errichteten Inhaftierungslager zehn Monate lang festgehalten und dort einem
"brainwashing" unterzogen. Nach seiner Entlassung legte er die
Lehrbefähigungsprüfung für Volks-, Haupt-und Sonderschulen ab
und war anschließend Lehrer an verschiedenen Schulen im Bezirk Kirchdorf
an der Krems und in Linz.
Start in Oberösterreich
Friedrich Peters politische Laufbahn begann, wenn man so will, im
Oberösterreichischen Landeslehrerverein. Bei den von dieser national
orientierten Gruppierung veranstalteten (Diskussions)-Veranstaltungen lernte er
die namhaftesten Vertreter des Dritten Lagers zu dieser Zeit kennen: Herbert
Kraus, Viktor Reimann, Max Stendebach, Emil van Tongel und andere. Der
definitive Einstieg in die Politik erfolgte dann im Februar 1955, als er an der
Seite Anton Reinthallers die "Freiheitspartei" mitbegründete, deren
Zielsetzung es war, dem VdU eine prononciert nationale Ausrichtung zu geben.
Peter, den mit Anton Reinthaller ein politisches Vater-Sohn-Verhältnis
verband, erwies sich bereits damals als ein geschickter Verhandler, der dem
Kompromiss und nicht der Konfrontation das Wort redete. Diesem politischen Stil
ist er im Großen und Ganzen bis zum Ende seiner Karriere treu geblieben.
Niedriger Bekanntheitsgrad
Friedrich Peter war bei seiner
Wahl zum Bundesparteiobmann der FPÖ Abgeordneter zum
oberösterreichischen Landtag und oberösterreichischer Parteiobmann.
Sein Bekanntheitsgrad war niedrig, er war politisch unerfahren. Er musste sich
durch Überzeugungskraft, Leistung, Fleiß und die Fähigkeit,
zwischen den nationalen und liberalen Elementen in seiner Partei ausgleichend
zu wirken, profilieren. Das ist ihm im Verlauf der zwei Jahrzehnte, in denen er
an der Spitze der FPÖ stand, hervorragend gelungen. Er bewies in heiklen
Situationen Standfestigkeit, ein gerüttelt Maß an
Durchhaltevermögen und diplomatisches Geschick Vorrangiges Ziel des jungen
Obmanns war es, musste es sein, die Partei nachhaltig zu stabilisieren, sie aus
der politischen Isolation zu führen und sie regierungsfähig zu
machen. Wahrlich keine leichte Aufgabe. Die Chancen für eine
Zusammenarbeit mit einer der beiden Großparteien waren nicht
ungünstig. Das Kräfteverhältnis zwischen ÖVP und SPÖ
war ziemlich ausgeglichen. Die Mandatsverteilung nach der Nationalratswahl von
1959, bei der sich die FPÖ von 6 auf 8 Mandate verbesserte, war 79:78
für die Volkspartei. Sowohl die Schwarzen wie die Roten bemühten sich
um die Gunst der Freiheitlichen, die das Zünglein an der Waage waren.
Zunächst mit der ÖVP
Friedrich Peter setzte
zunächst auf eine Zusammenarbeit mit der ÖVP. Vor der Wahl des Jahres
1962 kam es im Grazer Hotel "Erzherzog Johann" zu Gesprächen zwischen
Bundeskanzler Alfons Gorbach und Josef Krainer sen., dem Landeshauptmann der
Steiermark, einerseits, Friedrich Peter und Alexander Götz sen., dem
steirischen Landesparteiobmann der FPÖ, andererseits. Die Gespräche
verliefen vielversprechend. Eine schwarz-blaue Koalition rückte in den
Bereich der Möglichkeit. Nach der Wahl teilte Gorbach der
FPÖ-Führung jedoch mit, dass er seine Linie im Parteivorstand nicht
durchgebracht habe. Peter begann nun seine Fühler nach links
auszustrecken. Seine Gesprächspartner auf sozialistischer Seite waren
Bruno Pittermann, Franz Olah und Bruno Kreisky, mit dem er sich menschlich bald
gut verstand. Die Annäherung zwischen den beiden Parteien führte in
der Habsburg-Frage zu einer inhaltlichen Kooperation. SPÖ und FPÖ
lehnten in einer gemeinsamen parlamentarischen Entschließung die Einreise
Ottos von Habsburg ab. Zum ersten Mal seit der Gründung der Gründung
der Partei hatte die FPÖ bei einer wichtigen innenpolitischen Entscheidung
maßgeblichen Einfluss ausgeübt. Auf einem Parteitag in Salzburg im
Juni 1964 gaben sich die Freiheitlichen ein liberaleres Profil, im Juli wurde
mit der SPÖ schriftlich eine Wahlrechtsreform fixiert, die die bestehende
Benachteilung der Kleinparteien bei der Zuteilung der Nationalratsmandate
beseitigen sollte.
Probleme mit "Linkskurs"
Gegen den
"Linkskurs" gab es in der Partei wohl Widerstand, der von Otto Scrinzi und
Alexander Götz jun. angeführt wurde, aber Friedrich Peter wurde in
Salzburg mit 264 von 299 abgegebenen Stimmen als Obmann wiedergewählt. Die
Weichen für eine weitere Zusammenarbeit mit den Sozialisten schienen
gestellt, obwohl auch in deren Reihen deutliche Vorbehalte, vor allem von ganz
links und von Gewerkschaftsseite, geäußert wurden. Allen weiteren
Überlegungen und Entscheidungen setzte die Olah-Krise dann ein jähes
Ende. Franz Olah hatte 1962 der FPÖ mit einer "Millionenspende" finanziell
unter die Arme gegriffen und 1964 die Gründung der "Kronen-Zeitung" mit
Gewerkschaftsgeldern mitfinanziert. SPÖ und FPÖ gerieten in schwere
Turbulenzen, die ÖVP errang bei den Nationalratswahlen des Jahres 1966 die
absolute Mehrheit. Die FPÖ fiel von 8 auf 6 Mandate zurück. Friedrich
Peter zog in den Nationalrat ein. Innerparteilich bekam er es nun mit
verstärktem Gegenwind vom nationalen Flügel zu tun, aber er
behauptete sich und hielt Kurs. Er blieb bei seiner Präferenz für die
SPÖ und hielt verstärkten Kontakt zu Bruno Kreisky, der 1967 zum
Vorsitzenden seiner Partei gewählt worden war. Friedrich Peter nutzte die
Chance, die nach dem Ende der Großen Koalition die Aufwertung des
Parlaments den Abgeordneten gab. Er profilierte sich als Oppositionspolitiker
und entwickelte sich mit pointierten, gut vorbereiteten und glänzend
vorgetragenen Reden zu einem in allen Parteien geachteten Parlamentarier.
Ischler Programm
Als Parteiobmann machte sich seine
Handschrift in dem 1968 in Ischl beschlossenen neuen Programm bemerkbar, in dem
die FPÖ ein deutliches Bekenntnis zu Europa ablegte ("Wir wollen den
europäischen Bundesstaat"), sowie im "Freiheitlichen Manifest" des Jahres
1973, das liberale gesellschaftliche Markierungen setzte. Nach dem Wahlsieg der
SPÖ am 1. März 1970 unterstützte die FPÖ die
Minderheitsregierung Kreisky und wurde gegen die Zusage, dem Budget 1971
zuzustimmen, mit der längst fälligen Wahlrechtsreform belohnt. Diese
trug ihr bei der vorverlegten Nationalratswahl am 10. Oktober 1971 bei
stagnierendem Wählerzuspruch 10 statt der bisherigen 6 Mandate ein.
Allerdings: die SPÖ errang die absolute Mehrheit (wie dann auch 1975 und
1979) und war auf keinen Koalitionspartner angewiesen. Friedrich Peters Traum
von einer Regierungsbeteiligung seiner Partei war auf lange Zeit
ausgeträumt. Durch die Wiesenthal-Enthüllung geriet der Parteiobmann
auch innerhalb der eigenen Reihen schwer unter Beschuss. Er wurde sowohl von
seinem weit rechts stehenden Intimfeind Otto Scrinzi als auch von den jungen,
nachrückenden Liberalen attackiert. Auf dem Bundesparteitag am 18. und 19.
September 1976 in Villach wurde er zwar mit 74 Prozent der abgegebenen Stimmen
wiedergewählt, aber er selbst rang sich zur Entscheidung durch, beim
nächsten Parteitag als Obmannkandidat nicht mehr zur Verfügung zu
stehen. Er blieb jedoch Klubobmann und spielte beim Zustandekommen der
Regierung Sinowatz (SPÖ)-Steger (FPÖ) eine entscheidende Rolle. Der
Posten des Dritten Nationalratspräsidenten blieb ihm versagt.
Austritt aus der FPÖ
1986 zog sich Friedrich Peter
aus der Politik zurück, 1992 trat er aus Protest gegen den Kurs der Partei
unter Jörg Haider, vor allem gegen dessen Anti-Europa-Politik aus der
Partei aus. Mit der Haider-FPÖ will der nunmehr 82 Jährige nichts zu
tun haben. Der seit 60 Jahren glücklich verheiratete FPÖ-Politiker
und Vater zweier längst erwachsener Töchter ist zum überzeugten
Demokraten geworden. Er hat jetzt Zeit, sich seinen kulturelle Vorlieben zu
widmen, der Musik (seinen schönen Bariton hat er der Politik geopfert) und
der Literatur, und darüber ernsthaft besorgt zu sein, dass die
Konsensbereitschaft, die sein politisches Handeln bestimmte, Solidarität
und staatspolitisches Verantwortungsbewusstsein in der heutigen
Wohlstandsgesellschaft nicht mehr den Stellenwert besitzen, der ihnen
gebührt. |