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Basis für neuen diagnostischen Test von Prionerkrankungen

Die Forschergruppe von Prof. Adriano Aguzzi an der Universität Zürich hat einen neuen Ansatz entwickelt, mit welchem das bösartige Prionprotein nachgewiesen werden kann, welches für Erkrankungen wie BSE bei Rindern oder die menschliche Creutzfeldt-Jakob-Krankheit verantwortlich ist. In der neusten Ausgabe der Wissenschaftszeitschrift "Nature" (23.11.00) berichten die Forscher vom Institut für Neuropathologie über ihre Forschungsergebnisse.
von Christiane Röckl (Institut für Neuropathologie)
und Dr. Cordula Haas (Prorektorat Forschung)

Prionerkrankungen, zu denen BSE in Rindern und die menschliche Creutzfeldt-Jakob-Krankheit gehören, sind degenerative Erkrankungen des Nervensystems. Ein Hauptmerkmal aller Prionerkrankungen ist die Anreicherung eines Eiweisses, PrPSc (Scrapie Prionprotein), im kranken Hirn. Dieses Eiweiss ist eine modifizierte Form des normalen Prionproteins PrPC (zelluläres Prionprotein), das von allen Wirbeltieren gebildet wird und im Gehirn vor allem an der Oberfläche von Neuronen vorkommt. Die 'Protein-only' Hypothese besagt, dass das abnormale Prionprotein PrPSc der Erreger der Prionerkrankungen ist und sich vermehrt, indem es das zelleigene Protein PrPC in PrPSc umwandelt.

The Prion Hypothesis
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Das normale und das bösartige Prionprotein haben die gleiche chemische Zusammensetzung und unterscheiden sich lediglich in der räumlichen Anordnung ihrer Bausteine, d.h. in ihrer Faltung oder sogenannten Konformation. Da das normale Prion-Eiweiss (PrPC) von den meisten menschlichen und tierischen Zellen hergestellt wird, muss ein Test für Prionerkrankungen zwischen der bösartigen und der zelleigenen Form differenzieren können. Bei den bis anhin entwickelten Nachweismethoden wird das zu testende Gewebe erst einer Behandlung ausgesetzt, die das empfindliche nicht infektiöse Protein (PrPC) abbaut, der robusteren infektiösen Form (PrPSc) aber nichts anhaben kann. Anschliessend wird das unversehrte PrPSc mittels Antikörpern, die beide Formen des Prionproteins erkennen, nachgewiesen.
Im Gegensatz zu derartigen Antikörpern hat Plasminogen eine starke Affinität zu PrPSc, nicht jedoch zu PrPC, was die Forschergruppe von Prof. Adriano Aguzzi in Bindungsstudien zeigen konnte. Bei diesen Experimenten wurden winzige magnetische Kügelchen mit Plasminogen überzogen und mit Hirnmaterial von Prion-infizierten Mäusen gemischt. Während PrPSc an den Plasminogen-Kügelchen haftete und so aus dem Gewebebrei herausgefischt werden konnte, blieb kein PrPC an den Kügelchen kleben. Diese selektive Bindungsfähigkeit könnte als Basis für einen diagnostischen Test für BSE und CJD dienen oder ausgenützt werden, um Prionen aus Blutprodukten zu entfernen. Die Forscher betonen jedoch, dass der Mechanismus der Interaktion noch im Dunkeln liegt. Bevor der Befund diagnostisch umgesetzt werden kann, muss die Art der Bindung besser charakterisiert werden.

Western Blot assay
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Magnetische Kügelchen wurden mit Antikörpern überzogen, die gegen Plasminogen gerichtet waren (anti-Plasminogen AB). Diese Kügelchen wurden in einer Plasminogenlösung gebadet und anschliessend mehrmals gewaschen. Auf diese Weise konnten Kügelchen gewonnen werden, deren Oberfläche mit Plasminogen bedeckt war. In einem nächsten Schritt wurden die Kügelchen mit homogenisiertem Hirngewebe von Prion-infizierten Mäusen gemischt. Das abnormale Prionprotein (PrPSc) haftete am Plasminogen und blieb deshalb an den Kügelchen hängen. Durch Kochen wurde es wieder von den Kügelchen gelöst und konnte in einem Western blot nachgewiesen werden. Dabei wurden die Proteine in einer Gelmatrix der Grösse nach aufgetrennt und anschliessend mit spezifischen Antikörpern sichtbar gemacht. Einzig Kügelchen, die mit Plasminogen beschichtet waren, konnten das Prionprotein aus dem Gewebebrei fischen, nicht jedoch unbeschichtete Kügelchen oder solche, die mit dem Eiweiss Albumin (BSA) überzogen waren. Wird das Prionprotein vor der Zugabe der Kügelchen mit Proteinase K behandelt, ist es etwas verkürzt, was sich in dem nach unten verschobenen Signal zeigt.

Neben der direkten Anwendung als Nachweismethode ist die Bindung zwischen Plasminogen und Prionprotein von Bedeutung für das Verständnis der Entstehung und den Verlauf von Prionerkrankungen. Als Vorläufermolekül von Plasmin spielt Plasminogen eine wichtige Rolle in der Kontrolle der Blutgerinnung. Plasmin und Plasminogen sind auch im Gehirn vorhanden, wo sie den Tod von Nervenzellen beeinflussen können. Es ist noch offen, ob die Bindung, die die Zürcher Forscher im Reagenzglas beobachtet haben, auch im lebenden Organismus stattfindet. Kann eine derartige Interaktion im infizierten Tier oder Mensch gezeigt werden, stellt sich die Frage, ob die Bindung an Plasminogen die schädliche Wirkung des Prionproteins mildert oder verstärkt. Es ist auch denkbar, dass Plasminogen durch den Kontakt mit PrPSc so verändert wird, dass es seine natürliche Aufgabe nicht mehr erfüllen kann.
Trotz den offenen Fragen ist das neue Ergebnis der Forschergruppe von Prof. Adriano Aguzzi eine wichtige Erkenntnis für die Diagnose und Aufklärung von Prionerkrankungen.

Referenz: Nature, 23. November 2000 (www.nature.com)
Kontaktadresse: adriano.aguzzi@pty.usz.ch


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