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Dieses Interview entstand in Zusammenarbeit mit dem
Radio-Kinomagazin Pumm & Behrmann im Radio Umland TV. Es wurde von
Dennis Pumm per Telefon geführt. Weitere Infos zur Sendung findet auf
www.pub-kinotipp.de. |
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Christoph Biemann wurde am 6. August 1952
geboren. Er ist einer der Hauptköpfe hinter der "Sendung mit der Maus", für die
er seit 1989 mit seiner eigenen Firma Delta TV die bekannten Sachgeschichten
produziert. Für seine Verdienste wurde Biemann mit mehreren Preisen
ausgezeichnet, darunter auch das Bundesverdienstkreuz.
PresseSau.de:
Hallo Christoph, als Autor,
Regisseur und Darsteller bist Du neben Armin Maiwald und Ralph Caspers einer der
Moderatoren der bekannten Sendung mit der Maus. Ursprünglich trug die Sendung
mit der Maus lediglich den Titel „Lach- und Sachgeschichten“. Wie kam es
schließlich zur Umbenennung und dem Symbol der Sendung: der Maus?
Christoph Biemann: Also
es hieß die „Lach- und Sachgeschichten für Fernsehanfänger“. In dieser Sendung
wurden einzelne Filme hintereinandergehängt. Da gab es dann auch eine
Bildergeschichte mit einer Maus, „Maus im Laden“ hieß die glaub ich, die
ungefähr so aussah wie unsere Maus heute.
Da wurden dann Trickfilme gemacht und irgendwann wurde
gesagt, Lach- und Sachgeschichten okay, ist ja nett, aber ein bisschen netter
kann es schon sein. „Die Sendung mit der Maus“ als Titel ist ja auch nicht
gerade kindertummelnd oder niedlich, sondern eben doch sehr sachlich. Aber mit
der Maus kam dann eben etwas Kindliches dazu.
PresseSau.de:
Wie entstand die Idee zur
Sendung? Und was unterscheidet die Sendung von Anderen?
Christoph Biemann: Dazu
muss man das Umfeld sehen, welches vor ungefähr 35 Jahren war. Da war nämlich
Fernsehen für Kinder unter 6 Jahren verboten. Es gab wirklich ein Gesetz zum
Schutze der Jugend. Dieses galt Vor allen für Kinos und wurde fürs Fernsehen
übernommen, dass man erst ab 6 Jahren einen Film ansehen durfte. Nur die Kinder
haben sich überhaupt nicht daran gehalten. Die haben dann von vorne bis hinten
Fernsehen geguckt und kannten auch alle Werbespots in und auswendig.
Da waren auch die Mainzelmännchen sehr beliebt, die dann
immer zwischen den Werbespots kamen. Gute Geschichten, toll fotografiert,
kleine, kurze, prägnante Geschichten wie in den Werbespots und dazwischen
Trickfilme. Die Idee zur Sendung mit der Maus war also ein bisschen geklaut aber
für die Zeit war es neu und es hat sich eigentlich sehr bewährt.
PresseSau.de:
Die Sendung mit der Maus, wie
sie jetzt heißt, gibt es nun schon seit über 34 Jahren. In dieser Zeit ist
bezüglich des Kinderfernsehens viel passiert. Wie bewertest Du diese Entwicklung
und welche Sendung für Kinder kannst Du aus eigenen Erfahrungen besonders
empfehlen? Von welcher rätst Du eher ab? Ausgeschlossen dessen, dass Du jetzt
bei der Sendung mit der Maus beteiligt bist (lacht).
Christoph Biemann: Gut,
da kann ich natürlich nicht aus meiner Haut aber natürlich hat sich da viel
getan. Früher gab es für Kinder so gut wie gar nichts oder nur sehr, sehr
betulichte Sachen wie z.B. Turnen oder Bastelstunden. Das hat sich natürlich
sehr stark zum Positiven geändert.
Es gibt ein breites Angebot für Kinder von heute, natürlich
nicht immer gut, wobei ich sagen muss, wenn ich es international vergleiche (und
ich treffe mich öfters mit Kollegen im Ausland), dass die deutschen Kinder ein
sehr gutes Kinderfernsehen haben. Natürlich gibt es so Sachen wie das
Privatfernsehen, RTL z.B., die Stunden füllen die sie senden müssen.
PresseSau.de:
... wenn man da an die ganzen
Manga-Serien denkt, die ja nun schon sehr angesagt sind ...
Christoph Biemann: Das
ist nun schon wieder vorbei. Das wird auch von den Eltern abgelehnt. Manchmal
schreiten Eltern ja doch noch ein (lacht), wo sie dann sagen, komm, dass ist
jetzt wirklich Mist und das muss du nicht gucken. Es gibt bessere Sachen zu
sehen und das ist auch eine der Aufgaben der Sendung mit der Maus, einfach eine
Alternative darzustellen und einen Qualitätsmaßstand zu setzen, dass es eben
anders gehen kann.
PresseSau.de:
Die Maus kommt jede Woche
sonntags um 11:30 Uhr in der ARD. Was passiert bis dahin alles in der Entstehung
einer Sendung? Wie viele Stunden vergehen bis eine Sendung letztendlich steht?
Wie viele und welche Personen sind mit der Arbeit an einer Sendung beschäftigt?
Christoph Biemann: Das
sind gar nicht so viele. Was wir machen: Ich bin ja Produzent, Regisseur und
Autor und hab eine kleine eigene Firma, die Filme für die Maus macht. Wir machen
im Jahr 65 Minuten Film, dass sind in etwa 14-15 Beiträge. Armin Maiwald macht
dann auch noch einmal vielleicht 20 Beiträge und ein paar andere auch noch. Dann
kommt das in die Redaktion, welche sich die Filme anguckt und nach den Längen
sieht. Jeden Dienstag setzt sich die Redaktion zusammen und entscheidet, wie die
Sendung am Sonntag aussehen soll.
Dann wird der Ablauf der Sendung rumgeschickt. Am Donnerstag
werden die Ansagen gemacht, die Sendung wird zusammengefahren. Dabei klemmt
sich jemand praktisch die ganzen Beiträge unter den Arm und geht in den
Schneideraum und fügt die Beiträge zusammen, die Mäuse dazwischen und dann wird
der Vorspann geschnitten. Irgendwann kommen dann die Sprecher und sprechen den
Vorspann, dies ist immer ein Deutscher und ein Ausländer oder eine Ausländerin
mit zwei Sprachen, das ist am Freitag. Am Freitag wird noch die
Videotext-Untertitelung für die Gehörgeschädigten gemacht.
PresseSau.de:
Du wurdest in Ludwigslust
geboren, lebst mit Deiner Familie in Köln, dem „Wohnort“ des WDR. Was sagen denn
Deine beiden Kinder zu Deiner Fernsehpräsenz und Deinem Auftreten? Und welche
Kindersendungen schauen die sich an? Schauen die denn schon mal die Maus?
Christoph Biemann: Gut,
meine Tochter ist 36 Jahre, die guckt die Sendung mit der Maus aber auch noch,
nur nicht so ganz regelmäßig, aber doch noch häufig. Mein Sohn ist 8 Jahre und
guckt natürlich immer die Maus, weil ich es auch mit ihm gucke. Wir gucken die
immer zusammen und manchmal klopft er mir auch auf die Schulter und sagt „Hast
Du gut gemacht“ (lacht).
Meine Tochter ist aber auch sehr wichtig gewesen in der
Vergangenheit. Die hat nämlich irgendwann gesagt, diese Sachgeschichten mit den
Produktionsprozessen, wie irgendwas gemacht wird, fürchterlich langweilig sind.
Das habe ich mir sehr zu Herzen genommen und hab mich dann bemüht, da
irgendwelche Gags oder lustige Geschichten Drumherum zu machen. Diese
Christoph-Figur geht eigentlich auf diesen Gedanken zurück, dass einfach ein
bisschen lebendiger und lustiger zu machen.
PresseSau.de:
In Deiner Figur als „Christoph“
in der Sendung mit der Maus sieht man Dich immer so ein bisschen als
tollpatschiger Mann mittleren Alters. Gehörst Du denn selbst auch zu der Gruppe
der tollpatschigen Personen oder ist es für Dich nur eine Rolle? Ist das gar
nicht beabsichtigt, dass das so rüberkommt?
Christoph Biemann: Nein,
dass ist schon beabsichtigt. Es ist im Prinzip eine Halbkind-Rolle, wo ich Dinge
ausprobiere und auch stellvertretend Dinge mache, die Kinder nicht machen
sollten. Das soll auch lustig sein. Jemand der alles weiß und alles kann, der
ist nicht lustig.
PresseSau.de:
Dass die Kinder aber auch sehen,
ach guck, der weiß da auch nicht alles so genau.
Christoph Biemann: Ja,
das ist ja bei Erwachsen auch normal, die geben es nicht zu, aber es ist so.
PresseSau.de:
„Die Maus“ ist auch außerhalb
Deutschlands ein riesiger Erfolg. Inzwischen läuft das Konzept der kleinen
Einspieler in fast 100 Ländern der Welt und gehört damit wohl zu einem der
erfolgreichsten deutschen Fernsehproduktionen. Was macht Deiner Meinung nach den
Erfolg der Sendung aus?
Christoph Biemann: Es
gibt jetzt seit kurzem in Japan Maus-Sendungen, die gehen eine Viertelstunde,
was bei uns eine halbe Stunde ist. Da kommen dann zwei Sachgeschichten und eine
Trickgeschichte vor. Was die Ausländer an der Maus fasziniert ist einfach ihre
Ehrlichkeit und Geradlinigkeit (lacht); das ist irgendwie auch sehr deutsch.
Das ist einfach sehr sorgfältig gemacht, schön erzählt und man muss auch sagen,
dass die Leute, die an „Der Maus“ arbeiten, sehr viel Herzblut dareingeben
und das auch noch nach den ganzen Jahren mit viel Liebe machen.
PresseSau.de:
„Die Maus“ war eigentlich als
eine Art Wissenssendung für Kinder gedacht, es zeigt sich aber auch, dass sie
von immer mehr Erwachsenen angesehen wird, wo man ja denkt, dass die schon alles
wissen. Wie erklärst Du diese Entwicklung, dass da auch viele Erwachsene hängen
bleiben?
Christoph Biemann: Die
Maus beantwortet fragen, die Erwachsene sich nicht mehr zu fragen stellen
trauen. Das ist eigentlich das Geheimnis. Viele Erwachsene sehen das mit ihren
Kindern und die Kinder denken dann irgendwann mit 10-12 Jahren, na ja das ist
was für Kleine, das guck ich nicht mehr und die Erwachsenen bleiben dann noch
dran und gucken das dann. Mit 18 kommen sie dann wieder, das wissen wir durch
Untersuchungen.
PresseSau.de:
Bereits als Kind wolltest Du
Biologe werden. Damit hängt sicherlich auch das Interesse am Experimentieren
zusammen, zu dem im Jahre 2003 auch ein Buch erschienen ist mit dem Titel
„Christophs Experimente“. Wie kam es denn zu dieser Leidenschaft? Hat sich das
immer weiterentwickelt?
Christoph Biemann:
Experimentieren
gehört zur Maus immer dazu. Um Dinge einfach klar zu machen, muss man
Experimente zeigen. Wenn man so einen Film für die Maus gemacht hat, dann ist es
halt vorbei und gezeigt worden und das Experiment sozusagen abgehakt. Und das
fand ich irgendwie auch schade. Es gibt dann Lieblingsexperimente die total
Klasse sind und das ist dann einfach so.
Da habe ich mir gedacht,
dann sammle ich die mal. Dann habe ich aber dazu so viele Geschichten über
Experimente oder das Experimentieren selber geschrieben, dass das Buch schon
voll war (lacht) und die Experimente noch gar nicht drin waren. Das war eine
spannende Geschichte und hat großen Spaß gemacht aber es ist ein ganz anderen
Beruf Bücher zu schreiben.
PresseSau.de:
Preisgekrönt ist „Die Maus“ vor
allen durch die Art und Weise wie komplexe Themen und Vorgänge dargestellt
werden. Geschichtliche Ereignisse wie das Alte Rom, die Bundestagswahlen aber
auch schwierige Themen wie z.B. den Tod, was ist das eigentlich usw., wurden
schon in der Sendung behandelt. Ist es schwierig, sich darauf vorzubereiten und
das Ganze in den richtigen Kindermund zu fassen?
Christoph Biemann: Da
muss man sich schon sehr damit beschäftigen, das kann man nicht mal so eben
machen. Man muss sich selber damit auseinandersetzen und irgendwann ist man dann
soweit zu sagen, okay, jetzt kann ich es machen.
PresseSau.de:
Bekommt man da auch Hilfe von
Fachleuten, wo man sagt, dass man Hilfe benötigt?
Christoph Biemann:
Natürlich, das ist klar. Aber im Prinzip muss man es selber verarbeiten.
Abschreiben gilt nicht (lacht). So was gibt es für Kinder ja auch nicht. Über
Tod oder Experimente gibt es in der Form ja nichts für Kinder, was so ist, dass
man es auch verständlich in ein Buch tun könnte.
PresseSau.de:
Seit 2001 bist Du als
Schirmherr des "Bundesverbandes herzkranker Kinder e. V." tätig. Wie genau sehen
da Dein Engagement und die Unterstützung bei der Arbeit dieses Verbandes aus?
Was waren die Beweggründe, die Schirmherrschaft zu übernehmen?
Christoph Biemann: Das
ist dann in dem Moment ganz einfach, da wird man gefragt ob man das machen will.
Da kann man nicht nein sagen. Ich schreibe ab und zu mal ein Vorwort für
irgendein Buch oder eine Zeitschrift. Ein- bis Zweimal im Jahr habe ich dann
einen öffentlichen Auftritt für die herzkranken Kinder.
Jetzt mache ich auch eine Filmreihe über die
Operations-Vorbereitungen von herzkranken Kindern, die Herztransplantationen
bekommen. Das ist nicht so ganz einfach, es ist ein sehr heftiger Eingriff der
sehr risikoreich ist. Da muss man sowohl die Eltern als auch die Kinder drauf
vorbereiten. Da mach ich jetzt ein paar Filme, die so ein bisschen die Angst
nehmen sollen.
PresseSau.de:
Bei wöchentlich über 400
Einsendungen an Fragen gab es doch sicherlich schon die einen oder anderen
Fragen, die Dich selbst zum grübeln gebracht haben?
Christoph Biemann: Ja
sicher. Der Bereich Religion z.B. Da weiß man nicht viel, was man darauf sagen
kann (lacht).
PresseSau.de:
Das kann man ja nachlesen in
der Bibel ...
Christoph Biemann: ...
aber auch nicht wirklich. Es gibt einfach Sachen, wo ich sage, das weiß ich
nicht, keine Ahnung.
PresseSau.de:
Da kommen doch aber sicherlich
viele Leute auf Dich zu und sagen, der muss das doch wissen, wenn der so eine
Sendung macht.
Christoph Biemann: Ja,
ich hab z.B. schon mal einen Artikel geschrieben: „Wo wohnt Gott?“. Also das
weiß ich nicht.
PresseSau.de:
Kommen wir zum Ende dieses
Interviews noch zu der Rubrik „5 kurze Fragen“. Hier werden noch einmal 5
Schlussfragen gestellt. Einfach ganz knapp antworten. Fangen wir mal an.
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1. Wie kam es zu Deinem Markenzeichen, dem immergrünen Pullover?
Das ist nicht kurz zu beantworten (lacht). Ich habe mal einen Film darüber
gemacht, wie ein Atomkraftwerk funktioniert. Das war eine sehr lange Drehzeit
und damit ich an verschiedenen Drehtagen nicht verschiedene Sachen anhabe, die
im Film kurz hintereinander kommen, hatte ich zwei Gründe Sweatshirts im
Schrank. Da hab gedacht, da kann eins ja auch mal in der Wäsche sein, dass kann
ja mal passieren, da habe ich immer noch das Andere. Und das ist zum
Markenzeichen geworden.
2. Weißt Du noch wie damals Deine Schauspielkarriere bei der Maus begann und
was Du da genau machen musstest?
Das fing an mit dem Film „10 Arten über einen Fluss zu kommen“. Ich musste also
neunmal im Fluss landen und das wollte ich keinem Schauspieler zumuten. Da habe
ich es selber gemacht.
3. Was erwartet Uns in der nächsten Zeit an Themen in der Sendung mit der
Maus?
Ja, wir haben ja die Maus-Aktion „Frag doch mal“ gemacht, die ist gerade zuende
gegangen. Es sind 75955 Fragen gekommen, da werden wir uns dran setzen, die zu
beantworten. Im Moment in der Produktion ist „Warum ist Milch immer weiß?“,
„Warum ist ein Regenboden rund?“, „Warum ist es auf dem Berg kälter als im
Tal?“.
4. Was hast Du für Ziele und Träume für die Zukunft?
(Grübelt) Einfach für die Maus weiterzuarbeiten und Spaß daran haben.
5. Was macht Deinen Beruf zu etwas besonderen?
Die Gefahr. Ich bin letzte Woche beim drehen vom Fahrrad gestürzt und hab mir
das Schlüsselbein gebrochen. Dann merkt man ja, dass der Körper noch da ist und
auch wehtun kann.
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