Hispaniola - Überblick über Geschichte und Wirtschaftsstruktur

von Uwe Schmengler, Berlin (West) 1987

(Klausurvorbereitung)

 

Gliederung:
  1. Einleitung
  2. Geschichte
  3. Heutige Situation

Hispaniola, zweitgrößte Insel in der Karibik, beherbergt zwei Staaten unterschiedlicher Kultur und Wirtschaftsverfassung: Haiti und die Dominikanische Republik.
Im folgenden nun sollen die Unterschiede herausgearbeitet werden. Besonderen Wert soll dabei - dem Thema entsprechend - auf die Behandlung der Ökonomie gelegt worden, insbesondere natürlich auf die Landwirtschaft, die in beiden Staaten bis heute der vorherrschende Sektor ist.
Bekanntlich ist eine vorhandene Wirtschaftsdeformation in den Entwicklungsländern in den meisten Fällen eine konsequente Fortsetzung, zum geringeren Teil auch eine Reaktion auf die Situation vor der Unabhängigkeit, wenngleich nicht geleugnet werden soll, daß die heutigen Eliten in den Ländern ein starkes Interesse am Erhalt dieser deformierten Strukturen haben.

Hispaniola, ursprünglich von Kolumbus für Spanien in Besitz genommen, wurde bereits 1697 zur Hälfte Frankreich überlassen. Dieser Westteil der Insel, der sich in seinen Grenzen nur wenig vom heutigen Haiti unterschied, wurde sehr bald die reichste Kolonie des merkantilistischen Frankreichs. Die Kolonialgesellschaft - angebaut wurde v. a. Zuckerrohr, Kaffee, Baumwolle und Indigo - bestand außer aus einer schmalen Oberschicht von französischen Plantagenbesitzern (6%) v. a. aus der großen Masse von schwarzen Sklaven (89%), die, zu Tausenden aus Afrika herangeschafft, hier auf den Plantagen zu arbeiten hatten. Außerdem gab es eine Schicht von freien Mulatten(5%), die zwar wirtschaftliche Macht besaßen (ihnen gehörte 1791 1/3 der plantagenmäßig genutzten Anbaufläche und ¼ der Sklaven), die aber dennoch keine gesellschaftliche Anerkennung fanden. (Nonnenmann 1981, 8ff)
Der östliche Teil der Insel dagegen war praktisch von Anfang an eine "Languishing Colony". (Bell 1981, 18) Denn die Spanier, als sie merkten, daß die erhofften Edelmetalle hier kaum zu finden waren, hatten sehr bald das Interesse an der Kolonie verloren. Viele waren samt ihrer Sklaven weiter zum mittel- bzw. südamerikanischen Festland gezogen. Für die verbliebenen Siedler verschlechterte sich die Situation immer mehr, so daß, gegen Ende des 17. Jh., viele von ihnen aus rein ökonomischen Gründen ihre Sklaven frei lassen mußten.
Um 1788 hatte die spanische Kolonie auf Hispaniola ca. 125.000 Einwohner, die französische dagegen um 455.000. (Nonnenmann 1981, 8) (Für 1780 lt. Bell (1981, 20ff): 100.000 bzw. 556.000 Bewohner.)

Im Gefolge der französischen Revolution wurde auch auf Hispaniola die Kolonialgesellschaft in Frage gestellt und schließlich, nach längeren militärischen Auseinandersetzungen, 1804 mit der Gründung eines unabhängigen haitischen Staates im ehemalig französischen Teil der Insel überwunden.
Alle Ländereien, die vorher den Weißen gehört hatten, fielen nach der Unabhängigkeit zunächst an den Staat. Da Geldmittel knapp, Plantagenland aber reichlich vorhanden war, erfolgte die Entlohnung der Soldateska häufig durch Landzuweisungen. Hinzu kamen Landbesetzungen durch die freigekommen Sklaven, die an einer Fortsetzung der Plantagenarbeit naturgemäß kein Interesse hatten und jedem Versuch, die, Plantagen als Einheit zu erhalten, entschiedenen Widerstand entgegensetzten, bzw. sich der Arbeit auf den Plantagen durch Flucht in die Berge entzogen.
In der Folge kam es, gefördert zudem durch die aus Frankreich mit dem Code Napoleon übernommene Realerbeteilung, zu einer immer mehr fortschreitenden Zersplitterung des ländlichen Besitzes und, in deren Gefolge, zum Niedergang jeglicher exportorientierter Plantagenwirtschaft. Einzig Kaffee, dessen Anbau auch in kleinbäuerlichen Betrieben möglich ist, wurde in nennenswertem Umfang weiterhin produziert.
Die Gesellschaftsstruktur änderte sich mit der Unabhängigkeit zwar radikal, egalitäre Strukturen, deren Forderung ja Ausgangspunkt des Unabhängigkeitskampfes gewesen waren, stellten sich aber mitnichten ein. Die Mulatten übernahmen die Macht im Staat, bildeten die Stadtbevölkerung, während die Schwarzen die weitgehend ungebildete und rechtlose Landbevölkerung stellte.

Ganz anders die Entwicklung im Ostteil der Insel. Nach verschiedenen Auseinandersetzungen und Besetzungen durch Frankreich, Spanien bzw. Haiti wurde, nach mehreren Anläufen, die Republica Dominicana 1865 entgültig selbständig. Ab ca. 1870 kam es, wegen der Unabhängigkeitskämpfe auf Kuba, im Norden der Republik zu einer verstärkten Einwanderung von z. T. gut ausgebildeten kubanischen Handwerkern, Geschäftsleuten und Fachleuten für den Tabak- und Zuckerrohranbau. In der Folgezeit wurde denn auch der Norden, insbesondere Santiago, zum kulturellen und ökonomischen Zentrum, während der Süden, wo die traditionellen Landbesitzer zunächst weiterhin vom Mahagoni-Export lebten, in seiner Entwicklung zurückblieb. Bald jedoch drangen die Kubaner auch in den Süden vor, da sie hier billig Land für Zuckerrohrplantagen erwerben konnten. Die heutige regionale Gliederung der Landwirtschaft, Zuckeranbau im Süden der Republik, Tabak im Norden, hat hier ihre Ursprünge. (Bell 1981, 114f)

Die politische und ökonomische Entwicklung verlief auch in der Folgezeit in beiden Staaten sehr verschieden. "Die Geschichte Haitis nach der Unabhängigkeit ist im wesentlichen eine Geschichte von Bürgerkriegen. Aufständen, gelungenen und mißlungenen Staatsstreichen." (Nonnenmann 1981, 32) Von 1804 bis 1915 gab es mindestens 12 verschiedene Staatschefs, von denen allerdings nur wenige das reguläre Ende ihrer Amtszeit erlebten. Die meisten starben keinen natürlichen Todes oder gingen ins Exil. "... die nach gelungenen Staatsstreichen üblichen Neubesetzungen der einträglichen Posten in der Verwaltung mit verdienten Anhängern der Revolution, die aber meist fachlich nicht kompetent waren ... " (Ebda), institutionalisierte Mißwirtschaft und Korruption.
Die Wirtschaft Haitis wurde mehr und mehr durch ausländische Interessen bestimmt. Nachdem Haiti 1825 als Preis für seine diplomatische Anerkennung einer enormen Entschädigungszahlung für die ehemaligen französischen Pflanzer zugestimmt hatte, die mit einer Anleihe bei französischen Banken finanziert wurde und die den Grundstock für die folgende chronische Auslandsverschuldung bildete, ließen sich in den folgenden Jahrzehnten Ausländer auch in Haiti selbst nieder.

1880 wurde die Banque national gegründet, mit französischem Kapital und unter französischer Kontrolle. Die bedeutendsten Handelshäuser waren in deutscher Hand, während die US-amerikanischen Investitionen sämtlich infrastruktureller Art waren. (Caprio 1979, 57 -61)
"Um 1880 kontrollierten die ausländischen Geschäftsleute den Außenhandel und hatten somit die Einheimischen, v.a. die Mulatten, aus diesem Wirtschaftszweig ausgeschlossen." (Caprio 1979, 57) Die Außenverschuldung, v.a. bei französischen Banken, lag 1904 bei ca. 41 Mio US-$. (A.a.O., 62)
Die US-amerikanische Besetzung Haitis (1915 - 1934), offiziell mit dem Ziel begründet, Haiti zu befrieden, hatte nach Ansicht einiger Autoren hauptsächlich ökonomische Ursachen. (Vgl. a.a.O., 64ff) Die USA nutzten hiernach den Krieg in Europa. um ihre " ... imperialistischen Rivalen - Deutsche und Franzosen, endgültig aus Haiti zu verdrängen." (A.a.O., 65)

Im Gegensatz zu Haiti gab es in der Dominikanischen Republik kaum Gewalttätigkeiten oder Blutvergießen. Hingegen herrschte ein unbeschreibliches politisches und v. a. fiskalisches Chaos, das die USA, um die Europäer von eigenen Schritten zum Schutz ihrer Interessen abzuhalten, im Namen der Monroe-Doctrine von 1904 bis 1941 die Finanzhoheit des Landes übernehmen ließ und zwischen 1916 und 1924 auch als Vorwand zur direkten Intervention herhalten mußte. (Bell 1981, 61)

Die Folgezeit ist in beiden Staaten gekennzeichnet durch eine zunehmende Durchdringung mit US-amerikanischem Kapital und Ausrichtung auf den US-amerikanischen Markt.
In Haiti bekamen eine Vielzahl US-amerikanischer Gesellschaften Konzessionen, um Produkte wie Zucker, Ananas, Sisal, Kaffee, Baumwolle und Kakao plantagenmäßig anzubauen. Die hierfür notwendigen Ländereien erhielt man durch Enteignung der kleinen Bauern. (Caprio 1979, 69) Diese zog man außerdem per Zwangsrekrutierung heran, um die für diese Produktionsform notwendigen Verkehrswege auszubauen. (Donner 1980, 58f)
Da die Amerikaner insbesondere die städtischen Mulatten als ihre Erfüllungsgehilfen gegen die schwarze Landbevölkerung einsetzten, verstärkten und zementierten sie die bis heute existierende Spaltung der haitischen Gesellschaft nach rassischen Kriterien. Eine weitere Folge der amerikanischen Politik war ein Massenexodus von Haitianern zunächst nach Kuba, später auch in die Dominikanische Republik sowie in andere Staaten der Karibik und in die USA selbst.

In der Dominikanischer Republik hatte 1930 General Trujillo, Oberbefehlshaber der von den USA aufgestellten und ausgebildeten Armee, die Macht an sich gerissen und verwaltete bis zu seiner Ermordung 1961 "... das Land bei externer Abhängigkeit von den US-Zuckerquoten wie eine Privathacienda der Trujillo-Familie ... Modernisierungstendenzen wurden nur dort vorangetrieben oder geduldet, wo sie zum persönlichen Reichtum des Diktators oder zur besseren Kontrolle den Landen sinnvoll erschienen. Die Zuckerindustrie wurde stark ausgebaut und zum Teil mit Hilfe von Saisonarbeitern aus Haiti zum beherrschenden Wirtschaftsfaktor des Landes gemacht." (Hildenbrand / Sturm 1982, 288)

Die heutige Situation läßt in beiden Ländern die historischen Bedingungen erkennen.

Haiti ist erneut geprägt von Klein- und Kleinstbesitz:
31% der Betriebe sind kleiner als 0,5 ha; Anteil an der LNF: 6%
59% der Betriebe sind kleiner als 1,0 ha; Anteil an der LNF: 21%
71% der Betriebe sind kleiner als 1,3 ha; Anteil an der LNF: 33%
91% der Betriebe sind kleiner als 3,0 ha; Anteil an der LNF: 62%
96% der Betriebe sind kleiner als 5,0 ha; Anteil an der LNF: 78%
(vgl. Fleischmann 1982 334; Nonnenmann 1985, 300)

Betriebe mit mehr als 20 ha gibt es nur noch sehr wenige (0,2%). Da ihr Anteil an der LNF mit weniger als 3% angegeben wird, scheint auch ihre absolute Bedeutung nur noch sehr gering zu sein. (Ebda) (Nonnenmann (a.a.O.) und Donner (1980, 260) warnen aber vor endgültigen Aussagen in diesem Zusammenhang, denn die haitianischen Statistiken seien i.d.R. nicht sehr verläßlich.)
V. a. die Realerbteilung hat dazu geführt, daß jede Betriebseinheit noch in div. Parzellen unterteilt ist. (Donner (1980, 259) und Nonnenmann (1985, 300f) betonen übereinstimmende daß eine gewisse Verteilung der Besitzflächen auf unterschiedliche Lagen aus Gründen der Risikostreuung von vielen Bauern durchaus gewünscht wird.)

Zu den Eigentumsverhältnissen sind keine endgültigen Aussagen möglich. Einerseits spricht Caprio (1979, 116ff) von Pachtsystemen, die auf Haiti seit der Unabhängigkeit sehr verbreitet seien. Als Pacht müsse bis zu ¾ der Ernte abgeliefert werden. An anderen Orten seien Geldzahlungen oder auch Arbeitseinsätze üblich. Andererseits ergab der Zensus von 1950, daß 75 - 80% der Bauern Eigentümer zumindest eines Teils des von ihnen bewirtschafteten Boden sind. Jedoch hat auch diese Aussage nur relativen Wert. Da, wie oben beschrieben, die "Landnahme" ohne gültigen Rechtstitel erfolgte und selbst bei dessen Existenz aufgrund fehlenden Katasters und spezifisch haitischen Namensrechts die rechtmäßige Erbfolge nur schwer nachvollziehbar ist, hat der Bauer seinen Besitz nur so lange sicher, wie kein einflußreicher Städter ihn für sich beansprucht. (Vgl. Nonnenmacher 1985, 301)
Vor diesem Hintergrund wird die weitverbreitete Angst und der Widerstand der Kleinbauern gegen jede Art von Boden- und Struktur-, d.h. Wertverbesserung verständlich.
Der Anteil an Bewässerungsflächen ist folglich denkbar gering, die Bodenerosion - allein schon durch den ausgeprägten Gebirgscharakter begünstigt - schreitet durch den raschen Fortgang der Waldzerstörung weiter voran.

Folgende Nahrungsmittel werden bevorzugt angebaut (vgl. Donner 1980, 251ff): Mais, Hirse, Reis, Maniok, Süßkartoffeln, Kochbananen, Hülsenfrüchte, Frischgemüse und Obst (v.a. Mangos, Avocados und Obstbananen).
Die eben beschriebenen Vorbehalte gegen eine Intensivierung der Landwirtschaft machen sich auch bei den zu beobachtenden Ernteerträgen bemerkbar. Z. B. hat Mais in Haiti nur einen Flächenertrag von ca. 0,9 t/ha, in der Dominikanischen Republik dagegen 1,9 t/ha, auf Barbados sogar 2,8 t/ha.
Auch Hirse, Reis usw. haben in Haiti wesentlich geringere Flächenerträge als in benachbarten Ländern.

Export- und Industriekulturen sind: Kaffee (Coffea arabica), Zuckerrohr. Sisal, Baumwolle, Ätherische Öle, Kakao.
Kaffee ist immer noch wichtigstes Exportgut Haitis. Er wird v.a. von Kleinbauern erzeugt, erhält von ihnen jedoch kaum Pflege. Donner (1980, 254) bezeichnet den haitischen Kaffee als "wild oder verwildert". 40% der Kaffeeproduktion werden im Inland verbraucht.
Zuckerrohr wird zwar auf ca. 10% der Kulturfläche angebaut, jedoch kaum zur Erzeugung von Industriezucker verwendet. 3/4 werden in ländlichen Kleinbetrieben zu braunem Zucker und Alkohol weiterverarbeitet oder von den Bauern direkt konsumiert.
Produktion und Export von Sisal ist seit den 60er Jahren stark zurückgegangen. (Fleischmann 1982, 336) Die Konkurrenz der Chemiefasern macht sich hier stark bemerkbar.
Baumwolle, früher Exportgut, muß seit den 60er Jahren eingeführt werden, Kakao hat heute kaum noch Bedeutung, die Rohstoffe für die Ätherischen Öle sind allenfalls ein Zubrot für die Bauern.
Viehhaltung spielt in der haitischen Landwirtschaft kaum eine Rolle.
Höchst bemerkenswert erscheinen mir die Angaben von Caprio (1979, 129), die Kleinbauern mit weniger als 1,3 ha produzierten 35% den Kaffees, 25% des Zuckerrohrs, 6% des Sisals, 26% der Baumwolle, 47% den Kakaos und 40% der Bananen. Diese Bauern als "Subsistenzbauern" zu bezeichnen (a.a.O., 116ff), scheint mir auf eine ungenügende Begriffsklarheit hinzuweisen. Machen doch gerade die vorgenannten Zahlen deutlich, daß die Bauern sehr wohl in die Marktproduktion eingebunden sind.
Mit Recht jedoch spricht Caprio (1979, 161) von einem System den "internen Kolonialismus" zwischen Stadt und Land, erzielen doch v. a. die städtischen Zwischenhändler beträchtliche Gewinne auf Kosten der Bauern, werden doch v. a. landwirtschaftliche Produkte stark besteuert, ohne daß es zu entsprechenden Investitionen auf dem Land kommt. (Die Tatsache, daß Steuern in hohem Maße privat angeeignet werden, soll hier nur erwähnt werden.)
Bodenschätze von wirtschaftlicher Bedeutung existieren auf Haiti kaum. Bauxit kennt man in einigen kleinen, qualitativ schlechten Vorkommen, desgleichen Lignit (junge Braunkohle).
Derzeit werden Explorationsarbeiten auf Kupfer durchgeführt. (Nonnenmacher 1980, 180ff)

Eine gezielte Industrieförderung gibt es erst seit den 70er Jahren. Existierten vorher außer einer schmalen Textilindustrie nur Betriebe den täglichen Bedarfs (Kerzen, Seife, Säcke, Lebensmittel u.ä.), so sollten nun verstärkt ausländische Unternehmen ins Land gezogen worden. Da aber in Haiti eine Schicht mittleren Einkommens fast vollständig fehlt und die kaufkräftige Oberschicht zahlenmäßig nur sehr klein ist, würde eine Produktion für den Binnenmarkt aufgrund mangelhafter Nachfrage zum Scheitern verurteilt sein.
Eine Montageindustrie, die sich in Haiti wegen der gebotenen günstigsten Steuersätze und der niedrigen Löhne ansiedelte, stände ebenfalls auf wenig festen Füßen: Das größte Handikap wäre hier das ungenügende Angebot an disziplinierten, lernfähigen Arbeitskräften. Denn mit analphabetischen, an regelmäßige Arbeitszeit nicht gewöhnten Kleinbauern ist eine industrielle Produktion nun mal nicht durchzuführen.

Die Dominikanische Republik ist bis heute gekennzeichnet durch den typischen Gegensatz von Lati- und Minifundien:
77% der Betriebe waren 1970 kleiner als 5 ha, 16% sogar kleiner als 0,5 ha. Ihr Anteil. an der LNF machte 13% (0,4%) aus. Nur 1% der Betriebe war größer als 100 ha, 0,07% größer als 1000 ha. Deren Anteil an der LNF betrug 38% (23%). (Vgl. Doré 1980, 105)
Über Eigentums- und Pachtverhältnisse liegen mir keine Angaben vor. Es ist allerdings davon auszugehen, daß aufgrund der intensiven Plantagenwirtschaft rentenkapitalistische Verhältnisse, wie sie in vielen anderen lateinamerikanischen Ländern noch anzutreffen sind, kaum vorkommen.
Die für den heimischen Markt angebauten Nahrungsmittel sind, mit Ausnahme der Hirse, im wesentlichen die gleichen wie in Haiti. Zusätzlich haben tierische Produkte einen gewiesen Stellenwert. Die Produktion von Grundnahrungsmitteln reicht allerdings nicht zur Versorgung der Bevölkerung aus.
Die Agrarwirtschaft der Dominikanischen Republik ist beherrscht vom Zucker. 1975 hatte er einen Wertanteil von 63% am landwirtschaftlichen Export, gefolgt von Kaffee, Tabak (je 4%) und Kakao (3%). (Bell 1981, 299) Ebenfalls für den Export werden Sisal und Bananen angebaut.
Nach der Ermordung Trujillos wurde eine Landreform projektiert, die insbesondere dessen Ländereien verteilen sollte. Tatsächlich wurden seine Besitzungen zwar vom Staat übernommen, verteilt wurde davon jedoch nur wenig. Inzwischen ist die Reform weitgehend versandet.
Geplant ist weiterhin, mit Entwicklungshilfe-Krediten eine Strukturverbesserung zu finanzieren.
An Bodenschätzen werden bzw. sollen demnächst abgebaut worden: Nickel, Bauxit, Eisen, Kupfer. Einen nennenswerten Anteil am Export haben nur Nickelerze, die sich wertmäßig etwa auf der Höhe den Kaffeeexports bewegen. (Hildenbrand / Sturm 1982, 294)
Die mir vorliegenden Angaben über die Industriestruktur sind nur sehr dürftig. Obwohl nirgends erwähnt ist davon auszugehen, daß die Verarbeitung der landwirtschaftlichen Exportprodukte Zucker und Tabak einen relativ hohen Stellenwert haben muß. Hergestellt werden weiterhin Zement, Textilien sowie Produkte des täglichen Bedarfs. (Bell 1931, 348)
Seit 1968 wird versucht, mit Hilfe von Freihandelszonen ausländische Betriebe ins Land zu locken. Ob ein Zusammenhang besteht zwischen diesen Versuchen und der 1965 - 74 um ca. 70% gestiegenen Anzahl der Industriebeschäftigten (Hildenbrand / Sturm a.a.O.) vermag ich nicht zu sagen.
Die Dominikanische Republik jedenfalls ist bis heute ein stark monostrukturell ausgerichteten Land, daß zudem über Zuckerquoten auf Gedeih und Verderb vom Wohlwollen der USA abhängt.


Literatur:
Bell, Ian (1981): The Dominican Republic; Boulder, London
Caprio, Giovanni (1979): Haiti - wirtschaftliche Entwicklung und periphere Gesellschaftsformation; Diss. Frankfurt/M
Donner, Wolf (1980): Haiti - Naturraumpotential und Entwicklung; Tübingen
Doré y Cabral, Carlos (1980): Reforma agraria y luchas Sociales en la Republica Dominicana: 1966 - 1978; in: Estudios Sociales Centroamericanos Nr. 25, 91-123 & Nr. 26, 9-36
Fleischmann, Ulrich (1982): Haiti; in: Nohlen / Nuscheler (Eds.): Handbuch der Dritten Welt (2. Aufl.), Bd. 3, Hamburg, 328-342
Hildenbrand, Andreas / Sturm, Roland (1982): Dominikanische Republik; in: Nohlen / Nuscheler (a.a.O., 287-300)
Illy, Hans F. (1978): Social Control instead of Social Chance: The Administration of Land Reform in the Dominican Republic; in: Verfassung und Recht in Übersee; Bd. 11, H. 2, 167-186
Nonnenmann, Rolf (1981): Haiti - Probleme der Wirtschaftsentwicklung in einem Land der Dritten Welt; Diss. München
--- (1985): Haiti. Räumliche und gesellschaftliche Disparitäten; in: Geogr. Rdsch. 37, 6, 296-304

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