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Band I (1990)Spalte 98 Autor: Friedrich Wilhelm Bautz

ALEANDER, Hieronymus (Girolamo Aleandro), italienischer Humanist und päpstlicher Diplomat, * 13.2. 1480 in Motta bei Treviso in der venezianischen Provinz Friaul als Sohn eines Arztes, † 31.1. 1542 in Rom. - A. studierte in Motta, Pprdenone, Venedig und Padua und wirkte seit 1499 in Venedig als Lehrer der alten und orientalischen Sprachen. Dort war er der führende Mann in dem Humanistenkreis um den Buchdrukker Aldus Manutius. A. ließ sich 1508 in Paris als Lehrer der alten Sprachen nieder und führte in Frankreich das methodische Studium des Griechischen ein. Dezember 1510 siedelte er bei Ausbruch der Pest nach Oréleans über, kehrte aber Juli 1511 nach Paris zurück und wurde März 1513 zum Rektor der Universität gewählt. A. trat Dezember 1513 als Sekretär in den Dienst des Pariser Bischofs Etienne Poncher, des Kanzlers Ludwigs XII. Er wurde 1515 Kanzler des Lütticher Fürstbischofs Erard von der Mark und 1516 in Rom Geheimschreiber des Kardinals Giulio de Medici. Juli 1519 ernannte ihn Leo X. zum Bibliothekar der Palatina und sandte ihn September 1520 als Nuntius an den Hof Karls V., um Kaiser und Reich gegen den Wittenberger Ketzer mobil zu machen auf Grund der Bulle »Exsurge Domine« vom 15.6. 1520. Als Nuntius spielte A. eine wichtige Rolle auf dem Reichstag zu Worms. In seiner berühmten Aschermittwochsrede vom 13.2. 1521 verlangte er, an Martin Luther ohne Verhör den Kirchenbann zu vollziehen, konnte aber seine Forderung nicht durchsetzen, so daß Luther geladen wurde. Mit allem Eifer arbeitete A. darauf hin, daß der Kaiser 25.5. 1521 das Wormser Edikt, dessen erster Entwurf von ihm stammt, unterzeichnete. Clemens VII. ernannte August 1524 A. zum Erzbischof von Brindisi und zugleich zum Nuntius bei Franz I. von Frankreich, mit dem er 24.2. 1525 bei Pavia in Gefangenschaft geriet. 1531/32 war A. zum zweitenmal Nuntius bei Karl V. und verwaltete 1533-35 die Nuntiatur in Venedig. Er wurde März 1538 Kardinal und ging einige Wochen später als Konzilslegat nach Vicenza und Spätsommer 1538 an den Hof Ferdinands I. als Vertreter des Papstes, gewann aber keinen Einfluß auf die Ausgleichsverhandlungen der religiösen Parteien Deutschlands. Darum kehrte er Ende 1539 nach Rom zurück. - A.s Depeschen vom Reichstag zu Worms und sein Tagebuch sind wichtige Quellen für die Reformationsgeschichte.

Lit.: P. Balan, Monumenta reformationis Lutheranae ex tabulariis s. sedis secretis 1521-1525, 2 Bde., 1883/84; - J. Paquier, L'humanisme et la réforme. Jérôme Aléandre de sa naissance à la fin de son séjour à Brindes (1480-1529), Paris 1900; - Ders., Lettres familières d'A. 1510-40, ebd. 1909; - Adolf Hausrath, A. u. Luther auf dem Reichstag zu Worms, 1897; - Theodor Brieger, QFRG I: A. u. Luther 1521, 1884; - Paul Kalkoff, Die Depeschen des Nuntios A. vom Wormser Reichstag, 1886 (18972); - Ders., Briefe, Depeschen u. Berr. über Luther vom Wormser Reichstag 1521, übers. u. erl., 1898; - Ders., A. gegen Luther. Stud. zu ungedr. Aktenstücken aus A.s Nachlaß, 1908; - Ders., Zur Charakteristik A.s, in: ZKG 43, 1924, 209 ff.; - Nuntiarberr. aus Dtld. nebst ergänzenden Aktenstücken, hrsg. v. Walter Friedensburg. 1889 ff., Abt. I, Bd. III, 28 ff. (III. IV.: Legation A.s 1538-39, 1968: unveränd. Nachdr. der Ausg. v. 1893); Abt. I. Erg.-Bd. I, bearb. v. Gerhard Müller, 1963; - Gustav Wolf, Qu.kunde der dt. Ref.gesch. II/2, 1922, 223 ff.; - Schottenloher I, Nr. 280-304; V, Nr. 44745 f.; - ADB I, 329 ff.; - RE I, 328 ff.; XXIII, 30; - RGG I, 224; - DThC I, 683 ff.; - EC I, 741 f.; - LThK I, 301.

Literaturergänzung:

Giuseppe Alberigo, 'Aleandro, Girolamo', in: Dizionario biografico degli Italiani, Roma, 1960, II: 128-135; - Franco Gaeta, Un nunzio pontificio a Venezia nel Cinquecento (Girolamo Aleandro), Venezia 1960. Gerhard Müller, 'Aleandro [Aleander], Girolamo (1480-1542)', in: TRE 2 (1978), 227-231; - Gerhard Müller, 'Zum Verständnis Aleanders', in: Ders., Causa Reformationis, Gütersloh, 1989, 237-248; - Gerhard Müller, 'Die drei Nuntiaturen Aleanders in Deutschland 1520/21, 1531/32, 1538/39', Ibid., 249-303.

Letzte Änderung: 08.09.2003