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Band IV (1992) Spalten 790-793 Autor: Wolfgang Schnabel

KUHLO, Johannes, ev. Theologe und Führer der Posaunenchorbewegung, * 8.10. 1856 in Gohfeld als Sohn des Pastors Eduard Kuhlo, + 16.5. 1941 in Bielefeld. - K. besuchte von 1868 an das Gymnasium in Herford, ab 1870 das Gymnasium in Gütersloh. Nach dem Abitur 1875 und einjähriger Militärzeit nahm er das Theologiestudium in Halle auf, wechselte 1876 an die Universität Leipzig und ging dort 1877 nach Erlangen. Im Anschluß an das 1. Theologische Examen in Münster 1879 berief ihn der Sohn von Johann Hinrich Wichern als Kandidat der Theologie ins Rauhe Haus nach Hamburg. 1881 wurde K. Hauslehrer und Vikar in Alswede, ein Jahr später Pfarrer in Hüllhorst. 1885 heiratete er die Pfarrerstochter Anna Siebold aus Schildesche, mit der er zusammen elf Kinder hatte. 1893 wurde er auf Wunsch Friedrich von Bodelschwinghs (s.d.) Anstaltspfarrer in Bethel, wo er als Fremdenführer, Leiter der Anstaltspost, musikalischer Betreuer der Sing- und Blaschöre und als Vorsteher des Brüderhauses Nazareth tätig war. Nach dem Tod seiner ersten Frau 1908 ging er 1915 eine zweite Ehe mit der Schwester Else Siebold ein. Den Vorstand des Brüderhauses Nazareth gab K. 1923 ab, endgültig in den Ruhestand trat er 1926, um sich fortan ganz dem geistlichen Bläserwesen zu widmen. Theologisch stand K. der neupietistischen Erweckungsbewegung nahe und war durch ein orthodoxes Luthertum und schlichten Bibelglauben geprägt, ohne theologisch-wissenschaftliches Interesse. In politischer Hinsicht war K. ein konservativer Monarchist und Nationalist; Ende des 19. Jh.s unterstützte er Stoeckers christlich-soziale Politik, bereits vor 1933 trat er der NSDAP bei. Kirchenmusikalische Restauration, Bach/Händel-Renaissance und chorische Romantik bestimmen seine musikalischen Anschauungen, deren Grund sein Vater und der Leipziger Riedel-Verein legte und für die der Choral der Kristallisationspunkt aller Musizierformen darstellte. Von großer Bedeutung wurde K. für die Mitte des 19. Jh.s entstandenen Posaunenchorbewegung, indem er ihr ein in sich geschlossenes, von a-capella-Ideal abgeleitetes Chormodell hinsichtlich der Stimmung (einheitliche B-Stimmung), Instrumentation (ausschließlich weit mensurierte Instrumente der Hornfamilie), Notation (vierstimmige Partitur in Klavierschreibweise), Literatur (ausschließlich Vokalwerke) und Blastechnik (gesanglich-weiche Vortragsweise) vermittelte, das von ca. 1870 bis 1930 in den meisten Posaunenchören Deutschlands dominierte. K. lernte 1865 das Blasen auf einer Alt-Posaune, ab 1870 spielte er nur noch auf einem Flügelhorn, das er virtuos beherrschte. Zusammen mit seinem Vater gründete er 1871 den Gütersloher Gymnasialposaunenchor und führte die Klavierschreibweise anstelle der Militärschreibweise ein. Auf einem Bläsertreffen in Hannover 1881 erhielt er den Titel »Posaunengeneral«, 1891 wurde er in der Nachfolge seines Vaters Gau-Präses der Minden-Ravensberger Jünglings-, Jungfrauen- und Posaunenvereine und führte 1896/97 und 1899/1900 mit tausenden von Bläsern und Sängern vier Kaiserhuldigungen in Westfalen durch. Ab 1920 unternahm er mit dem Kuhlo-Horn-Sextett ausgedehnte Konzertreisen im In- und Ausland, 1926 wurde er vom Reichsposaunenrat für Posaunenchöre im Ev. Jungmännerwerk Deutschlands zum Reichsposaunenwart gewählt, 1933 zum Reichsposaunenführer der Ev. Posaunenmission Deutschlands, 1934 zum Ehrenpräsident des Verbandes ev. Posaunenchöre Deutschlands ernannt. Dieses erstmals alle deutsche Posaunenverbände umfassende Werk veranstaltete 1936 aus Anlaß von K.s 80 Geburtstag in Bielefeld einen Reichposaunentag mit 4500 Bläsern. K. erfuhr im Laufe seines Lebens zahlreiche Ehrungen: 1897 wurde ihm der Kronenorden IV. Klasse verliehen, 1908 das lippische Ritterkreuz II. Klasse, 1917 die Rote-Kreuz-Medaille III. Klasse, 1927 die Ehrendoktorwürde durch die Theol. Fakultät Erlangen. 1936 die Wichernplakette.

Werke: Posaunenbuch I, 1891 (4. Aufl.); Anhang zum Posaunenbuch, 1886; Posaunenbuch II, 1891 (2. Aufl.) [die vorigen Auflagen verantwortete Eduard Kuhlo]; Kaiserhuldigung durch die christl. Posaunenchöre Minden-Ravensbergs bei der Einweihung des Porta-Denkmals am 18. Oktober 1896, 1897; Weihnachtsfeier für Kirche, Schule oder Haus, 1905 (13. Aufl.); Posaunenfragen, 1909 (3. Aufl.); Ein Beitrag zur Gesangbuchfrage, 1913; Die Feier der Nebengottesdienste, 1916; Im gleichen Schritt und Tritt (Marschliederbuch), 1919; Posaunenbuch III, 1922, Singbuch für die Feier der Nebengottesdienste, 1928 (3. Aufl); Posaunenbuch IV, 1928; Cantate (Frauenchorbuch), 1928; Laudate (Männerchorbuch), 1928; Unsere Posaunenchöre in Minden-Ravensberg, in: E. Schoneweg, Minden-Ravensberg, 1929, 345-348; Legenden über meine Begegnung mit Adolf Hitler, 1934; Schütz-Heft, 1935; Aus der Geschichte der Posaunenchöre, in: Spielet dem Herrn 17, 1936, 156 f.; außerdem verschiedene Marsch- und Duetthefte, Orgel- und Singbücher.

Lit.: W. Ehmann, Tibilustrium, Das geistliche Blasen, Formen und Reformen, 1950; - Ders., Das Bläserspiel, in: Leiturgia IV, 1961, 806-855; - Ders., Der Bläserchor, Besinnung und Aufgabe, 1969; - Ders., Protokollbuch der Gaukonferenzen und Gauversammlungen der Jünglings-, Posaunen- und Jungfrauenvereine von Minden-Ravensberg und der abgrenzenden Lande, in: Ders., Voce et Tuba, Ges. Reden und Aufsätze, 1976, 490-535; - Ders., 100 Jahre Kuhlo-Posaunenbuch, in: Der Kirchenmusiker 32, 1981, 152-156; - M. Büttner, Studien zur Geschichte der Trompete, 1953; - W. Mergenthaler u.a. Handreichung für Posaunenbläser, 1964; - H. Ludwig, Johannes Kuhlo, Der Posaunengeneral, 1966; - L. Thomas, Trompete oder Flügelhorn, in: Singet dem Herrn 51, 1970; - W. Duwe, Walter Duwe erinnert sich, in: Der Chorleiter 26, 1980, 17-30; - G. Habicht, Versuch einer Darstellung der Blasmusik in Vergangenheit und Gegenwart, 1982; - Winkler/Dignus, Bläserarbeit im Wandel, FS zum 75jährigen Bestehen des BCPD, 1984; - W. Auhagen, Der Einfluß der Romantik auf die Bläserliteratur Eduard und Johannes Kuhlos, in: Der Chorleiter 31, 1985, 10-12, 17-23, 33-38; - M. Wolfram, Adolf Müller, Der Vater der Posaunenmission, 1985; - H. D. Schlemm, Versuch einer Geschichte der Bläserausbildung bei den Posaunenchören Deutschlands, 1986; - W. Stursberg, Glauben, Wagen, Handeln, Eine Geschichte der CVJM-Bewegung, 1987 (3. Aufl.); - W. Schnabel, Quo vadis, Posaunenchorbewegung, in: Posaunenchor 1, 1988, 33-41, 70-79; - W. Ehmann, Johannes Kuhlo, in: RGG (3. Auflage) 87.

Wolfgang Schnabel

Letzte Änderung: 09.06.1998