Verlag Traugott Bautz
www.bautz.de/bbkl
Zur Hauptseite
Bestellmöglichkeiten
Abkürzungsverzeichnis
Bibliographische Angaben für das Zitieren
Suche in den Texten des BBKL
Infobriefe des aktuellen Jahres

NEU: Unser E-News Service
Wir informieren Sie vierzehntägig über Neuigkeiten und Änderungen per E-Mail.

Helfen Sie uns, das BBKL aktuell zu halten!



Band IV (1992) Spalten 1219-1221 Autor: Heribert Smolinsky

LATOMUS, Jacobus (Jacques Masson, Steinmetz), * ca. 1475 Cambron (Belgien), † 29.5. 1544 Löwen. L. absolvierte seine Studien in Paris am Collège Montaigu sowie in Löwen, wo er 1519 zum Dr. theol. promovierte. In demselben Jahr begann er die theologische Lehrtätigkeit in Löwen, ab 1535 als ordentlicher Professor. L. war mehrfach Dekan der Theologischen Fakultät und 1537 Rektor der Universität. Er besaß Pfründe in Cambrai (Kanonikat) und Löwen. - L. erstes Werk erwuchs 1519 aus seiner Kritik an den biblischen Sprachstudien am Collegium trilingue in Löwen sowie an Erasmus von Rotterdam und dessen philologisch-theologischer Methode, gegen die er »De trium linguarum et studii theologici ratione dialogus« (zunächst gegen Petrus Mosellanus in Leipzig, indirekt aber gegen Erasmus gerichtet) veröffentlichte. Daraus entwickelten sich Streitschriften zwischen Erasmus und L., wobei letzterer kein tieferes Verständnis für die Anliegen des großen Humanisten zeigte. Erasmus beschwerte sich in den folgenden Jahren in seinem Briefwechsel immer wieder, daß L. ihn in die Nähe Luthers rücke, wie umgekehrt L. gegenüber Erasmus mißtrauisch blieb und gegen dessen Kircheneinigungsschrift von 1533 ein unvollendetes Werk zurückließ (Adversus librum Erasmi de sarcienda ecclesiae concordia). 1521 begannen Kontroversen mit Luther, ausgelöst durch eine Verteidigung der Löwener Verurteilung von Lutherschriften. Es folgten u.a. Schriften zur Begründung des päpstlichen Primates (1526), über Glaube, Werke und Mönchsgelübde (1530), über die Ehe, die Beichte und zu Kontroversartikeln, sowie Auseinandersetzungen mit Johannes Oekolampad und Philipp Melanchthon. L. war theologischer Berater der Inquisition und verfaßte als solcher nach Gesprächen mit dem eingekerkerten William Tyndale (hingerichtet 1536) eine Confutatio (Widerlegung) gegen diesen, die wie auch andere seiner Werke posthum in den Opera omnia von 1550 erschien. - Inhaltlich vertrat L. gegen Erasmus eine »scholastische« Exegese, welche im hohen Maße die Philosophie für die Auslegung heranzog und die normative Funktion der kirchlichen Tradition sowie des Lehramtes betonte. Den Schwerpunkt seiner literarischen Tätigkeit bildete die Auseinandersetzung mit Luther und der Reformation. Auf Grund seines theologischen Ansatzes wandte sich L. gegen Luthers Sola-Scriptura-Prinzip und die Klarheit der Schrift sowie dessen Auffassung von Sünde und Gnade. In der Schrift über das Papsttum verteidigte er das göttliche Recht des päpstlichen Primates und entwickelte ein hierarchisches Kirchenbild. Luther lobte die Ernsthaftigkeit seines Gegners Latomus im Vergleich mit Erasmus, wobei die gemeinsame Gegnerschaft gegen Erasmus eine Rolle spielte.

Werke: Opera omnia, 1550; Bibliotheca reformatoria neerlandica III, 1905, 28-84. 101-195 (De trium linguarum; De primatu Romani pontificis adversus Lutherum); Wilbirgis Klaiber, Hrsg., Katholische Theologen und Reformer des 16. Jahrhunderts, 1978, Nr. 1790-1804 (Werkverzeichnis); Bayer. Staatsbibliothek München, Hrsg. (Redakt.: Irmgard Bezzel), Verzeichnis der im deutschen Sprachraum erschienen Drucke des 16. Jhdts.-VD 16 -. Bd. 13, 1988, 117; Jacques Etienne, Spiritualisme érasmien et théologiens louvanistes, 1956, XVIII-XIX, 163-168.

Lit.: Henry de Vocht, History of the Foundation and the Rise of the Collegium Trilingue Lovaniense 1517-50. Bd. II-III, 1953-54; - Georges Chantraine, L'Apologia ad Latomum. Deux conceptions de la théologie, in: J. Coppens (Hrsg.), Scrinium Erasminianum II, 1969, 51-75; - Joachim Rogge, Gratia et donum in Luthers Schrift gegen Latomus, in: Ders.-Gottfried Schille (Hrsgg.), Theologische Versuche 2, 1970. 139-152; - Erwin Iserloh, Gratia und Donum, Rechtfertigung und Heiligung nach Luthers Schrift »Wider den Löwener Theologen Latomus« (1521), in: Ders., Kirche-Ereignis und Institution II, 1985, 70-87 (Ersterscheinung 1970); - Leopold Vinken, Jacobus Latomus en Maarten Luther, in: Facultas S. Theologiae Lovaniensis 1432-1797, 1977, 299-311; - Joseph E. Vercruysse, Jacobus Latomus, in: Gregorianum 64 (1983) 515-538 = Katholische Theologen der Reformationszeit 2, hrsg. v. Erwin Iserloh, 1985, 7-26; - M. Gielis, Erasme, Latomus et le martyre de deux augustins luthériens à Bruxelles en 1523, in: J. Sperna Weiland-Willem T. M. Frijhoff (Hrsgg.), Erasmus of Rotterdam: the Man and the Scholar, 1988, 61-68; - Joseph Vercruysse, Die Ekklesiologie des Jacobus Latomus, in: Rolf Decot-Rainer Vinke (Hrsgg.), Zum Gedenken an Joseph Lortz, 1989, 376-396; Erika Rummel, Erasmus' Conflict with Latomus: Round two, in: ARG 80 (1989) 5-23; - Erika Rummel, Erasmus and his Catholic Critics I-II, 1989; - David V. N. Bagchi, Luther's Earliest Opponents, 1991; - LThK2 VI, 822; - RGG3 IV, 239; - Contemporaries of Erasmus II (1986) 304-306; - TRE XX, (1990) 491-499 (Lit.).

Heribert Smolinsky

Literaturergänzung:

Marcel Gielis, Scholastiek en Humanisme. De kritiek van de Leuvense theoloog Jacobus Latomus op de Erasmiaanse theologiehervorming, (TFT-Studies 23). Tilburg: UP 1994; - Jos E. Vercruysse, 'Die Stellung Augustins in Jacobus Latomus'Auseinandersetzung mit Luther', in: L'Augustinisme à l'ancienne faculté de Théologie de Louvain, hrsg. v. M.Lamberigts (BEThL 111), Leuven 1994, 7-18; -Vercruysse, Jos E.: 'Latomus and Tyndale's Trial', in Word, Church, and State. Tyndale Quincentenary Essays, edited by John T. Day, Eric Lund, and Anne M.O'Donnell, Washington D.C.: Catholic University Press 1998, 197-214.

Letzte Änderung: 27.08.2003