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Band III (1992) Spalten 417-419 Autor: Wilhelm Blum

JOHANNES III. VATATZES, Kaiser des byzantinischen Reiches von Nikaia-Nymphaion 1222-1254, * 1192 (oder 1194) als Sohn des Basileios Vatatzes und dessen Gemahlin Angelina in Didymoteichon, + 3.11. 1254 im Garten des Palastes von Nymphaion (heute: Nif, Kemalpata). - J. hatte, wohl 1212, die Tochter des Kaisers Theodor I. Laskaris, Irene, geheiratet: als Schwiegersohn des Kaisers konnte er bei dessen Tod sofort die Nachfolge antreten (Januar 1222). 1224 erfocht er einen glänzenden Sieg über die Lateiner bei jenem Poimanen¢n, bei dem Theodor I. 1204 schmählich verloren hatte; doch als die gefährlichsten Gegner erwiesen sich nicht so sehr die Lateiner als vielmehr die griechischen Herrscher von Epiros aus dem Geschlecht der Angeloi. Theodor Angelos hatte sich nach der Einnahme von Thessalonike 1224 zum Kaiser ausrufen lassen, was offenkundig gegen den Herrschaftsanspruch von J. gerichtet war. Doch am 9.3. 1230 wurde Theodor Angelos bei Klokotnitza vernichtend geschlagen, und zwar von den Bulgaren unter Ivan II. Asen: dieser bulgarische Sieg diente in doppelter Hinsicht den Interessen des J. Zum einen erhoben sich die Angeloi niemals mehr gegen J.: im Winter 1241 unterwarf sich ihm Johannes Angelos, im Dezember 1246 schließlich zog Kaiser J. mit allem Pomp und Prunk selber in Thessalonike ein, die Herrschaft der Angeloi über Nordgriechenland war damit zu Ende. Zum zweiten aber ging J. ein Zweckbündnis mit den Bulgaren ein: 1234 bis 1237 belagerten Byzantiner und Bulgaren gemeinsam die damals lateinische Hauptstadt Konstantinopel, konnten aber trotz aller Bemühungen die Lateiner nicht vertreiben. Im Frühjahr 1235 fand die Hochzeit des Kaisersohnes Theodor Laskaris mit der bulgarischen Zarentochter Helena Asen statt, 1237 schließlich wurde der endgültige Friede zwischen den Griechen und den Bulgaren unterzeichnet. In der Zwischenzeit aber waren als die gefährlichsten Feinde des byzantinischen Reiches von Nikaia-Nymphaion die Mongolen aufgetaucht: gegen diese schloß J. 1243 ein Bündnis mit dem ehemaligen Erzfeind, mit den Seldschuken von Konya. Seit 1238 schon hatte er sich der Freundschaft des Stauferkaisers Friedrich II. versichert; nach dem Tode seiner ersten Frau heiratete er 1244 (oder schon 1242?) Friedrichs und der Beatrice Lancia blutjunge Tochter Anna-Konstanze (+ 1313 als Nonne in Valencia), hielt sich jedoch deren Dienerin, eine Contessa aus Italien, als Mätresse, die er allerdings auf Grund heftiger Anfeindungen relativ bald in ihre Heimat zurückschicken mußte. - J. betrieb eine äußerst kluge und vorausschauende Politik, nach außen durch die erwähnten Siege und die diplomatischen Bündnisse, im Inneren durch Maßnahmen der Volksbildung (so etwa Neugründung von öffentlichen Bibliotheken), durch das Anlegen von großen Getreidevorräten und besonders durch die Befestigung der Grenzen seines Reiches. Er war ein Herrscher, wie er nur selten einem Volke beschieden ist (B. Sinogowitz); so ist es verständlich, daß er schon kurz nach seinem Tode als Heiliger verehrt wurde.

Lit.: August Heisenberg, Kaiser J. der Barmherzige, in: Byz. Zschr. 14, 1905, 160-233; - Bernhard Sinogowitz, Die abendländ. Politik der griech. Staatenwelt zur Zeit des Lat. Kaiserreichs (1204-1261), Diss. München 1944; - Herbert Hunger, Von Wissenschaft und Kunst der frühen Palaiologenzeit, in: Jb. der Österr. Byz. Gesellschaft 8, 1959, 123-155; - Georg Ostrogorsky, Gesch. des byz. Staates, 19633; - Hélène Ahrweiler, L'histoire et la géographie de la région de Smyrne entre les deux occupations turques (1081-1317), particulièrement au XIIIe siècle, in: Travaux et Mémoires 1, 1965, 1-204; - Demetrios I. Polemis, The Doukai, A Contribution to Byzantine Prosopography, 1968; - G. Cankova-Petkova, Griech.-bulgar. Bündnisse in den Jahren 1235 und 1246, in: Byzantino-Bulgarica 3, 1969, 49-79; - Johannes Irmscher, Nikäa als "Mittelpunkt des griech. Patriotismus", in: Byz. Forschungen 4, 1972, 114-137; - S. Brezeanu, Notice sur les rapports de Frédéric II de Hohenstaufen avec J., in: Rev. des Etudes Sud-Est-Européennes 12, 1974, 583-585; - Erasmo Merendino, Federico II e Giovanni III Vatatzes, in: Byzantino-Sicula 2, 1975, 371-383; - Hélène Ahrweiler, L'expérience nicéenne, in: Dumbarton Oaks Papers 29, 1975, 21-40; - Regesten der Kaiserurkunden des Oström. Reiches, bearb. von Franz Dölger, 3. Teil: Regesten von 1204-1282, bearb. von Peter Wirth, 19772; - John Springer Langdon, John III Ducas' Vatatzes Byzantine Imperium in Anatolian Exile, 1222-1254: The Legacy of his Diplomatic, Military and Internal Program for the Restitutio Orbis, Diss. University of California, 1978, 1979; - Alexis G. C. Savvides, Byzantium in the Near East: Its Relations with the Seljuk Sultanate of Rum in Asia Minor, the Armenians of Cilicia and the Mongols A.D. 1192-1237, 1981; - Donald M. Nicol, Byzantium and Venice, A study in diplomatic and cultural relations, 1988; - Georgios Akropolites (1217-1282), Die Chronik, eingel., übers. und erl. von Wilhelm Blum, 1989; - LThK2 V, 1045; - Catholicisme VI, 521 f.; - NewCathEnc VII, 1022.

Wilhelm Blum

Letzte Änderung: 09.06.1998