Verlag Traugott Bautz
www.bautz.de/bbkl
Zur Hauptseite
Bestellmöglichkeiten
Abkürzungsverzeichnis
Bibliographische Angaben für das Zitieren
Suche in den Texten des BBKL
Infobriefe des aktuellen Jahres

NEU: Unser E-News Service
Wir informieren Sie vierzehntägig über Neuigkeiten und Änderungen per E-Mail.

Helfen Sie uns, das BBKL aktuell zu halten!



Band V (1993)Spalten 557-560 Autor: Hannelore Braun

MAHRENHOLZ, Konrad Andreas Christian Richard (genannt Christhard), Theologe und Musikwissenschaftler, * 11.8. 1900 in Adelebsen Kreis Northeim als Sohn des Pfarrers Christian Mahrenholz und seiner Ehefrau Klara Helene, geb. Großcurth, + 15.3. 1980 in Hannover, bestattet in Amelungsborn. - M. besuchte zwischen 1911 und 1918 das humanistische Gymnasium in Göttingen, nahm seit 1915 Klavier- und Orgelunterricht und interessierte sich schon in dieser Zeit für die Praxis des Orgelbaus. Während des Studiums der Theologie und Musikwissenschaften von 1918 bis 1923 in Göttingen und für kurze Zeit in Leipzig wirkte er zwischen 1919 und 1925 mit kurzen Unterbrechungen in seinem Geburtsort als Organist und Chorleiter. Seine akademischen Lehrer waren u.a. Ludwig Ihmels, Paul Althaus d.Ä., Johannes Leipoldt, Franz Rendtorff, Friedrich Spitta, Hermann Abert, Arnold Schering und Friedrich Ludwig. In die Leipziger Zeit fiel die Begegnung mit dem renommierten Thomaskantor Karl Straube, der den jungen M. nachhaltig beeinflußte. 1923 erwarb er mit einer Studie über den Kirchenmusiker Samuel Scheidt, dessen Werkausgabe ihn zeitlebens beschäftigte, den philosophischen Doktorgrad und trat danach für ein gutes Jahr die Stelle eines wissenschaftlichen Hilfsarbeiters an der Universitätsbibliothek Göttingen an. Seiner ersten Ehe, die er 1924 mit Käte, geb. Spangenberg schloß, entstammen vier Kinder. Seit der Ordination in Hildesheim im Jahre 1925 war er Hilfsgeistlicher in Göttingen, und von 1926 bis 1930 wirkte er als Pfarrer in Groß-Lengden bei Göttingen. 1928 übernahm er dazu die Aufgaben eines geistlichen Hilfsarbeiters im Nebenamt im Landeskirchenamt in Hannover und gehörte dort u.a. dem Musikbeirat (als Sachverständiger für Orgel- und Glockenwesen) an; 1930 wurde er hauptamtlicher Hilfsarbeiter und Prediger an der Schloßkirchengemeinde, 1931 Landeskirchenrat, 1933 - auf seiten des von den Deutschen Christen vorübergehend partiell entmachteten Landesbischofs August Marahrens - Oberlandeskirchenrat (von 1936 bis 1945 als Mitglied der hannoverschen Kirchenregierung), 1953 Geistlicher Dirigent und 1965, im Jahr seines Ruhestandes, Geistlicher Vizepräsident. Zwischen Oktober 1935 und Februar 1937 setzte er sich als Mitglied des von Reichskirchenminister Hanns Kerrl berufenenen achtköpfigen Reichskirchenausschusses (und Stellvertreter des Vorsitzenden Wilhelm Zoellner) in Berlin ohne Erfolg für die Wiederherstellung verfassungsmäßiger Zustände in der Deutschen Evangelischen Kirche ein. Zwischen 1960 und 1971 schließlich bekleidete er das Amt des Abtes des alten Zisterzienserklosters Amelungsborn im Weserbergland, das fast 100 Jahre nicht besetzt gewesen war, und begründete dort eine evangelische Bruderschaft. - M. hat Zeit seines Lebens als kirchenjuristisch, kirchenhistorisch und liturgisch ausgewiesener Theologe und besonders kundiger Musikwissenschaftler im Dienste des Protestantismus gewirkt; seine vielfältigen Aktivitäten haben sich publizistisch in einer stattlichen Anzahl von Werkausgaben, Büchern, Aufsätzen, Denkschriften, Rezensionen, aber auch Ordnungen und praktischen Richtlinien niedergeschlagen. Als engagierter Vertreter der sog. Orgelbewegung veranlaßte er schon in jungen Jahren den Umbau der Orgel in der Göttinger Marienkirche in eine von ihm selbst konstruierte sog. Reformorgel; sie wurde 1925 eingeweiht. Publikationen über dieses Instrument wiesen ihn bald als Experten aus und trugen ihm u.a. das Interesse von Albert Schweitzer ein. Seit 1930 unterrichtete er als Lehrbeauftragter, von 1946 bis 1965 als Honorarprofessor für Kirchenmusik an der Theologischen Fakultät Göttingen. 1948 verlieh ihm die Universität den theologischen Ehrendoktor. Als Landesobmann des Niedersächsischen Kirchenchorverbandes seit 1931 wurde er Ende 1933 zum Reichsobmann des Verbandes Evangelischer Kirchenchöre Deutschlands gewählt und stand gleichzeitig der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Gesangbuchreform vor; 1938 berief der Verband einen achtköpfigen Gesangbuchausschuß, der unter M.s Führung auch während des Krieges beriet und 1950 das vereinheitlichte Evangelische Kirchengesangbuch vorlegen konnte. Ende der dreißiger Jahre gehörte er dem Rat der Evangelischen Michaelsbruderschaft an, 1940 übernahm er die Leitung der Lutherischen Liturgischen Konferenz Deutschlands und 1948 den Vorsitz des Liturgischen Ausschusses der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD). Als Ergebnis der Beratungen begann 1955 mit Band I die Agende für die evangelisch-lutherischen Kirchen und Gemeinden zu erscheinen, über die er sich in vielen kleineren Abhandlungen geäußert hat. In den Jahren 1947 bis 1950 überwachte er die Rückgabe von im Zeiten Weltkrieg beschlagnahmten, in Sammellagern aber noch verwahrten Glocken an die Kirchengemeinden. Von 1949 bis 1975 war er als Nachfolger von Karl Straube Vorsitzender der Neuen Bachgesellschaft, die dank seines Einsatzes trotz der Teilung Deutschlands weiterhin als eine der wenigen gesamtdeutschen Institutionen bestehen blieb; er gehörte auch dem Herausgeberkollegium der neuen Bach-Ausgabe und dem Deutschen Musikrat an und wirkte von 1969 bis 1973 als einer der Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft für ökumenisches Liedgut.

Festschriften mit Bibliographie: Musicologica et Liturgica. Gesammelte Aufsätze von Christhard Mahrenholz. Als Festgabe zu seinem 60. Geburtstag am 11. August 1960 hrsg. von Karl Ferdinand Müller: Bibliographie für 1924-1960, 662-675. Kassel 1960; Kerygma und Melos. Christhard Mahrenholz 70 Jahre (11. August MCMLXX). Hrsg. von Walter Blankenburg, Herwarth von Schade, Kurt Schmidt-Clausen unter Mitwirkung von Alexander Völker. Kassel 1970: mit Bibliographie für 1960-1970, 571-579.

Werke: (Auswahl): Samuel Scheidt, sein Leben und sein Werk, Leipzig 1924; Die neue Orgel in der St. Marienkirche zu Göttingen, Göttingen 1926, 2. Aufl. 1931; (Hrsg.), Bericht über die dritte Tagung für deutsche Orgelkunst in Freiberg i.S. 2.-7.10.1927, Kassel, 1928; Die Orgelregister, ihre Geschichte und ihr Bau, Kassel 1929, 2. Aufl. 1944, unveränd. Nachdr. 1968; (Hrsg.), Bericht über die dritte Tagung für deutsche Orgelkunst, Kassel 1928; (Mitbegr. und Mithrsg.), Musik und Kirche (Zeitschrift), seit 1929; (Hrsg.), Jacob Adlung, Musica mechanica organoedi. Berlin 1768, Kassel 1931, 2. Aufl. 1961; (Hrsg.), Ernst Pepping, Choralbuch, Mainz 1931; (Mithrsg.), Samuel Scheidt, Werke, Hamburg 1932 ff.; (Hrsg.) Dom Bedos, L'art du facteur d'orgues, 1766-1768, 4 Teile in 3 Bden, Kassel 1934-1936, 2. Aufl. Kassel 1963-1966; (Mitbegr. und Mithrsg.), Kirche im Aufbau (Schriftenreihe), Kassel seit 1935; (Mitbegr.), Handbuch für Evangelische Kirchenmusik Göttingen 1935 ff.; Denkschrift der Beratenden Kammer der DEK für Verfassungsangelegenheiten über die Neuordnung der kirchlichen Organe, in: Mitteilungsbl. der Dt. Ev. Kirche 1, 1936, Nr. 6, 29-39; (Mitbegr. u. Mithrsg.), Archiv für evangelisches Kirchenrecht, 1937-1969; Die Berechnung der Orgelpfeifenmensuren vom Mittelalter bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts, Kassel 1938, 2. unveränd. Aufl. 1968; Das Evangelische Kirchengesangbuch, ein Bericht über seine Vorgeschichte, sein Werden und die Grundsätze seiner Gestaltung, Kassel 1950; (Mithrsg.), Jahrbuch für Liturgik und Hymnologie, Kassel 1955 ff.; (Mithrsg.), Handbuch zum Evangelischen Kirchengesangbuch, Göttingen 1956 ff.; Ordnungen des Klosters Amelungsborn, Berlin 1961, Neuausgabe 1969.

Lit.: K. Ameln, Artikel in: NDB Bd. 15, München 1987; - Artikel in: Wer ist Wer, hrsg. von W. Habel, XIX. Ausg. Frankfurt 1977; - W. Blankenburg, Zum Gedenken an Christhard Mahrenholz (1900-1980), in: MuK 50, 1980, 161-163; - H. Brunotte, in memoriam Christhard Mahrenholz, in: ZevKR 25, 1980, 113 f.

Hannelore Braun

Textanmerkungen

1. der vierte Vorname lautet Reinhard, nicht Richard
2. Geburtsname seiner Ehefrau Klara Helene schreibt sich Groscurth, nicht mit ß
3.sein akademischer Lehrer Friedrich Ludwig war gleichzeitig sein Doktorvater.

Letzte Änderung: 22.06.2002