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Band XIV. (1998) Spalten 1101-1104 Autor: Werner Führer

IWAND, Hans Joachim, Systematiker. * 11.7. 1899 als Sohn des Pfarrers Otto Iwand und dessen Ehefrau Lydia geb. Herrmann in Schreibendorf, Kreis Strehlen, Schlesien; † 2.5. 1960 in Bonn. - 1917 Abitur in Görlitz. Studium der Theologie in Breslau bis zur Einberufung zum Militär. Soldat von Ostern 1918 bis Ostern 1919; zuletzt beim schlesischen Grenzschutz. Wiederaufnahme des Theologiestudiums in Breslau; seine Lehrer sind Hans von Soden, Erich Schaeder und vor allem Rudolf Hermann. Zwischenzeitlich zwei Semester in Halle/S. Abschluß des Studiums in Breslau mit dem Ersten theologischen Examen im Juli 1922. Nach einem kurzen Aufenthalt im Predigerseminar Wittenberg 1923 Berufung zum Studieninspektor an das Lutherheim in Königsberg/Pr. 1924 Promotion zum Lizentiaten der Theologie in Königsberg mit einer Arbeit über Karl Heim. Danach Lutherstudien, die in der Habilitationsschrift »Rechtfertigungslehre und Christusglaube«, 1927, Erstveröffentlichung 1930, ihren vorläufigen Abschluß finden. 1927 Eheschließung mit Ilse geb. Ehrhardt (+ 1950); aus der Ehe gehen fünf Kinder hervor. 1928 Zweites theologisches Examen. Privatdozent und Inspektor des Lutherheims in Königsberg bis zur Berufung als Lehrer für Neues Testament an das Herder-Institut in Riga im November 1934. Aktive Teilnahme am Kirchenkampf; Auseinandersetzung mit den »Deutschen Christen«. 1935 Entzug der venia legendi; daraufhin Leiter des illegalen Predigerseminars der Bekennenden Kirche in Bloestau (Ostpreußen) und in Jordan (Neumark) von 1935-1937; 1936 »Reichsredeverbot«. Nach der Schließung des Predigerseminars im Osten Wiedereröffnung im Januar 1938 in Dortmund, wo I. für vier Monate in Haft genommen wird. Von 1938/39-1945 Pfarrer an St. Marien in Dortmund. 1945 bis 1960 Professor für Systematische Theologie; bis 1952- bei besonders enger Zusammenarbeit mit Ernst Wolf - in Göttingen; danach bis zu seinem Tod 1960 in Bonn. Neben der Lehrtätigkeit Arbeit in zahlreichen kirchlichen und theologischen Ausschüssen seit der Gründungskonferenz der EKD in Treysa 1945. 1947 gründet I. zur Linderung des Flüchtlingselends das »Haus der helfenden Hände« in Beienrode (bei Königslutter), wo I. auch begraben liegt. I. war der Anreger und seit 1947 der Herausgeber der »Göttinger Predigtmeditationen« und Mitbegründer der »Christlichen Friedenskonferenz« (1958) in Prag. - I.s theologische Arbeit galt der von Luthers Römerbriefvorlesung (1515/16) aufgegebenen Frage, was es denn heißt, theologisch und anthropologisch, wenn Christus unsere Gerechtigkeit genannt wird. Seine syst.-theol. Durchdringung dieser Frage in »Rechtfertigungslehre und Christusglaube« ist unübertroffen und weist dieser Studie einen kaum zu überschätzenden Rang in dem deutschsprachigen theologischen Schrifttum des 20. Jahrhunderts zu. Das gilt nicht weniger für I.s allgemeinverständliche Darstellung des »articulus stantis et cadentis ecclesiae« in »Glaubensgerechtigkeit nach Luthers Lehre«, 1941, und für die im Dortmunder Pfarramt entstandenen »Erläuterungen« zu Luthers »De servo arbitrio«. In der Folgezeit hat I. nach der praktisch-theologischen Seite hin entfaltet, vor allem im Blick auf die Predigt von Gesetz und Evangelium, was in dem christologischen Dogma, das gemäß dem reformatorischen Modus loquendi theologicus durch die Rechtfertigungslehre expliziert wird, enthalten ist. Das beste Anwendungsbeispiel dürfte er selbst geliefert haben; es liegt vor in seinen nach dem Zweiten Weltkrieg geschriebenen »Predigtmeditationen« und in den ausgewählten Predigten (NW, Bd. 3, 21967). Ist I. die Anwendung seiner syst.-theol. Erkenntnis auf die politische Ethik und Neuorientierung nach 1945 gelungen? I. war von der Notwendigkeit durchdrungen, der Protestantismus müsse nach dem deutschen Zusammenbruch seine Selbständigkeit auch und gerade in politicis beweisen. Entsprechend suchte er nach einer Position zwischen den politischen Machtblöcken der Nachkriegszeit. Er konnte Erhebliches zur Versöhnung mit dem europäischen Osten beitragen. Er vermochte jedoch für den Protestantismus keine realisierbare Politikalternative aufzuzeigen.

Werke: Zur methodischen Verwendung von Antinomien in der Religionsphilosophie, dargestellt an Karl Heims »Glaubensgewißheit«, Diss. Königsberg 1924; Rechtfertigungslehre und Christusglaube, 1930 (31966); Leben und Lehre, 1931; Wir wandeln im Glauben, nicht im Schauen. Antwort auf W. Hauers »Deutsche Gottschau«, EvTh 2 (1935), 153-183; Von Bildung, Einbildung und Unbildung, 1936; Der Name des Herrn, 1936; Vor dem Sturm, 1937; Von der Gemeinschaft christlichen Lebens, 1937; Glaubensgerechtigkeit nach Luthers Lehre, 1941 (in: Glaubensgerechtigkeit. Ges. Aufs. II, 1980, 11-125); Lutherische Kirche?, EvTh 6 (1946/47), 385-388; In wessen Händen liegt das Lehramt?, EvTh 11 (1951/52), 86-92; Kirche und Gesellschaft, in: Bekennende Kirche. FS M. Niemöller, 1952, 101-117; Über den Verlust der theologischen Existenz heute, JK 14 (1953), 509-517; Der Wandel der Berufsauffassung in der Reformation und in der Neuzeit; JK 14 (1953), 565-570; Wider den Mißbrauch des »pro me« als methodisches Prinzip in der Theologie, EvTh 14 (1954), 120-125; Erläuterungen, in: M. Luther, Daß der freie Wille nichts sei, 1954 (31975), 251-312; Vom Primat der Christologie, in: Antwort. FS K. Barth, 1956, 172-189; Um den rechten Glauben. Ges. Aufs., hrsg. v. K. G. Steck, 1959 (21965); Kreuz und Auferstehung Jesu Christi, 1959, in: B. Klappert (Hrsg.), Diskussion um Kreuz und Auferstehung, 51981, 279-297; Gegen Hakenkreuz und Antisemitismus, 1960, in: GPM 40 (1986), 518-525; Über das Wesen und die Wurzel des Bösen, in: Woord en Wereld. FS K. H. Miskotte, 1961, 200-211; Rechtfertigung; Glaube und Werke, in: Tradition und Glaubensgerechtigkeit, hrsg. v. Außenamt der EKD, 1961, 41-50; Nachgelassene Werke, hrsg. v. H. Gollwitzer u.a., 6 Bde., 1962-1974; Predigt-Meditationen [Bild], (I), 1963 (41984); Predigt-Meditationen. Zweite Folge, (1939-1955) o. J. (1973); Die Gegenwart des Kommenden. Eine Auslegung von Lukas 12, 21966; Glaubensgerechtigkeit. Ges. Aufs. II, hrsg. v. G. Sauter, 1980; Frieden mit dem Osten. Texte 1933-1959, hrsg. v. G. C. den Hertog, 1988; Morgenröte der Verheißung. Texte zum Kirchenjahr von H. J. Iwand, (Auswahl aus den Predigt-Meditationen, Bde. I u. II), hrsg. v. C. C. Lauther, 1990; H. J. Iwand - Theologie in der Zeit. Lebensabriß und Briefdokumentation, Bibliographie, hrsg. v. P. Sänger u. D. Pauly, 1992 (darin: VolIst. Bibliographie der Publikationen Iwands (1920-1960), zusammengestellt v. D. Pauly, S. 225-300). - Der literarische Nachlaß befindet sich im »Haus der helfenden Hände« in Beienrode.

Lit.: W. Kreck, Lebendige Hoffnung. Predigt, gehalten am 4. Mai 1960 in Bonn anläßlich der Trauerfeier für Prof. Hans Joachim Iwand, gest. am 2. Mai 1960, EvTh 20 (1960), 241-244; - E. Wolf, In memoriam Hans Joachim Iwand, ThLZ 85 (1960), 793-796; - H. Linck, Der Kirchenkampf in Ostpreußen 1933 bis 1945, 1968; - K. Schwarzwäller, sibboleth, 1969, bes. 56-63; - Ders., Von Zeit zu Zeit, KuD 27 (1981), 20-44; - K. Adloff, Die Predigt als Plädoyer, 1971, 129-137.284-290; - C.-J. Kaltenborn, Hans Joachim Iwand, 1971; - C. Bizer, Unterricht und Predigt, 1972, 87-106; - J. Gandras, Predigt als Zeugendienst bei Hans Joachim Iwand, 1975; - N. Hasselmann, Predigthilfen und Predigtvorbereitung, 1977, 68-85; - G. Friedrich, Hans Joachim Iwand, in: ders., Auf das Wort kommt es an. Ges. Aufs., hrsg. v. J. H. Friedrich, 1978, 492-505; - J. Seim, Luther-Studien von Hans Joachim Iwand, EvTh 41 (1981), 171-184; - Ders., Vorüberlegungen für eine mögliche Iwand-Biographie, PTh 72 (1983), 46-63; - Ders., Politische Predigt bei Hans J. Iwand, BThZ 1 (1984), 81-96; - Ders./M. Stöhr (Hrsg.), Beiträge zur Theologie Hans Joachim Iwands, 1988; - E. Burdach, Hans Joachim Iwand. Ein Fragment 1899-1937. Mit einer biographischen Skizze des Verfassers von J. Seim, 1982; - R. Heinrich, Verheißung des Kreuzes, 1982; H. Ludwig, Der Beitrag H. J. Iwands zur Diskussion um das rechte Verständnis der Barmer Theologischen Erklärung, in: W.-D. Hauschild u. a. (Hrsg.), Die lutherischen Kirchen und die Bekenntnissynode von Barmen, 1984, 289-306; - M. Hoffmann, Bezeugte Versöhnung, 1988; - H. Tacke, »Verheißung« in den Predigtmeditationen Hans Joachim Iwands, in: ders., Mit den Müden zur rechten Zeit reden, 1989, 178-192; - B. Klappert, Versöhnung, Reich Gottes und Gesellschaft, EvTh 49 (1989), 341-369; - E. Martikainen, Evangelium als Mitte, 1989; - E. Lempp/E. Thaidigsmann, Gottes Gerechtigkeit in der Dialektik der Aufklärung, 1990; - Hans Joachim Iwand - Theologie in der Zeit, hrsg. v. P. Sänger u. D. Pauly, 1992 (darin: Sekundärliteratur über Iwand, zusammengestellt v. D. Pauly, 301-316); J. Hermelink, Die homiletische Situation, 1992, bes. 31-95; - R.-D. Krüger, Versöhnt mit Gott, 1993; - G. C. den Hertog, Befreiende Erkenntnis, 1994; - W. Führer, Rechtfertigung und Heiligung bei H. J. Iwand, KuD 40 (1994), 272-281; - R. Meier, Gesetz und Evangelium bei Hans Joachim Iwand, 1997; - TRE, Bd. 16, 1987, 427-432 (H.-W. Surkau).

Werner Führer

Literaturergänzung:

Rolf Heinrich, H.J.I. - Prediger zwischen d. Zeiten, in: EvTh 66.2006, S. 50-58; - Reinhard Vollmer, Gott Recht geben - im Gebet. Zur anthropolog. Bedeutung d. Rechtfertigungslehre bei Rudolf Hermann u. Hans Joachim Iwand. Bad Salzuflen 2006.

Letzte Änderung: 07.07.2006