Erlesene Stücke für das Münzkabinett im Schlossmuseum Iburg 
 
Sophie Charlotte-Medaille und Wartenberg-Klippe als Dauerleihgaben des Landschaftsverbandes Osnabrücker Land übergeben...


Dauerleihgaben für das Münzkabinett

Hier die Welfen-Prinzessin in der Blüte ihrer Jugend, fein in Silberprägung ziseliert, dort ein kleines bischöfliches Wappen auf eher klobig daherkommendem Edelmetall: Am 30. Mai 2005 übergab der Landschaftsverband Osnabrücker Land e.V. (LVO) offiziell zwei Münzen dem Schlossverein Iburg e.V. Der LVO hat die beiden Stücke für den Schlossverein Iburg e.V. angekauft und stellt sie ihm nun als Dauerleihgaben für das neu eröffnete Münzkabinett im Schlossmuseum Iburg zur Verfügung.

Vlnr: Erwin Uhrmacher, Vorsitzender des Schlossvereins
Iburg, Dr. Joseph Rottmann, Vorstand des LVO, und
Dr. Susanne Tauss, Geschäftsführerin des LVO,
präsentieren die neuen Münzen für das Münzkabinett im
Schlossmuseum Iburg.


Eckpunkte Osnabrücker Landesgeschichte

Beide Prägungen spiegeln wesentliche Eckpunkte der Osnabrücker Landesgeschichte rund um den Dreißigjährigen Krieg und seine Folgen. Die Geschäftsführerin des Landschaftsverbandes, Dr. Susanne Tauss, erläuterte: „Die beiden Stücke illustrieren die Belagerung und Einnahme Osnabrücks durch die Schweden im Jahr 1633 einerseits und das Schicksal der 1668 im Osnabrücker Land geborenen Bischofstochter Sophie Charlotte andererseits.


Silberknappheit Grund für Notlösung

So wird anhand der „Klippe zu 1 Reichstaler“ der Dreißigjährige Krieg in seinen unmittelbaren Auswirkungen spürbar: Da nach Einnahme Osnabrücks durch schwedische Truppen im Jahr 1633 das Silber knapp wurde, griff das Domkapitel unter Fürstbischof Franz Wilhelm von Wartenberg zu einer damals nicht unüblichen Notlösung. Es ließ aus Teilen des Stiftssilbers, u.a. liturgischem Gerät, kleine eckige Stücke fertigen (sogenannte Klippen), die nach gängigem Münzgewicht ausgewogen und geprägt wurden. Ergebnis war einseitig geprägtes, aber immerhin edles Notgeld, mit dem sich Soldaten und Bürger bereitwillig bezahlen ließen. Vorher hatten sie das zunächst eingesetzte billige Kupfergeld argwöhnisch abgelehnt.

Klippe zu 1 Reichstaler, eine der neuen Münzen für das Münzkabinett im Schlossmuseum Iburg.


Wechsel von Protestanten und Katholiken auf dem Bischofsstuhl

Der Westfälische Frieden wurde für Franz Wilhelm von Wartenberg zum Verlustspiel, da ihm mehrere Bistümer verloren gingen und er sich einer Kompromisslösung für sein verbliebenes norddeutsches Fürstbistum Osnabrück beugen musste: dem Wechsel von Protestanten und Katholiken auf dem Bischofsstuhl. Sein unmittelbarer Nachfolger, der Welfe und Protestant Ernst August I., zog als erster Osnabrücker Bischof mit Familie auf der Iburg ein. Wenige Jahre später wurde dort Sophie Charlotte geboren – eine Tatsache, die letztlich indirekt auf die Regelungen des Westfälischen Friedens zurückzuführen ist.


Silbermedaille von landeskundlichem Interesse

Unter der stattlichen Anzahl von Medaillen, die das Münzkabinett auf Schloss Iburg aufweisen kann, sind insbesondere jene aus der Zeit dieser Iburger Bischofsfamilie von großem landesgeschichtlichen Interesse. Die vom Landschaftsverband an den Schlossverein Iburg e.V. übergebene Medaille dokumentiert die Nahtstelle zwischen „Prinzessinnen“-Dasein und dem fürstlichem Leben an einem fremden Hof – die Heirat mit dem brandenburgischen Kurprinzen Friedrich III., der 1701 sich und seine Ehefrau zu den ersten Königen in Preußen krönte. Die Medaille von 1684 zeigt auf Vorder- und Rückseite die Brustbilder der beiden Neuvermählten: den „Princeps Electoratus Brandenburgensis“ (brandenburgischer Kurprinz) mit lang wallender Allonge-Perücke und dem Zeitgeschmack entsprechendem antikisierendem Gewand; auf der anderen Seite der Medaille das Brustbild der erst knapp 16jährigen Sophie Charlotte. Die Heirat war, wie damals üblich, vorrangig aus machtpolitischen Gründen arrangiert – ein Kurfürst galt als ausgesprochen gute Partie im Reich, und Sophie Charlotte ihrerseits konnte aufgrund der Stuart-Abstammung mütterlicherseits königliche Vorfahren vorweisen, was sie wiederum für den europäischen Heiratsmarkt interessant machte.

Mit knapp 16 Jahren wurde Sophie Charlotte vermählt - vorrangig aus machtpolitischen Gründen.

Der brandenburgische Kurprinz (princeps electoratus brandenburgensis) und spätere erste König von Preußen.


Medaillen keine offiziellen Zahlungsmittel

Medaillen galten – und gelten bis heute – nicht als offizielle Zahlungsmittel, sondern entstanden vorrangig als Gedenk- oder Schaumünzen. Sie wurden vielfach zur bildlichen Propaganda eingesetzt und in höfischen sowie diplomatischen Kreisen als Ehrengeschenke weitergegeben. Namhafte Künstler wurden mit den Entwürfen von Medaillen beauftragt; einer der bedeutendsten Medailleure des 17. Jahrhunderts, der Schwede Karsteen Arvid arbeitete u.a. für Ernst August I. – so auch die Medaille, die anlässlich der Heirat seiner Tochter Sophie Charlottes geprägt wurde.


Weitere Leihgaben des LVO an das Münzkabinett

Beide Stücke – die Klippe sowie die Medaille – sind, so betonte Dr. Joseph Rottmann, Vorstandsmitglied des Landschaftsverbandes, von hohem kulturgeschichtlichen Wert für die Region. Der Landschaftsverband Osnabrücker Land e.V. unterstützte den Schlossverein Iburg e.V. in der Vergangenheit bereits mit weiteren wertvollen Leihgaben, darunter eine Goldmedaille zu vier Dukaten, die schon 1997 dem Iburger Schlossverein zur Verfügung gestellt wurde.


Der LVO und die Iburg

Der Vorsitzende des Schlossvereins Iburg e.V., Erwin Uhrmacher, dankte dem Landschaftsverband ausdrücklich für sein hohes Engagement nicht nur in Sachen Münzen, sondern auch bezogen auf zahlreiche weitere Aktivitäten rund um die Iburg, sei es im Rahmen eigener Projekte zum Rittersaal (Tagung und Ausstellung 2004) oder in Form von Zuschüssen für Iburg-bezogene Vorhaben. Wie Erwin Uhrmacher außerdem verriet, denkt der Vorstand des Schlossvereins derzeit darüber nach, die Öffnungszeiten des Schlossmuseums Iburg künftig zu erweitern, um den zahlreichen Interessierten die Möglichkeit zu geben, auch unter der Woche die sehenswerte Präsentation samt neu eingerichtetem Münzkabinett zu besichtigen. Denn soviel steht fest, die Iburg findet zunehmend Beachtung bei Kulturtouristen. Umso wichtiger sei es, so die Anwesenden unisono, dass die regionalen Akteure weiterhin am gleichen Strang ziehen, um den ungewöhnlichen Komplex aus Schloss und Kloster künftig noch mehr als bislang für Interessierte zu erschließen.


Öffnungszeiten Schlossmuseum Iburg samt Münzkabinett

April – Oktober
Fr – So 14.00 – 17.00 Uhr

Nov. – März
Fr – So 14.30 – 17.00 Uhr


 
  << zurück