Die Chronik des Jerichower Landes

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Inhaltsverzeichnis

1.

Lage, Grenzen und Größe 

2.

Bodenverhältnisse, Gewässernetz und Klima 

3.

Geologische Streifzüge 

3.1.

Das Erdaltertum (Paläozoikum) 

3.2.

Das Erdmittelalter (Mesozoikum) 

3.3.

Die Erdneuzeit (Känozoikum) 

3.3.1.

Das Tertiär

3.3.2.

Das Quartier

3.3.2.1.

Das Pleistozim 

3.3.2.2.

Das Holozän

4.

Die Besiedlung der beiden Kreise Jerichow 

4.1.

Die Eiszeit (600000 - 12000 v. Chr.) 

4.2.

Die Steinzeit (14000 - 2500 v. Chr.) 

4.3.

Die Bronzezeit (ca. 2000 - 800 v. Chr.) 

4.4.

Die Eisenzeit (ca. 800 - 100 v. Chr.) 

4.5.

Die römische Kaiserzeit 

4.6.

Die Zeit der Völkerwanderung (4./5. Jahrhundert) 

4.7.

Die slawische Zeit

4.8.

Die slawischen und deutschen Dörfer 

4.8.1.

Slawisch benannte Ortschaften 

4.8.2.

deutsch benannte Ortschaften

5.

Politische Entwicklung des Landes

5 1.

Die ersten Berührungskämpfe 

5.2.

Die sächsischen Kaiser im Kampf gegen die Slawen 

5.2.1.

Der deutsche Scheinsieg im slawischen Ostelbien 

5.2.2.

Der slawische Sieg über die deutschen Eindringlinge 

5.3.

Die Zeit der vergeblichen Wiedereroberungsversuche durch deutsch Kaiser

5.3.1.

Ausbau der Grenzmarken 

5.3.2.

Der Gau Morzane als Aufmarschgebiet deutscher Heere 

5.4.

Der endgültige deutsch-christliche Sieg 

5.5.

Staatsrechtliche Stellung des Stiftes Jerichow 

5.6.

Die Einführung der Reformation im Lande Jerichow 

5.7.

Kriegerische Auseinandersetzungen 

5.7.1.

Der 30jährige Krieg 

5.7.2.

Westfälischer Friede 

5.7.3.

Nationaler Befreiungskrieg 1806 - 1813 

5.7.4.

1.Weltkrieg

5.7.4.1.

Lage nach dem 1. Weltkrieg 

5.7.5 1.

2.Weltkrieg 

5.7.5.2.

Lage nach dem 2. Weltkrieg 

5.8.

Herausbildung des Sozialismus in den Kreisen Burg und Genthin

5.9.

Die Situation im Jerichower Land nach der Wiedervereinigung Deutschlands

6.

Die Erweiterung des Begriffes 'Land Jerichow" 

7.

Die Verwaltung des Landes 

7.1.

Die Verteilung unter bevorrechtigter Stände 

7.2.

Aufzählung der Landräte 

7.3.

Kurzbeschreibung der Ortschaften des Jerichower Landes 

8.

Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Jerichower Landes 

8.1.

Auszüge aus dem Industrieleben

8.2.

Die gewerblichen Landschaftselemente 

8.2.1.

Die Tuchindustrie 

8.2.2.

Das Mühlengewerbe 

8 2.3.

Das Ziegeleigewerbe 

8.2.4.

Die Sägewerksindustrie 

8.2.5.

Die Schiffsbauerei 

8.2.6.

Die Gutsbrennereien 

8.2.7.

Die Stärkefabrikation 

8.2.8.

Das Brauwesen 

8.2.9.

Die Tonwarenindustrie 

8.2.10.

Die Schuh- und Lederwarenindustrie 

8.2.11.

Die Möbelindustrie 

8.2.12.

Die optische Industrie 

8.2.13.

Der Maschinenbau 

8.2.14.

Lebensmittelindustrie 

8.2.15.

Die chemische Industrie 

8.2.16.

Mittelständische Betriebe im Jerichower Land 

8.3.

Die Landwirtschaft 

8.3.1.

Die Gutshöfe 

8.3.2.

Die Entwicklung der LPG´n des Jerichower Landes

8.3.3.

Die Herausbildung der Agrargenossenschaften und deren Entwicklung

8.4.

Handel und Verkehr 

8.4.1.

Bau der Wasserstraßen 

8.4.2.

Das Eisenbahnnetz 

8.4.3.

Die Straßen im Jerichower Land 

9.

Kultur, Natur und Sehenswürdigkeiten 

9.1.

Sehenswürdigkeiten 

9.2.

Naherholung

9.3.

Kultur 

9.3.1.

Vereine 

9.3.2.

Einrichtungen 

10.

Persönlichkeiten 

11.

Allgemeine Statistiken des Jerichower Land

11.1.

Bevölkerungsbewegung 

12.

Begriffserklärung

12.1.

Quellenverzeichnis



 

 

1. Lage, Grenzen und Größe

Über 800 Jahre hat es gedauert, bis die in dem heutigen  Jerichower  Land vereinten Gebiete, damals Jerichow I (später Kreis Burg) und II (ehemaliger Kreis Genthin), einheitlich benannt wurden.

Das heutige Jerichower Land ist aus der Kreisgebietsreform 1994, aus den ehemaligen Kreisen Burg und Genthin sowie der Gemeinde Mangelsdorf (ehemaliger Kreis Havelberg), hervorgegangen.

Es befindet sich im Herzen Sachsen-Anhalts und grenzt westlich an die Elbe unmittelbar an die Landeshauptstadt Magdeburg sowie östlich an das Bundesland Brandenburg an. Im Norden  wird es vom Kreis Östliche Altmark und im Südosten Kreis Anhalt-Zerbst, im Südwesten Schönebeck eingeschlossen.

Es umfasst weite Gebiete der ehemaligen Kreise Jerichow I und II.

1922 schrieb Walter Sens einen Artikel für die damalige Heimatzeitung "Jerichower Land und Leute". Im folgenden lesen Sie einen Auszug wie in damaliger Zeit die Geschichte beschrieben wurde:

"Wenn wir heute vom Jerichower Land reden, so meinen wir damit jenes Gebiet, dass die Kreise Jerichow I und II umfasste. Eine Landschaft muss immer an allen Stellen von natürlichen Grenzen eingefasst sein. Unsere Heimat ist aber gar kein allseitig von der Natur begrenztes Stück Erde. Nur im Westen und im nördlichen Teile  hat sie durch Elbe und Havel zwei unverrückbare Grenzlinien erhalten. Der südliche Teil geht ostwärts unmerklich in die Mark über, und nach Süden ersteigt er, ohne dass man es recht das Hauptmerkmal einer natürlichen Grenze fast überall, weil er sich nicht schroff von seinem Vorlande abhebt. Seine Ausläufer füllen den südlichen Teil des Jerichower Ländchens aus, und so gehört er also zum Teil unserer Heimat an. Ganz unrecht kann man den Leuten aus dem Mittelalter auch nicht geben, die den Südosten unseres Gebietes zur märkischen "Streusandbüchse" rechneten.

Als unsere Heimat in geschichtlicher Zeit zuerst genannt wurde, da waren Slawen (volkstümlich Wenden oder Liutizen) ihre Bewohner. Zu diesen Zeiten trug das Land also auch wendische Namen.  Die wendischen Gebiete decken sich merkwürdigerweise zum Teil mit unserem heutigen Kreis. Das mag wohl seinen Grund darin haben, dass die Wendenstämme damals noch eine natürliche Grenze mehr vorfanden, und das war im Osten der lange jezero (See), der Fiener.

1. Das Gebiet zwischen Stremme, Havel, Nuthe und Ihle, wurde der Wendengau  Moricane später Morzane (Land im Sumpfsee, der Fiener) genannt. Er umfasste  also den damaligen 1.  Kreis und den südlichen Teil des 2. Kreis bis zur jetzigen Kanallinie.

2. Ihle, Stremme, Havel und Elbe schlossen den Wendengau Liezizi ein.

3. Zwischen Parey und Klietznick lag der Untergau Semcici.

Als nun die Germanen ins Land kamen, gründeten sie im Norden unserer Heimat das mächtige Kloster Jerichow. Zähe hielten die Wenden an ihrer Sprache fest. Die deutschen Mönche aber wollten die slawische Sprache mit Stumpf und Stiel ausrotten. Ganz erreichten sie ihr Ziel nicht, denn noch heute tragen viele Dörfer unserer Heimat wendische Ortsnamen.

Die slawischen Namen für die Wendengaue aber sind seit Jahrhunderten verschwinden. Das Kloster Jerichow ist für die kulturelle Entwicklung des gesamten Gebietes durch 4 Jahrhunderte von außerordentlicher Bedeutung gewesen. Immer bekannter wurde das Kloster Jerichow in unserer Region. Das Land, in dem es lag, wurde immer öfter nach ihm benannt. Ganz allmählich ist diese Sammelbezeichnung auf den damals fast 3000 qkm fassenden Landstrich übertragen worden.

Seit dem heißt im Volksmund unsere Heimat: "Das Land Jerichow"

 

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2. Bodenverhältnisse und Klima

Das Jerichower Land als Glied der norddeutschen Tiefebene ist beherrscht, vom Pleistozän (Eiszeit) und Holozän (Nacheiszeit). Große Formunterschiede sind im Jerichower Land nicht anzutreffen, Einige Pleistozänplateaus und kleinere Inseln aus Spatsand und zum Teil Geschiebemergel erheben sich über dem Talsand, dem Torf und den anderen Niederungsböden. Das ganze ist, eine nach Nordosten geneigte Fläche lind durchweg zur Havel hin entwässert

Das Land wird von zwei Kanälen durchsagen. dem unter Friedrich dem Großen erbauten Planer Kanal von Derben über Genthin nach Plaue und dem Ihle Kanal. der an Burg vorbei über Gügen züm Planer Kanal zieht. Der Ihle Kanal und der Planer Kanal bis nach Plaue wird bellte als Elbe-Havel-Kanal bezeichnet.. Burg liegt unmittelbar an der Ihle', deren Bett der Kanal benutzt, bis sich bei Brettin-Roßdorf die Stremme abzweigt, die als Fortsetzung der Ihle aufzufassen ist, Im übrigen durchziehen viele Gräben das Land (Z. B. Mühlergraben, Kammerforthgraben) Im Jerichower Land gibt es vier Landschaftsschutzgebiete (das Gebiet Möckern- Magdeburgerforth, weiches die Jerichower Schweiz einschließt, das "Zuwachs-Külzauer Forst die "Mittlere Elbe" sowie die "ElbtalAue"), die durch viele Gräben, Bäche und Seen geprägt, sind. Sie bilden ein beliebtes Naherholungsgebiet.

Die klimatischen Verhältnisse, des Jerichower Landes haben nicht nur für Land- lind Forstwirtschaft, sondern auch für das Gewerbe Bedeutung. Die oft trockenen Monate Mai bis Juni machen den Anbau von Sommergetreide unsicher, besonders da, wo der Grundwasserstand niedrig ist. An seine Stelle ist der Anbau der Kartoffel getreten. welcher die Grundlage, für das Entstehen von Brennereien und Stärkefabriken war. Die, Forstwirtschaft, nutzte, die trockenen Sandböden durch das Anlagen von Kiefernwälder. Die ausgedehnten Forsten begünstigten ihrerseits das Aufkommen der Holzindustrie. Der Kiefernbestand wirkte sich später in der Tonwarenindustrie ans, welche in der heutigen Zeit das Bild nicht, mehr prägen, Der Wechsel von Sommer und Winter machte, bei (lern damaligen Stand der Technik eine Anzahl von Gewerben zu Kampangne-Betrieben (Saison): Ziegelei, Stärkefabriken, Brennereien Er übt auf den Betrieb der Wassermühlen Einfluß aus, fördert die Bekleidungsindustrie Die heißen Sommermonate machten früher den Brauereibetrieb während dieser Zeit unmöglich. Dies konnte erst nach der Erfindung der Kälteanlagen um 1877 realisiert werden. Durch die wirtschaftliche Entwicklung arbeiten die Betriebe. heute ganzjährig. Die häufigen Wechsel des Luftdrucks war die Voraussetzung für das Aufkommen der Windmühlen. Einige finden wir als historische, Zeitzeugen in verschiedenen Ortschaften des Landkreises. Wie die Natur des Landes im Einzelnen für die, Gewerbe von Bedeutung ist, wird an späterer Stelle, auszuführen sein.

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3. Geologische Streifzüge des Jerichower Landes

Um die wesentliche Entwicklung innerhalb der Jahrhunderte unserer Region nachvollziehen zu können, ist ein Überblick über die geologische Entwicklung (Verhältnisse) von Vorteil

 

3.1. Das Erdaltertum (Paläozoikum)

Das Erdaltertum, benannt nach dem griechischen "palaios" (=alt) und "zoon" (:--Lebewesen), umfasst einen Zeitraum von etwa 345 Millionen Jahren und begann als die Erde bereits 4 Million Jahre alt war.

Am Anfang der Erdaltertum war die Erde noch wüst und leer. Im Kambrium, der ersten Periode des Erdaltertums, waren die einzigen Lebewesen Algen und Flechten, sowie einige Weichtiere, die ausschließlich im Meer lebten. Vor ca, 500 Millionen Jahren erscheinen die, ersten Fische. 100 Millionen Jahre später begannen die inzwischen höher entwickelten Pflanzen das Festland zu erobern, Weitere 50 Millionen Jahre später folgten ihnen die ersten Amphibien, Tiere also, die aus den Fischen hervorgegangen waren und sowohl im Wasser als auch an Land leben konnten. Vor 3,50 Millionen Jahren. tauchten die Insekten als erste Bewohner der Lüfte auf. Vögel gab es zu dieser Zeit noch nicht. Sie erschienen erst 200 Millionen Jahren später.

In der sehr wechselvollen Geschichte des Erdaltertums war unser Gebiet die meiste Zeit vom Meer überflutet. In diesem Meer wurden mächtige Sedimente unterschiedlichster Art abgelagert und später unter den Druck darrüberliegender Sedimente, aber auch Gebirgsfaltungen zu Steinen verfestigt Das älteste Gestein ]in Jerichower Land, welches bis dicht an die Oberfläche reicht, 131, der Quarzit von Gommern. Er tritt als dickbankiger, weißlicher bis hellgrauer Sandsteinen in Wechsellagerung mit dünnen, dunklen Tonschiefern und Grauwackenbänken auf Die Tonschiefer erhalten kohlige, häufig zerfetzte Pflanzenreste von Farnen, Schachtelhalmen und Wurzeln.

Der Gommeraner Quarzit entstand vermutlich im Karbon (Periode des Erdaltertum), also vor rund 300 Millionen Jahren. Interessant ist, daß damit das Gebiet zwischen Plötzky, Dornburg, Dannigkow und Gommern als rechtselbische Fortsetzung des Flechlinger Höhenzuges zu betrachten ist, der ebenfalls aus Grauwacke besteht.

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3.2. Das Erdmittelalter (Mesozoikum)

Mit dem Ende des Erdaltertums vor etwa 225 Millionen Jahren begann das Erdmittelalter. Diese Ära umspannt einen Zeitraum von rund 160 Millionen Jahren und wird in drei Perioden, die Trias, den Jura und die Kreide untergliedert. Schichten des Erdmittelalters konnten zwar bei einer Bohrung in Pietzpuhl nachgewiesen, jedoch nicht eindeutig zugeordnet werden.

 

3.3. Die Erdneuzeit (Käriozoikum)

Mit dem Ende des Erdmittelalters begann vor rund 65 Millionen Jahren die jüngste Ära der Erdgeschichte, die Erdneuzeit. Sie wird nach dem grieschischen "kainos" (-neu) und "Zoo =Lebewesen) auch als Känozoikum bezeichnet Dieser Begriff erinnert an die einschneidenden Veränderungen, die zu Beginn dieser Ära in der Tierwelt stattfanden, Bereits gegen Ende des Erdmittelalters hatte ein weltweites massenhaftes Aussterben vieler Tiergattungen eingesetzt, von denen die landbeherrschenden Dinosaurier die bekanntesten Opfer waren, Die durch das Massensterben freigewordenen ökologischen Nischen wurden Ein] durch eine Reihe neuer Tiergattungen besetzt, die größtenteils auch heute noch in der uns bekannten Lebenswelt zu finden sind, Vor allem die Säugetiere, erlebten zu Beginn der Erdneuzeit eine stürmische Entwicklung.

Die, Erdneuzeit umfasst zwei Perioden, das Tertiär und das Quartär, Während das Tertiär mit einer Länge von etwa 63 Millionen Jahren zu recht als eine eigene Periode gelten kann, ist das Quartar, welches die Eiszeiten und Nacheiszeiten umfasst bei einer Länge von "nur" zwei Millionen Jahren eher ein Anhängsel des Tertiärs.

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3.3.1. Das Tertiär

Zu Beginn des Tertiärs war unser Gebiet Festland, und die Gesteine waren bei anhaltend tropischem Klima einer tiefgreifenden Verwitterung ausgesetzt. Die Meeresküste reichte höchstens bis in den Nordzipfel des Magdeburger Regierungsbezirks. In der Mitte des Tertiärs senkte sich das Land und das Meer überflutete das Land bis weit, nach Süden in den Rheintalgraben nach Osten breitete es sich bis nach Rußland aus. Auf dem Boden dieses Meeres setzten sieh zunächst Überflutungsgerölle ab, gefolgt von toneichen Sarden in denen auch Muscheln und Schnecken enthalten waren, die uns heute als Versteinerungen begegnen. Diese kalkhaltigen Tone sind östlich der Elbe flächenhaft verbreitet, vor allem in der Gegend von Leitzkau, Loburg und Möckern. Bei Pietzpuhl konnte bei einer Bohrung eine, Mächtigkeit von über 80 Metern nachgewiesen werden.

Nach dieser letzten, jedoch nur sehr kurzen Überflutung zog sich das Meer allmählich zurück. Von Wittenberge bis zur Unterelbe entstand eine Bucht. An vielen Stellen blieben große Seen und feuchte Senken zurück, in denen sich weit ausgedehnte Sumpfwälder mit Sumpfzypressen und Mammutbäumen ausgebreitet haben. Aus der damals üppigen Moorvegatation tropischen Klimas gingen zahlreiche, Braunkohlenflöze hervor. Deren Vorkommen wird durch eine Linie begrenzt, die etwa 45 km nördlich von Magdeburg vorläuft. Diese, Formation ist, ans Aufschlüssen und Bohrungen im Jerichower Land von Schollene. Ziesar, Theesen Parey, Glienecke und Karow bekannt, geworden. Bei Belicke und Kade wurde zwischen 1860 und 1870 Braunkohle abgebaut Für die, heimische Industrie viel wichtiger waren jedoch die während des tertiärs abgelagerter Tone, die zur Entstehung der Töpfereien in Ziesar und Görzke, aber auch zahlreicher Ziegeleien führten.

Während, der letzten Epoche des Tertiärs, dem Pliozän begann eine Zeit in der Klimaschwankungen begannen. Mit, dem Absinken der Temperaturen zog sich die tropische Vegetation immer weiter zurück, Wieder starben zahlreiche Pflanzenarten ans und worden

durch uns heute bekannte Formen wie Nadelhölzer, Birken, Linden, Ahorn und anderen Laubbäumen ersetzt,. Die, starke Abkühlung leitete, schließlich eine Epoche en die das Bild unseren Landschaft entscheidend geprägt hat, - die Epoche der großen Inlandvereisung zu Beginn des Quartärs

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3.3.2 Das Quarten

Das Quartär ist die jüngste Periode, der Erdgeschichte und umspannt die, großen Eiszeiten (das Pleistozän) und die Nacheiszeit (das Holozän). Die noch gelegentlich angewandten Begriffe "Diluvium" und "Alluvium" entstammen dem lateinischen Sprachgebrauch. Sie erinnern an frühere Versuche. geologische Prozesse mit biblischen Weltanschauungen in einklag zu bringen. So ging man noch zu Beginn des 20. Jahrhundertes davon aus, daß die, meisten quartären Lookergesteine während der Sintflut abgelagert wurden. Beide Begriffe sind beute nicht mehr gebräuchlich.

 

3.3.2.1 Pleistozän

Die, starken Klimaschwankungen des Pliozän gipfelten zu Beginn des Pleistozäns in ausgeprägten Kälteeinbrüchen.. Die jährlichen Niederschläge fielen zumeist als Schnee, der während der kurzen Sommermonate auch in unserer Gegend nur noch teilweise, abtaute.

Auf den skandinavischen Hochgebieten gefror der Schnee zu festem Eis und häufte sich dort nach und nach zu immer größer werdenden Küssen an. Schließlich begann das Eis unter dein hoher Druck des bis züi 2 km mächtigen Eispanzers nach Süden zu wandern.

gewaltige Gletscher drangen über den Raum der Nord- und Ostsee weit bis nach Deutschland vor. An der Kontaktstelle zwischen Eis und Untergrund der sogenannten Grundmoräne wurden Gesteine und Gerölle, vom Eis aufgenommen und mitgeführt.

Widerstandsfähige Hindernisse wurden zu Rundhöckern glattgehobelt. z.B. die bereits erwähnten Quarzite, bei Gommern. Traf das Eis auf weichere Böden, wurden diese zusammengeschoben (Faltengebiet bei Leitzkau) oder unter dem Druck des Eises ausgepresst (Pramsdorf).

Das Klima während des Pleigtoziäns war jedoch nicht immer gleichmäßig kalt. Zeiträume. in deinen es kalter war, wechselten mit sogenannten Zwischeneiszeiten, in (teilen es ]ESgesamt wärmer war. Während der Zwischeneiszeiten taute das Eis ab und zog sich nach Norden zurück.

Insgesamt gingen drei Eiszeiten über unsere Heimat hinweg. unterbrochen von zwei Zwischeneiszeiten. Weite Flächen sind ans der ehemaligen grundmöräne entstanden. In ihr wurden weiche" sandige und tonige Schichten vermengt mit den Gesteinen Skandinaviens, aufgenommenen je weiten das Eis nach Süden vorrückte, um so zahlreichen sammelte es Bodenproben auf. Unter anderem traten die, Ostseekreide mit ihren hinzu. die blaue. bernsteinführende erde des Samlandes und die Eisensteine des Magdeburger Oberoligozäns, die, besonders zwischen Magdeburg und Belzig verbreitet sind, ferner die miozäne Braunkohle der Allmark und des benachbarten Brandenburg Als das eis schmolz, fiel dieser Inhalt auf den Grund und bildete den sogenannten Geschiebemergel. Dieser ist. vor allem im Süden des Jerichower Landes züi finden und erreicht Mächtigkeiten bis zu 25 Metern.

Als das Eis zurückging, erfolgte sein Abschmelzen nicht, gleichmäßig. Es ging Staffelweise vor sich, unterbrochen durch längere Stillstandsanlagen in denen sich Nachschub und die Waage hielten. Vor dem Rand türmten sich Schüttungswälle sogenannte Endmoränen, auf- Man unterscheidet bei ihrem Aufbau. verschiedene Arten. Für die des Flämings kommt, die Blockpackung in Betracht. Sie ist, ein Wall, der nicht, übermäßig hoch seine Umgebung Überragt und besteht aus großen und kleinen Blöcken, deren Zwischenräume durch ein sandig-lehmiges Bindemittel ausgefüllt sind, Die Sandendmoränen dagegen bilden teils Kuppen - teils langgestreckte Höhenzüge Sie bestehen aus Sanden und Kiesen zu ihnen zählen die Klietzer Berge zwischen Elbe und Havel.

Vor dem Eis lagerte das Schmelzwasser ausgewaschene Bestandteile in Form der Sander ab. Gröbere Gerölle, Kiese Sande und Tone wurden durch die jeweilige Stromgeschwindigkeit des Wassers in verschiedener Entfernung vom Gletscherrand abgelagert. Die Wildbäche entwässerten vorwiegend nach Westen hin und bildeten sogenannte Urstromtäler. Das Jerichower Land stößt im Süden an das Elbe-Urstromtal, auch Breslau- genannt. Einer anderen Stillstandslage entspricht das Glogau- dem der Fiener Bruch ein Teil bildet- Der Trittsee und Stekkelsdorfer See sind eiszeitlichen Ursprungs. Gleiches gilt für die Havelseen bei Brandenburg.

Die großen Wassermassen, die in den Sommermonaten, also zur Zeit der Schneeschmelze Schuttmassen in Bewegung versetzten, sowie die Flüsse und Bäche in den Niederungen stark anschwellen ließen, dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, daß in den Eiszeiten (im Gegensatz zu den Zwischeneiszeiten) vor allem ein trockeneres, kontinentales Klima herrschte. Große Gebiete in Europa, besonders die, in denen sich die gewaltigen Schuttmassen der Gletscherströme und der Urstromtäler ansammelten, waren völlig vegetationslos. Diese ungeschützten Schuttanhäufungen trockneten bei längerer Sonneneinstrahlung schnell aus- Ihre feinsten Witterungsprodukte wurden. von den arktischen, meist aus Westen her wehenden Winden aufgenommen und fortgetragen. Während sich der gröbere Sand bald wieder am Boden absetzte und zu großen Dünen anhäufte legte der feine, mehlartige Staub große Strecken zurück, bis er In Niederungen an windgeschützten Stellen sich absetzen konnte. Der dichte Staubschleier wird Löß genannt Der Name "Löß" ist im allemanischen Sprachraum entstanden und leitet sich von "lösch" (locker) ab.

Damit bezieht sich diese Bezeichnung auf die typisch lockere, mehlartige Struktur des gelben oder braunen Sedlmer des eiszeitlichen Lockersediments sind die Minerale Quarz, Feldspat und Glimmer. Die fruchtbaren Böden der Magdeburger Börde bestehen in den obersten Schichten aus Löß.

Bereits in den Zwischeneiszeiten setzten erste schwache Prozesse der Bodenbildung ein. Am Ufer des Gloinebaches nördlich und südlich von Altengrabow und westlich von Glienecke fand man Süßwasserkalke, in denen Knochen- und Geweihstücke von Flügeldecken von Käfern Schuppen von Barschen und. Karpfen, sowie Erlen und Hainbuchensamen zu finden waren. Im Jahr 1922 wurde -nördlich des Bahnhofs Groß Wusterwitz bei den Vorarbeiten für den Kanalausbau unter mehreren Metern Geschiebemergel ein Über 12 Meter mächtiges Lager eines dichten, humosen Faulschlamms gefunden Er Ist, in einem See der letzten Zwischeneiszeit entstanden und enthielt noch erkennbare Pflanzenreste.

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3.3.2.2 Das Holozän

Erst vor rund 10.000 Jahren als die Gletscher der letzten Vereisung bis Nordfinnland

zurückgewichen waren, endete das Pleistozän Der Boden taute auf und eine Vielzahl an Pflanzen begann zu sprießen Je, nach Ausgangssubstrat und Wasserversorgung begannen sich die unterschiedlichsten Böden zu bilden. die die Grundlage des Pflanzenwachstums bildeten. Der Fiener Bruch ist ein großes Niederungsmoor.

Entlang der Elbe worden in neuerer Zeit, zum Teil mehrere, Meter mächtige sogenannte, Auemlehme abgelagert" die, aus erodiertem Bodenmaterial stammen, Das Phänomen der Bodenerosion steht neben Klimaveränderungen vor allem mit der Besiedlungsgeschichte unserer Landschaft in Zusammenhang. Mit dem Übergang vom Jäger- und Sammlertum zur Sesshaftigkeit wurden weite Waldgebiete gerodet und in Ackerland umgewandelt. Durch die Vernichtung der schützenden Vegetation war die Erdoberfläche verstärkt den Niederschlägen ausgesetzt, und die Abschwemmung des Bodens begann. Besonders starke Auswaschungen fanden später in der Zeit zwischen Christi Geburt und der frühmittelalterlichen Rodungsperiode (um 1000 n, chr.) sowie ab dem Spätmittelalter (um 1500 n. Chr.) statt, Vor allem im Überschwemmungsgebiet der Elbe, wo das Wasser beim Übertreten der Ufer seine Transportkraft verlor, wurden Auenlehme abgelagert. Überschwemmungen fanden früher, als die Flüsse noch nicht begradigt und eingedeicht waren, viel häufiger statt.

Auch heute ist, die Bodenerosion noch nicht, zum Stillstand gekommen. Unsachgemäße Bewirtschaftung wie Anbau von Reinkulturen in gefährdeten Gebieten, mangelnde Zufuhr organischer Substanzen durch vermehrten anorganischen Düngemitteleinsatz und die Bodenverdichtung durch den Einsatz schwerer Maschinen fördern die Bodenerosion, die selbst kleinere Bäche zur Zeit, der Schneeschmelze und nach starken Regenfällen in trübe, Schlammflüsse verwandelte.

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4. Die Besiedlung der beiden Kreise Jerichow

 

4.1 Die Eiszeit (600.000 - 12.000 v. Chr.)

Nach dem Ende des Tertiärs, zu Beginn des Pleistozän trat eine mehrfache Vereisung als Folge einer starken Klimaveränderung ein. Ausgehend von Skandinavien und den mitteleuropäischen Gebirgen entstanden gewaltige Gletscher, die mehrere tausend Kilometer in das bisher eisfreie Land vordrangen. In Norddeutschland reichten die Eismassen bis an die Mittelgebirgsschwelle heran. Das Eis selbst war bis zu 700 Meter mächtig. In der Zeit der größten Vereisung war in Deutschland nur ein Raum von ca. 300 Kilometer eisfrei. Das heutige Jerichower Land war ebenfalls von Eis bedeckt. Das Eis war lediglich Meereseis, denn laut Reichelt fehlten die Gletscher.

Die Eiszeit dauerte von ca. 600.000 bis ungefähr 12.000 Jahren vor unserer Zeitrechnung. Dabei unterscheidet man vier Hauptvereisungen von jeweils etwa 50.000 bis 60.000 Jahren; die letzte Eiszeit dauerte etwa 100.000 Jahre. Für die Pflanzen- und Tierwelt bedeuteten die Eiszeiten eine Katastrophe. Zahlreiche Arten starben aus, soweit sie nicht in der Lage waren, sich an geschützte Stellen zurückzuziehen. Die bis zu 70.000 Jahre dauernden Zwischeneiszeiten bewirkten eine Verschnaufpause, in der sich Flora und Fauna wieder erholen konnten.

Wie schon rein äußerlich aus der Richtung der Hauptströme Elbe, Spree, Havel, Oder und -Weichsel ersichtlich ist, hat sich das Eis in der Richtung nach Nordosten zurückgezogen. Der Rückzug des Eisgürtels zwischen Elbe, Spree-Havel-Linie und Oder, machten nach vielen Jahrtausenden das ostelbische Gebiet, zunächst die Kreise Jerichow I und II, sowie die Mark Brandenburg eisfrei und besiedlungsfähig. Dem Höhepunkt der letzten Vereisung folgte eine lange waldlose Zeit mit eisigem Klima. In dem Maße, wie das Zurückweichen des Eises vor etwa 20.000 Jahren erfolgte, minderten sich die trockenen Eiswinde. Nach dem Abschmelzen des Eises, rückte als erstes eine kniehohe, frostharte Tundrenflora mit Flechten, Zwergbirken und Polarweiden ein, die Nahrungsgrundlage für Steppentiere, z. B. das Ren bildete. Jedoch eroberte langsam der Wald (30 m pro Jahr Wanderungsgeschwindigkeit) das Steppengebiet.

Bereits zu dieser Zeit gab es Menschen im Steppengebiet, die als Jäger, Fischer und Sammler lebten und im Sommer umherzogen. Der Wald konnte Ihnen nur geringe Daseinsbedingungen, durch Jagd und Waldfrüchte bieten. Vor der eisigen Kälte im Winter der Nacheiszeit fanden sie Schutz in Höhlen. Da diese jedoch im Gebiet das Jerichower Landes nicht vorhanden waren, war der Einfluss des Menschen sehr gering.
Die Landschafts- und Vegetationsentwicklung nahm daher zunächst einen weitgehend ungestörten und natürlichen Verlauf. 

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4.2. Die Steinzeit (14.000-2.500 v. Chr.)

Während der Altsteinzeit (bis 8.400 v. Chr.) war der Mensch noch immer Jäger und Sammler, wurde jedoch in der Herstellung und im Umgang mit Werkzeigen immer geschickter. Zahlreiche Funde aus der Steinzeit belegen dieses. Zwischenzeitlich war die Kiefer wieder zurückgekehrt und es bilden sich leichte Birken-Kiefernwälder. Nach einer vorübergehenden Klimaverschlechterung, die zum Rückzug des Waldes führte, kam es zu einem endgültigem, verstärktem Temperaturanstieg, der die Nacheiszeit einleitete. Birken-Kieferwälder breiten sich aus, und auf de lehmigeren Böden wanderte der Haselstrauch ein (Haselzeit). Das Klima war trocken aber wärmer als gegenwärtig (sogenannte frühe Wärmezeit). Kiefern- und Haselzeit fallen urgeschichtlich in die mittlere Steinzeit (8.400 bis 6.400 v. Chr.).

Erst als sich um ca. 6.000 v. Chr. Nach weiterem Temperaturanstieg ein feuchtes ozeanisches Klima durchsetzte, drangen von Süden die Erle, Ulme (Rüster), Esche, Linde und Eiche vor. Damit begann die sogenannte Eichemischwaldzeit, die bis etwa 3.000 v. Chr. andauerte. Spätestens mit dem Beginn der jüngeren Steinzeit nahm der bis dahin unbedeutende landschaftsverändernde Einfluss des Menschen erheblich zu. Erste primitive Formen des Waldackerbaues und der Viehzucht begannen die natürlichen Laub- Misch-Waldgesellschaften zu verändern. Besiedelt waren vor allem trockene Anhöhen, die Schutz vor Überflutungen boten. Der nacheiszeitliche Mensch hatte gezähmte Tiere, die jetzt noch seine Genossen sind; er streifte nicht mehr von Ort zu Ort, sondern schuf sich feste Wohnsitze. In der Steinzeit war der Wald nicht mehr der Feind des Menschen. Vielmehr bot er ihm Nahrung (Eicheln, Haselnüsse, Wildfrüchte und Jagd) und Weidemöglichkeiten. Haustierzucht, Ackerbau und Fischerei an den zahlreichen Seen und Flüssen der ostelbischen Länder lieferten ihm weiterhin den Lebensunterhalt. 
Während seine Kleidung vorher aus Tierfellen bestand, verstand er jetzt aus Fasern der Tierfelle und Textilpflanzen Fäden zu spinnen und Gewebe zu wirken. Dies sind wohl die Ursprünge des Weberhandwerks.

 

4.3 Die Bronzezeit (ca. 2.000-800 v. Chr.)

Erst als sich um ca. 6.000 v. Chr. Nach weiterem Temperaturanstieg ein feuchtes ozeanisches Klima durchsetzte, drangen von Süden die Erle, Ulme (Rüster), Esche, Linde und Eiche vor. Damit begann die sogenannte Eichemischwaldzeit, die bis etwa 3.000 v. Chr. andauerte. Spätestens mit dem Beginn der jüngeren Steinzeit nahm der bis dahin unbedeutende landschaftsverändernde Einfluss des Menschen erheblich zu. Erste primitive Formen des Waldackerbaues und der Viehzucht begannen die natürlichen Laub- Misch-Waldgesellschaften zu verändern. Besiedelt waren vor allem trockene Anhöhen, die Schutz vor Überflutungen boten. Der nacheiszeitliche Mensch hatte gezähmte Tiere, die jetzt noch seine Genossen sind; er streifte nicht mehr von Ort zu Ort, sondern schuf sich feste Wohnsitze. In der Steinzeit war der Wald nicht mehr der Feind des Menschen. Vielmehr bot er ihm Nahrung (Eicheln, Haselnüsse, Wildfrüchte und Jagd) und Weidemöglichkeiten. Haustierzucht, Ackerbau und Fischerei an den zahlreichen Seen und Flüssen der ostelbischen Länder lieferten ihm weiterhin den Lebensunterhalt. 
Während seine Kleidung vorher aus Tierfellen bestand, verstand er jetzt aus Fasern der Tierfelle und Textilpflanzen Fäden zu spinnen und Gewebe zu wirken. Dies sind wohl die Ursprünge des Weberhandwerks

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4.4. Die Eisenzeit (ca. 800-100 v. Chr.)

Noch im Verlauf der Bronzezeit tritt das Eisen zunächst vereinzelt auf. Im Gegensatz zu Bronze ist Eisen wegen seiner höheren Standfestigkeit für Werkzeuge und Waffen geeigneter.
Für die Eisenerzeigung brauchte man jedoch höhere Temperaturen beim Schmelzvorgang. Mit Hilfe der Köhlerei wurde Holzkohle hergestellt, die eine höhere Energieausbeute garantierte und auch über weitere Strecken leichter zu transportieren war. Der Wald hatte dabei jedoch das Nachsehen, da man zur Eisenerzeugung das 12 bis 15fache des Eisengewichts an Holz verbrauchte. Die Gewinnung und Verarbeitung des Eisens geschieht im Lande selbst.

 

4.5. Die römische Kaiserzeit

Nach Beginn unserer Zeitrechnung macht sich der Einfluss römischer Kunstfertigkeit bemerkbar. Neben Bronze für Hausgeräte und schmuck und Eisen für Werkzeuge und Waffen tritt Silber häufiger auf. Der römische Einfluss zeigt sich vielfach im Hausgerät: Bronzeschüsseln, Bronzesiebe und Kasserolen dazu. Scheren, Gläser; es gibt verzierte Knochenkämme, Metallspiegel, Silberringe mit Bronzepinzette und Ohrlöffel und andere Dinge des Haushalts mehr. Wurfspeere mit Widerhaken sind im Gebrauch. Mit Töpferscheibe hergestellte und hartgebrannte, glatte schwarze Gefäße bürgern sich ein. Als Geld haben Münzen gedient.

Über den Einfluss der Römer auf das Gebiet des Jerichower Landes gibt es keine gesicherten Erkenntnisse. Zweifellos reichte die Handelstätigkeit der Römer weit über deren Grenzwall, den Limes, bis in unser Gebiet hinein.

Schilderungen römischer Schriftsteller, z.B. Tacitus, hinterließen den Eindruck, dass Germanien ein großer undurchdringlicher Urwald gewesen ist. Dabei sollte jedoch bedacht werden, dass die römischen Wälder vergleichsweise parkartigen Charakter hatten. Vielleicht sollte das Schreckensbild Germaniens auch nur für die verlorene Schlacht gegen die Germanen im Jahr 9 n. Chr. (Schlacht im Teutoburger Wald) herhalten. Tatsächlich ist anzunehmen, dass in unserem Gebiet eher lichte Kiefern-Birkenwälder auf den Sandböden und dichter geschlossene Eichenwälder auf den besser wasserversorgten Böden vorgeherrscht haben. 

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4.6. Die Zeit der Völkerwanderung (4., 5. Jahrhundert)

Die politische Entwicklung in Germanien führte von einer Vielzahl von Völkern und Stämmen, zu den größeren Stammesverbänden der Völkerwanderungszeit. Viele von ihren Gruppen lösten sich auf oder teilten sich, andere traten an ihre Stelle.
Eine wachsende Bevölkerungszahl machte möglicherweise größere Rodungen des Waldes unumgänglich. Dadurch wurde der Zusammenschluss bisher getrennter Stämme erleichtert. Auch mag sich die Überzeugung durchgesetzt haben, dass nur größere Einheiten in der Lage sein würden, die römische Herrschaft zu brechen. Die ganze damalige mitteleuropäische Welt geriet in Bewegung. 
Der Einfluss der Römer trat in unserer Provinz weitestgehend zurück. Wo Niederlassungen zerfielen, urbares Land nicht mehr bewirtschaftet wurde, drang der Wald wieder vor.

 

4.7. Die slawische Zeit

Im Zuge der Völkerwanderung erreichten die Liutizen (ein Stamm der Slawen) etwa in der Zeit vom 5. bis 6. Jahrhundert die Elbe-Havelgegenden, wo sie sich ansiedelten. An die Liutizen erinnern noch Burgwälle und Burgwarde sowie die slawischen Ortnamen der Städte, Dörfer und Wüstungen der späteren Kreise Jerichow I und II. Die altslawischen Siedlungen sind vielfach in nächster Nähe von Flüssen und Seen zu finden, wie zum Beispiel Gerwisch, Lostau, Pwchau, Wahlitz, Schermen und Tucheim.

Lange Zeit war die Ansicht vorherrschend, dass nur auf kriegerische Art die Slawen bis an die Elbe und darüber hinaus vorgedrungen wären, das es in einer bestimmten Zeit tatsächlich Kämpfe zwischen ihnen und den Germanen an diesen Strömen genug gegeben hat. Aber diese Kriege fanden erst Jahrhunderte nach dem Eindringen und Sesshaftwerden der verschiedenen Slawenstämme statt, nachdem die Germanen diese Gegenden verlassen hatten. 

Die Liutizen fanden aber zur Zeit ihrer Einwanderung in den Elb-Havelwinkel ein völlig verödetes Land vor. Rauh und unwirtlich war es, und doch entsprach der Landschaftscharakter durchaus den Lebensansprüchen der Einwanderer. Sumpf und Wald, stehendes und fließendes Wasser in Mengen, sumpfige Niederung und sandige Hochfläche füllten das Gebiet aus. Außer dem Pferd waren Rind, Ziege und Schwein Haustiere. An den Wildknochen und Fischgräten in den Abfallgruben ist ersichtlich, dass die Liutizen auch der Jagd und Fischerei nachgingen.

Von den Werkzeigen kennen wir lange hakenförmige Reißmesser, lange gerade Messer, grob- und feingezähnte Sagen, die auf das Zimmerhandwerk hinweisen. Sensen und Pflugscharen für den Ackerbau. Knochenpfriemen und Geweihpfriemen und- bohrer dienten zu allerlei Zwecken. Die Frauen fertigten die Gewebe, wie aus den Spinnwirteln, Websteinen und Knochennähnadeln ersichtlich ist. Außerdem fertigten sie die Tonware an und bereiteten das Mehl auf granitartigen Mahlsteinen mittels Reibsteinen.

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4.8. Die slawischen und deutschen Dörfer

Während der Eiszeit bis hin zur Bronzezeit durchzogen vermutlich Sueben, ein Stamm der Germanen, unser heutiges Gebiet. Diese wanderten im 2. Jahrhundert n. Chr. aus Norddeutschland. Somit wurde das gesamte nordöstliche Deutschland vom Harz bis hin zur Havel entvölkert. Es ist daher nicht verwunderlich, dass altgermanische Namen aus dieser Zeit in unserer Region nicht erhalten sind.

Auf die slawische Besiedlung im 5. und 6. Jahrhundert sind heute viele Bezeichnungen zurückzuführen. 
Inwieweit die altslawischen Siedlungen auf den verlassenen altgermanischen Feldmarken angelegt sind, kann nur durch Bodenfunde ermittelt erden. Daraus geht hervor, dass die Germanen der Eisenzeit, z. B. in Flötz, Gerwisch, Lostau, Gommern, Prödel, Güsen, Büden, Leitzkau, Schermen, Plötzky, Körbelitz und Scharteucke ihre Spuren hinterließen.

Im allgemeinen kann man für die Jerichower Region die Entstehung der slawischen Ortschaften der Jetztzeit noch vor dem Jahre 1000 ansetzen, da eine große Anzahl derselben schon 946 sowie 948 in den slawischen Provinzen "Semzizi", "Liezizi" und im Gau "Morzane" an das Moritzkloster vertauschte Orte genannt werden.

Bei der Wiederbesiedlung des slawischen Landes durch die Germanen im 12. Jahrhundert , waren nicht allein kirchliche Gründe maßgebend. Wirtschaftliche Forderungen waren sicherlich die Hauptursache. Für die Kirche handelte es sich um den Zehnten, der nur durch Neugründung von Ortschaften größeren Ertrag bringen konnte. Aber nur die germanischen Bauern verbürgten wirtschaftlichen Aufschwung, Ausbau des Landes und nachhaltige finanzielle Leistung. In kirchlichen Kreisen sehnte man sich nach dem reichen Ertragszehnt der germanischen Bauern gegenüber dem verhassten festbestimmten Zehnt der Slawen, der nicht zu höheren Erträgen anwuchs. Die Fürsten, die Kirche und viele große und kleine Grundherren konnten den gewinnreichen Anbau des Ödlands und die erwünschte Nutzbarmachung der Wälder und Sümpfe durch Zehnten und Zinsen nur von der Arbeit der germanischen Bauern erhoffen.

Als sich die Slawen in den östlichen und westlichen Elbländern ansiedelten, gründeten sie nur Orte mit einfachen Namen ohne besondere Zusätze, z. B. Bahnitz, Demsin, Grabow, Gübs, Lübs, Lübars, Schora, Seeden, Stegelitz, Wusterwitz, Ziatz. Mit der Neugründung durch die Deutschen wurde eine Veränderung vorgenommen, indem man den Namen eines benachbarten Dorfes benutzte und ihm das Wort "Groß" zur Unterscheidung hinzufügte. Dies belegt die erhaltene Kolonisationsurkunde Wichmanns, wahrscheinlich vom Juli 1159, für Groß-Wusterwitz. Somit ist Groß-Wusterwitz einer deutschen und Klein-Wusterwitz auf einer slawischen Gründung zurückzuführen. So sind auch Groß-Bahnitz, Groß-Demsin, Groß-Grabow, Groß-Lübs, Groß-Gladau, Groß-Schora, Groß-Stegelitz, Groß-Lübars, Groß-Seeden (später Hohenseeden) deutsche Orte. 

Namen werden bald mit Klein, bald mit Lutcken, Lüttgen zusammengesetzt. Dazu zählen: Lüttgen-Ziatz, -Demsin, -Grabow, -Gübs, -Parey, -Stegelitz, -Tucheim; Klein-Lübars, -Lübs, -Gladau, -Bahnitz, -Schora, -Seeden, -Stegelitz, -Tucheim, -Parey. Fiele dieser Ortschaften wuchsen mit der Bevölkerungszunahme in späterer Zeit zusammen und erhielten einen einheitlichen Namen. Andere Orte verschwanden völlig. Zahlreiche Beispiele von Doppelbezeichnungen, dass deutsch benannte Ortschaften mit dem Beiwort "Klein" eine slawische Bevölkerung hatten, sind vorhanden. Sie sind durchweg jünger als die mit "Groß" bezeichneten deutsch benannten Ortschaften.

Im heutigen Landkreis Jerichower Land ist z. B. Klein-Mangelsdorf vorhanden.
Mir der Bezeichnung Klein- werden auch Siedlungen der Neuzeit, die neben den alten Siedlungen aus Ausbauten entstanden, bezeichnet. Beispielsweise entstand die Kolonie Klein-Buckow (jetzt nur Groß-Buckow genannt) aus einer Schäferei in der Flur von Buckow. Aus Anlass der wiederholten Überschwemmung verließen noch 1851 zahlreiche Bewohner das Dorf Lostau und siedelten sich in einer Neugründung weiter östlich an und nannten den Ort Klein-Lostau. Dieser Ort ist das heutige Dorf Lostau, der Ortsteil Alt-Lostau ist das ursprüngliche Dorf Lostau.

Zahlreiche wüste Feldmarken wurden mit Wenddorf, Wendorf, Wentorf und Wendemark bezeichnet. Es handelt sich hierbei um Wüstungen, deren Namen, weil urkundlich nie erwähnt, meistens in sehr alter Zeit nach der frühen Aufgabe der slawischen Siedlung verloren gingen. Die deutschen Nachsiedler erkannten diese aber richtig als "slawische" Ortschaften und benannten diese Gegend danach. Manche der bis jetzt nicht unterzubringenden Wüstungen sind solchen Slawendörfern zuzuweisen, so z. B. "Groß- und Klein-Wenddorf " (Flur Burg). Viele von ihnen wurden eingemeindet. 

Wie Groß- und Klein-, die deutschen und slawischen Ortschaften voneinander unterscheiden, so werden auch durch das Beiwort Hohen- (Superior) und Nieder- die slawischen von den deutschen Orten unterschieden. Diese Eigentümlichkeit in der Bodenauswahl rührt daher, dass die Slawen nur den leichten hölzernen Hakenpflug ohne Räder besaßen. Der für die leichten sandigen Höhenböden ausreichte. Im Jerichower Land sind dazu beispielsweise die Orte Hohenbellin und Hohenziatz bekannt. Die Deutschen konnten bereits mit eisernen Pflugscharen auf Räder die schweren Böden der Niederung bewirtschaften. Diese kommen in unserer Region jedoch nicht vor. 

Noch Vorhandene Orte mit den Endungen

Jerichow 1

Jerichow 11

-itz (-ici, -isti, -esti) 28 13
-ig, -ick (-ek, -ok, -uk) 15 10
-ow (-owi, -owe, -ouwe) 17 18
-in (-ina, -ini,-ine) 13 24
-el (-ele) 5 1
-ev (-evi) 3 3
-az (-oz) 2 2
verschiedene Endungen 4 2

Gesamt :

87 Siedlungen

3 Siedlungen

 

noch vorhandene Orte mit den Endungen

 

Jerichow I

Jerichow II

-dorf
-ingen
-hagen
-born
-beck
-bach
-see
-berg
-burg
-tal
-holt
-winkel
-rode
-furt-
-feld
-hausen
-mark
-stall
-tunk,-dunk
-stedt
13

1

1

1

-

-

1

3

4

1

-

-

-

-

-

-

-

14

-

-

-

-

-

-

-

-

1

-

1

1

-

-

-

-

Gesamt :

25 Siedlungen

17 Siedlungen

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4.8.1 Slawisch benannte Ortschaften

Endungen

Noch vorhandene Orte

-jtz, -atz 
 
Biederitz. Drewitz, Dörnitz, Hohenziatz Klein Wusterwitz, Körbelitz, Lütnitz, Lüttgenziatz, Nedlitz Paplitz Steinitz Stegelitz, Vehlitz, Wahlitz, Wallwitz, Wörmlitz
-ig, -ick, -uck, -ock Glienecke, Klietznick, Nielebock, Zabakuck, Zeddernick
-ow Altengrabow Bergzow, Dannigkow, Grabow, Großwulkow, Güssow, Jerichow, Karow, Stresow, Wüstenjerichow
-in, -im Brettin, Demsin, Genthin Hoherbellin Redekin Schlagenthin, Tucheim
-el  Dretzel Madel Mützel, Rietzel, Küssel, Ziepel
versch. Endung Niegripp

 

4.8.2. Deutsch benannte Ortschaften

Endungen

Noch vorhandene Orte

-dorf Mangelsdorf, Reesdorf, Ringelsdorf, Roßdorf, Papsdorf, Schopsdorf, Seedorf, Woltersdorf,
-born  Königsborn
-burg Ihleburg
-rode Fienerode, Königsrode
-berg Heyrotbsberge
-hagen Detershagen
-tat  Wilhelmsthal
-Winkel Kuxwinkel

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5. Politische Entwicklung des Landes

Die des Jerichower Landes ist von den politischen Auseinandersetzungen über viele Jahrhunderte hin geprägt. Dieser Prozeß begann im Jahre 1144 und endete 1994 mit der Kreisgebietsreform. Seitdem ist, das Jerichower Land zu einer politische Einheit zusammenwachsen.
Trotzdem das ganze Gebiet des heutigen Jerichower Landes bereits sehr früh in der Zeitgeschichte einen gemeinsamen Namen führte, wurde es von unterschiedlichen Herren regiert. Ein großer Teil gehörte dem Erzbischof von Magdeburg. Im Norden lind Südosten regierten die Markgrafen von Brandenburg.
Doch schon im Jahre 1269 fiel Gommern mit Ranis und- Plötzky dem Herzog Albrecht, II (Nachkommen von Albrecht dem Bären), aus dem Hause Anhalt und zugleich Kurfürst von Sachsen, zu. Der Erzbischof von Magdeburg erhielt 1354 von den Markgrafen Ludwig und Otto von Brandenburg den nördlichen Teil des Jerichower Landes.
Später erhob das Erzstift Ansprüche auf die Ländereien um Gommern, Dennoch sicherte sich Kürfürst August von Sachsen als Reichsstand und Lehnsherr 1579 seine Rechte auf (las Amt und reservierte sieh Titel und Wappen.
Im Zuge der Reformation wurde auch (las Gebiet des Jerichower Landes fortan von Administratoren verwaltet- Der ungeheure Landbesitz blieb jedoch erhalten. Der Friede zu Osnabrück und Münster (1648) wurde von größter Bedeutung für die bis dahin magdeburgischen Teile des Jerichower Landstriches. Das Gebiet des ehemaligen Erzstiftes zu Magdeburg sollte neben anderen deutschen Ländereien in schwedische Herrschaft gelangen. Doch die Schweden verlangten einen deutschen Küstenstrich und erhielten somit Vorpommern und Stellten. Da das Land. eigentlich dem Kurfürsten von Brandenburg zustand, erhielt, er als Entschädigung Gebiete um Magdeburg und somit auch Teile des heutigen Jerichower Landes Mit dem Tode des letzten Administratoren am 14. Juni 1680 ging dann der Besitz an ihn Über. Somit wurden weite Teile des Jerichower Landes brandenburgisch-preußisch Dennoch wurde dieses Gebiet noch fast 150 Jahre von Magdeburg verwaltet und zu dessen Herzogtum gezählt,- Die anderen Teile waren zu diesem Zeitpunkt noch kursächsisch (dies sollte sich erst ]in Jahre 1815 ändern) bzw. Märkisch.
1773 wurde durch Friedrich den Großen der magdeburgische Kreis Luckenwalde gegen den märkischen Teil Ziesar ausgetauscht.
Nach der Errichtung des Königreichs Westfalen durch Napoleon wurde das frühere sächsische Gebiet zum Elbedepartment geschlagen und dem Distrikt (Unterpräfektur) Magdeburg als Kanton zugeteilt. Dazu gehörten Teile der preußischen Provinz Sachsen und Hannover sowie Braunschweig. Jeróme Kurhessen, ein Bruder Napoleons, wurde in diesem Militär- und Beamtenstaat eingesetzt.
Seite 19
Während der Nationalen Befreiungskriege im Jahre 1808 wurde die Städteordnung erlassen. Man gewährte den Städten die Selbstverwaltung, die sie weitgehend von den Fesseln staatlicher Bevormundung befreite. Sandau, Loburg und Burg waren Mediatstädte, dem König direkt unterstellt. Jerichow, Genthin, Leitzkau und Möckern hingegen waren Immediatstädte, den königlichen Behörden des Herzogtums untergeordnet. 1809 wurden die Bezeichnungen "Mediat" und "Immediat" aufgehoben. Wenn auch dem preußischen Staat das Bestätigungsrecht gewählter abgeordneter zustand, vergrößerte sich dennoch die Einflussnahme der Bürger auf ihre kommunalen Belange, z. B. in Bereichen der Land- und Forstwirtschaft, den Finanzen, bei Schulen, im der Armenpflege, im Gesundheitswesen und in der Grundstücksverwaltung. Die Stadtverordnetenversammlung hatte Kontrollrecht, ihre Zustimmung war zur Aufstellung und dem Erlass von Statuten erforderlich.
Am 21. Mai 1815 kam kursächsisches Gebiet zum Brandenburg- preußischen Gebiet hinzu, das sich Napoleon im Frieden von Tilsit als Brückenkopf der starken Festung Magdeburg gesichert hatte. Dies war das Amt Gommern mit dem Hauptstandort gleichen Namens. Im selben Jahr entstehen die Kreise Jerichow I und Jerichow II.

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5.1. Die ersten Berührungskämpfe

Mit Ende des 8. Jahrhunderts begannen die Kämpfe zwischen Slawen und Deutschen um die Herrschaft dieses Heimatgebietes. Den einen war es das Verzweiflungsringen um die Existenz, den anderen lag daran, eine durchgehende Christianisierung anzustreben sowie wirtschaftliche Interessen zu verfolgen. Nicht von vornherein war das Ziel der Deutschen klar erkennbar. 

Den Anstoß zum Beginn des Jahrhunderte dauernden Krieges gab Karls des Großen Großgermanenpolitik. Aus diesen ersten Plänkeleien entwickelte sich auch im heutigen Jerichower Land ein blutiger Kampf, der schließlich mit der Vernichtung des slawischen Stammes zwischen Elbe und Oder endete. 

 

Angriffskrieg Karl des Großen gegen die Wenden

789  Vorstoß auf die gesamte Elblinie durch Karl den Großen. Ob zu dieser Zeit schon Germanen den Raum des Jerichower Landes betraten, ist nicht erwiesen. Vermutliche Gründung der Gauen im Osten des Reiches.
805  Karl der Große verwüstet die Landschaft Genewara (vermutlich Landschaft um Gommern)
806 Kriegszug nach Genewara. Gründung einer Burg "in der Nähe der Elbe, Magdeburg gegenüber"
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5.2. Die sächsischen Kaiser im Kampf gegen die Slawen

 

5.2.1. Der deutsche Scheinsieg im slawischen Ostelbien

921 Erster Zug gegen die Slawen durch Heinrich I.
Heinrich I. zeiht gegen die Heveller vermutlich durch den Gau Marzane Moriziani (Land im Sumpfsee, Teil des Fieners). Seitdem ist dieser Gau stets in deutscher Hand. Tributabhängigkeit.  Gründung der Burgwardeien in den Wendengauen zwischen Elbe und Havel, z. B. Schartau, Lostau, Gommern, Dretzel, Tucheim, zur Sicherung der deutschen Reichsgrenzen.
10.05.946 Gründung des Bistums Havelberg
946 Otto der Große schekt dem Moritzkloster zu Magdeburg Schartau, Grabow und Buckau.
948 Das Moritzkloster erhält die Städte Gommern, Pechau, Möckern, Grabow und Schartau mit den dazugehörigen Dörfern (Burgwardeien)
01.10.949 Gründung des Bistums Brandenburg
01.01.956 Die Schlösser Schartau, Grabow und Buckau werden dem Moritzkloster nochmals bestätigt.
17.06.965 Die Burgwarde Tucheim und Lobug werden dem Moritzkloster geschenkt.
17.06.u.
28.07.965 
Otto I. schenkt dem Moritzkloster den Honigzehnt von Biederitz, 
Möckern, Schartau, Burg, Grabow, Tucheim, Buckau.
966 Der Burgward Buckau wird auf Geros Bitte dem Moritzkloster geschenkt.
05.06.973 Otto II. Bestätigt dem Erzstift alle Schenkungen seines Vaters, besonders den Besitz von Pechau, Gommern, Lostau, den Honigzehnt von Zitz, Möckern und Dretzel.
975 Das Kloster Berge zu Magdeburg erhält Liubatici (Lübs; groß und klein Lobbese) 

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5.2.2. Der slawische Sieg über die deutschen Eindringlinge

Die slawische Bevölkerung wehrte sich bald gegen die Unterdrückung der Deutschen. Deshalb schlossen sie sich zu einem Bund der slawischen Kernstämme zusammen, dem sogenannten Lutizenbund.

983

Der große slawische Aufstand. Mit der Niederlage von Otto II. in Italien 982 und seinem Tode 983 ermutigt, beseitigten die Slawen im Gebiet zwischen Elbe, Havel und Stremme restlos jede Spur der Deutschen in einem Überraschungskampf.

 

5.3. Die Zeit der vergeblichen Wiedereroberungsversuche durch deutsche Kaiser

 

5.3.1. Ausbau der Grenzmarken

bis 965 Gero als Markgraf der Nordmark (auch für den Gau Morzane urkundlich bestätigt)
1134-1170  Arecht der Bär, Markgraf der Nordmark. (15. April 1134 Albrecht wird auf dem Kaisertag in Halberstadt mit der Nordmark belehnt)

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5.3.2. Der Gau Morzane als Aufmarschgebiet deutscher Heere

991-992 Das Heer Ottos III. belagert vergeblich die slawische Feste Brandenburg.
10.08.995 Otto III. Sammelt bei Leitzkau sein Heer zum Zuge gegen Liutizen und Obotriten (auch ein Stamm der Slawen).
1005 Heinrich II. zieht von Leitzkau gegen den Polenherzog Boleslaw Chrobry.
1007 Polenherzog Boleslaw Chrobry verwüstet den Gau Morzane.
1011 Heinrich II. gibt den Burgward Dretzel ans Erzstift Magdeburg.
1029 Konrad II. zieht von Leitzkau aus gegen Mifisko von Polen.

 

Während dieser Zeit sicherte sich das Haus Stade weite Landstrecken des heutigen Jerichower Landes, namentlich im Gau Liezizi auf friedlichem Wege.

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5.4.Der endgültige deutsch-christliche Sieg

 

Zu Anfang des 12. Jahrhunderts versuchten vor allem die Staufer bei der Zurückeroberung die weiten Landstriche in den Verband der deutschen Staaten einzugliedern. Bei diesen Versuchen unterlagen die Slawen letzendlich.
1101 Markgraf Udo III. (von Stade, er starb 1128 kinderlos) erobert die Gaue Liezizi und Zemzizi zurück.
1114 Bischof Herbert macht Leitzkau zum Stützpunkt seiner Missionsarbeit.
1134 Erste Mönchskolonie in Leitzkau.
1134-1170 Albrecht der Bär als Markgraf der Bordmark. Die Herkunft seines Beinamens ist unklar. Albrecht der Bär beeinflusste maßgeblich die Entwicklung im Mittelelbe-Gebiet ind stellte mit seinem Wirken in der Altmark, wozu das Jerichower Land zählte, Weichen von reichspolitischer Bedeutung.
1144 Schenkung von Ländereien in Jerichow des Erzbischofs Hartwig von Bremen, aus dem Geschlecht Stade, an das Erzstift Magdeburg (ehemals Moritzkloster).
1147 Zwei Heere, eines unter Albrecht dem Bären, das andere unter Heinrich dem Löwen unternehmen mit Unterstützung des gesamten Klerus einen fast erfolglosen Kreuzzug gegen die Slawen.
1142 Albrecht der Bär nennt sich Markgraf von Brandenburg.
1157 Von nun an bleibt das Gebiet des Bistums Brandenburg dauernd deutsch und christlich.
1157 Zum Lohne für die, Albrecht dem Bären, geleistete Hilfe bei der Rückeroberung Brandenburgs erhält Erzbischof Wichmann von Magdeburg das Land Jüterborgk, zu den auch die Burgwarde Buckau und Görzke gehörten.
1165 Der Bischofssitz wird wieder dauernd nach Brandenburg verlegt.

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5.5. Staatsrechtliche Stellung des Stiftes Jerichow

Das Prämonstratenserstift zu Jerichow ist weitesten Kreisen dadurch bekannt, dass es mir seiner Stiftskirche eines der herrlichsten Bauwerke schuf, das die ältere Zeit im Bereich des nordischen Backsteingebietes überhaupt hervorgebracht hat.
Da das Archiv des Klosters abhanden gekommen ist, basieren viele Aussagen nur auf Vermutungen in mündlicher und schriftlicher Weise.
Auszüge aus der Entwicklung des Stiftes
1136 Rückschlag des Havelberger Bischofs während der Auseinandersetzung zwischen Deutschen und Slawen.
1144 Schenkung von Ländereien in Jerichow an das Prämonstatenserstift zu Magdeburg. Erneuter Versuch des Bischofs von Anselm zur Rückgewinnung slawischer Gebiete in deutsch-christliche Hände.
1148 Güteraustausch zwischen Ländereien der Prämonstratenser mit einem Gebiet außerhalb Jerichows. Beginn der ca. 100jährigen Bauzeit des Klosters.
1162 Bestätigung des Besitzes der Stiftvogtei.
1172 In der Konfirmationsurkunde soll erwähnt sein, dass der Besitz der Stiftsvogtei im Erbrecht erlangt werden kann. Nach Aussterben des Geschlechts der Burgherren von Jerichow zu Beginn des 14. Jh. Ist keine bestimmte Persönlichkeit mehr zum Vogt bestellt worden.
1226 Schlichtung der Streitigkeiten zwischen den Kapiteln Havelberg und Jerichow durch den Bischof Wilhelm von Havelberg über ihre Berechtigung zur Bischofswahl.
1351 Bestätigung der obersten Schutzherrschaft durch Markgraf Ludwig der Römer über das Stift.
1449 Die Markgrafen von Hohenzollern verzichten im Vertrag zu Zinna auf die Ortschaften und das Land Jerichow zu Gunsten des Erzbischofs von Magdeburg.
1548 Das Stift Jerichow wird endgültig zum weltlichen Territorium des Erzstiftes Magdeburg zugesprochen.
1551 Erzbischof von Magdeburg setzte Hans von Krusemarck als Verwalter und Befehlshaber über das Stift ein. Er war für die Sekulariesierung (Auflösung) des Klosters zuständig. 

Später wurde die Stiftskirche von der ortsansässigen reformierten Gemeinde genutzt. Die Klausurräume dienten wirtschaftlichen Zwecken. Heute wird die Klosterkirche von der evangelischen Kirchgemeinde genutzt. Die Klosteranlage ist Anziehungspunkt für Touristen aus aller Welt.

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5.6. Die Einführung der Reformation im Lande Jerichow

12.06.1512 Georg von Maskow, Propst zu Leitzkau, verliest lutherische Reformationsgedanken auf der Synode zu Ziesar.
1535 Kurfürst Joachim II. von Brandenburg nimmt das Kloster Leitzkau als brandenburgisches Amt in Besitz.
1552 Das 1550 in der Magdeburger Fehde geplünderte Kloster Jerichow wird eingezogen.
1560-1571 Kurprinz Johann Georg administriert das Bistum Brandenburg.
1571 Johann Georg wird Kurfürst. Gleichzeitig werden die Bistümer Brandenburg und Havelberg stillschweigend kurmärkische Domänen.

Dass die Durchführung der lutherischen Reformationsgedanken weit längere Zeitspannen nötig machte, als landläufig angenommen wird, ist vielfach gänzlich unbekannt. Eins unserer heimischen Bistümer war besonders stark durch Luthers mutigem Auftreten erschüttert worden, das Stift Brandenburg.
Unsere Heimat kann den Ruhm für sich in Anspruch nehmen, dass hier lutherische Reformationsgedanken zum aller ersten Male laut und deutlich verkündet wurden.
Am 12. Juni 1512 hielt der Bischof Hieronymus Scultetus (Schulze) eine Synode in Ziesar ab. Die Eröffnungsrede war dem Probst Georg von Maskow in Leitzkau übertragen worden. Der schien freundschaftliche Beziehungen zu Luther, der damals noch Augustinermönch in Wittenberg war, unterhalten zu haben.
Luther, damals schon als Gelehrter weit über Wittenbergs Mauern hinaus bekannt, fasste alle seine eigensten Erfahrungen von seiner Romfahrt an bis zu den Visitationsreisen, die er derzeit zu tun gerade beauftragt war, zusammen. Diese Lutherpredigt versetzte die im Kapitelsaal der Burg Ziesar versammelte Geistlichkeit des Bistums Brandenburg in namenlose Bestürzung. Durch Georg von Maskows Mund redete Luther so markant, wie später bei Eröffnung des Reformationskampfes.
Luthers neue Lehre fasste hier und da Fuß.

Kurfürst Joachim II. ließ sich am 01.November 1539 von ihn in Spandau das Abendmahl in beiderlei Gestalt reichen. Durch diesen offenkundigen Übertritt des Fürstenhauses war mit einem Schlag die gesamte Mark, also auch der im Jerichower Lande gelegene Teil, für die Lutherlehre erklärte.
Das schon seit Jahren lutherische Magdeburg beeinflusste in Bezug auf die Kirchenerneuerung den Südwesten des Jerichower Gebietes dazu kam der Einfluss des evangelischen Sachsens auf den Süden unserer Heimat. Die noch nicht erfassten Strecken aber erhielten vorzugsweise von nunmehr evangelischen Mark aus Anregungen, denen sie sich auf die Dauer nicht verschließen konnten, Ganz im Norden brach sich die Reformation nur mühsam Bahn. Aber von 1542 an scheint, was das Äußere anbetrifft, überall der lutherische Gedanke siegreich durchgedrungen zu sein.
Da von 1449 an der weitaus größte Teil des heutigen Jerichower Landes zum Erzstift gehörte, stand dem auch für dieses Gebiet die kirchliche Oberaufsicht zu. Dem gewaltigen Einfluss der Reformation konnte sich auch der Kirchenfürst des Erzbistums nicht verschließen.
Mit dem Tode des evangelisch erzogenen und innerlich dem Luthertum ergebenen Siegmund, Markgraf von Brandenburg, schloss die lange Reihe der Magdeburger Erzbischöfe. Das "Erzstift" wurde "säkularisiert" und bestand als "Herzogtum unter der Herrschaft von Administratoren" weiter.
Unter dem Regiment des letzten Erzbischofs war die straffe innere Struktur des Kirchenwesens völlig zerstört worden. Viele Gemeinden hatten auf eigene Faust reformiert. Es fehlte an der einheitlichen Oberleitung. Das fühlten alle Beteiligten und strebten eine Änderung an. Darum beschloss der Landtag zu Kalbe a. S. am 05. Dezember 1561 die Anhaltung einer General-KirchenVisitation aller Klöster und Kirchen des Erzstiftes, die auch sofort in den Jahren 1562 bis 1564 vor sich ging. 
Von den 81 Pfarren des Jerichower Landes hatten noch 21 die längste Zeit ihres Lebens ein katholisches Predigeramt verwaltet, aber 58 waren doch schon evangelisch ordiniert worden und hatten vorwiegend in Wittenberg und Frankfurt a. O. studiert.

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5.7. Kriegerische Auseinandersetzungen im Jerichower Land

 

5.7.1. Der 30jährige Krieg

 

10. Februar 1626 Graf Heinrich von Schlick bestürmt vergeblich die Stadt Burg
Februar 1626 Vormarsch Ernst von Mansfeld in den Elbhavelwinkel
5./15 März 1626 Herzog Franz Karl von Lauenburg besetzt Burg, Möckern, Loburg
2. April 1626 Ernst von Mansfeld bezieht Quartiere in und um Burg
3./13. April 1626 Fuchs, ein Feldherr, hat bei Schönhausen Stellung bezogen
28. Juni 1631 Gustav Adolf tritt von Brandenburg-Plaue seinen Marsch ins Jerichower Land an
29. Juni 1631 Gustav Adolf in Jerichow
29. Juni 1631 Erstes Gefecht der Pappenheimer und Schweden in dem Gelände zwischen Burg und der Elbe
1636/1637 Hatzfeld im Lande Jerichow
1642 Die Kaiserliche Armee zieht durch das Jerichower Land
24. Oktober 1648 Westfälischer Friede

 

"Durchzug eines schwedischen Heeres durch das Jerichower Land im August 1648"

        von Willy Sack, Burg

In den Jahren des großen Krieges 1618-48 musste unsere Gegend unsagbar leiden. Eine letzte Prüfung musste unsere Heimat, bevor es zum Abschluss des Westfälischen Friedens kam, noch ertragen.
Zum Glück wurde hier keine Schlacht mehr geschlagen, noch fanden feindliche Überfälle statt, sondern es war der Übel kleines, ein feindliches Heer durchzog das Land. Aber allein schon dieser Durchzug sollte noch einmal Not über unser Jerichower Land bringen.
Früh genug, bereits im Juni 1648,war der Marsch bekannt geworden. Am 17. August erfuhren die Beauftragten, dass der Marsch auf Sandau, furch den Jerichowschen Kreis über Burg gehe. Man erfährt, dass der Elbübergang bei Burg geplant ist. Da tun nun die beiden Unterhändler, Landrat von Zastrow und Katte, das in dieser Lage Richtigste, sie Schließen sich den Schweden an, um durch ihre Anwesenheit den Schaden möglichst zu verringern. Leider führten sie den Plan nicht ganz durch, da sie nur bis Schönhausen mitreisen. Aus den edelsten Absichten heraus wollten sie noch einen letzten Versuch zur Änderung der Marschrichtung wagen. So verlassen sie die Truppen, um dem Oberkommandierenden, dem Pfalzgrafen Carl August, entgegenzureisen, weil sie diesem in letzter Stunde ihre bereits an anderen Stellen oft genug geäußerten Wünschen vorbringen wollen. Üble Folgen sind aus dieser Planänderung erwachsen, denn seitdem die Unterhändler die Truppen verlassen haben, verläuft der Marsch nicht mehr so glatt. Am 19. August waren die Schweden in die Gegend von Genthin gekommen und marschierten am Montag, nachdem der Sonntag Ruhetag gewesen war, in Richtung Burg weiter. Von den nun folgenden Tagen werden wir von einem Augenzeugen, dem Schulzen Andreas Melmer aus Güsen, hören. Einen die traurigen Verhältnisse trefflich schildernden Bericht mit großem Klagen hat dieser an den Möllenvogt in Magdeburg gerichtet. Zum Glück ist das Schriftstück erhalten geblieben, es befindet sich im Staatsarchiv Magdeburg. Danach haben sich von Montag Mittag bis Dienstag um die selbe Zeit 1200 Reiter vom Leibregiment, die Jungen und Wagen nicht mitgerechnet, in Güsen einquartiert. Wie unmenschlich diese Kriegsknechte sich benahmen, ersieht man schon aus den Worten: "und großen Schaden an Korn und Heuw gethan, welges noch hette zu vorwinden gewesen", wie sie im Brief stehen. Da ist es zu verstehen, wenn sich die Güsener, deren Zahl durch den langen Krieg recht klein geworden war, vor der Ankunft der Schwadron in Sicherheit gebracht hatten.
Die dichten Waldungen, die damals in viel größerem Maße den Ort umgaben, boten ihnen reichlichen Schutz. Und doch mussten sie immer tiefer hinein fliehen, da die Reiter, es sollen an 400 gewesen sein, enttäuscht über das leer vorgefundene Dorf , auch hier nach den Entwichenen suchten. Es wurde so schlimm, dass der wackere Schulze seinen Beobachtungsplatz am Waldrand, den er beim Eintreffen der Truppe aufgesucht hatte, verließ und mit den ebenfalls zurückgebliebenen fünf Güsenern ins Dorf zurücklief. Trotz aller Bedrängnis gelingt es ihm sogar, zum Obersten zu gelangen. Zart wird er aber auch von diesem nicht angefasst. So soll er als erstes die Bauern herbeischaffen. Da erzählt er nun, dass diese schon seit 8 Tagen über die Hegell (Havel) seien. Es wären auch zu unglückliche Leute, seit einem Jahre haben sie erst wieder aufgebaut, wie die neu aufgeführten Gebäude erkennen lassen. Zur Erklärung schalte ich hier ein, dass am 3. Mai des Jahres 1640 acht Häuser nebst Scheunen, auch das Pfarrhaus abgebrannt waren, bald darauf wieder am 1. Juli 1642 zwölf Gebäude. So kann Melmer seine Landsleute mit gutem Recht 

arme Leute nennen. Nun soll er dem Obersten noch erklären, warum er im forst bliebe. In geschickter Weise gibt er sich darauf als Holzfäller des Bischofs von Halle aus, dessen Besitz er erhalten möchte. Aber das würde ihm zu schwer gemacht, wie ja auch das Benehmen der Soldaten nicht zu verantworten wäre. Rücksichtslos raubten diese aus Scheunen das Heu und Stroh. In den Häusern suchten sie nach Schätzen, wobei sie die Sachen, die sie nicht gebrauchen konnten, zerstören. Nicht einmal die Kirche haben sie verschont. Den Altar haben sie geplündert, die als Behang verwendeten Tücher haben sie „alle zerrissen und schimpfiret“. Zu solchem Vorgehen sollen die Güsener den Soldaten keinen Grund gegeben haben. Aber deren Wut über die Flucht der Einwohner war zu groß, und sie stellten dem tapferen Gemeindevorsteher grässliche Strafen in Aussicht, wenn sie die Bauern finden sollten.

Die Zeit zum Abrücken der Truppe nahte aber heran. Statt der Freude über die Befreiung gab es aber neue Sorgen. Die Feuersgefahr beunruhigte den um sein Dorf besorgten Schulzen. Da die Gebäude zum Unterbringen der Einquartierung längst nicht ausgereicht hatten, waren von vielen Soldaten in die Gärten und an die Zäune Hütten gebaut worden. In fast allen von diesen brannten kleine Feuer zum Kochen usw. Die waren nun ohne Aufsicht, und welche große Gefahr konnte daraus entstehen. Wie leicht konnte durch das Überspringen der Flammen auf die Baulichkeiten eine Feuerbrunst herbeigeführt werden. Dann wäre die Vernichtung vollkommen gewesen. Der Plan des Schulzen, nach  dem Feuer zu sehen, wurde aber durchkreuzt, denn er wurde als Führer für den Weitermarsch mitgeschleppt. Dieses Los hat oft den Bauern geblüht zu haben, wenn sie beim Durchmarsch einer Truppe sich auf der Straße zeigten, denn Melmer erwähnt es in seinem Bericht besonders. Durch dieses Mitschleppen wurde er Zeuge der großen Parade bei Ilaborg (Ihleburg), die der Pfalzgraf über seine Truppen, welche er auf deutschem Boden noch nicht gesehen hatte, abhielt. Mit großer Pracht erschien er dazu. Prächtige Reiter, Wagen mit schönen Frauen und eine große Bagage waren seine Begleitung. Unser Berichterstatter gesteht, solche Pracht lange nicht gesehen zu haben.

Nach der Truppenschau  kehren die Soldaten zum größten Teil in ihre alten Quartiere zurück, so z.B. die zahlreiche Artillerie wieder nach Ihleburg, wo sie schon eine Nacht gelegen und ebenfalls großen Schaden angerichtet hat. Von der in Güsen einquartiert gewesenen Reiterei zieht eine Hälfte wieder ins Dorf zurück, den anderen Teil muß der bedausernswerte Schulze nach Burg bringen, wo der Stab ebenfalls Quartier genommen hat. Bis zum Mittwoch, dem 23.August, haben die Schweden in der Gegend von Burg gelegen. Melmer bittet nun, ihn als Führer zu entlassen. Aber da versucht der Führer, von ihm erst noch zwei Faß Bier zu erpressen. Wie er sich aus dieser Lage, entweder Bier zu geben oder weiter mitzuziehen, befreit hat, vermag ich aus dem bericht nicht heraus zu lesen.

Über das unglückliche Dorf sollte aber noch größeres Unglück kommen. Welch Schrecken überfiel Melmer, als er vom Turmwächter verkünden hört, Güsen brennt. Wie eilt er mit etlichen hilfsbereiten Bauern in sein heimatdorf, um zu retten, was zu retten ist. Aber als sie im Ort angelangt sind, liegt schon ein großer Teil des Dorfes in Asche. 17 Gebäude zählt Melmer als zerstört auf, darunter die Meierscheune und das Backhaus. Die Scheune des Geppart erwähnt er mit besonderer Wehmut, weil sie so schön gebaut war. So ist die Not der Güsener so groß geworden,  dass ihnen die zuviel Schreckliches in diese Kriegsjahren erlebt haben, der Mut zum Wiederaufbau fehlt. Wir können die Leute verstehen, brauchen wir doch nur daran zu denken, wie lähmen Nahrungsmangel jedes Tun wirkt. Und hier stand ihnen Hungersnot vor Augen. Nicht eine Garbe Roggen hatten ihnen die Schweden gelassen, der Hafer war ihnen vom Felde fortgeholt worden, da die Pferde der Reiter viel brauchten, die Gerste war zertreten, und so überall größte Not. Derjenige aber, der immer wieder die bedauernswerten Einwohner ermunterte, war der Schulze Melmer. Er hat gro0ßes für sein Heimatdorf geleistet. Günstig war es aber auch, daß er so viel Verständnis bei dem Möllenvoigt und an anderen Stellen nach diesem Unglück fand. Seine geschickt abgefaßten Berichte, der erste ist schon am 24.August angefertigt, hatten den Erfolg, daß man sich der Güsener besonders annahm. Ich möchte einige der gewährten Unterstützungen und Erleichterungen anführen. Um das Nötigste, die Ernährung zu sichern, bekam Sie im ausreichenden Maße Getreide zu Brot und zur Aussaat. Für mehrer Jahre gewährte man ihnen Steuererleichterungen. Das Durchbringen des Viehs durch den Winter sollte ihnen erleichtert werden, dazu bot ihnen der Möllenvoigt an, davon 20.30 Stück für den Winter zum Durchfüttern nach Magdeburg zu nehmen. So haben Maßnahmen der Verwaltung in Gemeinschaft mit der Nächstenliebe der Landsleute die dankbare Gemeinde vor dem völligen Verderben geschützt. Solche schrecklichen Leidenstage, wie ich sie besonders von Güsen schildern konnte, mußten leider viele andere Orte unserer Heimat auch durchkosten.

 

Der Dreißigjährige Krieg begann als ständisch-religiöse Auseinandersetzung in Böhmen und griff mit der Königswahl Friedrichs V. von der Pfalz durch die böhmischen Stände auf das Reich über.
Nach zahlreichen Friedenssondierungen der kriegsmüden Parteien kam am 234. Oktober 1648 der Westfälische Frieden zustande, ohne dass damit der Kampf u die Vorherrschaft in Europa beendet gewesen wäre. Bis heute zählt der 30-jährige Krieg als eine der schlimmsten Katastrophen der deutschen Geschichte. Hungersnöte und Seuchen folgten dem Schrecken des Krieges. In den meisten betroffenen Gebieten (Nordost-, Mittel- und Südwestdeutschland) überlebte nur etwa ein Drittel der Bevölkerung.

 

 

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5.7.2. Westfälischer Friede

 

Der 30jährige Krieg wurde am 24. Oktober 1648 mit den Friedensschlüssen von Münster und Osnabrück zwischen dem Kaiser einerseits und Frankreich bzw. Schweden andererseits beendet; die Reichsstände schlossen sich an.
Im wesentlichen wurden die konfessionellen Grenzen nach dem Stand von 1624 , dem sogenannten Normaljahr festgeschrieben. Damit wurde erstmals auch der Calvinismus im Reich anerkannt. Außerdem sollten die Reichsinstitutionen paritätisch besetzt werden und die Religion betreffenden Fragen im Reichstag nur durch Übereinstimmung zwischen den beratenden katholischen und evangelischen Reichsständen entschieden werden.
Entscheidende Änderungen brachte der Westfälische Frieden für die Reichsverfassung mit sich: Während der Kaiser bei den Reichsgeschäften an die Zustimmung der Reichsstände gebunden wurde, musste er diesen für ihre Territorien die volle Landeshoheit zugestehen; d. h. Gesetzgebungsrecht, Rechtssprechung, Steuerhoheit, Bewaffnungsrecht sowie Bündnisrecht und Entscheidung über Krieg und Frieden. Der Friede im Reich wurde durch Gebietsabtretungen an die eigentlichen Sieger des Krieges und Garantiemächte des Friedens erkauft (kommt für das Jerichower Land nicht in Frage). 
Der Westfälische Friede wurde zum ewigen Grundsatz des Reiches erklärt, für das Frankreich und Schweden die Garantie übernahmen. Bei aller Unzugänglichkeit hatten die Friedensverträge doch für wichtige Fragen langfristige Lösungen gefunden. Trotz aller folgenden Kriege sicherte sie den Bestand des Reiches für anderthalb Jahrhunderte.

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5.7.3. Nationaler Befreiungskrieg 1806 - 1813

Mit Beginn des 19. Jahrhunderts stieg der Name Napoleon zu glorreicher Höhe auf, der bald Schrecken Europas wurde. Innerhalb kürzester Zeit eroberte er weite Teile Deutschland Dabei hinterließ er ein Schreckensbild der Verwüstung und Plünderung. Auch die Region des Jerichower Landes blieb davon nicht verschont.

September 1806

preußische Armeeteile berühren unsere Heimat auf dem Weg gegen französische Truppen

19. Oktober 1806

Preußens Niederlage in der Schlacht bei Jene vom 14. Oktober wird in unserer Region bekannt. Kurze Zeit später belagerten napoleonische Heere das Land.
Der Pfarrer von Schönfeld schreibt dort : "Am 01.September 1806 war eine Lieferung von Fourage ausgeschrieben nach Genthin für durchmaschierende Truppen. Ich lieferte 6 Scheffel 2 Metzen Hafer, 3 Bund Stroh und 57 Pfund Heu. Am 02.September 1806 ging ein Schwadron Dragoner von Katte aus Landsberg (Schönfeld) hier durch und bezog Quartier in Scharlibbe; die übrigen Schwadronen lagen in Camern, Kahlhausen und Rehberg. Am 05.September 1806 rückten zwei Kompanien Infantrie vom Regiment Herzog von Braunschweig-Oels, das in Prenzlau sein Standquartier hat, hier ein."
Das Jerichower Land kann sich rühmen, Patrioten zu haben, die als Allererste den Versuch machten, die Knechtschaft zu sprengen. Karl Friedrich von Werder (Rogäsen), Rittmeister von Hirschfeld versuchten mit einer kleinen Freischar im Frühjahr 1807 in das französische Lager vorzudringen, Doch leider wurde dieser Plan vereitelt.

09. April 1808

Das Amt Gommern fällt an das Königreich Westfalen

02. April 1809

Friedrich von Kalte (Neuenklitsche) beginnt seinen vergeblichen Wiedereroberungsversuch

05. April 1813

Schlacht bei Möckern
Am 05. April 1813 kommt es zum ersten Sieg der aus 27.750 Mann bestehenden preußisch?russischen Truppen über das 42500 Mann starke Napoleonische Heer. Das Gefecht verlief an drei strategisch wichtigen Orten, den Ehleübergängen in Vehlitz und Dannigkow sowie an der Verbindungsstraße nach Möckern bei Zeddenick. Zur Erinnerung an die Schlacht bei Möckern wurde das Denkmal bei Vehlitz errichtet.

30. April 1813

Amt Gommern fällt an Preußen

21..-25. August 1813

Einfall der Magdeburger Besatzung ins Jerichower Land

26. August 1813

Gefecht bei Zitz Dieses Gefecht war wohl die letzte kämpferische Auseinandersetzung während des nationalen Befreiungskrieges in unserer Region.

 

 

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Die Grenze des heutigen Jerichower Landes bildete im Norden Sandau, im Westen fast ganz die Elbe, im Osten die Havel und im Süden der Fläming. Seine Ausdehnung betrug rund 2700 km'.
Die Fläche des Kreises Jerichow 1 betrug ca, 1362 km, mit den 7 Städten Burg, Gommern Görzke, Leizkau, Loburg, Möckern, Ziesar und weiteren 166 Ortschaften (einschließlich Kolonien, Rittergütern, Vorwerke, Ämter und Schäfereien) mit ca 37105 Einwohner. Der Sitz der Verwaltung war Loburg dann Leitzkau und dann Burg.
Der Kreis Jerichow 11 umfaßte ca. 1305 km' mit den 3 Städten Genthin, Jerichow und Sandau sowie 156 Ortschaften mit ca. 32181 Einwohner, Genthin wurde Kreisstadt.

Diese Aufteilung blieb bis 1946 erhalten.

 

1946

10 Orte wurden in den Kreis Zerbst eingegliedert,

1950

Burg verliert seinen Status als kreisfreie Stadt

1952

Umbenennung der Landkreise Jerichow I und II in die Kreise Burg und Genthin.
Der Kreis Burg übergab 25 Orte an den neugebildeten Kreis Loburg, 3 an den Kreis Schönebeck, 12 an den Kreis Brandenburg und 2 an den Kreis Belzig. Nun hatte Kreis Burg 2 Städte (Burg, Gommern) und 33 Gemeinden.
Der Kreis Genthin trat 25 Orte an den neuen Kreise Havelberg, 17 an den Kreis Rathenow, 12 an den Kreis Brandenburg sowie den Ort Krüssau an Burg ab. Er bestand nunmehr aus 2 Städten (Genthin, Jerichow) und 23 Gemeinden.

1957

Erweiterung des Kreises Burg durch die Auflösung des Kreises Loburg um die Stadt Möckern und 12 Gemeinden. Die Bezeichnung Kreis Burg und Genthin und deren Aufteilung änderte sich erst wieder 1994.

1990

Durch die Wiedervereinigung Deutschlands entstand aus dem Bezirken Magdeburg und Halle das Bundesland Sachsen.-Anhalt mit der Landeshauptstadt Magdeburg.

1994

Aus den Kreisen Burg und Genthin sowie der Gemeinde Mangelsdorf vom ehemaligen Kreis Havelberg entstand infolge der Gebietsreform der Landkreis Jerichower Land, Die Stadt Burg erhält den Verwaltungssitz und Genthin Teilfunktionen.

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5.7.4.     1.Weltkrieg

 

5.7.4.1   Lage nach dem 1. Weltkrieg 

 

5.7.5.   2.Weltkrieg 

 

5.7.5.1   Lage nach dem 2. Weltkrieg 

 

 

 

6. Zur Erweiterung des Begriffes "Land"

31.12.1144

Konrad 111. (Staufer) bestätigt die Schenkung der Jerichower Ländereien des Erzbischofs Hartwig von Bremen, aus dem Geschlecht Stade Gründung des Klosters Jerichow

24.11A196

Markgraf Otto 11. von Brandenburg (Nachkomme von Albrecht dem Baren) und sein Bruder Albrecht überlassen dem Erzbischof Ludolf von Magdeburg zum freien Eigentum östlich von der Elbe: den Gau Morzane um Burg, die Burgwarde Belilz, Brietzen und die Burg Möckern.

1259

Markgraf Otto 111. wird vom Erzbischof Rudolf für seinen Verzicht auf die Herrschaft Seehausen zugunsten des Erzstiftes mit den 3 Schlössern Alvensleben, sowie dem Lande Jerichow belehrt.

1336

erhält Markgraf Ludwig der Ältere vom Erzbischof Otto die Belehnung mit last allen ehemals askanischen Gütern. nicht aber mit dem Lande Jerichow.

02.07.1354

Vertrag zu Brietzen
Ludwig der Römer und Otto V, treten an den Erzbischof Otto ausdrücklich das Land Jerichow mit Sandau, die Länder Klietz, Kamern, Schollehne und die Stadt Plaue ab

15.11.1449

Vertrag zu Zinna
Kurfürst Friedrich 11. (aus dem Hause Hohenzollern) verzichtete auf linkselbische Ortschaften und das Land Jerichow. Der Vertrag zu Zinna faßt etwa das Gebiet des ehemaligen Kreises Jerichow 11 zusammen, Erzbischof Friedrich 111. verzichtet zugunsten der Mark auf die Zauche (Ziesar).

1555

Fischbeck und Schönhausen kommen an die Familie Bismarck und zu Altmarkt

1635

Im Prager Frieden fällt Burg an Kursachsen

14.06.1687

Abschluß des Vertrages zwischen dem Großen Kurfürsten und Herzog Johann Adolf von Sachsen über die Abtretung von Burg. Burg, im Prager Frieden 1635 zu Kursachsen geschlagen, wurde laut Vertrag vom 14.06.1687 an Brandenburg abgetreten, am 19.07.1688 feierlich übergeben,

um 1655

Vermutliche Existenz eines Gesamtkreise ohne die spätere Einteilung in zwei Distrikte mit dem Hauptort Genthin (Topograph Gerhard von Alvensleben 1655)

19.07.1688

Übergabe von Burg an Brandenburg

1773

Der Kreis Ziesar entsteht.

1773

legte Friedrich der Große altkurmärkische Teile der Zauche (Ziesar) unter dem Namen des Kreises Ziesar zum Herzogtum Magdeburg.

1785

Einteilung des Jerichower Gesamtkreises in zwei Distrikte unter der preußischen Herrschaft von Magdeburg aus Distrikt 1 : Burg, Loburg, und Möckern Distrikt 11: Sandau, Genthin und Jerichow

1807

Fischbeck und Schönhausen kommen zum Lande Jerichow. Beide Orte befanden sich unter denen, die die Markgrafen Ludwig der Römer und Otto V. an den Erzbischof Otto abgetreten hatten. Dadurch war dieser in unrechtmäßigen Besitz havelbergischen Gutes gekommen. In einer 6 tägigen Fehde zwischen dem Bischof von Havelberg und dem Erzstift (1377) wurde zurecht erkannt, daß beide Orte dem Havelberger Sprengel zurückgegeben werden sollten. (1906,1377) 1555 kamen sie in die Hände der Gebrüder Jobst und Georg von Bismarck, die dem späteren Kurfürsten Johann Georg zur Erweiterung seiner Letzlinger Jagdgründe ihren Anteil am Be sitz von Burgstall abtreten. Seitdem bis 1807 wurden beide Orte zur Altmark gerechnet.

30.04.1813

Die siegreichen Verbündeten besetzten Gommern.

1814-1815

Wiener Kongreß der Staatsoberhäupter und Minister Europas zur Neuordnung Deutschlands und des europäischen Staatensystems

1815/16

Umwandlung der Distrikte Jerichow I und II in die Kreise Jerichow I und Jerichow II. Zusätzlich wurde dem Kreis Jerichow 1 das kursächsische Amt Gommern und das anhaltinische Amt Walternienburg sowie der Kreis Ziesar zugeordnet.

21.05.1815

Kursächsisch-anhaltinische Teile fallen an das Land Jerichow 1815 (Bildung der Provinz Sachsen) fielen dem Lande Jerichow die allen kursächsischen Teile im ehemaligen 1. Jerichower Kreise zu. (30.04.1813 Besetzung von Gommern; 03.08.1815 Huldigung)

1816

Im Ergebnis des Wiener Kongresses wurde die Verwaltung des preußischen Staates neu geordnet. Das Herzogtum Magdeburg und sein Jerichower Kreis wurden Teile der Provinz Sachsen.

29.09.1816

Das seit 1421 schwarzburgische Görzke fällt an die Krone Preußen.

1816

Der Kreis Ziesar wird aufgelöst. Das Gebiet fällt an den Kreis Jerichow I.

1818

Nitzahn und Bahnitz werden dem Kreis Jerichow II zugeordnet.

 

 

7. Die Verwaltung des Landes

 

7.1. Die Verteilung unter die berechtigten Stände

Den Kreisen Jerichow 1 und 11 entsprach eine Einrichtung des alten ständischen Staates, der ritterschaftliche Kommunalverband, der aus den in ihm angeschlossenen Rittergutsbesitzern gebildet  wurde und als Hauptzweck die Verteilung der in ihm aufzubringenden Landessteuern hatte. In drei solche Verbände von ritterschaftlichen Herrschaftsbezirken gliederte sich das Jerichower Land: 
1. Distrikt, 2. Distrikt und Kreis Ziesar.

 

 

Distrikt I

Distrikt II

Ziesar

Immedialstadt 2 1 -
Mediatstadt 2 2 2
königl Amt 1 5 1
freiherrl. Amt 1 - -
Pfarrkirchdörfer 21 43 9
Filialkirchdörfer 15 55 11
eingepfarrte Dörfer - - 7
Rittergutes 30 62 19
Gut 1 - -
Vorwerk 43 3 -
Adelsvorwerke - - 7
Wassermühlen 30 18 34
Windmühlen 36 70 -

 

Durch die Verwaltungsreform Friedrich Wilhelm 1. wurden diese ständischen Steuerbezirke zu königlichen Verwaltungsbezirken umgewandelt, deren Zuständigkeit sich beträchtlich erweiterte, Der ritterschaftliche Begriff fand nunmehr nur noch im Landrat eine Stelle, der aus der Mitte der Kreisstandschaft gewählt wurde und im wesentlichen seine Aufgabe auf diese und deren ritterschaftlichen Besitz erstreckte. Diese Herrschaftsbezirke, welche die politische Gliederung der Distrikte des Herzogtums Magdeburg darstellen, sind die Dominialgüter und die Patrimonialgüter. Die Dominialgüter wurden als landesherrliche Domänenämter oder kurz Ämter bezeichnet. Auch die Patrimonialgüter wurden später als "Ämter" bezeichnet.

Zu diesen beiden Ämterarten gehören nicht allein die landwirtschaftlichen Großunternehmungen, die Domänengüter, Rittergüter und Klostergüter mit ihren Eigentümern an Vorwerken Mühlen, Schenken, Waldungen und Wüstungen sondern im rechtlichen Sinne auch die bäuerlichen Dörfer mit ihrem Zubehör an Einzelsiedlungen und Wüstungen Diese Dörfer waren "amtsuntertänig", "untertänig" bzw. "Zugehörig". Daher rühren auch die verschiedenen Bezeichnungen wie "Amtsdörfer" und "Amtsuntertan" oder "Domänenbauern" auf der einen und "Guts?, Ritterguts? (oder Ritterschafts?), Kloster?. Kämmerei?Dörfer" auf der anderen Seite. Die Bezeichnung der Domäne wird zum Teil auch noch heute verwandt. Dabei sei beispielsweise auf die Domäne in Jerichow verwiesen.
Friedrich Wilhelm 1 benannte die Ämter amtlich um. Die Städte, die nicht unter einem Amt standen, hießen fortan Immediatstädte und die Städte, die unter einem Amt standen Mediatstädte. Gegenüber den bevorrechtigten Patrimonialherren waren also die mediaten Städte und die Bauern rechtlich niedrigere Bevölkerungsklassen, deren Obereigentumsrecht nach uralter feststehender Form den Herren zustand. Aus der folgenden Übersicht des Besitzer ist dies Verhältnis zu ersehen.

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7.2. Aufzählung der Landräte

Kreis Jerichow I

Kreis Jerichow II

1818 Freiherr v. Münchhausen
1856 Freiherr v. Plotho
1883 Edler Herr und Freiherr v. Plotho
1892 Freiherr v. Münchhausen
1894 v. Pieschel
1918 v. Breitenbuch
1920 Gebhard
1933 Regierungsrat Rinteln (bis 29.04)
1933 Lehmann (1945)
1990 W.März bis 1994
1994 im einheitlichen Jerichower Land, Landrat Detlev Lehmann
1815 Katte (Neuenklitsche)
1822 Arnim (Brandenstein)
1845 v. Alvensleben (Redekin)
1862 v. Brauchitsch (Scharteuke)
1872 Graf v. Wartensleben (Karow)
1901 Freiherr v. Plotho (Zerben)
1904 v.Schenk
1920 Dr. Häntschel
1993 Dr. Bentlage
1995 Dr. Bleckwenn
1933 Dr. Zacher
1935 Dr. Knust
1990 - 1994 H. Baudisch
1994 im einheitlichen Jerichower Land, Landrat Detlev Lehmann

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7.3. Kurzbeschreibung der Ortschaften des Jerichower Landes

Die Dörfer im Kreis Jerichow I

Nach dem geschichtlichen Gang der Besiedlung in den Jerichower Kreisen, sind die Orte mit slawischen Endungen die ältesten, entstanden vom 6. u. 7. Jh. ab, nach der Einwanderung der Wilzen und Liutizen.

Biederitz

(949 Bidrici, 995 Bitrizi, 1159 Biderici, 1378 Byderitz, 1459 Bideritz) Pfarrdorf an der Ehle, 6 km nordöstl. von Magdeburg, Knotenpunkt der Eisenbahn Berlin - Magdeburg, Magdeburg - Zerbst, Magdeburg Loburg. 995 an Graf Sigibert übergeben, im 12 Jh. im Besitz des Erzstifts, 1238 wurde die Burg wegen vielfältiger Belästigung und Beraubung zerstörrt 1269 und 1297 beurkundet, gehört zum Mgd. Domkapitel, 1514 reversiert Kardinal Albrecht keinen Anspruch zu erheben, 1562 im Besitz des Amtes der Möllenvogtei - so auch bis zur Aufhebung des Domkapitels.

Boecke

(1152 Boegke, 1420 Bucke, 1500 Boke) Pfarrdorf, 9 km ostnordöstl. von Ziesar, ehemals Ziesarsches Amtsdorf, im 16. und 17.Jh. zum Teil den von Bardeleben zum Lehen gegeben.

Brietzke

(1306 Brizeke, 1562 Britzke, im Volksmund auch Brietsche und Breitsch) Kirchdorf mit Rittergut, 5 km westsüdwestl. von Loburg, ehedem erzstiftisches, später königl. Domänenvorwerk, im 18. Jh. Sitz des Königl. Domänenamtes Loburg, 1831 durch Vererbpachtung in den Besitz der von Barby zu Loburg, 1457 besaß das Kloster Lehnin zwei Hufe im Orte, der 1562 nach Zeppernick eingepfarrt war, 1812 Filial zu Dalchau geworden.

Buckau

(965 Bucounici, 966 Buchhoe, 1217 Buckowe, 1234 Buchowe, 1459 Bukov, 1500 Buckaw, 1552 Bugkow) Pfarrdorf an der Buckau, 5 1/2 km südl. von Ziesar/ gehört zu den urbes, deren Honigzehnt 965 von Otto I. dem Moritzkloster zu Magd. gewidmet, 966 wurde auf Bitte des Markgrafen Gero die ganze civitas dahingeschenkt, wegen zu großer Entfernung an Brandenburg überlassen (Zinnaer Vertrag), war Ziesarsches Amtsdorf, im 16. Jh. von den Bardeleben mit allerhand Hebungen belehnt.

Bücknitz

(1420 Buckenitz, 1552 Bugknitz) Kirchdorf an der Buckau, 3 1/3 km nordöstl. von Ziesar, ehemals Ziesarsches Amtsdorf.

Büden

(992 Budim, 1420 und 1562 Buden) Kirchdorf an der Magd.-Loburger Eisenbahn, 13 1/3 km östl. von Magd., das Dorf wurde 992 dem Kloster Memleben geschenkt, gehörte aber später dem Domkapitel zu Magd., und zwar dem Obedimtiarius desselben, die Kirche , Filial zu Nedlitz - das Petronat gehörte früher dem Kloster Leitzkau, jetzt dem von Münchhausen auf Neuhaus - Leitzkau.

Burg

(so 949 und 965 geschrieben, sonst das ganze Mittelalter hindurch abwechselnd Burch b.z.w. 1176 und 1224 Borch) Kreisstadt an der Ihle und der Berlin - Magdeburg Eisenbahn mit 17573 Einwohnern, urkundlich erschien Burg zuerst als civitas, deren Zehnt dem Moritzkloster zu Mgd. bereits verliehen war, 949 bei der Stiftung des Bistums Brandenburg und 965, wo auch der Honigzehnt daselbst dem Moritzstift verliehen wird, 11.36 ist Burg Sitz eines Erzpriesters Walo und bald danach im Besitze eines eigenen Landrechtes, das schon 1159 nach Pechau übertragen und 1185 von den Kolonien des Dorfes Lubanitz im Stifte Meissen (bei Bitterfeld a. Mulde) angenommen wurde.

Calenberge

(1209 Kalenberch, 1533 Kalenberck) Pfarrdorf an der alten Elbe, 10 km südöstl. von Magd., früher im Besitze des Klosters Berge , bei der kursächsischen Kirchenvisitation, 1533 jedoch zum Amte Gommern gerechnet.

Calitz

(im Mittelalter z.B. 1282, 1306, 1457 und 1459 stets Calditz, um 1700 Calitzsch, um 1800 auch Kahlitz) Kirchdorf mit Rittergut, 4 km westsüdwestl. von Loburg, 1292 von Erzbischof Erich dem Kloster Lehnin geschenkt, geht 1457 mit dem gesamten Besitz des Klosters in Loburg an die von Barby über, 1770 wurde es von den Major Friedrich Gustav von Barby an Gerlach Erich von Münchhausen von der Linie Neuhaus - Leitzkau verkauft und ist noch jetzt im Besitz dessen Nachkommen

Cöpernitz

(1428 Kopernicz und Copernitz) Ehemals Ziesarsches Amtsdorf an der Buckau, 2 2/3 km südöstl. von Ziesar.

Cracau

Altes großes Pfarrdorf an der Elbe, 2 km südöstlich von Magdeburg

Dornitz

1468 Dernitz Kirchendorf mit Rittergut am Gloiner Bach in anmutiger Landschaft, 8 km südwestl. von Ziesar gelegen, Station der Kleinbahn Burg Groß Lübars-Ziesar, lange Zeit im Besitz der Familie Schierstedt, jetzt in bürgerlichen Händen.

Köningsborn 

1192 Cuningsburne, 1211 Köningesbornen, 1275 und 1402 Königesborne, 1562 Köningsborn und Königesbrun Rittergut, Station der Eisenbahn Mgd.-Zerbst-Leipzig, 8 1/2 km östl. von Magd. wird zuerst erwähnt in einer Urkunde des Erzbischofs Wichmann, der dasselbe dem Kloster Unserer Lieben Frauen zu vereignet, gleichzeitig erscheint auch eine nach demselben genannte adlige Familie, welche sich bis in die zweite Hälfte des 14. Jh. als in der Gegend angemessen verfolgen läßt und mit der Familie von Welsleben zusammenhängt. Im 15. Jh. befand es sich im Besitze des Lorenzklosters in der Neustadt Magd., welches dasselbe nach von Alvesleben 1541 dem Bürgermeister Heinrich Alemann dem Burger Jakob Moritz zu Mgd., die es schon vorher in Pacht gehabt hatte, als Mahnlehe überließ. Von diesen kam es samt Menz und Wahlitz, die überhaupt immer damit in engster Zusammengehörigkeit erscheinen, nach von Alvensleben an Tobias Hübner, welcher es 1575 an den Oberst von Ziegesar verkaufte, wobei zu bemerken ist, daß während Heine Ahlemann noch 1549 als im Besitz des Vorwerks urkundlich beglaubigt ist, 1562 gelegentlich der Visitation der Magister Paulus Praetorius, der bekannte Erzieher und nachherige Geheimrat des Erzbischofs Sigismund als Besitzer des Hofes Königsborn genannt wird. Von Ziegesar nahm das Gut nach Einziehung des Lorenzklosters zuerst vom Administrator. Joachim Friedrich zu Lehen, der aber nachher die Lehngerechtigkeit an das Domkapitel überließ. 1652 ging das Gut in den Besitz der von Treskow über, in der Mitte des 18 Jh. an den Kriegsrat Gossler, gegen Ende desselben an von Gansauge und seit 1834 befand es sich bis vor kurzer Zeit in den Händen der Familie Nathusius. Im Mittelalter werden auch Bauern in Königsborn erwähnt, eine Kirche hatte es nicht, das 1275 bei Königsborn erwähnte Hospital mit Kapelle muss in Gübs gesucht werden.

Ladeburg

1139 Ladeburch, 1227 Lodeburch Dorf mit Rittergut, 3 km nördlich von Leitzkau, von seiner ersten Erwähnung an zur Dotation des dortigen Klosters gehörig und in allen Beziehungen dessen Schicksal teilend. Kirche, Filial von Leitzkau, zuerst 1187 als dem Kloster gehörig erwähnt, jetzt unter dem Patronat der von Münchhausen, liegt im Norden des unregelmäßig gebauten Dorfes.

Leitzkau

995 Liezeka und in der Hauptsache, später gewöhnlich ebenso, 1005 Liezka, Liesca, Lietzgo und Lietzo, 1139 Lietzke, 1155 Liezeche, 1173 Lietzecha, 1211 Lezka, 1227 Lezeke, 1390 Lecczke, 1524 Lehtzka - ferner 1155 Litzka, 1211 Lizke, 1296 Lizika, 1301 Liezeke, 1424 und 1545 Litzke, 1516 Litzkau - 1402 Lytzka, 1534 Leitzke, 1569 ebenfalls aus der Urkunde Litzkau, Leitzkou, Leitzkau, Liezkau. Ehemals offener Marktflecken mit zwei Rittergütern, 8 km östl. von Gommern, 3 1/2 km nordnordöstl. vom Bahnhof Prödel der Magd. Zerbster Eisenbahn, 10 1/2 km südwestl. von Loburg. Der Ort wird urkundlich zuerst erwähnt am 18. August 995 als Ausstellungsort einer Urkunde des Kaisers Otto III., der auf dem Kriegszuge gegen die Obotriten und Wilzen begriffen war, nachher wiederholt 997, 1005 und 1017 in gleicher Veranlassung. Hier war also der kaiserl. Sammelplatz der kaiserl. Heere zu den Kriegszügen gegen die Slaven östl. der Elbe, andererseits auch Endpunkt der Verwüstungszügen der Polen. Besondere Gunst hatte Leitzkau zu Lebzeiten von Bischof Wiggers. Am 9. September 1155 weihte Bischof Wiggers im Verein mit Erzbischof Wichmann die Kirche. Mit dem Tode Wiggers hörte die Bevorzugung von Leitzkau auf.

Loburg

965 Luburn, 1161 Louburg, 1162 Luburch, 1207 Louborch, 1213 Louburch, 1233 Loborch, 1260 Luburgh, 1296 Lowborch, 1443 Loburg, in päpstlicher Urkunde von 1323 Lonborch, auf dem Stadtsiegel aus dem 17 Jh. Lauburch, 16.Jh. Lauburga. Stadt mit ehemaliger Burg und 3 Rittergütern an der Ehle, deren Quellbäche sich unterhalb der Stadt vereinigen, Kopfstation der Mgd.-Loburger Eisenbahn, 34 km östl. von Mgd.. Erscheint urkundlich zuerst 965 durch Schenkung von Kaiser Otto II. an den Moritz von Mgd., dann erst wieder mit den wendischen Häuptl. Priborn, als Wiprecht der Jüngere von Groitsch 1115, daselbst eine Zufluchtstätte angewiesen war, 1162 nennt sich nach ihr ein Richardus, aus dem 13. Jh., die die Burg besessen hatte, falls nicht die 1174 vorkommenden Gero und Werner von Loburg und der 1190 bezeugte Gero schon dem Geschlecht von Wulffen angehörte. 1240 war sie ihm Pfandbesitz eines Hermann von Warberg oder Werberge, von dem sich die Bürger der Stadt 1246 wieder auslösten und das Privileg erhielten, für immer beim Erzstifte zu bleiben. In der Folge finden wir sie bis in die Mitte des 14. Jh. in den Händen einer Familie von Sautersleben, die sich "Burggrafen von Loburg" nannten und im Dienste des Erzstifts häufig in Urkunden erscheinen. Nach dessen Aussterben versetzt jedoch Erzbischof Otto IV. 1390 das Privileg des Erzbischofs Wilbrand erneuerte, wurde sie doch in den beiden folgenden Jh. überaus wechselhaft wieder besetzt, zunächst auf einen Zeitraum von 12 Jahren, so 1410 Richard von Bardeleben, 1423 Wiprecht von Barby und Henning von Byern, dann Wiprecht von Treskow, 1478 an Balthasar von Schlieben, 1496 Johann von Barby, 1509 Heinrich von Wiehe, 1531 Christoph und Lippold von Arnim, 1555 an die von Klitzing, 1596 an Curt und Berthold von Mandelsloh, durch den Konkurs 1607 ging es zurück an das Domkapitel.

Lostau

973 Loztowe, 1459 Lostov Pfarrdorf an der Elbe, 11 km nordöstl. von Mgd., dessen Besitz bereits 973 den Erzstift von Kaiser Otto II bestätigt wurde, und zwar gehörte es speziell der Dompropstei. Eine danach genannte Familie kommt erst 1208 mit einem Hinricus de Lostau vor.

Lühe

gegen 1400 Luge, 1404 Lughe, 1477 und 1562 Lüge Kirchdorf, 1 1/2 km nördlich von Möckern, ehemals zum Amte MÖckern gehörig.

Lüttgenziatz

In mittelalterlichen Urkunden neben Hohenziats nicht besonders erwähntes Rittergut an der Ihle, 3 km nordwestl. von Hohenziatz, jetzt Station der Kleinbahn Burg-Magdeburgerforth, befand sich nach von Alvensleben als Plothosches Afterlehen 1512 im Besitze eines Hause Henschen, nachher in den von Arnstedt, von denen es 1617 an die Brandt von Lindau überging. Im 18. Jh. kam es an die von Barby und wurde 1752 an einen Zweig von Plotho verkauft. Die Lage des Gutshofes markiert sich noch heute deutlich als die einer alten Sumpfburg.

Menz

1275 Mentiz, 1368 Meenz, 1562 Meintz Pfarrdorf, 9 km östl. von Mgd., das immer in Verbindung mit Wahlitz und Königsborn erscheint.

Möckern

Möckern 946 Mocrianici, 965 Mokornici, 974 Morkeni, 1161 Mokerne, 992 und 1196 Mokernic, 1562 Mockern Stadt und Rittergut an der Ehle und Station der Mgd.-Loburger Eisenbahn. 1196 wird es in den Ottonischen Lehnsauftrag eingeschlossen. Vor Ende des 13. Jh. ging es an die Grafen von Lindow. Erzbischof Albrecht III. übereignete dann 1390 durch Schenkung auf Todesfall, die aber schon zu Lebzeiten realisiert wurde statt Herrschaft oder Amt wurde 1404 auch "Gericht", 1537 "Amt und Gericht". Seit 1373 erscheint immer ausdrücklich "Stadt Möckern", von der nicht bekannt ist, wann sie diese Eigenschaft erlangt hat.

Moritz

1275 und sonst Mordiz, 1420 Mortz Kirchdorf, 8 1/2 km südöstl. von Leitzkau, ehemals kursächsisches Dorf, zum Amte Gommern gehörig, früher wohl zum Burgward Walter Nienburg, da es 1306 als Quedlinburger Lehen von Graf Albrecht von Arnstein dem Kloster Plötzke übertragen wurde, eine nach dem Ort benannte adlige Familie erscheint in den Urkunden seit 1307.

Nedlitz

963 Neddialesci, 1459 Nedeliz, 1514 Neddelitz Pfarrdorf mit Rittergut, 13 1/2 km östl. von Mgd., 963 bzw. 965 dem Erzstifte vereignet, nachher im Besitz mit Möckern der Grafen von Lindow, von denen es 1513 ein von Lattendorf zum Lehen hatte, nach deren Aussterben 1524 vom Erzstift eingezogen und an den Hopfkorb verliehen, von denen es 1616 an die Familie von Spietznasse kam, im 18. Jh. im Besitz derer von Hake, wurde es 1755 für die königlichen Familiengüter erworben. Im 30-jährigen Krieg Dorf und Schloss vollständig verwüstet.

Niegripp

1158 Nigrebe, 1277 Nigrebbe, 1215 Nygrip, 1285 Nygribbe, 1368 Nygryp, 1562 und seit dem Nigrip Kirchdorf mit verpachtetem Königl. Domänenamte an der Elbe, 7 1/2 km westl. von Burg, ehedem festes Schloss, das 1215 von Kaiser Otto IV. vergeblich belagerte, 1432 von Magdeburger erobert, 1458 im Besitz der von Treskow, neben denen aber noch mehrere Familien im Orte ansässig waren, wie von Britzke, von Erxleben, von Hünicke, von Mörner, von Wulffen, im dreißig jährigen Krieg besonders schwer heimgesucht und nachher den großen Durchbruch der Elbe von 1655. König Friedrich Wilhelm I. kaufte die verschiedenen Güter zusammen und machte daraus ein prinzliches Amt, zu denen auch Schartau gehörte. Eine nach der Burg benannte adlige Familie kommt schon 1158 ( Giselbertus de Ligrebe) und noch 1368 Ghevehardus de Nygryp) urkundlich vor.

Parchau

1191 Parchowe, 1420 Parchouwe, 1423 Pargowe, 1562 Parchow Pfarrdorf mit ehemaligen Rittergut, unweit der Elbe an dem Parchauer See, 5 1/2 km nordnordöstl. von Burg, schon 1191 durch Tausch von Erzbischof Wichmann im Besitze des Kloster Berge, während 1188 auch das Stift St. Nikolai zu Mgd. Besitzungen dazu hatte, 1459 gegen Parchau vertauscht an die von Treskow, im 18. Jh. im Besitz der von Wulffen, nach 1785 der von Werder, um 1820 an die Bauergemeinde parzelliert. Die Pfarre wurde 1342 mit Ihleburg als Filial dem Kloster Berge inkorporiert, stand jedoch bereits 1562 unter dem Patronat der Gutsfamilie, welches bei der Parzellierung an die Gesamtheit der Parzellenbewerber übergangen ist. Eine nach dem Ort genannte Familie kommt 1288 mit Borchard de Parchau urkundlich vor.

Pechau

949 Pechoni, 973 Pechoune, 1139 Pecho, 1194 Pechowe, 1562 Pechaw und Pechow Pfarrdorf an der alten Elbe, 6 1/2 km südöstl. von Mgd., zuerst erwähnt 949 als Burward, der bereits dem Moritzkloster geschenkt war, 1139 mit eingerechnet in die 100 Hufen, welche das Erzstift dem Bischofe von Brandenburg zur Abfindung für den Zehnten von den im Brandenburgischen Sprengel gelegenen magdeburgischen Besitze zu geben hatte. 1459 erwirbt es von den Herren von Treskow das Kloster Berge, noch 1785 wird ein "wüster Klosterhof" erwähnt. Nach den Verwüstungen des 30-jährigen Krieges wurde Pechau ganz neu aufgebaut und verrät dies durch seine sehr regelmäßige Anlage von zwei sich rechtwinklig kreuzenden breiten Straßen innerhalb des fast kreisrunden Deichwalles.

Pitzpuhl

1306 Putzpul, 1581 Pitzpful, 1727 Pitzphul Pfarrdorf mit Rittergut, 7 1/2 km südl. von Burg, zuerst erwähnt bei Überlassung von Burg und Amt Grabow, und mit diesem von damals an bis heute im Besitze der Familie von Wulffen. der Bau des Schloßes wurde am 18. April 1730 beendet. 1782167 Einwohner, 1818-156 EW, 1840-217 EW

Ploetzky

1228 Plotzka, 1244 Plocke, 1290 Plozzeke, 1294 Plozke, 1297 Plozich, 1319 und 1419 Plozik und Plotzik, 1364 Plotzek, 1414 Plosk, 1533 Plotzk Wann die schreibweise Plotzky aufgenommen ist, ist nicht zu ermitteln. Pfarrdorf an der alten Elbe, 3 km südsüdwestl. von Gommern, ehemals zum kursächsischen Amte gehörig und geschichtlich nur durch das Kloster bekannt. Eine nach dem selben genannte adlige Familie kommt vielfältig vor. Friedrich von Plotzky war 1303 bis 1316 Bischof von Brandenburg. Sein Grabstein ist im dortigen Dome.

Pretzien

1151 Brithzin, 1187 Brizin auch Britzin und Bricsyn, 1459 Pretzin Ehemals kursächsisches Kirchdorf an der alten Elbe, 3 km südl. von Gommern gelegen, wurde 1151 mit dem seit Anfang des 16. Jh. wüsten Clützow und der halben Elbinsel an das Kloster Unserer Lieben Frauen zu Mgd. geschenkt, in dessen Besitz es bis 1307 verblieb. Damals dem Kloster Zinna verkauft, muss es in die Hände Hermanns von Gommern gelangt sein, der es 1330 an das Kloster Ploetzke verkaufte, nach dessen Sakularisation es kursächsisch wurde.

Proedel

1155 Predele, 1219 Predhele, 1459 Predel Ehemals Kursächsisches Pfarrdorf, 3 km südwestl. von Leitzkau, Station der Mgd.-ZerbsterLeipziger Eisenbahn, zuerst 1155 erwähnt, als bei Einweihung der Leitzkauer Klosterkirche Albrecht der Bär den dortigen landesherrlichen Zweidrittelzehnt dem Kloster widmete.

Randau

1236 Randowe, 1564 Randaw Pfarrdorf mit Rittergut an der alten Elbe, 7 1/2 km westl. von Gommern, früher nicht zum Jerichower Land, sondern zum Holzkreise des Herzogtums Mgd. gehörig. Die Burg des nach dem Orte genannten Geschlechts, dessen erster beurkundeter Spross ein 1236 als Zeuge vorkommender Thegenardus ist, wurde zur Zeit des Erzbischofs Burkard 11 (1295-1305) von den Mgd. Bürgern erobert und zerstört weshalb, ist nicht bekannt. 1309 schenkte die Stadt das Gut an Erzbischof Burkard III., der es sofort, um das Pallium zu erwerben, für 400 Mark verkaufte. 1447 befand es sich im Besitz der von Alvensleben, in welchen es auch bis Mitte des gegenwärtigen Jh. geblieben ist. Von der alten Burg ist jede Spur verschwunden.

Ranies

1221 Ranis, 1343 Ronis, 1445 Ranis, 1466 Rannis Kirchdorf an der Elbe, 6 1/2 km südlich von Gommern, ehemals zum kursächsischen Amte Gommern gehörig, in seinen Schicksalen immer mit Elbenau engverbunden. Ein danach genanntes adlige Geschlecht kommt zuerst 1207 mit Rudolf von Ranis urkundlich vor und weiter bis in die zweite Hälfte des 14. Jh.

Rietzel

1335 Recel, 1340 Recele, 1345 Retzle, 1459 Ritzel, 1562 Reitzel Pfarrdorf, 11 km östl. von Burg, zum Amte Grabow gehörig, daher im Besitz der von Wulffen, aber seit 1540 zum Teil den von Plotho zugefallen.

Rogäsen

Kirchdorf mit Rittergut, nordöstl. von Ziesar, wird im erzbischöflichen Lehnregister zusammengestellt, von 1370 bis 1400 zuerstgenannt. Gehörte einer Frau Majoran von Werder, geborene von der Golz zu Berlin, dann aber Eigentum des Landrates Graf von Wartensleben, ca 230 Ew..

Rosian

1296 und das ganze Mittelalter Resegane und Resegan, 1383 Rosegan Pfarrdorf an der Elbe, 6 km ostsüdöstl. von Loburg, früher zum Amte Loburg gehörig, die Pfarre ehemals der Cantorstelle des Mgd. Domkapitels inkorporiert und zwar schon seit ältesten Zeiten.

Rottstock

1459 Rotstock, 1420 und 1552 Rostock Ehemals zum Amte Ziesar gehörig, Kirchdorf an der Buckau und den Kallenbach, 9 km südsüdöstl. von Ziesar.

Schartau

945 Sirtow, 949 Ciertuni, 965 Cirtowa, 966 Sirtauua, 1153 Schartowe, 1186 Scartowe, 1307 Scharthowe Pfarrdorf an der Elbe, 5 1/2 km westnordwestl. von Burg-zuerst urkundlich erwähnt als es dem Moritzkloster von Otto den Großen geschenkt wurde, muss, wenn auch das angeblich von Karl des Großen dem Wittekind verliehene Herzogtum Schartau als abgetane Fabel anzusehen ist, in alter Zeit eine hervorragende Bedeutung gehabt habe, da 1159 und 1187 Schartau auf andere Landgemeinden übertragen wurde. Zur Zeit der ersten Visitation befand sich das Dorf im Besitz der von Treskow, zu von Alvenslebens Zeit neben ihnen hauptsächlich der von Mörner, im 18. Jh. wurde es zur Bildung des Königlichen Domänenamtes Niegripp mit erworben. Die Pfarre, die zuerst 1156 urkundlich vorkommt, wurde 1307 dem Marien -Kloster in Mgd. inkorporiert, gehörte jedoch 1514 zu den Stellen, die Kardinal Albrecht als dem Domkapitel gehörig anerkannt, und ging bei der ersten Visitation von den zu Treskow zu Lehe.

Schermen

Kirchdorf mit ehemaligen Rittergut, 5 1/2 km südsüdwestl. von Burg, früher Lehen der Grafen von Lindow, nachher seit 1524 erzstiftisch, 1562 im Besitz der von Meyendorf, 1616 erblich an die von Alvensleben auf Randau gekommen, in deren Händen es noch am Ende des 18. Jh. war, zuletzt von Kemnitzischen Besitz, in den zwanzigern Jahren des gegenwärtigen Jh. unter die Bauerngemeinde dismembriert.

Schopsdorf

1329 Scrapstorp, 1459 Scappstorp Kolonistendorf ohne Kirche, 6 km südwestl. von Ziesar, im 16. Jh. wüste Feldmark, hatte eine früher mit Wällen und Gräben umgebene Burg, auf welcher Bischof Ludwig von Brandenburg (1329-1347) gwöhnlich residierte. Diese war 1356 bereits verfallen, zerstört und an Ebel von Woldenhagen verpfändet. In diesem Jahre verkaufte Bischof Dietrich den Ort für 70 Mark an Ebel von Wittenberg, den erlaubt wurde, sich daselbst, jedoch auf ebener Erde und ohne Gräben eine Kemenate zu erbauen, den Wall der alten Burg dagegen wollte der Bischof vollends schleifen, jetzt ist keine Spur mehr vorhanden.

Steglitz

1306 Stegelitz, 1525 Lutke Stegelitz Pfarrdorf, 10 km südl. von Burg, von alter Zeit zum Schlosse Grabow gehörig bzw. eigentlich zum Amte Möckern gehörig, aber von den Grafen von Lindow an die von Wulffen auf Grabow verliehen , und daher dessen Schicksale teilend und früher zum Kreise Ziesar gehörig. jedoch war der vierte Teil des Dorfes 1410 als Lehe der Grafen von Lindow in den Händen von Byern und wurde an das Kloster Ploetzke verliehen, ein anderes Viertel war 1405 an die von Rosenberg verliehen, von denen 1556 an Lippold von Arnim zu Brandenstein abgetreten wurde. Die Hälfte des Wulffenschen Besitzes kam 1545 an die von Plotho, erst Werner von Wulffen auf Pitzpuhl kaufte 1721 das Ganze zusammen.

Stresow

1306 Stresen, 1383 Strezo, 1533 Stresse, 1562 Stresaw Kirchdorf mit Rittergut, 11 km östl. von Burg, früher zum Amte Grabow gehörig und dessen Schicksale teilend, seit 1545 zwischen den von Wulffen und von Plotho geteilt, 1780 bereits in bürgerlichen Besitz.

Theesen

1368 Thesen, Thiezzin, 1382 Thesin, 1383 Teczin, 1500 Tetzem, 1562 Tessen Kirchdorf mit Rittergut, 13 1/2 km östl. von Burg, seit 1509 im Besitz der von Arnim auf Crüssau, die damals erst das Rittergut daselbst anlegten, jetzt der von Pieschel.

Tryppehna

992 Tropeni, 1301 Tropene, 1420 Treppene, ebenso 1562, Pfarrdorf, 4 km nordwestl. von Möckern, 992 zuerst erwähnt als dem Kloster Memleben geschenkt, nachher zum Amte Gommern gehörig (Kursächsisch).

Vehlitz

1533 Fehlitz Pfarrdorf an der Ehle, 5 1/2 km nordöstl. von Gommern, 6 km südwestl. von Möckern, früher zum kursächsischen Amte Gommern gehörig.

Wahlitz

1015 Walize, 1275 Williz, 1367 und später immer Waltz oder Walcze Kirchdorf mit Rittergut, 5 km nordwestl. von Gommern, das 1015 dem Kollegiatstift St. Marien zu Magdeburg vereignet wurde, 1479 belehnte jedoch Friedrich von Alvensleben zu Calvörde den Wilhelm von Keller damit, welcher es mit Genehmigung der von Alvensleben und des Erzbischofs Ernst an das Marienkloster zu Mgd. verkaufte, in dessen Zinsregister es noch 1523 erscheint. Bei der ersten Visitation aber befand es sich mit Mentz und Königsborn verbunden im Besitze des Magisters Paulus Praetorius und ist in dieser Verbindung geblieben, bis es Neuerlichst beim Verkauf von Königsborn davon abgezweigt und im Besitze der Familie von Nathusius geblieben ist. 1813 schlacht bei Wahlitz.

Wallwitz

Kirchdorf, 3 1/2 km südwestl. von MÖckern , ehemals Kursächsisch

Walternienburg

974 Niunburg, 999 Niwanburg, 1277 Nyenborch, 1420 Nygenborg und Walter Nuwemborg - aus welcher Veranlassung der Zusatz "Walter" hinzugekommen ist, erhellt nicht. Pfarrdorf mit Herzoglichen Anhaltischen Domänenamt an der Nuthe, nicht weit von ihren Einfluss in die Elbe, 10 km südl. von Leitzkau, 10 1/2 km westl. von Zerbst. Der Burgward wurde mit Barby 974 von Kaiser Otto II. an die Abtei Quedlinburg geschenkt, von dieser nachher an die Herzöge von Sachsen und von diese weiter an die Grafen von Barby verliehen. Nach deren Aussterben 1659 wurde das Amt, zu dem noch Flötz, Gödnitz, Kameritz und noch Groß-Lübs gehörten, von Anhalt-Zerbst unter kursächsischer Landeshoheit in Besitz genommen, nach dessen Aussterben 1793 kam es an Anhalt-Dessau, 1816 aber zu Preußen.

Wentzlow

1420 Wenslow und Wenczlow Kirchdorf, 11 1/2 km ostnordöstl. von Ziesar, früher zum Amte Ziesar gehörig.

Woermlitz

1233 Wormelisce, 1306 Wormeliz, so auch 1562. Pfarrdorf mit Rittergut, 8 km westnordwestl. von Möckern, wurde 1306 als zum Amte Grabow gehörig mit an das Hochstift Brandenburg verkauft. Nach von Alvensleben haben vor Alters die Dörfer (Wüsten-) Rogäsen, Kleps und Padegrin (alle bei Loburg) dazu gehört, wie aus einem Leibzucht-Brief von 1394 für Magarete die Hausfrau des Busso Burggrave, welche nach dessen Tode 1402 Ludwig von Neyendorf heiratete, erhelle. Im Lehnbuche der Erzbischöfe Albrecht III. und Peter kommen zahlreiche Belehnungen daselbst zugleich mit Loburg, Kleps, Zeppernick und Groden besonders an Henningus de Werdere und Conrad Bogelsick vor. Später war es im Besitz der Frau von Byern, von denen Christoph von Byern 1555 "zum ersten Male einen rechten Adligen Sitz daraus machte". 1589 kam es an die von Stammer, welche es behielten, bis es im vorigen Jh. für Prinz Heinrich angekauft und seitdem im Kronfideikommissgut daraus wurde.

Wollin

1459 Wollyn Pfarrdorf, ehemals zum Amte Ziesar gehörig, 12 1/2 km östl. von Ziesar.

Woltersdorf

1015 Woldestorp, 1200 Walterestorp, 1562 Woltirstorff, Kirchdorf mit Rittergut, Station der Mgd.-Loburger Eisenbahn, 10 km ostnordöstl. von Mgd., 1015 dem damaligen Kollegiatstift Unser Lieben Frauen zu Mgd. geschenkt, 1491 an die von Lossow gekommen, die aber Dienstmannen des Bischofs von Brandenburg waren, dem sie noch 1555 mit einem Pferde zu dienen hatten, daher das Gut wohl zu dem 1139 als Abfindung für den Zehnt dem Bischof abgetretenen 100 Hufe gehört haben mag. Ende des vorigen Jh. gehörte es zu den von Alvensleben, jetzt ist es in bürgerlichen Besitz. Das Patronat der Kirche, welche damals noch uates von Cörbelitz war, während 1548 das Verhältnis bereits umgekehrt erscheint, wurde 1224 vom Erzbischof Albrecht I. unter Bestätigung des Bischofs Gernand von Brandenburg dem Nikolaistift zu Mgd. übertragen, zur Zeit der ersten Visitation war das Verhältnis unklar, nachher ist das Patronat in den Händen der Besitzer des Gutes geblieben.

Wüsten-

Jerichow

Dorf mit Rittergut am Jerichower Spring, der sich in den Gloiner Bach ergießt, 12 1/2 km nördl. von Loburg in anmutiger Gegend gelegen, Station Burg-Ziesar, seit alter Zeit im Besitz der von Wulffen, kommt 1459 unter den Pfarrorten der sedes Ziesar vor, nach Hermes-Weigelt waren auch noch die Grundmauern der ehemaligen Kirche zu sehen.

Zeddenick

1187 Cedemik, 1211 Cedenich, 1562 Zeedenick, 1873 Zehdemick Kirchdorf, ehemals zum Amte Möckern gehörig, Station der Mgd.Loburger Eisenbahn, 4 km westl. von Möckern.

Ziepel

992 Sipli, 1420 Cypel, 1424 Czipell, 1459 Ciepel, 1477 Tzipel, 1562 Zcipel Pfarrdorf, Station der Mgd.-Loburger Eisenbahn, 6 km westl. von Möckern, 992 unter den dem Kloster Memleben geschenkten Orten genannt, aber nachher immer zum Amte Möckern gehörig.

Ziesar

949 Ezeri, 1214 Jezera, 1234 Seyezere oder Seyeser, 1254 Seiesere, 1369 Sejezer, 1372 Zeieser, 1420 Ssieser, 1459 Ziegesar, 1500 Ziesar, 1516 Ziieser, 1521 Sieser, 1525 Zeiesar, 1532 Zigesar, 1550 Cziesar, 1552 Tziesar, 1562 Zeiäser Schon unter Otto I. kommt Ziesar als Stadt vor und gehört somit zu den ältesten Städten der ehemaligen Nordmark. Ziesar war Hauptstadt des ehemaligen Kreises Ziesar. Das Wappen der Stadt bilden zwei sich kreuzende Schlüssel. Stadt mit ehemaligem bischöflichen Schloss, jetzt Rittergut Burg Ziesar und den beiden Rittergütern Vor Ziesar I und 11, 29 km östl. von Burg, 18 km südöstl. von Genthin, 10 km nordnordwestl. von Goerzke. Station der Kleinbahn Burg-Ziesar. Die "civitas" Enzeri, damals im Morzaner Gau gelegen, später zur Zauche gerechnet, wird zuerst 949 erwähnt, als sie von Otto des Großen mit Pritzerbe zur Dotierung des neugegründeten Bistums Brandenburg
bestimmt wurde, in dessen Besitz sie auch bis zu dessen Auflösung geblieben ist, bereits 1214 als Wohnsitz des Bischofs erwähnt und als solcher in den folgenden Jh. bis zum letzten Bischofe Joachim von Münsterberg (1545-1560, wo er resignierte) dauernd benutzt, zugleich als Unterkunft der ganzen bischöflichen Hofhaltung und Kanzlei zu beträchtlichem Umfang ausgebaut und stark befestigt, daher ein wichtiger Waffenplatz namentlich in den langwierigen Brandenburgisch Magdeburgischen Grenzstreitigkeiten und während der Kämpfe der Hohenzollern mit dem unbotmäßigen Adel. Nach Auflösung des Bistums in staatlichen Besitz übergegangen, wurde das daraus entstandene Domänenamt 1820 aufgelöst und teils zu einem Erbpachtsgute gemacht. Wann die Stadt Ziesar entstanden, liegt bei dem Mangel an Urkunden im Dunkel, 1354 wird sie noch als locus non munitus bezeichnet, muss aber bald darauf in das Befestigungssystem der Burg hineingezogen sein, da sie Mauern, Wälle und Gräben und vier befestigte Thore besaß, von denen besonders das Petersthor und das Jungfern- (oder Frauen-)thor urkundlich erwähnt werden, daneben das Mühlen- und Brandenburger Thor; heutzutage ist freilich alles bis auf die letzte Spur verschwunden. Zu einer größeren selbständigen Bedeutung hat es der Ort nie gebracht, obgleich er seinerzeit Kreisstadt des ehemaligen Ziesarschen Kreises war. 1555 wurde der Schneider- und Schusterinnung statt ihrer verbrannten alten Privilegien vom letzten Bischof Joachim ein neues ausgestellt. Heutzutage blüht in der Stadt eine lebhafte Töpferwarenindustrie. In und bei der Stadt gab es eine grössere Anzahl von Burglehen und Rittersitzen, die aber für die Denkmälerwelt völlig belanglos sind. Ein nach dem Ort sich nennender Ludgerus de Yesere kommt urkundlich bereits 1202, ein Otto 1204 vor. Ob sie schon zu der nachher sehr vielfältig und noch im 16. Jh. als Inhaberin bischöflicher Lehen bei Ziesar, wenn auch nicht in Ziesar selbst, aber auch in Königsborn und Menz vorkommenden Adelsfamilie von Ziesar, Ziegesar u.s.w. gehört haben, muss dahingestellt bleiben.

Zitz

973 Zizowa, 1215 Cydiz, 1340 Seydytz, 1420 Czicz, 1459 Citz, 1500 Cytz, 1541 wie gegenwärtig, 1550 Czeicz, 1552 Zietz und Tzietz, 1562 Zceitz. Pfarrdorf, 7 km nordnordwestl. von Ziesar, von der alten Zeit her dem Bischof von Brandenburg gehörig, doch hatte auch die von Bardeleben darin Besitzungen, welche 1551 an den Lehniner Klostervogt Michael Happe überlassen wurde.

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Jerichow II

Altenklitsche

Kirchdorf, ehemals Rittergut, 91/2 km nordnordöstl. von Genthin, wurde in der zweiten Hälfte des 14, Jh. an die von Lossow verliehen, von denen es 1605 an die von Katte kam. In neuerer Zeit ist das Rittergut parzelliert und seine Gebäude sind abgebrochen.

Altenplathow

Altenplathow 946 Plot, 1144 Ploten, 1159 Plothi, 1166 Plote, 1204 Plothe, 1389 Plote, 1420 Aldenplote, 1512 Alden Plothe, 1562 Aldenplothe urid Aldenplato Pfarrdorf mit Königlichen Domaineamt, 2 km nordnordwest vori Genthin am Plauenscheri Kanal, Die civitas Plot, unzweifelhaft der Stammsitz der zu den alten wendischen Dynasten-Familie gehörigen Edlen Herren von Plotho mit den ganzen Burgward und dem Zehnten der provincia Ploth wurde 946 von Otto 1. zur Dotation des Stifter Havelberg bestimmt, scheint aber in dessen Besitz niemals gelangt zu sein 1144 wurde vielmehr Ploten cburchwardo von Hartwig von Stade dem Erzstift Mgd. geschenkt und war in den späteren Grenzkrieg zwischen dem Erzstift und der Mark Brandenburg fortgesetzt im viel umstrittenem und wechselndem Besitze, bis es durch den Zinnaer Vertrag 1449 definitiv an Magd. abgetreten wurde Zeitweise den von Byern wieder käuflich überlassen, von 1466 ab mit erzbischöflichen Amtleute besetzt, seit 1526 im Pfandbesitz der von Meyendorf, wurde es 1675 wieder zu den Tafelgütern des Stiftes zurück erworben und von da ab durch Hauptleute verwaltet. Das Schloss welcher bereits 1413 in den Quitzowschen Händeln verbrannt war, wurde im 30jährigen Krieg gänzlich eingeäschert und war zu von Alvenslebens Zeit noch nicht wieder ganz aufgebaut. Jetzt ist von der ganzen Anlage nichts mehr vorhanden.

Bahnitz

Bahnitz 1225 Bantbyz, 1234 Bantiz, um 1383 Bantz, Banike, Bans 1459 Bautzdeserta, 1492 Banicz, 1500 Bentz Ehemals markisches Kirchdorf an der Havel 4 km westli. von Pritzerbe. 12 1/2 km nördlich vom Bahnhof Wusterwitz der Berlin-MD Eisenbahn.

Behnsdorf

Alt-Bensdorf um 1363 Bentstorp, 1500 Benstorf Pfarrdorf 5 km nordnordwestl. vom Bahnhof Wusterwitz mit zwei Rittergütern, 1562 den von Brietzke gehörig, 1735 die nachher auch in anderen Händen, beide 1817 bzw. 1821 parzelliert.

Bergzow

Bergzow gegen 1400 Berkezow oder- Bergsow, auch Berkso, Berso und Barektzow, 1459 Beerkove, 1562 Berchzow Pfarrdorf an der Ihle nicht weit von ihrer Mündung in den Plaueschen Kanal, 7 1/2 km westlich von Genthin, früher zum Amte Altenplathow gehörig

Brandenstein

Rittergut, 15 km östlich von Burg, hieß früher Ghezerik so 1362, damals im Besitz der von Krussow (Krüssow) auch noch 1459 Iserigk, zu Ziesar gehörig, 1509 jedoch bereits Brandenstelen, den von Armin gehörig, in deren Besitz es noch heute Ist, nur im Laufe des 17. Jh. eine Zeit lang wieder Käuflich an die von Hopffkorb überlassen

Brettin

1400 Brethyn, Kirchdorf mit Rittergut am Plauenschen Kanal, 3 km nordöstlich von Genthin, soll noch von Alvensleben durch den 1012 verstorbenen Erzbischof Dagano an das Erzstift gebracht sein, war im Besitz des Haus von Schlieben, bald darauf den von Werder gehörig, in unseren Jh. die von Bonin

Bukow

Bukow genauer Gross-Bukow, 1562 Buckaw Pfarrdorf mit Rittergut, 2 km östlich der Haltestelle Groß-Kludicke der Berlin-Lehrter Eisenbahn, seit 1380 in von Treskowschen Besitz, so auch noch am Ende des vorigen Jh., jetzt den von Katte gehörig. Nach von Alvenslebens Bericht ist die Witwe des Joachim von Treskow, Magarete von Krussecken aus dem Hause Dannenwalde, eine besonders eifrige Anhängerin der Reformation gewesen, die Luther in Wilkenberg persönlich aufgesucht, sich tapfer gegen Kardinal Albrecht ihres Glaubens gewehrt

Bützer

Bützer am Ende des 14 Jh. Buczer und Butzer Kirchdorf mit ehemaligem Rittergut an der Havel 1 1/2 km nördlich von Milow, seit alter Zeit im Besitze der von Teskow zu Milow, in unserem Jh. ist das rittergut parzelliert

Cabelitz

Cabelitz 1150 Cobelitze, 1172 Kabelitz, uni 1380 Kabelisse,1420 Kubellicz Kirchdorf 6 km südlich vom Bahnhof Schönhausen der Berlin-Lehrter-Eisenbahn, 5 1/2 km nordnordöstlich von Jerichow, ursprünglich unter dem Namen Marienburg (946) Merianburg (1150), 1337 auch einmal Mariendorff, eine wohl schon von Heinrich 1. angelegte deutsche Burg, die 946 zur Dotation des Bistums Havelberg bestimmt wurde, Hauptort des Gans Ligieze mit 11 bis 13 Burgward gehörigen Ortschaften. Infolge des Wendenaufstandes und der lange dauernden Herrschaft der heidnischen Wenden muß die Burg gänzlich zerstört sein und auch ihren deutschen Namen verloren haben, den bei der Widmung des Burgwards für das neugegründete Klostei- Jerichow durch den Bischof Anselm von Havelberg 1145 wird es noch Marienborch genannt. Der Ort blieb im Besitze des Klosters Jerichow und danach des Klosteramtes.

Cade

Cade 1420 Caden, 1500 Chade, 1562 Kahde Pfarrdorf mit Rittergut, 8 km ostsüdostl. von Genthin, 2 km südlich von der Haltestelle Cader Schleuse der Berlin-Magdeburger Eisenbahn schon 1486 als von Plothosches Afterlehen in Besitz der von Werder, in unserem Jh. in bürgerlichen Händen Übergangen

Camern

1322 Kameren und Cammern, 1332 das Hus zu der Camere, 1420 zur Kamer oder camere by Sandow, 1477 die Kammer, 1562 Cammer Pfarrdorf mit Rittergut, 6 km südöstlich von Dandau am Ostufer des Camernschen Sees und am nördl. Fusse der Camernschen Berge ganz malerisch gelegen. Das Haus" als Mittelpunkt des Landes zur Kammer", immer mit Sandau zusammengehörig, kam im Vertrage zu Treuenbrietzen 1354 definitiv an das Erzstift, 1497 im Besitz eines von Mollendorf, später längere Zeit der von Retzdorf, schon zu Gründungs Zeit und noch jetzt in dem der von Katte auf Hohencamern - die Gebäude des Rittergutes sind neuerdings abgebrochen.

Carow

Carow 1193 Kare, 1459 Carov, 1500 Chare, 1562 Kara Pfarrdorf mit, Rittergut, 10 1/2 km südöstlich von Genthin, 6 km südlich von der Haltestelle Cader Schleuse der Berlin-Mgd.-Eisenbahn, wäre nach Graf von Wartensleben früher eine Besitzung des Kloster Jerichow gewesen, davon erhielt aber aus dem Urkundenmaterial des Klosters nichts. Nach von Alvensleben war es früher den von Werder gehörig, 1455 an die von Bardeleben gekommen und 1574 von Joachim von Byerri erworben. Für dem Aussterbefall dieser Familie 1647 dem Mgd. Domkapitel verschrieben, wurde es jedoch beim Eintritt dieses Falls 1686 an den nachherigen Minister Joachim Ernst von Grümbkow verliehen. Von dessen Nachkommen 1708 an den Obermarschall Freiherrn Marquard Ludwig von Pritzen verkauft, kam es durch Heirat bzw. Erbgang 1774-1793 ari den Grafen von Wartensleben,

Crüssau

Crüssau um 1380 Krossow, Krussau, 1420 Crusse, 1459 Crüssow, 1500 Crussow, 1562 Crüssow Pfarrdorf mit Rittergut, 14 km östlich von Burg, 16 km südsüdwestlich von Genthin, früher, erzbischöfliches Tafelgut, nach mancherlei Besitzwechsel, 1509 von Lippold von Arnim erworben, mit welchem diese Ukermärkischen Familie in das Erzstift gekommen ist, ein der zweiten Hälfte des 18. Jh. an die Grafen von Schulenburg übergegangen, in deren Besitz es noch jetzt ist.

Derben

Derben gegen Ende des 14 Jh. Derwen, Derwin und Dernen.

Ferchland

Ferchland 1305 Verchlande, um 1366 auch Verland, 1400 Ferglande, 1563 Verchlandt Pfarrdorf mit Königl. Domänenamt an der Elbe, 11 km westliche von Genthin 6 1/2 km südlich von Jerichow, schon 1435 im Besitze der von Redekin und von Clöden, die in der zweiten Hälfte des 17. Jh. ausgestorben sind, nachher mit Derben an die von Lochow gekommen, 1550 hatte auch die von Randau darin Besitz, mit welchen die Stadt Magdeburg wegen Raubereien Fehde hatte.

Fischbeck 

Fischbeck 1227 Vichbeke, Viehbach, 1420 Fyschebeke, Vischbeke Kirchdorf an der alten Elbe gegenüber Tangermünde, 5 km nördlich von Jerichow, 6 km südlich voin Bahnhof Schönhausen. Nach dem Zeugnis des Erzbischofs Wichmann von 1172 von dem Havelberger Bischof Klalob (11551176) zu der Schenkung des Burgwards Cabelitz für das Kloster Jerichow durch seinen Vorgänger Anselm hinzugefügt war, mit Fischbeck identisch ist, muß fraglich erscheinen, da Fischbeck später immer mit Schönhausen und Palstorf zusammen als zu Cabeltz gehörig erscheint, 1337 im Besitz des Havelberger Bischofs, 1377 verzichtete Erzbischof Peter von Mgd. auch auf das Schloß von Fischbeck zustehende Schutzgeld nebst Gerichtsbarkeit über Schönhausen und Fischbeck, jedoch löste erst Bischof Konrad von Havelberg 1437 diese Gerechtsame durch Zahlung eines Kapitals von 1100 Rh. Gulden definitiv ab. Später erscheint Fischbeck mehrfach z,B. 1490 und 1533 als Ort der Zusammenkunft für Verhandlungen über Streitfragen zwischen dem Erzstift und der Mark. 1562 jedoch wurde es mit Schönhausen durch den Kurprinzen Johann Georg gegen Abtretung von Burgstall an die von Bismark überlassen, welche auf ihrem Verbleib bei der Altmark bestarid, so daß seitdem diese Ortschaften eine altmarkische Euklave im Erzstiftischen Gebiet bildeten, infolge wovon auch die Kirche, welche früher im Filial von Cabelitz gewesen war und so auch noch bei der ersten Visitatiori 1563 mit visiliert worden ist Filial von Schönhausen wurde, und ihr Patronat an die von Bismark überging

Garz

1400 Garcz und Garntz, 1475 Gartze Kirchdorf an der Havel, 13 km ostsüdostl. von Dandau, früher zum Amte Sandau gehörig.

Gladau

Gladau 1345 Gladow und im Mittelalter, 1383 auch Glade Pfarrdorf mit Königl. Hofkammergut, 12 1/22 km südsüdöstl. von Genthin, zuerst 1345 urkundlich erwähnt, 1509 mit Crussau von Lippold von Arnim erkauft, blieb es im Besitze dieser Familie, bis es 1737 zu einem Königl. Familiengute erworben wurde. Eine nach dem Orte benannte Familie kommt z. B. 1307 urkundlich vor.

Gollwitz

Ende des 14 Jh. Golwicz Kirchdorf, 4 1/2 km westsüdwestlich vom Bahnhof Wusterwitz der Bahnlinie Berlin-Mgd., 1562 im Besitze der von Werder und von Fürer (Forder).

Göttlin

Göttlin 1443 Gottelin, 1468 Gotelin, Pfarrdorf an der Havel, 3 1/2 km nordnordwestl. von Rathenow, ehemals den von Treskow und von Hage gehörig.

Groß-

Mangelsdorf

1420 Grote Mangstorp, auch Mangestorp, 1563 Großen- und Lütken-Mangelstorff Pfarrdorf 3 1/2 km ostnordöstlich von Jerichow, von Alters zu den erzstiftischen Amte, nicht Kloster Jerichow gehörig.

Groß Wudicke

1397 Weddig, 1446 und 1467 wüst Wodeke, 1516 Wudeke
Pfarrdorf, Haltestelle der Berlin-Lehrter Eisenbahn, 13 km östlichen vom Bahnhof Schönhausen, alter Besitz der von Möllendorf, jetzt Rohr-Levetzow

Groß-Wulkow

1144 Wulcove,  Pfarrdor, 6 1/2 km östlichen von Jerichow, zum ältesten Besitz des Klosters gehörig

Groß-

Wusterwitz

Groß-Wusterwitz um 1159 Wosterwice urid Wusterwici, Eride des 14. Jh. auch Wostricz Pfarrdorf am Wusterwitzer See 1 1/2 km südlich von der dazugehörigen Station der Berlin- Mgd.-Eisenbahn, ehemals zum Amte Altenplathow gehörig, zuerst erwähnt in einer 1159 anzusehenden Urkunde des Erzbischof Wichmann, durch welche der Ort an einen Unternehmer flamländischer Kolonisation von größter Wichtigkeit war. Für die zu erbauende Kirche wurde damals sogleich eine Hufe ausgeworfen und von der Größe und Wichtigkeit des neu angelegten Ortes zeugt es, daß demselben sofort ein jährlicher großer Markt mit Mgd. Marktrechte und den Geschäftsverkehrenden auf fünf Jahre von Marlini 1159 ab Zoll- und Wegefreiheit verliehen wurde.

Grütz

141910 Grutz und Grucz, 1562 Gruitz Kirchdorf an dei- Havel, 7 1/2 km nordwestlich von Rathenow, früher den von Treskow in Schollene gehörig.

Gütter

1320 Guttere, 1378 Gutture, 1400 Jutter,  Kirchdorf ari der Ihle, 3 km östlich von Burg, alter Plothoscher Besitz

Hohengöhren

Hohengöhren 1375 Goreri, 1386 H Pfarrdorf mit Rittergut, nicht weit von der Elbe, 2 1/2 km nördl. vom Bahnhof Schönhausen der Berlin-Lehrter-Eisenbahn, alter Besitz des Bistums Havelberg, von dem es die Grafen von Lindow und Ruppin zu Lehm trugen, nach deren Aussterben 1524 es das Erzstift an sich nahm, Als Afterlehnsleute erschienen bereits 1385 die von Möllendlorf, in deren Besitz es auch verblieben ist. Daneben hatten auch die von Goerne darin Besitzungen, die sonst als in dem eingegangenen Sudengoehren ansässig erscheinen

Hohenseeden

1144 Sadun, 1307 Magnum Seden, 1500 alta Seden,1562 Hoen Seden. Pfarrdorf, 11 km ostnordöstl. von Burg, 15 km südwestlich von Genthin, 3 km südlich von der Haltestelle Güsen der Berlin-Mgd.-Eisenbahn, auf dem hier sehr steilen Rande des von Burg bis vor Genthin sich südöstl. der Ihleniederung hinziehenden Höhenzuges gelegen, 1144 dem Kloster Berge, nachher zu Niegripp gehörig, 1509 von Lippolt von Arnim erkauft

Jerchel

1400 Gerchel, Gergel oder Jerchil Pfarrdorf mit Rittergtit, 16 km nordöstlich von Genthin, 5 km südsüdöstlich von Milow, in der ältester Zeit im Besitze einer riach dein Orte genannte Familie, 1380 in dem der von Hünicke, im vorigen Jh. von Bülow, jetzt in Bürgerlichen Händen. Die Dorfmark wurde 1595 durch Überschwemmung der Havel gänzlich versandet.

Jerichow

Klietz

1145 Chtzse, 1159 Klitzen, 1337 Klytz, 1368 Clitz, 1382 Klycze, 1476 Clytczh, 1563 Klitzenick Kirchdorf unweit, der Elbem 3 km südlich von Jerichow, zum Burgwai-d Jerichow gehörig, 1376 im Besitze des Henning von Barby, 1467 an die von Redekin verkauft, nach deren Aussterben in verschiedene Hände übergegangen, unter anderen bis 1659 eines Moritz Hahn, nachher der von Katte, Dazu gehört das früher daneben gelegene 1791 wegen Wassergefahr abgebi-ocherie und hier neu aufgebaute Dorf Heidelbleck oder Hendebleck

Krioblauch

1197 Clobeloch, und Clebelock, 1303 Clebeloch, 1400 Klenelock, 1562 Knobloch Kirchdorf, 14 ½ km ostnordöstlich von Genthin, das ehemalige seit 1460 im Besitze der Familie von Beitzke geweserie Rittergut ist nach mannigfachem Besitzwechsel im Laufe des 18 Jh. 1821 in Subhastation von der Bauerngemeinde erkauft und parzelliert worden.

Kuhlhausen

1420 Kulhuzen, 1476 Culhusseri, Colhussen Pfarrdorf unweit der Havel, 10 km östlich von Sandau, ehemals zum Amte Sandau gehörig. Das Dorf ist 1877 und 1881 fast vollständig abgebrannt, doch haben sich noch einige kleine Häuser mit dem Giebelspiess erhalten. Die Kirche fiskalischen Patronats, ist eine turmlosen- Putzbau aus den dreißiger Jahren des gegenwärtigen Jahrhunderts, nach 0 und W gleichmäßig mit einer theatermässigen Giebelfassade im nüchternen klassizistischen Stile jene Zeit versehen.

Leopoldsburg

Kirchdorf an der Havel, südlich von Milow, mit demselben unmittelbar zusammenhängend, erst 1755 von dem Prinzen Moritz von Anhalt angelegt. Zu der am südl. Ende des Dorfes westlich von der Dorfstraße gelegenen, ursprünglichen für die seit 1831 mit Milow zu einer imierten verbunderien Gemeinde der reformierten anhaltischen Ansiedler gegründeten Kirche, wurde der Grundstein bereits 1755 gelegt, der Bau jedoch erst 1770 vollendet, ein ganz stattlicher, aber nüchterner Zopf-Putzbau mit Westturm

Liebars

1420 Lubars Pfarrdorf, unweit der Elbe 6 km nördlich vom Bahnhof Schönhausen der Berlin-Lehrter-Bahn gelegen, 1562 im Besitze der von Quitzow, 1785 der von Jagow auf Rühstädt, jetzt zu Neuermark gehörig.

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8. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Jerichower Landes

Die Landstriche des Jerichower Landes sind in vieler Beziehung von der Natur nicht so gut bedacht enthalten sie jedoch weile Flächen von oft trockenem Sandboden, die von Haus aus mir sehr geringe Erträge abzuwerfen in der Lage sind. lm Jerichower Land haben ferner große Teile der Niederung unter zu hohen Wasserstand von Natur aus zu leiden, So ist es leicht verständlich, daß hier erst später eine intensive Wirtschaft möglich war, Industrielle Tätigkeit wunde durch den Mangel an Kohlenschätzen und Erzen verhindert. Es na[ daher hoher Anstrengungen seitens der Menschen bedurft, um auch diese Landschaft der modernen Wirtschaft zu erschließen.

Im Mittelalter regelten in fast allen Gebieten des Jerichower Landes einige Zünfte das Gewerbe. Bereits im 18. Jh. wurde das Recht zur Ausübung von Gewerbe durch die Aushändigung eines Gewerbescheines und Zahlung von Gewerbesteuer abhängig gemacht.

In der Entwicklung der Verkehrsverhältnisse läßt sich gut das Erwachen dieser Landschaft erkennen. In der Region des Jerichower Landes stehen zum Teil heute auch noch einige Wasserstraßen zur Verfügung. Dazu geboren Elbe, Havel mit den anschließenden Seen, Planer-, und Ihle-Kanal und der Unterlauf der Stremme. Das Straßennetz ist heute weitgehend ausgebaut. Von Eisenbahnlinien sind vor allem die Strecke Magdeburg-Berlin wichtig, Weiterhin gehen von Burg, Genthin und Güsen eine Anzahl von Kleinbahnen aus. Es wird nicht das Ziel sein, eine Gewerbekunde zu geben, sondern die Verbreitung der gewerblichen Landschaftselemente erklärend darzustellen.

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8.1 Auszüge aus dem Industrieleben

Das wichtigste Gewerbe Burgs war seit Jahrhunderten die Tuchmacherei. Burgs Tuchmachen waren weit und breit im Land bekennt. So sicherte z, B. Erzbischof Wichmann nur 1175 den Burgen Tuchhändler 20 Budenplätze in Magdeburg zum Verkauf ihres Tuches schriftlich zu (UHR MD Nr. 350, 360). Das Gewerbe wurde besonders durch König Friedrich Wilhelm 1. von Preußen gefördert, und zwar dadurch, das ei 1299 den Ankauf von ausländischen Stoffen und Kleidern verbot. Es kam eine arbeitsreiche Zeit für Burg, so daß die Weber der Stadt gar nicht in der Lage waren, so viel liefern zu können, als verlangt wurde. Die Zahl der Tuchmacher steigt natürlich in dieser Zeit erheblich. In dem Zeitraum 1807/1808 sind in Burg ca. 10803 Stck. Tuch gewebt worden, durchschnittlich von jeden) Meister etwa 60 Stck. Wenn wir das Stck. zu 24 Ellen rechnen, ergibt sich immerhin die ansehnliche Summe von 259272 Ellen oder umgerechnet in Meter (1 Meter = 1,50 Berliner Ellen) ergibt das eine Länge von 172848 Metern oder rund 173 Kilometern, Das ist eine beachtenswerte Leistung, besonders wenn man bedenkt. daß eine fabrikmäßige Herstellung im heutigen Sinne noch nicht stattfand. Es bereitete sich allerdings schon eine solche vor. Die Arbeit wurde mechanisiert. Besonders machte man sieh in der Tuchfabrikation die Dampfmaschine zu nutze. Fabrikgebäude von oft gewaltigen Ausmaß treten den kleinen Werken zur Seite oder verdrängen sie fast ganz. Heute ist die Tuchmacherindustrie in unserer Region nicht mehr vertreten,

Unter den gewerblichen Landschaftselementen ist zweifellos das Mühlengewerbe dasjenige, welches am längsten im Jerichower Land eine ganz charakteristische Rolle innerhalb des Landschaftsbildes eingenommen hat. Bestmögliche Ausnutzung der Windkraft, die besten hydrografischen Verhältnisse, Rohstoff-, und Absatznähe waren für die topografische Lage der verschiedenen Mühlenarten maßgebend, damit sich der Betrieb rentabel gestalten konnte Im Jerichower Land waren Wasser-, und Windmühlen vertreten. Sie unterschieden sich in Bockwindmühlen, Holländer, Schiffsmühlen, Säge- und Schneidemühlen, Walz und Walkmühlen, um hier nur einige Arten zu nennen. Bis zur Einführung der Gewerbefreiheit in den Jahren 1808-1811 war das Mühlengewerbe in dreifacher Beziehung vom herrschenden Gewerbezwang betroffen, Der Landesherr, die Städte oder Grundherren besaßen das Mühlenregal, Floh. das Konzessionsrecht für die Ausübung des Gewerbes, wofür sie als Obereigentümer eine bestimmte Abgabe beanspruchten. Dafür erhielten die Mühlen für bestimmte Sprengel das alleinige Mahlrecht, den Mühlenbann. Dem Staat stand ferner allein das Recht auf Lieferung der Mühlensteine zu, was versteuernd wirkte. Mit Beginn des 19, Jahrhunderts wurden die Mühlen von diesen Einengungen befreit. Somit bot sich die Möglichkeit, durch freien Wettbewerb zu wirtschaftlichem Fortschritt zu gelangen. Ein Jahrzehnt nach Aufhebung dieses Gewerbezwanges ist von dieser Maßnahme noch keine Wirkung zu spüren. Die Landbevölkerung und das Kleinbürgertum des beginnenden 19. Jh. waren von sich aus kaum fähig zu einem wirtschaftlichen Fortschritt größeren Stils. Bei den damaligen mehr als kümmerlichen Verkehrsverhältnissen konnte überhaupt im Mühlengewerbe von einem regelrechten Wettbewerb kaum die Rede sein.
Die einsetzende technische Revolution im 19. Jh. beeinflusste die Mühlenindustrie, die Ziegelei-, und Tonwarenindustrie, die Sägewerksindustrie, die Schiffsbauindustrie, Schuh und Lederwarenindustrie, Gutsbrennereien und Brauwesen. Schnell hatte der Maschinenbau Fortschritte gemacht. So gingen z. B. aus Gutsbrennereien Stärkefabriken hervor. Aus einigen Ziegelein entstand die Tonwarenindustrie (Raum Ziesar). Das unter anderem hergestellte Geschirr mit der braunen Glasur erfreut sich auch heute noch großer Beliebtheit.
Der Siegeslauf des Kapitalismus und der Weltkriege, der dann mitten in das restlose Erwerbsleben hineinfährt, war von unermesslicher Bedeutung. Die Weltkriege brachten neue Betriebe hervor, z. B. Pulverfabrik Plaue und die Sprengstofffabrik Penningsdorf. Gleichzeitig entwickelte sich die Chemieindustrie (Henkelwerk Genthin) und die Lebensmittelindustrie (Burgen- Knäckefabrik). Viele der vor dem Krieg bestehenden Gewerbe litten während dieser Zeit und Verschwanden teilweise völlig. Am meisten traf es das Mühlen-, und Ziegeleigewerbe. Von den zahlreichen damaligen Mühlen sind heute noch einige erhalten. Sie stehen meist unter Denkmalschutz und werden zu musealen Zwecken genutzt.

 

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1170 Ansiedlung von Flamen, Tuchmacherei und Bierbrauereien
1176 Erzbischof Wiechmann überweist den Burger Kaufleuten ein Kaufhaus in Magdeburg
1262 Erzbischof Rubrecht verleiht der Stadt Burg die Zoll- und Handelsfreiheit für alle in Magdeburg verkauften und eingekauften Waren.
1263 in einer Kaufurkunde werden erstmalig der Richter, der Rat und die gesamte Bürgerschaft als bestätigte Behörde aufgeführt
1283 Erzbischof Erich genehmigt den Brüdern Otto und Konrad von Horch (Burg) das Recht, Emmerbier (Weizenbier) zu brauen, auf 8 Bürger zu übertragen
1299 werden Gerber und Schuhmacker erwähnt Bestätigung der Tuchmacherinnung in Burg
1562 Burg erhält ein Privileg für 3 Jahrmärkte
1695 erhielt die Rede- und Stellmacherinnung in Burg ihr Privilegium
1728 zählt der Topograph Heineccins 17 Ziegeleien in beiden Jerichowschen Kreisen (die meisten im Elb-Havel-Winkel)
26.-27.04.1745 passierte das erste Schiff den Planer Kanal
1774 - 1777 wurde Hauptarbeit zur Entwässerung des Fieners geleistet
- Einführung des Seidenbaues (Friedrich 11)
- Einführung der Lupine
- der Flachs-, Tabak- und Futterkräuterbau im Lande blühten unter seiner Regierung
1820 Bau der Landstraße Magdeburg nach Burg, 1822 bis Genthin
1831 Eröffnung der Pieschelschen Erziehungsanstalt
1842 gab es schon 26 Ziegeleien im Kreise Jerichow I und in Jerichow II : 45
1846 Eröffnung der Berlin - Magdeburger Eisenbahn
1850 erste Bahnpost (mit Errichtung der Strecke Potsdam-Magdeburg)
1871 Bau des Ihle-Kanals
Durch den Bau des Ihle-Kanals: In kurzem Zeitraum wurde die Ziegeleiindustrie nun auch für die Burger Gegend zu einem bedeutsamen Faktor des Wirtschaftsleben
1872 (Schartauer Flur) erste große Maschinenziegelei mit Ringofen gegründet
1880 Gründung der Schuhfabrik "Tack und Cie", älteste Schuhfabrik Europas, die Fam, Conrad Tack wird führend
1885 Burg-Niegripp-Schartauer Gebiet war die Zahl von 12 Ziegeleien erreicht
1911 Burg wird mit elektrischem Licht versorgt
1931 Gründung der Burger Knacke, erste Knäckebrotfabrik Deutschlands
01.09.1934 war der Tag, das die Bauabteilung Burg eingerichtet wurde, die als leitende Institution die Autobahn im Jerichower Heimatgebiet zur Vollendung führte (A2)

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8.2. Die gewerblichen Landschaftselemente

 

 

8.2.1. Die Tuchindustrie

 

8.2.2. Das Mühlengewerbe

Unter dem gewerblichen Landschaftselementen ist zweifellos das Mühlengewerbe dasjenige, welches am längsten im Jerichower Land eine ganz charakteristische Rolle innerhalb des Landschaftsbildes eingenommen hat. Als besonders eigenartiger Typus treten uns die Bock-Windmühlen entgegen, denen sich einige "Holländer" zugesellten. Im Gegensatz zu diesen Mühlen, die nach seiner Windlage streben müssen, liegen die Wassermühlen oft versteckt. Und doch prägen auch sie sich dem Wanderer, der die Landschaftsformen aufmerksam betrachtet, sofort ein. Die anderen Mühlenbetriebe treten weniger hervor. Sie verschwinden entweder ganz in den Siedlungen oder bilden als Dampfmühlen oder sonstige Großbetriebe mit ihren einförmigen, nur durch kleine Fenster belebten Baulichkeiten gewöhnlich nur Landschaftselemente untergeordneter Art.

 

Die Natur des Landes und ihre Ausnutzung durch die Windmühlen

Windverhältnisse
Die Windverhältnisse im Jerichower Land sind bestimmt durch seine Lage im mitteleuropäischen Klimakreis. Die Westwinde herrschen vor. Wichtiger ist aber vor allem die Windhäufigkeit. Es ergeben sich im einzelnen je nach der Lage der Windmühlen, der Beeinflussung der Luftströmungen durch die Siedlungen, Wälder und Höhen mannigfache Abweichungen. Die Windstillen sind im allgemeinen im Hochsommer am häufigsten. Viel wichtiger jedoch als die örtliche Verschiedenheit der Windverhältnisse, wobei die Gefahr der Wetterschäden bei freier Lage wohl zu berücksichtigen ist, ist die Beeinflussung des Gewerbes durch kulturelle Faktoren. Davon wird nie die Rede sein.
Die topographische Lage der Windmühlen
Bestmöglichste Ausnutzung der Windkraft, Rohstoff- und Absatznähe müssen für die topographische Lage der Windmühlen maßgebend sein, damit sich der Betrieb rentabel gestalteri kann. Der Windmüller hat zwar die an und für sich billigere Betriebskraft, aber er ist dennoch durch die ihm bei Windmangel aufgezwungenen Arbeitspausen gegenüber den stetig arbeitenden Mühlenbetrieben mit mechanisch-maschineller Kraft im Nachteil, wo es sich um die Befriedigung von Massenkonsum handelt.

Die Natur des Landes und ihre Ausnutzung durch die Wassermühlen

Die Wasserverhältnisse
Die hydrographischen Verhältnisse des Jerichower Landes ermöglichen in einigen Gebietsteilen den Betrieb von Wassermühlen. Es ist dies im besonderem Maße am Nordabfall des Fläming der Fall. Im allgemeinen wird die natürliche Ausstattung der Landwirtschaft für die Anlage von Wassermühlen von West nach Ost besser. Es hängt dies einmal mit den klimatischen Verbindungen zusammen. Der Westrand ragt in die mitteldeutsche Trockenzone hinein, Während nach Osten und Südosten hin die Niederschläge zunehmen. Ferner steigert sich im allgemeinen weitem- östlich das Gefälle der Wasserläufe. Im Flämingvorland ist natürlich allgemein das Gefälle gering. Einen Ausgleich bietet aber die hier in stärkerem Maße vorhandene Wassermenge. Im übrigern kamen für, den Betrieb vorn Wassermühlen im Jerichower- Land in der Hauptsache nur noch die Wasserläufe in Betracht, die die alten Elbarme und Schlickniederungen durchziehen. Die Kanäle sind dabei auszuscheiden.

Die topographische Lage der Wassermühlen

Die Wassermühlen sind im Gegensatz zu den Windmühlen am bestimmte Geländelinien gebunden. An den Wasserrinnen reihen sie sich auf. Wo die wirtschaftlichen Verhältnisse ein häufiges Auftreten gestattet, immer dabei gewisse Abstände innehaltend, um die erforderliche Wasserkraft zur Verfügung zu haben, einige Stauwerke, besondere Mühlengräben bauen und sonstige Einrichtungen für bestmöglichste Ausnutzung der natürlichen Verhältnisse treffen zu können. Dieser größeren Naturbestimmtheit des Standorts steht eine größere Regelmäßigkeit des Betriebs und Betriebssicherheit gegenüber im Vergleich zu den Windmühlen. Zahlreiche Wassermühlen besitzen genügend Wasserkraft, um den Betrieb fast immer aufrecht erhalten zu können Immerhin ist 'Uhr Betrieb doch auch noch im hohen Maße von den wechselnden meteorlogischen Verhältnissen abhängig. Trockenheit und Frost können sie vielfach zum Stillstand bringen Im Randgebiet des Flämings, dem Hauptverbreitungsgebiet dem- Wassermühlen des Jerichower Landes, kommt es diesen sehr zustatten, daß die Ortschaften durchweg nahe der Grenze zwischen Diluvialplateau und Niederung liegen. Die Wassermühlen können demnach das hier vorhandene stärkere Gefälle benutzen. Im Stremmegebiet zeigen die Wassermühlen einheitliche Randlagen ein der Ortschaften. Die Gefälleverhältnisse ändern sich in den Niederungen eben so allmählich daß dies für die Wassermühlen das naturgemäß Gegebene ist.

Das Mühleingewerbe vor der Einführung der Gewerbefreiheit

Der Betrieb der Wind-, und Wassermühlen reicht weit in die Vergangenheit zurück. Bis in das vergangene Jahrhundert hinein hat aber auf diesem Gebiet eine völlige Stagnation geherrscht. Das berechtigt dazu, die ganze Periode zusammenzufassen. Im Jerichower Land beginnt ein neues Leben mit den wirtschaftlichen Großtaten Friedrich 11. von Preußen. Die von ihm durchgeführte Melioration des Fiener Bruchs hat für die
anliegenden Wassermühlen ebenfalls Bedeutung gehabt, freilich zum Teil im negativen Sinn Es ist das Konsumbedürfnis der fast ausschließlich herrschenden Kleinsiedlungen, welche die 91 Windmühlen und 33 Wassermühlen der beginnenden 1780er Jahrein hat entstehen lassen. Im Durchschnitt kommt in dieser Zeit auf je 309 Einwohner eine Mühle. Im allgemeinen sind Orte mit 200-400 Einwohner mit je einer Mühle versehein. Unter den Wassermühlen, deren Verteilung sonst in etwa die gleiche wie in späterer Zeit ist, bilden einen besonderen, altertümlichen Typus die 6 Schiffsmühlen an der Elbe (eine bei Parchau, Zerren, Ferchland, drei bei Sandau). In den Elblandschaften wiesen 1762 die Städte einen verhältnismäßig hohen Stand an Mühlen auf (7 allein bei Sandau mit seinen 1416 Einwohnern !). Bei Burg-Gütter kam in jener Zeit eine Mühle auf 276 Einwohner (9 Windmühlen, 8 Wassermühlein bei 4904 Seelein). Dabei ist zu beachten, daß einige Wassermühlen hier gleichzeitig der Tuchindustrie als Walkmühlen dienen. In der Genthiner Zentrallandschaft erreichte 1762 die Zahl der Mühlen relativ wie absolut das Höchstmaß (3,86 auf Je 1000 Einwohner), Von ihren 47 Siedlungen hatten 1782 nur 16 mehr als 200 Einwohner, 13 Dörfer von weniger als 200 Einwohner besaßen eine eigene Mühle.

Das Mühleingewerbe in den ersten Jahrzehntein nach der Aufhebung des Gewerbezwangs

Wie kein früheres Jahrhundert hat das 19. Jahrhundert revolutionierend in der Wirtschaft der europäischen Kulturstaaten wie fremder Erdteile gewirkt. Der Siegeslauf des Kapitalismus bedeutet zugleich ein unaufhaltsames Vordringen der Kulturlandschaft gegenüber der Naturlandschaft. Ganz anders wie früher prägen die Werke des Menschen der Landschaft den Stempel auf. Es entstehen mächtige Siedlungskomplexe. Die moderne Fabrikindustrie kommt auf, häuft sich stellenweise in nie geahnter Weise an. Die zerstückelten, landschaftlichen Flächen machen abgerundeten Grundstücken Platz. Die Fruchtwechselwirtschaft verdrängt das Dreifeldersystem mit seinem Brachland. Immer enger spannt sich über das ganze Land ein Verkehrsnetz von Straßen, Kanälen, Eiseinbahnen. Die Frage taucht vor uns auf, was mag wohl in all diesem Wechsel aus den alten Wind-, und Wassermühlen geworden sein"
Stand um 1818 Bis zur Einführung der Gewerbefreiheit in den Jahrein 1806-1811 waren das Mühlengewerbe ]in dreifacher Beziehung vom herrschenden Gewerbezwang betroffen. Der Landeslehnherr, die Städte oder Grundherren besaßen das Mühlenregal, den. das Konzessionsrecht für die Ausübung des Gewerbes, wofür sie als Obereigentümer eine bestimmte Abgabe beanspruchten. Dafür erhielten die Mühlen für bestimmte Sprengel das alleinige Mahlrecht, dein Mühlenbann. Dem Staat stand ferner allein das Recht auf Lieferung der Mühlensteine zu, was versteuernd wirkte. das neue Jahrhundert befreite die Mühlen von diesen Einigungen, boten die Möglichkeit, durch freien Wettbewerb zu wirtschaftlichen Fortschritt zu gelangen. Wurde davon Gebrauch gemacht? Bis 1818, also im Zeitraum vorn 36 Jahren, hat im Jerichower Land die Zahl der Windmühlen etwa um ein Drittel zugenommen (von 91 auf 119). Die Wassermühlen dagegen gingen etwas zurück von 33 auf 31. 1818 waren nur noch 3 Schiffmühlen vorhanden.
linsgesamt hatten die Mühlen einein Zuwachs von 21 Prozent zu verzeichnein. 111 der gleichen Zeit stieg aber die Bevölkerungen um 26,7 %, von 38306 auf 48542 Seelen. Das Anwachsen der Mühlenzahl war also noch etwas hinter der Zunahme der, Bevölkerung zurück, 'geblieben. Es kam jetzt eine Mühle auf 324 Einwohner, dagegen 1782 auf 309. Wo in den einzelnen Landschaften, so teilweise in den Havelgegenden, ein relativ rasches Anwachsen des Mühlenbestandes zu verzeichnen war, war, nur nachgeholt, was sich in anderen Teilen schon vollzogen hatte. Ein Sonderfall sei hier noch erwähnt. In Milow war die alte Wolfsmühle wegein Wassermangel verschwunden. Und was war daraus geworden ? Eine Windmüller-wohnung ! Einen solchen Wechsel wird man wohl nur selten antreffein. Kehren wir wieder zur allgemeinen Betrachtung zurück, so wird man jedenfalls sagen müssen" Ein Jahrzehnt nach Aufhebung des Gewerbezwanges ist von dieser Maßnahme noch keine Wirkung zu spüren. Die Landbevölkerung und das Kleinbürgertum des beginnenden 19. Jahrhundert waren von sich aus kaum fähig zu einem wirtschaftlichen Fortschritt größeren Stils, Bei den damaligen mehr als kümmerlichen Verkehrsverhältnissen konnte überhaupt im Mühleingewerbe von einem regelrechten Wettbewerb kaum die Rede sein. Wirtschaftlich wie geographisch von Interesse ist es, daß jetzt ein neuer Windmühleintypus auftaucht. In vier, fällen wird uns von holländischen Mühlein berichtet. Diese sind alle wieder verschwunden, 3 davon sind durch "Windböcke" ersetzt. In Altenplathow handelt es sich dabei übrigens nicht um eine Mahlmühle, sondern der "Holländer" diente dem Betrieb einer Zichorienfabrik.
Stand um 1840 Gehen wir zwei Jahrzehnte weiter in das 19 Jahrhundert hinein, so finden wir die Landschaft wieder um einiges mehr durch weitere Zunahme der- Mühlen belebt. Der Zuwachs fällt ausschließlich auf das Konto der Windmühlen (144 an Stelle von 119). Außerdem ist eine Schiffsmühle hinzugekommen (bei Niegripp). Die Bevölkerung hat sich jedoch schneller vermehrt. Kamen 1818 3,09 Mühlen auf je 1000 Einwohner, so sind es 1840 nur noch 2,65. Wichtig ist, daß nun das Zurückbleiben des Mühlenbestandes in allein Teillandschaften zu beobachtein war, hier weniger, dort mehr. Aus der Zentrallandschaft ist vor allem bemerkenswert, daß Altenplathow 3 Windmühlen erhalten hatte. Genthin-Altenplathow zählen 1840 zusammen 4204 Einwohner und hatten also nun 5 Windmühlen und 1 Wassermühle. Es sei zum Vergleich an Sandau erinnert188.9. Einwohner, 5 Windmühlen, 2 Schiffsmühlen. Das Zurückbleiben der Mühlenzahl bei Genthin von 1782 an, die hohe Mühlenzahl bei Sandau von der gleichen Zeit an sind zwei Erscheinungen, die mit örtlicher Tradition zusammenhängen müssen: In Genthin fortschrittlicher Geist, der sich in technischen Verbesserungen zeigte, in Sandau allgemein Stagnation Die Anhäufung von Windmühlen bei Burg hatte sich fortgesetzt (vorn 11 auf 17). Damit hatte sich der Bürger Windmühlenkomplex als eine Erscheinung herausgebildet, die das Burgen Stadtrand zu Beginn des 20. Jahrhunderts aufs stärkste in seiner Eigenart bestimmt hat. 1840 kam bei Burg-Gütter auf 555 Einwohner ein Mühlernbetrieb. Das Anwachsen der Bevölkerung war dennoch der zahlenmäßigen Entwicklung des Mühlenwesens allmählich recht bedeutsam vorausgeeilt (vergleiche 1782 1 Mühle auf 276, 1818 1 Mühle auf 436 Menschen 1823 war in Magdeburg eine Dampfmühle errichtet (1818 die erste in Deutschland in Berlin). An eine Konkurrenz durch diesen Betrieb war aber noch nicht, zu denken. Technische Verbesserungen an der Mühleineinrichtung haben vielmehr das relative Zurückbleiben der Mühlenzahl verursacht. Es ist daran zu erinnern, daß Ende der
1830er Jahre der Müller Richter, eine Niederdruckmaschine von 30 PS also mit für die diesmalige Zeit bedeutender Leistungsfähigkeit, zum Betrieb einer Tuchwasch-, und Mahlmühle anlegte. Es handelt sich dabei um die vor dem neuen Tor gelegene "Blumenmühle", die seit kurzem die Dampfkraft durch Dieselmotoreinbetrieb ersetzt hat. Damit hatte also die moderne Maschinentechnik auch im Mühlengewerbe des Jerichower Landes ihren Einzug gehalten. Die Walkmühlen waren übrigens in den Patentwalken einiger Tuchfabriken bedeutsame Konkurrenz erwachsen.
Stand um 1885 Das ausgehende 19. Jahrhundert hat für das gewerbliche Leben eine gewaltige Bedeutung gehabt. Um 1820 herum war die Gesamtstruktur der deutschen Volkswirtschaft nach Sombart noch nie gleiche wie vordem, wenn man von geringfügigen Abweichungen absieht. Dann setzte so langsam ein neues Lebein auf den verschiedensten Gebieten ein. Gegen Ende der 1870er Jahre und kurz danach setzte dann auf allein Gebieten "der stürmische Vormarsch des Kapitalismus" ein. Wie war der Stand der Dinge zu dieser Zeit im Mühlengewerbe? Es wird von Interesse sein, sich dies zu vergegenwärtigen. Angesichts der schon in den 1830er Jahren beginnenden Konkurrenz der Dampfkraft, wie wir- es bei Burg hatten beobachten können, werden wir in Bezug auf die Lage des Wind- und Wassermühlengewerbes nicht geringe Befürchtungen hegen. Der tatsächliche Mühlenbestand, wie es uns um die Mitte der 1880er Jahre entgegentritt, zeigt jedoch, rein äußerlich gesehen, ein Bild, daß unsere Besorgnisse im großein und ganzen als verfrüht erscheinen läßt, sind doch 41 Windmühlen hinzugekommen. Die Wassermühlen hatten allerdings zwei eingebüßt. Es ist eine sehr bemerkenswerte Tatsache, daß die Mühlen von 1840 bis 1885 relativ nur 2,65 auf 21,58 Betriebe auf 1000 Einwohner zurückgegangen sind, in den viel zu kürzerem Zeitraum von 1818-1840 dagegen von 3,09 auf 2,65. Das frische Leben, das den deutschen Wirtschaftskörper durchflutete, kam eben nicht nur kapitalistischen Unternehmungen sondern zunächst auch stellenweise dem Kleingewerbe zugute.
Stand um 1922 Die Zeit seit den 1880er Jahrein bis 1922 umfasst zwei Tatsachenreihen von unermesslicher Bedeutung: Dein Siegeslauf des Kapitalismus und den Krieg (1. Weltkrieg), der dann mitten in das restlose Erwerbsstreben hineinfährt, mit seinem für Deutschland so unheilvollen Abschluss. Für das Kleinmüllergewerbe beginnt seit dem Ende der 1870er Jahre die eigentliche Krisenzeit. Der Maschinenbau hatte schnelle Fortschritte gemacht. Mann ging vielfach zur Walzenmüllerei über. Dies in Verbindung mit der- automatischen Einrichtung der Betriebe, aber auch die Erfindung der neuzeitlichen Reinigungsmaschinen führte zu dem Bestreben, durch Vergrößerung der Mühlen eine bessere Wertung dieser Neuerung zu ermöglichen. In weitem Umfang fand die Dampfkraft Anwendung. Der- Krieg hat dann Groß-, und Kleinbetriebe getroffen. Sehen wir zu, wie das Mühlengewerbe diesen doppelten Ansturm überstanden hat. Am besten haben die Wassermühlen der neuesten Entwicklung zu trotzen vermocht. Der Rückgang beträgt hier 26,9 %. Waren 1885 im Jerichower Land noch 26 Wassermühlen als gewerbliche Mahlmühlen vorhanden, so bat sich 1922 ihre Zahl auf 19 vermindert. Weit mehr hat das Windmüllergewerbe zu leiden gehabt. Seine Einbuße beläuft sich auf 41,1 Es sind also 1922 nur noch fast halb so viel Windmühlen vorhanden als dies 1885 der
Fall war (109 gegenüber 185), eine landschaftlich wie wirtschaftlich recht bedeutsame Tatsache. Am ausgesprochensten ist der Niedergang des Kleinmüllergewerbes. 
Die Einbuße an Wassermühlen hat also vor allem diese Gegend betroffen, wo die Wassermühlen nicht nur unter besonders scharfer Konkurrenz, sondern auch unter schwankender Wasserkraft zu leiden gehabt.

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8.2.3. Das Ziegeleigewerbe

Nächst den Wind-, und Wassermühlen haben die zeitweilig in beträchtlicher Zahl zusammengedrängten, aber auch Punktweise über das Land zerstreuten Ziegeleien Im Jerichower Land landschaftlich eine solche Bedeutung gehabt, vor allem während der ganzen 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts und darüber hinaus, daß leln sie trotz des Darniederliegens des Ziegeleiwesens in der Gegenwart zu den geographisch bedeutsamsten Gewerben rechnen möchte. Noch heute wird es niemand, der das Jerichower Land bereist, geben können, der nicht durch die zahlreichen Spuren, die das einst blühende Gewerbe hinterlassen hat, wie durch eine Reihe von noch bestehenden Betrieben daran erinnert würde, Inn manchen Geländestrichen sind die Bodenformen in starkem Maße durch das Abbauen von Ziegelerde beeinflußt worden, mag es sich nun um verlassene Tongruben handeln, die jetzt als Teiche das Landschaftsbild bereichern oder sonst in Erscheinung tretein, oder mag der Abbau noch frisch im Gange sein. Außerdem erblickt man verschiedentlich Ziegeleiruinen. Die landschaftliche Wirksamkeit der Ziegelelen beruht nun nicht nur auf dem Vorhandensein von Tongruben und hochragender Ziegelöfen, sondern auch auf ihrer oft beeinträchtlich horizontalen Erstreckung infolge der Zugehörigkeit von Ziegelei-, und Trockenschuppen, der Anlage für die Anfuhr der Ziegeleierde, den Plätzen zum Zustellten des Tons, dein Räumlichkeiten für das Herstellen der Bohrinsel den Lagerplätzen der gebrannten Steine und so fort. Das Auftreten des Ziegeleigroßbetriebes bietet eine gewisse Entschädigung für denn zahlenmäßigen Rückgang des Gewerbes, ohne ihn freilich landschaftlich wie wirtschaftlich ausgleichen zu können. Wir betrachten nun zunächst die Beziehungen, die zwischen der Natur des Landes und den Ziegeleien bestehen.

Die Verbreitung der Ziegelerde im Jerichower Land

Verstehen wir unter "Ziegelerde" alle die Bodenarten, die zur Fabrikation von Ziegelsteinen zur Verwertung gelangen können, so finden wir sie im Jerichower Land in fünf Spielarten vertreten : 1. Schlick, 2. Haveltonmergel, 3. Wiesentonmergel, 4. Geschiebemergel, 5. tertiärer Ton.

Die topographische Lage der Ziegeleien

Über die topographische Lage der Ziegeleien läßt sich nicht mit solcher Bestimmtheit etwas aussagen wie bei den Wind- und Wassermühlen, da bei der Anlage der Ziegeleien in weiterem Maße örtliche Faktoren durch verkehrsgeographische Gesichtspunkte, durch Rücksichtnahme auf dein Fernabsatz zurückgedrängt worden sind. Einige örtlich bedingte Regelmäßigkeit lassen sich dennoch feststellein. Der folgenden Betrachtung liegt im allgemein der- Stand um 1885 zugrunde. In der oberein Elblandschaft haben wir ein Gebiet, wo das Trachten nach günstiger Verkehrslage alle anderen Faktoren in der, überwiegenden Mehrzahl der Fälle nicht hat zur Geltung kommen lassen. Weitaus die meisten Ziegeleien lagern hier an den Kanälen und der Elbe oder in geringer Entfernung davon. Ein anderes Bild zeigt uns die untere Elblandschaft, deren Ziegeleien 1885 nur auf Lokalabsatz eingestellt waren. Die Elbe kam für sie als Verkehrsweg nicht in Betracht, Von Fischbeck an nach Norden hin fällt uns auf, daß die Ziegeleien sich zum weitaus größten Teil nicht etwa den Ortschaften anschlossen, sondern vielmehr die Deichnähe suchten. Es ist bei Deichbrüchen vergrantetes und versandetes Land, das von den Ziegeleien als Standort erwählt war. Rund ein Meter- darunter steht der sand-, und kalkfreie Tonboden an. So hatten die Ziegeleien also in unmittelbarer Nähe den benötigten Ton, aber auch zugleich Sand dabei, mit, dem sie den fetten Schlich, mischen konnten, damit die Steine nicht rissig wurden. Sie nahmen auf dieser Weise den, Landwirtschaft kein wertvolles Land fort, denn diese Striche werden nur als Weide genutzt. Inn der unteren Havellandschaft finden wir zwei Kuhlhausener Ziegeleien an der Havel im Schlickgebiet Auch für die 3. Ziegelei, die um 1885 schon abgebrochen, traf dies zu. Dagegen lag die Warnauer Ziegelei landeinwärts, 2 Kilometer westlich vom Ort, an den Weg nach Kammern in der Niederung, und die Ziegelei von Hohenkammern treffein wir auf dem schmalen Talsandstreifen beim Gut an, der das Höhendiluvium begleitet. Auch bei den beiden Ziegeleien in der Schollener Havellandschaft können wir diese Randlage auf Talsand an der Grenze des Schlickgebites feststellen, ebenso den Göttliner Ziegeleien. In allen diesen Fällen, abgesehen von Hohenkamern, bedeutet es gleichzeitig Lage am Wasserweg. Diese Verkehrslage an der Havel und den Havelseen ist bis über Plaue hinaus durchaus vorherrschend. Nur einige kleine Ziegeleien lagen im Schlickgebiet weiter im Hinterland. In den Havellandschaften stand die Rücksicht auf den Fernabsatz oben an.
Im Fiener ist nur die topographische Lage von 2 Zitzer Ziegeleien von besonderem Interesse. Diese finden wir unmittelbar am Rande des Bruchs. Nördlich von ihnen sehen wir in nächster Nähe die dazugehörigen Tongruben, südlich davon die Torfstiche, die das Feuerungsmaterial lieferten Die anderen Ziegeleien am Fiener lagen weiter auf der Höhe. .Andere Verhältnisse treffen wir- in der Zentrallandschaft an, Sie hat wieder einen Verkehrsweg, nämlich dein Plauer und den Ihle-Kanal, der den anliegenden Ziegeleien den Ferinabsatz ermöglicht Das starke Auftreten der Ziegeleien an denn Kanälen ist naturgemäß bis zu einem hohen Grade bedingt durch die nahen Schlickvorkommmisse, die wegen ihrer zunehmenden Durchsetzung mit anderen Schichten und teilweisen Verdrängung nach Osten hin die Anhäufung der Ziegeleien hier beträchtlich herabmindern. Neben den sonst vorherrschenden verkehrsgeographischen Gesichtspunkt läßt sich auch das Sterben erkennen, einigermaßen in der Nähe der Ortschaften zu bleiben. Da die Stremme zum Teil schiffbar ist, so spielte auch bei einigen Ziegeleien dieser Gegend die Rücksicht auf Ferinabsatz die Hauptrolle. Für "so viele Ziegeleien ist es bezeichnend, daß sie die Ortschaften meiden. Sie halten sich im allgemeinen bedeutend weiter von den Siedlungen entfernt als die Windmühlen. Sie brauchen eben mit ihren Tongruben, Baulichkeit und Anlagen mehr Raum, und dieser Mehrbedarf an Land ist naturgemäß weiter, abseits am preiswertesten zu decken. Die Abgelegenheit mancher Ziegeleien hatte natürlich auch ihre Nachteile. Es war ihnen damit jede Entfaltungsmöglichkeit genommen, wo das Meiden der Ortschaften gleichzeitig auch ein Abseitsliegen von Verkehr bedeutete. Wo Rohstoffnähe sich mit guter, Verkehrslage Verband, da konnten sich die Betriebe ganz anders entwickeln. Diese Voraussetzungen lagen im Jerichower Land reichlich vor-.

Die Zeit bis zum Ende des 18. Jahrhunderts

Das Ziegeleigewerbe hat mit der Müllerei gemeinsam, daß es durch lange Jahrhunderte hindurch kaum Veränderungen aufzuweisen hat. Es hat aber im Unterschied dazu diese ganze Zeit über nur geringe Bedeutung gehabt. Das von der Natur gebotene Baumaterial zur Ausführung fester Bauten, also von Kirchen, Schlössern, Befestigungen, bildeten vom Fläming nördlich bis über das Krasserer Plateaus hinaus die Feldsteine. Westlich nach der Elbe zu und weiter, nördlich fehlte dieser Geschiebereichtum. Hier war neben der Ausnutzung der weiten Wälder die Verwendung des durch die altein Elbläufe weit verbreiteten Lehmbodens das gegebene. Der Holzbau war Fachwerkbau. Die Zwischenräume zwischen den Holzbalken wurden mit Lehmstarkenwerk ausgefüllt, erst in späterer Zeit mit Bruch-, und Ziegelsteinen. Wann zuerst die Verwendung des gebrannten Backsteins im Jerichower Land auftrat, läßt sich nicht sagen. Die Einführung durch flämische Kolonisten ist unwahrscheinlich. Auffallend ist jedoch, daß uns die Backsteinarchitektur gleich in vollendeter Form entgegentritt. Das Jerichower Land kann einst der ältesten und charakteristischsten Backsteinbauwerke sein eigen nennen, nämlich die Jerichower Klosterkirche. Sie stammt aus der Zeit um 1200. Allmählich wird dann der Ziegelstein etwas mehr bekannt. Sobald der Bedarf an Ziegelsteinen etwas stetigere Formen angenommen hatte, ging man dazu über, Feldöfen mit festein gemauerten Wänden zu gebrauchen, die auch eine leichte Bedeckung hatten. Daraus entwickelte sich dann der altdeutsche Ofen mit seinen Abarten. Diese Ziegelöfen mussten also, nach dem das Quantum Steine, das der obere Ofen fasste, gebrannt war, ausgelöscht werden. Den entscheidenden Umschwung brachte erst im 19 Jahrhundert die Einführung des Ringofens, Nun zur Verbreitung des Ziegeleiwesens in älterer Zeit, in der Zeit des Gewerbezwanges. Nur- wenige vereinzelte Nachrichtein liegen mir aus den Jahrhunderten vor 1780 darüber vor. Als im Jahre 1681 in Genthin 17 Häuser abbrannten, wurde der Stadt vom königlichen Amt, zu dem sie gehörte, gestattet, eine "Ziegelscheune" anzulegen. Die Genthiner hatten jedoch kein Glück damit. 1710 brannte ihnen die Ziegelei wieder ab, ohne daß der Wiederaufbau vollzogen war. Aus dem Jahre 1723 wird uns von einer Ziegelei bei Burg berichtet. Sie reichte jedoch zur Bedarfsdeckung nicht aus, zumal damals die noch fehlenden Schornsteine auf denn Häusern aufgebaut werden sollten. Für 1782 ist uns ein Überblick über die ganze Landschaft möglich. Es bestanden damals im Jerichower Land 17 Ziegeleien. Sie gehörten den Städten, Gütern oder Dermaßen. Keineswegs dürfen wir uns vorstellen, daß diese Ziegeleien nur lokal beschränkten Absatz gehabt hätten. Es waren unter ihnen verhältnismäßig hochentwickelte Betriebe. In der Ziegeleiindustrie regte sich also schon in der Zeit des Gewerbezwanges kräftiges Leben.

Das Ziegeleiwesen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert

Stand um 1818 Das neue Jahrhundert brachte für das Ziegeleigewerbe nicht geringe Fortschritte. Die wirtschaftliche Freiheit war geeignet, diesem an und für sich schon regsamen Gewerbe neue Impulse zuzuführen. Von Seydlitz berichtet uns, daß damals um 1818 im 2. Jerichower Kreis die "mehrsten und vorzüglichsten" Ziegeleien des Regierungsbezirks Magdeburg gewesen seien. Die Zahl der Ziegeleien hatte sich seit 1782 von 17 auf 32 erhöht, also fast verdoppelt. Die Mehrzahl waren Gutsziegeleien. Es ist aber von Interesse, zu beobachten, daß jetzt auch kaufmännische Elemente beginnen, sich dem Ziegeleigewerbe zuzuwenden. Am Planer Kanal waren nun 5 Ziegeleien errichtet: die Seedorfer, die Altenplathowsche Amtsziegelei, die Brettiner, die Roßdorfer und Herreinhölzer Ziegelei. Der Kanal läßt schon gewisse Anziehungskraft erkennen. Die verhältnismäßig höchste Anhäufung vorn Ziegeleien zeigt 1818 die Milower Havellandschaft. Meist lagen sie am Wasserweg,
Stand um 1840 Zwei Jahrzehnte später- hören wir von dein Ziegeleigewerbe als dem wichtigsten "Fabrikationsgewerbe" des Kreises Jerichow 11. Die Ziegeleien dieses Kreises stellten mehr als 7,5 Millionen Mauersteine und fast 5,5 Millionen Dachsteine her. Nur ein kleiner Teil davon wurde an Ort und Stelle verbraucht. Seit 1818 hatte sich die Zahl der Ziegeleien wieder fast verdoppelt. Der Ziegeleistein war in Mode gekommen. Im Jerichower Land mochten die überaus verheerenden Brände, die hier an den verschiedensten Stellen stattfanden, dein Betrieb der Ziegeleien noch besonders fördern. Diese Entwicklung ist aufgrund der damaligen gutein Wasserwege, der Erbe, Havel und Plauer Kanal, zurückzuführen, da die Ziegelsteine nach außerhalb verschafft wurden Die Natur hat im Jerichower Land viele Landstriche geschaffen, die teils wegein zu großer Trockenheit, teils wegen Versumpfung zum landschaftlichen Gebrauch nicht zu benutzen sind oder erst nach mühseliger Melioration. Dagegen sind sie für die Forstwirtschaft wohl geeignet, Der so bedingte Holzreichtum dieser Landschaft war eine weitere Voraussetzung, daß die Ziegeleiindustrie hier schon frühzeitig sich entfalten konnte. 1840 ist das Ziegeleigewerbe in jeder Teillandschaft des Jerichower Landes vertreten (insgesamt 59 Betriebe). Die Gutsziegeleien stellen 1840 nur noch knapp die Hälfte des Gesamtbestandes an Ziegeleien. Es setzte damit eine Entwicklung ein, die zu ihrer fast völligen Verdrängung führen sollte.

Das Ziegeleiwesen in seiner Blütezeit

Stand um 1885 In den 1880er Jahren hat die Ziegeleiindustrie des Jerichower Landes zahlenmäßig ihren Höhepunkt erreicht. Es waren damals 132 Ziegeleien vorhanden, hier und dort in gewissein Distrikten, zusammengedrängt, aber auch vereinzelt über das Land hin verteilt. Damit bot das Jerichower Land das Bild einer Landschaft mit regen Gewerbefleiß.
Die Voraussetzung für die Fortschritte in den, Ziegeleiindustrie Die erstaunlich rasche Entwicklung die dieses Gewerbe zu verzeichnen hat, war nur möglich im Rahmein des allgemeinen Aufstiegs, der sich im deutschen Wirtschaftsgebiet etwa seit der Mitte des 19. Jahrhunderts vollzogen hatte. Die bedeutendste Zunahme der Bevölkerung mit den dadurch notwendig werdenden Neubauten an Wohnhäusern, das aufblühende Geschäftsleben, die Errichtung und der Aufbau zahlloser industrieller Annlagen, der wachsende Wohlstand sind als Hauptfaktoren in dieser Hinsicht zu nennen. Den entscheidenden Fortschritt gerade für das Ziegeleiwesen brachte aber Friedrich Hoffmann mit der Aufstellung von Ringofen im Jahre 1858. Diese Ofen können ohne Unterbrechung arbeiten. Das bedeutet die Möglichkeit der Produktionssteigerung wie eine ganz wesentliche Ersparnis an Heizmaterial. Die Ringöfen brauchen etwa nur die Hälfte Feuerung wie die altdeutschen Öfen, um das gelbe Quantum an die Steine zu brennen. Dann gelang es R. Schlickensen in den 1850er Jahre, in der Strangpresse eine brauchbare Streichmaschine zu schaffen. Damit war der Grundstein gelegt, für die Errichtung der modernen Ringofenziegeleien mit maschinellem Betrieb. Für die spätere Einführung des Brandsteins war die Einigung der Ziegeleibesitzer auf ein Normalformat von erheblichem Einfluß. Dies geschah im Jahre 1867. Von hoher Bedeutung für die Entwicklung des Ziegeleigewerbes speziell im Jerichower Land ist es ferner gewesen, daß in den Jahren 1865-1872 der Ihle-Kanal erbaut worden ist, Auch sonst hatten sich die Verkehrsverhältnisse gehoben. Eine Reihe von Chausseern und zwei Eisenbahnen durchzogen das Land. Auch der Zustand der Feldwege hatte man seit der Mitte des Jahrhunderts verbessert, Dies förderte denn Landabsatz der Ziegeleien, erleichterte den Bezug von Brennmaterial.

Die Verbreitung der Ziegeleien um 1885

Die Art der Verbreitung der Ziegeleien hatte sich seit den 1840er Jahren geändert. Bis dahin war es nur vereinzelt vorgekommen, daß mehrere Ziegeleien beieinander lagen. Dann aber setzte an mehreren Stellern eine Anhäufung von Ziegeleibetrieben ein. Diese Konzentration fand ihren stärksten Ausdruck in der oberen Elblandschaft, also in der Landschaft, die bis dahin in der Ausbildung des Ziegeleiwesens recht rückständig gewesen war. Ganz einwandfrei läßt sich in dieser Gegend der Einfluß des Kanalbaus nachweisen, In der Burgen Gegend war sie ebenfalls zu einem wesentlichen Faktor geworden. Zum größten Teil waren sie am Kanal aufgebaut. Die Ziegeleiindustrie war damit (mit dem Kanalbau) nicht nur zu einer Haupterwerbsquelle der Bevölkerung in diesen, Gegend geworden, sondern hatte auch das Landschaftsbild in wirksamer Weise umgestaltet.
Neben der oberen Elblandschaft hat die Zentrallandschaft von 1840-1885 absolut den größten Zuwachs gehabt (von 19 auf 40 Ziegeleibetrieben). Es ist dabei zu beachten, daß bis Neuenklitsche die Stramm als Verkehrsweg benutzt werden kann. Gehen wir die Stramme abwärts, so kommen wir wieder in ein Kerngebiet des Ziegeleiwesens hinein. In der Milower und Buckower Havellandschaft sind 1885 20 Ziegeleien anzutreffen. Diese Häufung von Ziegeleibetrieben kommt zwar der Ansammlung in der Pareyer Gegend nicht, gleich, ist aber doch recht beträchtlich. Auch in der Plauer Havellandschaft hat sich das Ziegeleiwesen stark entwickelt (von 2 auf 9 Betriebe). Schon drohte aber hier überall Erschöpfung der nahgelegenen Tonlager. In den nördlichen Havelgegenden nahm der Ziegeleibetrieb bedeutend an Umfang ab. Einen höheren Stand hatte das Ziegeleiwesen in der unteren Elblandschaft. Allerdings handelt es sich nur um die Deckung von Lokalbedarf. 1885 finden wir 12 Ziegeleien. Im Iraner zählen wir 13 Ziegeleibetriebe. Diese dienten jedoch nur zur Befriedigung des Bedarfs der nächstliegenden Ortschaften.

Der Niedergang des Ziegeleiwesens

Seine Lage bis zum 1. Weltkrieg
Unser Gang durch vergangene Zeiten hat uns bis in die Jahrzehnte geführt, wo das Ziegeleiwesen sich zu außerordentlicher Blüte entfaltet hatte. Es war aber auch die Zeit wo der moderne Großbetriebe in das Ziegeleiwesen einzudringen begannen. Vor allem die Ringofenziegeleien mit Handstrichbetrieb kamen im starken Maße auf. Hin und wieder ging man auch zur Herstellung von Maschinenziegeln über. Daneben bestand eine große Anzahl von Handstrichziegeleien mit altdeutschen Ofen. Mußte dieses nebeneinander nicht zu einem gegeneinander werdein 9 Der Kampf war- ungleich. Die größere Leistungsfähigkeit ruht infolge Ersparnis an Brennmaterial und Möglichkeit des Dauerbetriebs unzweifelhaft bei dein Ringofenziegeleien. In der Tat beginnt schon etwas vor 1885 der Zersetzungsprozess unter der uralten Kleinbetrieben. Solange nun der Niedergang im Ziegeleiwesen sich auf die Kleinbetriebe, die sich der Neuzeit nicht anpaßten, beschränkte, müssen wir darin nur- ein Sichauswirken jenen allgemeinen Vorgangs unserer Tage sehen, der sich in dem Zurückdrängen der Handwerksbetriebe durch die kapitalistischen Großbetriebe besteht. Das Charakteristische ist aber nun, daß beim Ziegeleiwesen des Jerichower Landes bis zur Gegenwart hin der Zusammenbruch ein allgemein und recht tiefgreifender geworden ist. Im Herbst, des Jahres 1922 waren nur noch 14 Ziegeleien in Betrieb, eine davon ist später stillgelegt worden. Die Handstrichziegeleien mit altdeutschen Öfen wurden schon eine ganze Reihe von Jahren vor dem 1, Weltkrieg ausgeschaltet. Auch schwächere Ringofenziegeleien hat man wegen der Preisunterbietung und des Fehlens naher Tonlager schon in dein letzten Friedensjahren zu Betriebsstillegungen gezwungen.

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8.2.4. Die Sägewerksindustrie

Die waldreiche Gegend mit ihrem Holzvorkommen Im Havelwinkel und den südlichen angrenzenden Forstein des Flämlings waren für die Ansiedlung der Sägewerkindustrie maßgebend, Die Altenplathower Forst versorgte z. B. nicht nur die Genthiner Sehnendemühlein, sondern auch anteilig die in Jerichow, Güsen, Derben, Parchen und Burg. In vielen Fällen geschah dies auf dem Wasserwege. Die ersten Dampfsägewerke entstanden im Jerichower Land in den 1850er Jahren. Sie verdrängten die Wasserschneidemühlen. Eine Holzschneidemühle aus dem Jahre 1897 mit oberschlächtigem Wasserrad, bereits in der 4. Generation betriebenen, ist noch heute in Drewitz erhalten. Sie ist die letzte Wasserschneidemühle in Sachsen-Anhalt. Von dein 27 Sägewerken des Havelwinkels im Jahre 1922 waren 16 in Städten angesiedelt. Davon in Burg und Genthin Je 5, in Jerichow, Senden und Ziegen je 2. Im Sägewerk Parey wurde 1922 eine elektrische Transportanlage (Kabelkran) in Betrieb genommen. Dadurch konnten Holzfuhrwerke maschinell be- und entladen und Hölzer zum Zimmereiplatz transportiert werden. Die Holzkabelkrananlage steht heute unter Denkmalsschutz . In technisch-konstruktiver Lösung und Originalität ist sie einmalig in Deutschland.

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8.2.5. Die Schiffsbauerei

Bedingt durch Wasserläufe und reichem Holzvorkommen war der Schiffsbau schon immer im Jerichower Land ansässig, ab 1880 wuchs er besonders stark an. Dominierte ursprünglich Holz, so setzte sich später Eisen als Schiffsmaterial durch. Die Werftein stellten Binnenschiffe her und führten Reparaturen aus. So z.B. 1883 die Gebrüder Bolle in Derben (besteht heute noch), 1885 Albert Schütze in Genthin, baute und reparierte mit zeitweise 30 Arbeiterin Holzkähne und 1901 Marwitz in Genthin, baute mit 30 Arbeiterin bis 1907 Holz- und danach Eisenkähne aller Größen. Weitere Schiffswerften gab es in Altenplathow, Derben, Brettin, Planer Großwusterwitz und Woltersdorf. Es ist außergewöhnnlich, daß am Ihlekanal Schiffswerften gänzlich fehlten. Zweifellos hat der Plauer- Kanal bezüglich der Werftein für den Kreis Jerichow 11 eine höhere Bedeutung erlangt als der Ihle-Kanal für den Kreis Jerichow 1. Gleichzeitig erhöhte sich die Zahl der Schiffseigner. Allein in den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts waren es z. B. in Altenplathow 20 Schiffseigner mit 65 Beschäftigten und 22 Schiffen und in Derben 13 Schiffseigner mit 36 Beschäftigten und 13 Schiffein.

 

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8.2.6. Die Gutsbrennereien

Es war etwa die Zeit um 1840 herum, als im Havelwinkel die Gutsbrennereien in vollem Aufschwung begriffen waren. Die städtischen Brennereien, einst geschützt durch Privilegien, ursprünglich ausschließlich im Besitz von Brennrechten, wurden mehr und mehr durch die Gutsbrennereien zurückgedrängt, die die Rohstoffe im eigenen Betrieb erzeugten und ein Interesse daran hatten, die in verstärktem Maße angebauten Kartoffeln industriell zu verwertein, da die schlechten Verkehrsverhältnisse den Absatz der Kartoffeln erschwerten. 1840 waren im Kreis Jerichow 11 in den Städten 6 Branntweinbrennereien .mit nur geringem Betrieb" im Gange, dagegen auf dem platten Lande 24. Als die vorzüglichsten davon werden folgende genannt-. Die auf der Domäne Derben, ferner auf den Rittergütern Warchau, Kützlow, M"rlow, Schönhausen, Brettlin. Hohengöhren, Bensdorf, Zabakuck, Seedorf und Karow. Sie waren schon zum überwiegenden Teil mit Dampfapparaten gut eingerichtet. Auch auf dem Gute Burg-Ziesar war eine Dampfspiritusbrennerei erbaut. Durch die Entstehung einer ganzen Reihe von Brennereien, erhielt natürlich das Landschaftsbild eine gewisse Belebung, umsomehr, je mehr sich mit der Zeit der Dampfbetrieb vollends durchsetzte.

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8.2.7. Die Stärkefabrikation

Die ländlichen Stärkefabriken, die einst zum Teil den Gutsbrennereien die Rohstoffe entzogen, sind später auch verschiedentlich ein Opfer der städtischen Großbetriebe und der veränderten Preisverhältnisse geworden. Ungefähr seit der Mitte des 19. Jahrhundert hat in Deutschland die Kartoffelstärkefabrikation, auf die es vornehmlich ankommt, größeren Umfang angenommen. 1861 waren freilich im Kreis Jerichow 11 erst 2 Stärkefabriken, die 11 Arbeiter beschäftigten.
Die kleine Tucheimer Stärkefabrik, die mit der Wassermühle am Kratzer Bach verbunden -war und das Feuerungsmaterial Holz aus der Staatsforst und Torf aus dem Iraner Wiesen benutzte ist 1876 gegründet, aber schon seit 1890 außer Betrieb. Zu ihrer Gründungszeit stand die Stärke hoch im Preis, denn das Ausland wie verschiedene deutsche Industrien verlangten sehr danach. Da es jedoch noch an Bahn und Chaussee fehlte und die Stärke mit Gespann nach Genthin gebracht werden mußte, so war die Tucheimer Fabrik mit hohen Unkosten belastet, die den Betrieb dann angesichts veränderter Preisverhältnisse unrentabel machten. Ebenso sind die alten Stärkefabriken von Riesen, Ziegen und Parchen eingegangen. Die Biesener Stärkefabrik hatte zuerst Torf aus der Brandenburger Heide verfeuert später benutzte man böhmische Braunkohlen. Diese mußten von den Möserschen See mit Gespann geholt werden. Die Fabrik ist Ende der 1880er Jahre abgebrannt und wegen Unrentabilität nicht wieder aufgebaut. Andere kleine Stärkefabrikein sind neuerdings durch die Kriegsverhältnisse stillgelegt, nämlich die Fabrik bei der Bücknitzer Wassermühle und die Stärkefabrik vorn Obergütter. Die Stärkefabrik des Gutes Belicke, günstig am Kanal und Eisenbahn gelegen, neben der Belicker Ziegelei, hatte ebenfalls infolge des Krieges die Fabrikation eingestellt. 1878 war sie als Kartoffelstärkefabrik gegründet, 1897 dagegen in eine Maisstärkefabrik umgewandelt worden. Diese Betriebsart war rentabler und einfacher, da nicht mehr wie zuvor mit Nachtschichten während der Kampagne gearbeitet werden brauchte, andererseits der Betrieb früher 7 - 8 Monate im Jahr ruhte. Die Kartoffeln müssen ja möglichst verarbeitet sein, ehe der Frost eintritt. Jedenfalls dürfen sie nicht wieder auftauein. Es traf sich gut, daß man amerikanischen Mais auf dem Wasserweg beziehen konnte. 1922 war die Wiederaufnahme des Betriebes geplant, und zwar unter Umstellung auf Fabrikation von Weizenstärke, die man für manche Verwendungszwecke besser geeignet ist, als Kartoffelstärke. Seit 1915 ist eine Kartoffeltrockenanlage eingerichtet. Es werden jetzt etwa 20 Arbeiter beschäftigt.
Außer der Belicker ist in der Zentrallandschaft noch eine Stärkefabrik vorhanden, nämlich in Genthin am Kanal. Sie liegt zwischen zwei Sägewerken, von denen das eine zum gleichen Unternehmen (Firma Hennig und Gräger) gehört. Die Stärke wird hier aus Kartoffeln hergestellt, die aus der Umgebung bis zur Elbe und Havel hin, die zum guten Teil auf dem Wasserweg bezogen werdein. In der Kampagnezeit beschäftigt die Genthiner Stärkefabrik etwa 25 Arbeiter.
Ebenfalls eine Kartoffelstärkefabrik ist die von Neu-Molkenberg bei Schollene. Sie ist 1880 erbaut. Der Grund für die Niederlassung lag in dem Wunsch der umwohnenden Gutsbesitzer, die Kartoffeln nicht weithin zur Bahn bringen zu müssen, sondern sie preiswerter verwenden zu können. Günstig für die Fabrik ist, die Lage am Wasserwege, Der größte Teil der Kartoffeln wird ja jetzt per Kahn angeliefert, und zwar aus den Havellandschaften und der Altmark.
Der Absatz vollzieht sich viel in Schiffsladungen nach Magdeburg, dem Haupthandelsplatz für Stärke. Ferner geschieht auch der Antransport der Brennstoffe (jetzt oberschlesische Steinkohle, früher böhmische Braunkohle) auf dem Wasserweg, Die Molkenberger Stärkefabrik ist nur 1920 und 1921 ganz außer Betrieb gewesen. Außer den drei genannten Fabriken sind im Havelwinkel noch 2 Stärkefabriken in Betrieb. Die eine davon ist in Burg. Sie beschäftigt in der Kampagne ungefähr 10 Arbeiter. Ferner ist seit 1906 in Ziesar ein solches Unternehmen, das sich infolge der Bahnverbindungen, die Ziesar erhalten hat, nun besser durchzusetzen vermag, als die alten Stärkefabriken. Hier sind bei Hochbetrieb 15 - 20 Mitarbeiter tätig. Beide Fabriken verarbeiteten Kartoffeln, die die umliegenden Ortschaften liefern.1922 soll sich das Geschäft der Stärkefabrikation rentabel gestaltet haben. ln landwirtschaftlichen Kreisen neigt man jetzt sehr den Kartoffelflockenfabriken zu, da ihre Fabrikate vielseitig verwendbar sind. Vielleicht liegen hier die besserein Aussichten, soweit es sich um die ländliche Gewerbe handelt.

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8.2.8. Das Brauwesen

Die Brauindustrie entspricht einem Gewerbe mit vorwiegend städtischem Charakter. Im Havelwinkel lassein die klimatischen Verhältnisse dein Weinbau kaum oder gar nicht zu. Zwar zeugen eine ganze Reihe von Weinbergen" vom ehemaligen Rebbau, doch kann es sich dabei nicht um bessere Sorten gehandelt habein. Dies war für das Entstehen des Brauwesens ein günstiger Umstand. In unserem Gebiet war Burg sein Hauptsatz. Die Anfänge des Burger Braugewerbes liegen weit in der Vergangenheit. Man meint sie mit flamischen Einwanderern in Verbindung bringen zu können. Das Brauwesen hat durch die Jahrhunderte hindurch immer eine gewisse Bedeutung für die Stadt gehabt. Durch Förderung des Anbaus von Gerste und Hopfen hat es indirekt eine landschaftliche Wirkung ausgeübt. In den alten Stadtbüchern ist öfters die Rede von den Hopfeingärten von Erkenthier, einer Feldmark, östlich von Burg, nördlich der Berlinder Chaussee. Es sei auch erinnert an die Fürsorge in Friedrichs des Großen für den Hopfenbau. Um 1720 waren in Burg ca. 279 Brauereien vorhanden. Dabei hat es sich aber wohl nur um Gerechtsame gehandelt, die bei weitem nicht alle ausgeübt worden sind. In den 1780er Jahren wurde von 144 dazu berechtigten Häusern die Brauerei nach Losen betrieben.
Nach der Einführung der Gewerbefreiheit erzeugte der eintretende Wettbewerb eine Konzentration des Gewerbes, und zwar bis 1840 eine Verminderung der Brauereien auf 24. Im allgemeinen war damals im Regierungsbezirk, Magdeburg der Absatz der Brauereien auf die nächste Umgebung beschränkt, aber gerade die Burger Brauereien, die besondere Fortschritte gemacht hatten, ein "gutes Bajersches Bier" lieferten, hatten in großem Umfange auch Absatz nach Berlin. Der Grund für den Aufschwung war das Florieren der Tuchindustrie, in deren zahlreicher Arbeiterbevölkerung die Brauereien einen starken Abnehmerstamm hatten. So waren sie in die Lage versetzt, ihren Betrieb weiter ausdehnein zu können. Erst nach 1870 ging das Braugewerbe zur Einführung maschinellen Betriebes über und auch dann noch in bescheidenem Umfange. 1877 bestanden in Burg 3 Dampfbrauereien von je 4 PS. Einige Jahre später waren es 4. Für das Aufblühein dieser maschinellen Betriebe war es entscheidend, daß es durch Erfindung von Kälteerzeugungsmaschinen gelang, die Brauindustrie fast völlig unabhängig von klimatischen Einflüssen zu machen. Der Betrieb konnte erst vorn da ab auch während des Sommers fortgesetzt werden Gewaltig waren die Fortschritte, die sich in der Erkenntnis der chemischen Vorgänge bei dem Brauverfahren vollzogen. Auf Grund dieser Erfahrungen konnte die Qualität der Biere bedeutend gesteigert werden. Für die Kleinbetriebe war es finanziell einfach unmöglich allen diesen Erfordernissen zu entsprechen, Deshalb ging im Laufe der Erntwicklung die Zahl der Brauereien weiter zurück. Im ersten Jahrzehnt nach 1900 bestanden noch 7 Brauereien, zwei kleinere sind schon vor dem Kriege eingegangen. Andere Betriebe haben sich zusammengeschlossen. Die Steinhausbrauerei hat ihren Betrieb vergrößert und arbeitet mit 60 PS, die Feldschlößchen- Brauerei, eine Aktiengesellschaft, mit einer Dampfkraft von 50 PS. Sie beschäftigte am 1. Juli 1922 24 Arbeiter, die andere Firma 22.
Aus der weiteren Umgebung (Ziepel, Tryppehna, Möckern) und aus der Börde bezog man die Gerste, Zum Teil wird die Gerste von den Landleuten mit Fuhrwerk geliefert, ansonsten mit der Bahn. Bei Burg selbst wächst keine gute Braugerste. Nur die eine Brauerei hat eine eigene Mälzerei dabei, die aber bezieht das Malz von den Malzfabriken der Börde. Der Hopfen kommt aus Bayerin und früher auch aus Böhmein, da in der Burger
Gegend nur minderwertiger, Hopfen wuchs, der für die alten obergärigen Biere in Frage kommen konnte, für die besseren Lagerbiere aber völlig ungeeignet ist. Das Brauwasser wird durch eigene Brunnnen gewonnen. Der Absatz geht in die Umgegend mit Gespann und Lastautos in einem Umkreis von etwa 20 Kilometer. Auf die wirtschaftliche Lage der Brauereien ist der Rückgang des Konsums natürlich nicht ohne Einfluß geblieben. Andere Schwierigkeiten kommen hinzu. Dahin gehört die Konkurrenz durch die großen Brauereikonzerne, Früher wurde von Burg der Truppenübungsplatz Altengrabow beliefert. Infolge der hohen Bahnfrachten lohnte sich jedoch der Versand nicht mehr. Die Steinhausbrauerei war während des Krieges allein im Betrieb. Dadurch wurde es ihr ermöglicht, die anderen Brauerein bis auf eine aufzukaufen, da diese meist kein Geld zu der notwendigen Erneuerung der Maschinen hatten.
Landschaftlich hat das Brauereigewerbe Burgs, wie angesichts des Übergewichts der anderen Industrien leicht verständlich ist, keine ausschlaggebende Bedeutung für die Stadt gewinnen können. Noch weiniger aber ist es in anderen Teilen des Havelwinkels hervorgetreten. Eine einzige Dampfbrauerei ist sonst, noch vorhanden, nämlich in Genthin. Hier war früher das Brauwesen zahlenmäßig auch bedeutend stärker vertreten. Trotzdem befand sich das Brauwesen im Kreis Jerichow 11 in der Abnahme. Ehemals hatte es nächst dem Ackerbau, den Hauptnahrungszweig der Städte gebildet. 1830 waren im Kreis noch 59 Brauereien, 1838 dagegen nur noch 38, und zwar 4 in Sandau, 5 in Genthin, 3 in Jerichow und 26 auf dem Lande. Die von ihnen erzeugten Biere waren geringwertig und lediglich für Lokalbedarf und Versorgung der eigenen Umgebung bestimmt.
Die Einfuhr von besseren Bieren aus dem benachbarten Inland hatte schon größeren Umfang angenommen. Diese Konkurrenz durch hochwertige Biere mußte naturgemäß mit zunehmender Besserung der Verkehrsverhältnisse die kleinen Brauereien zum Erliegen bringen. 1861 war ein im Kreis Jerichow II nur noch 16 Brauereien mit 19 Arbeitern vorhanden. Das beweist die Bedeutungslosigkeit dieses Gewerbes zur genüge. Entsprechend wird es auch in den zum Kreis Jerichow 1 gehörigen Ortschaften des Havelwinkels, ab gesehen von Burg, gewesen sein. Die neueste Zeit hat darin vollends damit aufgeräumt. Landschaftlich hat dieser Niedergang nur insofern etwas zu bedeuten. In Genthin bestanden bis vor, einiger Zeit noch 3 Brauereien. 2 davon waren aber nur kleine Betriebe. Die 3. Brauerei ist modern ausgebaut. Das Malz wird wie der Hopfen aus den gleichen Gegenden bezogen wie von den Burger Brauereien (Börde. Bayern). Auch bei Genthin ist die Gerste der Umgebung zum großein Teil für Brauzwecke gar nicht brauchbar. Die Brauereien beschaftigt an die 20 Mitarbeiter. Früher wurde das Bier mit Gespann mit Lastautos z. B. nach Altengrabow gefahren. Das Brauwasser entnimmt die Brauerei aus eigenem Brunnen, der besonders gutes Wasser liefern soll.

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8.2.9. Die Tonwarenindustrie

Die Tonwarenindustrie Ziesars


Im Südrand der Fleiner- Landschaft ist industrielle Tätigkeit zu finden. Ziesar ist durch die meist 25 bis 30 Meter hohen, z. T, höheren Fabrikschonsteine seiner Tonwarenindustrie weithin sichtbar. Es sind tertiäre Tone in der Nachbarschaft der Stadt bei Pramsdorf, die Veranlassung dazu gegeben haben, daß sich die Töpferei in Ziesar als ein bedeutendes Gewerbe hat entwickeln können. Der Vorzug dieser Tone ist, daß sie reich an Kieselsäure und plastischen Bestandteilen, dagegen arm an Altalien sind. Das macht sie außerordentlich feuerbeständig und daher in hohem Maße geeignet für diejenigen Töpferwaren, die starkem Feuer ausgesetzt werdein müssen. In der benachbarten Görzker Kirchenheide ist auch brauchbarer, wenn auch magerer Toin gefunden. Auf der Prannsdorfer Feldflur ist die Nachlese nur noch gering. Diese Tone verwendet man heute noch zur Herstellung der Glasur für das braune Geschirr.
Für das Entstehen und Aufblühen der Ziesarer Tonwarenfabrikation sind auch die großen Waldbestände der Gegend ein wesentlicher Faktor gewesen. Bis 1910 hat man die Brennöfen nur mit Kiefernholz gefeuert. Man war nämlich der Ansicht, daß zum Brennen der Tonwaren zwar eine große helle Flamme erforderlich sei, sie dürfe aber nicht gleich eine allzu große Hitze ausstrahlen. Um 1900 schätzte man den Gesamtbedarf der 7 Tonwarenfabriken auf 7000 bis 7500 Raummeter Holz und 20 bis 25000 Zentner Ton.
Wenn auch die Töpferei von Ziesar schon mehrere Jahrhunderte lang bestanden hat, wie man nach einem noch vorhandenen Siegel feststellen kann, so hat sie doch für das wirtschaftliche Leben der Stadt nicht entfernt die Bedeutung gehabt, wie es dann etwa seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts eingetreten ist. 1840 gab es in Ziesar 12 Töpfer. Die irdenen Geschirre wurden bis nach Magdeburg und weiter zum Verkauf gefahren. Allmählich haben die Töpfer von Ziesar dein Absatz ihrer Produkte zu erweitern verstanden. Im Bericht des Landrats von Plotho aus dem Beginn der 1860er Jahre wird hervorgehoben, daß in Ziesar und Görzke "besonders" gutes Steingut hergestellt werde, dessen Absatz nicht nur in den Provinzen Sachsenn und Brandenburg erfolgte, sondern auch im "Auslande", namentlich im Hannöverschen. Der Hauptaufschwung datiert dann aus der Zeit der Gründerjahre. Aus den Töpfereien wurden Fabriken. Die Zahl der Betriebe verringerte sich von 12 auf 7. 
Tonwarenfabrikation in kleinerem Maße war bis 1922 auch in Genthin anzutreffen. Dort waren 2 Betriebe mit je 4 - 5 Arbeitern mit der Herstellung von Braungeschirr und Kacheln beschäftigt. Bei der einen Töpferei war die Spezialität die Fabrikation von Blumentöpfen. Genthin hatte ja zahlreiche Handelsgärtnereien. Der Ton wurde auf den Kähnen von Belgien und auch aus der Brandenburger Gegend bezogen. Die eine Töpferei hatte ihren Betrieb schon bei Kriegsbeginn eingestellt. Die Knappheit an gelernten Arbeitern und die Frachtenteuerung habein das Eingehen beider Betriebe bewirkt.

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8.2.10. Die Schuh- und Tuchwarenindustrie

Der unglückliche Krieg gegen Frankreich 1806 - 1807 brachte namenloses Elend über unser Land. Aber in der weiteren Folge bewirkte er auch für die Landleute das Gesetz über die Befreiung des Bauernstandes und für die städtische Bevölkerung die neue Gewerbeordnung. Gerade dies letztere Gesetz brachte für das Handwerk grundlegende
Veränderungen hervor, Veränderungen, die nicht bald nach denn Erscheinen des Gesetzes abgeschlossen waren, sondern die sich tatsächliche durch das ganze letzte Jahrhundert hindurchziehen.
Wenn die Aufhebung des Zunftzwanges das Handwerk von den vielen kleinen Fesseln befreite und dem wirklich Tüchtigen (und dem Kapital und dem Unternehmergeist) freie Bahn schuf, so kommt im Laufe des Jahrhunderts noch ein neues anspornendes und umwälzen des Moment hinzu-. Die Dampfmaschine.
Als Ende des Jahres 1808 die französische Besatzung Burg geräumt hat, ging man ernstlich daran, die durch Besetzung, Durchmärsche, Plünderung usw. entstandenen Kosten zu tilgein. Zu diesem Zwecke mußten die Obermeister sämtlicher Gilden genaue Verzeichnisse ihrer r Innungsmitglieder und deren Produktion bzw. deren Verbrauch an Rohstoffen anfertigen. Zugrunde gelegt wurde die Zeit vom 01.08.1807 bis 31.07.1808. Diese Verzeichnisse sind im hiesigen Magistratsarchiv noch vorhanden und geben allerlei Einblicke in das gewerbliche Leben der Stadt Burg zur damaligen Zeit und ermöglichen allerlei Betrachtungen über früher und jetzt.
Wenn 1925 von den 25000 Einwohnern der Stadt Burg schätzungsweise etwa 5000 Personen in dein hiesigen Schuhfabriken Beschäftigung fanden und dadurch den, Stadt ein besonderes Gepräge gaben, so zeigt uns die genannte Liste, daß vor 100 Jahren die
Schuhindustrie absolut keinen besonderen Platz in Burgs Mauern einnahm, ganz abgesehen davon, daß es Fabriken im heutigen Sinne damals noch gar nicht gab. Wir haben es vielmehr bei unserer Schuhindustrie mit ganz neuen Gründungen zu tun, die in den letzten 40 Jahrein so sehr hervortraten und erst im Zeitalter der Maschinen und des dadurch wieder wachsenden Handels und Verkehrs möglich wurden.
Im Jahre 1807 - 08 befanden sich in Burg 59 selbständige Schuhmachermeister. Und wunderbarer Weise nennt das Adressbuch von 1920 auch wieder dieselbe Zahl-. 59
Schuhmachereien. Nur ein kleiner Unterschied ist. vorhanden- Die 59 Meister von 1808 stellen lin der- Hauptsache neue Schuhwaren her, die 59 Meister von 1925 leben in den, Hauptsache von Reparaturen. Etwas haben allerdings die alten Meister von 1808 mit den neuen Schuhfabrikanten gemein-. Sie waren Kriegslieferanten. 1806 nämlich für die Franzosen, die beschlagnahmten, aber nicht bezahlten, 1813 für die Preußen, die vorausbezahlten, aber keine Ware bekommen konnten.
Das wichtigste Gewerbe Burgs war seit Jahrhunderten die Tuchmacherei. Burgs Tuchmacher waren weit und breit im Lande bekannt. Das Gewerbe wurde besonders durch König Friedrich Wilhelm 1. gefördert, und zwar dadurch, daß er den Ankauf von ausländischen Stoffen und Kleidern daraus verbot. Es kam eine arbeitsreiche Zeit für Burg, so daß die Weber der Stadt gar nicht in der Lage waren, so viel liefern zu können, als verlangt wurde, Der König sah sich deshalb genötigt, aus den benachbarten Garnisonen der
Weberei kundige Soldaten nach hier abzukommandieren, und als dann wiederum ein Mangel an Garn eintrat, mußten zwangsweise hiesige Bürgertöchter in die neu eingerichtete Spinnstube geschickt werden.
Die Zahl der Tuchmacher stiegt natürlich in dieser Zeit erheblich. So finden wir hier 1712 = 87, 1719 = 102, 1722 - 136, 1767=220, 1788 - 257 selbständige Tuchmachermeister. Gesellen waren immer nur in geringer Zahl vorhanden, 1722 z. B, 59. Nur die meisten Mitglieder der Innung scheinen doch nicht auf einen gründen Zweig gekommen zu sein. Aus dem Jahre 1767 datiert nämlich eine Bittschrift des hiesigen Magistrats, die auf die damaligen unerquicklichen Verhältnisse ein gutes Licht wirft. Es lag hier damals ein Infanterie-Regiment, 1767 - 1495 Mann, davon 245 beweibt" dazu die Kinder. Die Kasernen wurden erst 1779 erbaut (altes Krankenhaus in der Bethanienstr.) und so mußte sämtliches Militär bei der Bürgerschaft einquartiert werden, Die Burger hatten aber nicht nur für die Unterkunft zu sorgen, sondern auch noch häufig naturelle Leistungen zu übernehmen. Diese Last drückte nach der genannten Bittschrift die Handwerker so sehr, daß sie nicht imstande waren, ihre Prozession zu treiben. Es folgt der Beweis" Von den 220 Tuchmachern und 36 Garnwebern haben die meisten nur eine Stube, worin der Meister mit seiner Frau, Gesellen und Jungen oder Mädchen arbeiteten, seine Kinder bei sich haben und im Winter seinen Würk- oder Weberstuhl in der Stube platzieren muß. Wenn man diese Fabrikanten in der Stube noch einige Soldaten oder gar einen beweibten Mann mit einige Kindern haben sollen, so ist es eine wahre Unmöglichkeit. daß sie ihre Profession gehörig treiben, ihr Brot erwerben und Abgaben leisten können.
In dem Zeitraum 01.08.1807 bis 31.07.1808 sind in Burg ca. 10803 Stck Tuch gewebt worden, durchschnittlich von jedem Meister etwa 60 Stck. Worin wir das Stck zu 24 Ellen rechnen, ergibt sich immerhin die ansehnliche Summe von 259272 Ellen oder umgerechnet in Meter (1 Meter = 1,50 Berliner Ellen) ergibt das eine Länge von 172848 Metern oder rund 173 Kilometern.
Das ist eine beachtenswerte Leistung, besonders wenn man bedenkt, daß eine fabrikmäßige Herstellung im heutigen Sinne noch nicht stattfand. Es bereitete sich allerdings schon eine solche vor. Es hatte sich nämlich zu Ende des vorigen Jahrhunderts hier eine Genossenschaft gebildet, die Tuchhandlungs-Compagnie, bestehend aus vier Gesellschaftern Zu dem Zwecke, die Fabrikation der feineren Tuche in Burg zu fördern, stellte die Regierung 3000 Täler zur Verfügung Der Magistrat schlug vor, diese ganze Summe dieser Genossenschaft zu überweisen, die sich dafür wiederum verpflichten sollten, jährlich eine gewisse Anzahl Tuche herzustellen. Vorausgesetzt, daß diese Genossen" die Summe tatsächlich erhalten haben, gewannen sie dadurch einen großen Vorsprung vor den anderen Innungsmitgliedern und konnten ihre Fabrikation ausdehnen, zumal sie durch diesen Vertrag mit der Regierung in mancher Beziehung von den kleinlichen und hemmenden Innungsvorschriften befreit waren. Und so ragten die vier Genossenschaftsmitglieder mit ihrer Fabrikation weit über die Stückzahlen ihrer Innungsgenossen hinaus. Dies erregte natürlich wieder den Unwillen der anderen Handwerkskollegen, besonders, als eines der Mitglieder der gesamten Genossenschaft daranging, neuartige Tuchfabrikationsmaschinen einzuführen, die in gleicher Arbeitszeit erheblich mehr leisteten, also billiger arbeiteten. Die Kleinen fürchteten nun ihre Aufträge zu verlieren, es entstand im Jahre 1809 ein Aufstand unter den Tuchmachern und man zerschlug in der Fabrik eine Anzahl dieser neuartigen Maschinen, Der Tumult wurde dann mit Hilfe des Militärs niedergeschlagen und die Rädelsführer wurden bestraft,
Die Aufregung der Handwerker war zu verstehen. Diese neuartigen Maschinen wirkten auf das Handwerk geradezu verheerend. Irgendwelche einschränkenden Bestimmungen gab es nach der Gewerbeordnung nicht mehr. Der kleine Handwerker konnte sich nicht mehr halten Der fabrikationsmäßige Betrieb trat immer mehr in den Vordergrund, besonders, als man in den größeren Betrieben Antriebsmaschinen herstellte, die durch Pferdekraft in Bewegung gesetzt wurden. Und so finden wir 1830 statt der von 1808 179 selbständigen Meister nur noch 54 Tuchfabriken" mit einer Jahresleistung von 25200 Stck Tuch, jeder Betrieb also 466 Steh (gegen 60 Stck 1809. So trat ein Rückgang im Tuchgewerbe ein und wir kommen damit zu einer Umwälzung : Der kleine Handwerker, der 1809 die Patent Tuchfabrik zerschlug, mußte nachgeben. Weder offener Aufruhr noch stille Wut nutzten etwas gegen den Zug der Zeit. Als selbständiger Handwerker kann man sich nicht mehr halten Wollte man mit seiner Familie nicht verhungern, so muß man zu denen gehen, denen der Grimm galt. Und sie geben einem Brot. Aber nicht mehr als selbständiger unabhängiger Handwerker verdient man, sondern abhängig vom anderen. Und so bilden die ehemals Freien eine neue Gruppe im Erwerbsleben der Stadt : 4rheiie",
Einen Arbeiter in diesem Sinne gab es zur Zeit des Zunftzwanges und des handwerksmäßigen Betriebes nicht, Die Arbeit wurde weiter mechanisiert. Besonders machte man sich in der Tuchfabrikation die Dampfmaschine zu nutze. So begannt man denn in Burg im Jahre 1836 die ersten Dampftürme" zu bauen, so daß man 1842 schon zehn dergleichen zählte, Die erste Dampf-Fabrik war auf dem Vogelgesang, die zweite in der Oberstraße (altes Landratsamt), die dritte auf dem Breiten Wege und die vierte auf dem Weinberge. Daß die Tuchfabrikation tatsächlich noch an der Spitze marschiert. sehen wir daran. daß sich im Jahre 1850 in Burg noch 47 Tuchfabrikanten und Tuchweber mit 38 wirklichen Fabriken befanden. Die Zahl der Dampfmaschinen in Burg ist auf 19 gestiegen, und davon gehörten 17 allein der Tuchfabrikation an, Die Tuchfabriken beschäftigten die damals sehr hohe Zahl von 989 Arbeitern, die Jahresproduktion betrug zirka 50000 Stck Tuch, also durchschnittlich 1064 Stck pro Betrieb, 1891 finden wir nur noch 12 Tuchfabriken, 1920 nur noch 6 angegeben Jedoch durfte die Produktion ein Vielfaches der 179 Betriebe von 1809 erreichen.
Einen gleichen Niedergang des Handwerks können wir bei den Leinenwebern beobachten, Während 1808 noch 15 selbständige Meister vorhanden waren, finden wir 1850 noch 10, 1891 noch 2 und 1920 ist dieses Handwerk ganz verschwunden.

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8.2.11. Die Möbelindustrie

 

 

8.2.12. Die optische Industrie

Wir haben mit Burg, Genthin und Ziesar die drei städtischen Industrieplätze des Havelwinkels kennen gelernt. Etwas verwandtes finden wir bei Neue Schleuse, das im Grunde nicht anderes als ein Vorort von Rathenow ist und in dem die berühmte Rathenower optische Industrie mit drei großen Werken und zahlreichen Kleinbetrieben Fuß gefaßt hatte. Rathenow nimmt hinsichtlich der Massenherstellung von optischen Artikeln in der ganzen Welt die führenden Stellung ein Es wurden hier nur Fabrikate bester und mittlerer Güte angefertigt. Der Aufschwung der optischen Industrie Deutschlands rührte aus der Zeit nach 1870 her, wo es dem Physiker Dr. Abbe und dem Glashüttentechniker Dr. Schott gelang, wesentliche Verbesserungen des optischen Rohglases durchzuführen. Von da an etwa breitet sich auch im Havelwinkel die kleinen optischen Werkstätten aus, vor allem für die Herstellung von Futteralen und auch von Fassungen. Hier soll daran erinnert werden, daß die Erschließung der Landwirtschaft durch den Verkehr vor allem durch die Eisenbahnlinie Wudicke-Schönhausen, dann auch durch gute Chausseen die Ausbreitung der optischen Werkstätten förderte.
Die geringen Erträge der Landwirtschaft in manchen Strichen trugen dazu bei. daß sich die neue Einnahmequelle Eingang verschaffte. Gründlichere Kenntnisse setzt die Glasschleiferei voraus. Diese wurden kurz nach 1900 in zwei Siedlungen des Havelwinkels eingeführt. In Neue Schleuse wurde die ehemalige Ofenfabrik in eine Schleiferei mit 60 Arbeitern umgewandelt, Sie verwendete elektrisch betriebene Maschinen. Im Krieg hat sich dann die optische Industrie weiter ausdehnen und zu unmittelbarer geographischer Wirksamkeit gelangen können. Den durch die Heereslieferungen hervorgerufenen Aufschwung erkennt man schon rein äußerlich vor allem an den modernen Bauten der großen Fabrik von Ruhnke mit ihrem hochragenden Schornstein, die 1914 bedeutend erweitert worden ist. Zur gleichen Zeit wurde ein anderer kleinerer Betrieb zum Großbetrieb umgebaut. so daß jetzt in Neue Schleuse drei große Werke der optischen Industrie bestehen, die 1922 etwa 1600 Menschen beschäftigten und hauptsächlich Fertigfabrikate für die Rathenower Versandgeschäfte herstellten. Sie haben jetzt alle elektrischen Betrieb, zum Teil weiter Dampfkraft . Außer den drei Fabriken bestehen in Neue Schleuse noch 12 optische Werkstätten mit rund 100 Arbeitern. Der Absatz geht nach allen Ländern der Erde, wenn auch teilweise die Einfuhr erschwert ist, Die wirtschaftliche Lage der optischen Industrie ist jetzt kritisch, wurde aber 1922 infolge der Inflation als glänzend geschildert.
Kleine Werkstätten der optischen Industrie gibt es noch in einer ganzer) Reihe von Ortschaften des nördlichen Havelwinkels, zur Gewerbelandschaft sind sie jedoch nicht zu rechnen. So finden wir Futteralmacher in Schollene, wo auch die Gründung von zwei größeren Betrieben geplant war, und Groß-Wudicke, die z. T. 10 bis 15 Arbeiter beschäftigten.

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8.2.13. Der Maschinenbau

 

 

8.2.14. Die Lebensmittelindustrie

 

 

8.2.15. Die chemische Industrie

 

 

8.2.16. Die Mittelständischen Betriebe im Jerichower Land

 

 

8.3. Landwirtschaft

Elbe, Havel und der Nordrand des Flämings sind die im allgemeinen eingehaltenen Grenzlinien, Der landwirtschaftliche Zusammenhang ist nicht von der Hand zu weisen. Das ganze ist eine nach Nordosten geneigte Fläche und entwässert durchweg zur Havel hin. Die Trennung von Elbe und Havel ist hier von Menschenhand hervorgerufen. Charakteristisch für diese Landschaft ist der Wechsel zwischen etwas höheren, meist flachen Sandstrichen, denen sich Geschiebemergelflächen hin und wieder zugesellen, und von Torf und Schlick erfüllten Niederungsarmen, Altmärker Diluvialplateau, Fläming und Havelniederung als Grenzgebiete tragen dazu bei. das Jerichower Land als eine landschaftliche Besonderheit erscheinen zu Lassen.
Vorn Bauernkrieg (16. Jahrhundert) in Deutschland blieb das Jerichower Land in Folge hier vorherrschender Siedlungspolitik weitgehend verschont, Bauern waren persönlich frei, der Grundherr zwar Obereigentümer, aber die Bauern besaßen ein unveräußerliches Besitzrecht. Der Grundzins und die Abgaben waren niedrig. Die Frondienste bestanden z.B. im Brücken-, Straßen- und Burgenbau . Dieses Verhältnis führte zu einer schnelleren Entwicklung des Hauseigentums als in den westlichen Landesteilen. So blühte das Land gerade in einer Zeit auf, als im übrigen Reich das Faustrecht herrschte, Während des 30jährigen Krieges durchzogen abwechselnd schwedische und kaiserliche Truppen das Jerichower Land. Viele Dörfer waren verlassen oder niedergebrannt. Die Bevölkerung ging zurück, nur der 4. Teil der Bevölkerungszahl, die vor dem Krieg vorhanden, war noch übrig. Die meisten Dörfer wurden zerstört, Güsen z B. brannte in 12 Kriegsjahren 7mal nieder. 1639 war Ausbruch der Pestepidemie in Altenplathow, Meilenweit erstreckten sich Einöden ohne eine Spur menschlichen Lebens. Die Wohlhabenheit des Bauernstandes war auf lange Zeit vernichtet.
Nach dem 30jährigen Krieg konnte der Gutsadel verstärkt durch Inbesitznahme von Brachland und Bauern legen seine Wirtschaftshöfe ausbauen. Im Interesse der Erhaltung des Bauernstandes wurde das Bauernlegen im 17. Und 18. Jahrhundert. insbesondere in Preußen, gesetzlich verboten. Das Bauernlegen beinhaltet die Einbeziehung eines Bauernhofes, die Wiedervereinigung mit dem Herrschaftsgut. Damit wurde das Einkommen der Gutsherrschaft durch eigene Bewirtschaftung und durch Vergrößern der Abgaben und Dienste erhöht. Daraus ergab sich eine Verschlechterung der Lage vieler Bauern, ihre Besitzrechte an Grund- und Boden war beschränkt und die Erbrechte aufgehoben (z.B. Genehmigung des Gutsherren bei Heirat, Ortswechsel, Erbfolge, Schuldenaufnahme, Veräußerung von Grundstücken, Berufswahl der Kinder. Die Eruntertänigkeit wurde 1607 aufgehoben), Sie verwandelten sich in Tagelöhner und Gesinde. Die zu leistenden Dienste waren verschieden, z,B. leistete das Dorf Dalchau teils Naturaldienst, teils Geld. Die Akkerleute aus Wörmlitz leisteten alle 14 Tage Spann- und Handdienste, außerdem mußten sie alles Sommerkorn hacken, abmähen und einfahren. Baufron zu ihrem Dienstgeld leisteten Bergzow, Grundzins entrichteten die Büdner Derbens und Kornpacht zahlten die Ackerleue in Neuen Klitsche.
Kurfürst Friedrich Wilhelm 1. von Brandenburg (1640 - 1688) war bestrebt, die Wunden des Großen Krieges zu heilen, den religiösen Hader durch Duldung aller Glaubensbekenntnisse Und die Grundlagen eines einheitlichen Staatsorganismus 211 Schaffen Der Ackerbau wurde wieder belebt, durch den Bau von Kanälen sowie Aufnahme französischer Protestanten gefördert. König Friedrich Wilhelm 1. bemüht sich, den Wohlstand des Landes zu mehren, Hervorzuheben sind seine Bestrebungen für den Ackerbau. In der Bewirtschaftung der Domänen ging er mit gutem Beispiel voran, in dem er Sümpfe entwässerte, neue Kulturen anbaute. Unermüdlich drang er darauf, verödete Hofstellen wieder mit Bauern zu besetzen. Dörfer neu aufzubauen. Die 46jährige Regierungszeit Friedrich 11. (1740 - 1786) erzielte trotz Kriegsschaden (l. und 2. Schlesischer- und 7jähriger Krieg) erhebliche Fortschritte Landbau und Viehzucht wurden verbessert, Durch Verbreitung von Kulturpflanzen, Anpflanzen von Obstbäumen an Kunststraßen, Entwässerung von Sümpfen und Mooren, Anlegen von Kolonien, sowie einzelner Gehöfte als ganze Dörfer. Die Einwanderer wurden aus allen Teilen Deutschlands geholt.
Der Fiener Bruch dehnte sich zwischen Parchen, Detzel, Tucheim, Ziesar, Rogäsen, Karow und Mütze], mit einem Flächeninhalt von 168 qkm aus. Durch weitgehende Entwässerung wurden große Wiesenflächen geschaffen Der gewonnene Torf wurde nach Anlegen eines Kanals nach Genthin verschifft, Von den für die Wassertiefe des Torfschifffahrtskanals erforderlichen 13 Schleusen ist noch heute die Schleuse bei Mütze] zu sehen. Nach dem Bau des Planer Kanals wurde der untere Stremmelauf reguliert und 180 ha fruchtbares Neuland erschlossen. Als Arbeitskräfte wurden infolge der nach 1740 einsetzenden Friederizianischen Kolonisation Bauern und Handwerker gewonnen und z.B in Tucheim, Schopsdorf, Karow und Mützel angesiedelt Brandenburg-Preußen hat die Zuwanderung aus anderen Territorien schon seit Jahrhunderten staatlich begünstigt. Insbesondere nach dem 30jährigen Krieg sollten Bevölkerungsverluste und Kapitalmangel damit kompensiert werden. Der hohenzollernschen Einwanderungspolitik kam entgegen. daß z.B, Hugenotten aus Frankreich, Böhmer, Pfälzer, Würtemberger und Juden gegenreformatorisch-politischen Verfolgungen ausgesetzt waren. Brandenburg-Preußen war in konfessionellen Fragen dagegen weitgehend tollerant, Friedrich Wilhelm 1. legte dazu mit dem Edikt von Potsdam (1685) die gesetzliche Grundlage.
Die rechtliche Lage der Bauern unter Friedrich 11, änderte sich aber nicht, ließ Erbuntertänigkeit bestehen. Ein großer Aufschwung der Landwirtschaft blieb aus. Schließlich wurde die Bevormundung als unerträglich empfunden. Eine Entwicklung war nur möglich, wenn die Bauern von den Fesseln der Erbuntertänigkeit befreit und unter einer selbständig gewordenen Verwaltung zur Teilnahme an öffentlichen Angelegenheiten herangezogen und dadurch ihre Leistungsfähigkeit wie ihr Interesse am Staat gesteigert worden wäre, Daß weder das eine noch das andere stattfand, war die Ursache, daß der scheinbar so gesunde Staat schon 20 Jahre nach dem Tod Friedrich 11. zusammenbrach.
Mehr als 80 % der Bevölkerung des Jerichower Landes lebte 1800 auf dem Lande. Der Grundbesitz der Gutsherren betrug mehr als ein Drittel der landwirtschaftlichen Fläche. Erste Anfange der Bauernbefreiung reichen schon in das 18. Jahrhundert zurück. Friedrich Wilhelm 1. Versuche scheiterten am Widerstand des Adels. Friedrich 11. hob die Leibeigenschaft und Untertänigkeit der Domäenbauern auf. Erst durch die preußische Agrarreform von 1807 wurden Flurverfassung, Flurzwang, Fron- und Dienstbarkeiten abgeschafft. 
Die Ausarbeiturig und Durchführung der Agrarreform einschließlich der Gemeinheitsteilung (Separierungen) der Gemeindewälder, -weiden und -gewässer dauerte bis in die 2. Hälfte des 19, Jahrhunderts hinein So führten Separationsverhandlungen z.B. 1823 zur Aufhebung des Flurzwanges, 1643 wurde unter 44 Büttnern des Berges Vor Genthin 99,25 ha Land als Abfindung für die Hütegerechtsame in den königlichen altenplathower Forstrevieren verlost.
Das Edikt von 1807 brachte Freiheit im Besitz von Grundeigentum. die Bauern erhielten ihre persönliche Freiheit, verwandelte aber große Teile von ihnen gleichzeitig in besitzlose Landarbeiter. Durch Abtretung eines Teils ihres Besitzes oder Geldzahlung an die Gutsherren konnten sie sich von ihren Lasten befreien, wenn gleich die Tilgung sie über Jahrzehnte belastete. So sollen die Bauern in Tucheim bereits 1817 ihre Abgaben und Dienste in Höhe von 22400 Talern abgelöst haben, 24 Morgen Acker konnten 1831 in Paplitz für 150 Täler gekauft, weitere 150 Täler mußten als Ablösung der Feudallasten aufgewendet werden. Als Vergleich, in dieser Zeit erhielt ein Großknecht oder eine Magd jährlich 13 bzw. 8 Täler.
Wenn sich auch die Bauernbefreiung zunächst nur als Landabgabe zur Sanierung großen Grundbesitzes darstellte, darf nicht unerwähnt bleiben, daß die Agrarreform insgesamt die Landwirtschaft von überlebten Einengungen befreite, Sie schuf die Voraussetzungen für den dann folgenden Aufschwung der Landwirtschaft. Die Anwendung der Naturwissenschaften, der Obergang von Hand- zur Maschinenarbeit steigerte die landwirtschaftliche Produktivität. Neuerungen wie Fruchtwechsel, Stallmist, Gründung Lind Kunstdünger. die Anwendung des eisernen Pflugschares und der Egge setzten sich durch. Der Anbau von Kartoffeln und Ölpflanzen verbreiterte sich. Die neue Epoche begann mit verstärktem Anbau von Rüben, Viehfutter und Einführung der Stallwirtschaft. Die Viehwirtschaft nahm bedeutenden Aufschwung. Zu Beginn der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts hielten erste Maschinen Einzug in den landwirtschaftlichen Großbetrieben (Gras- und Getreide Pferdedrillmaschinen wurden verwendet und Dampflokomotive beim Dreschen und Dampfpflügen eingesetzt).

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8.3.1. Die Gutshöfe

 

 

8.3.2. Die Entwicklung der LPG des Jerichower Landes

 

 

8.3.3. Die Herausbildung der Agrargenossenschaft und deren Entwicklung

 

 

8.4. Handel und Verkehr

 

8.4.1. Bau der Wasserstraßen

Die Wasserstraße zwischen Elbe und Havel, der Elbe-Havel- Kanal, wurde 1843 -45 erbaut. Er ist einer der ältesten künstlichen Wasserstraßen Preußens und auf Friedrich 11. zurückzuführen. Für seine Anlage waren fiskalische Gründe ursächlich. Der Transport von Salz aus der Sahne Schönebeck nach Berlin und von Holz aus den Forsten zwischen Elbe und Havel, hinzu kam Torf aus dem Fiener Bruch, sollte verbilligt werden. Die Fortbewegung der Schiffe erfolgte durch Treideln, Staken und Segel. Für den aufkommenden Dampf- und Schleppverkehr wurde 1862 - 72 und 1883 - 91 der Planer Kanal unter Benutzung des Ihlebettes auf 26 m verbreitert und 1920 - 38 mit der Eröffnung des Schiffshebewerkes Rotbensee zur Endstelle des Mittellandkanals ausgebaut. Der Kanal hat von jeher zur Gewerbeansiedlung an den Ortschaften beigetragen (z. B. Ziegeleien, Schiffswerften, Sägewerke und anderer Industrieunternehmen). Das Handelsgeschält zwischen Berlin und Magdeburg nahm bedeutend zu, bereits ab 1910 worden 550000 to Güter umgeschlagen. Das Verkehrsprojekt Nr. 17 "Deutsche Einheit" sieht vor, künftig den Elbe-Havel-Kanal für Motor-Güter-Schiffe mit 110 m Länge, 11,4 m Breite und 2,80 m Abladetiefe sowie Neubau von Schleusen, Brücken und sonstigen Anlagen unter Berücksichtigung von Natur und Umwelt auszubauen. Dadurch können Europaschiffe die Strecke Hamburg-Berlin befahren.

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8.4.2. Das Eisenbahnnetz

Der mit der wirtschaftlichen Entwicklung notwendige Ausbau des Transportwesens vollzog sich überwiegend im letzten Drittel des 19. Jahrhundert Im Jerichower Land wurden nachstehende Strecken dem Verkehr übergeben: 
a) Haupteisenbahnlinien
- 1846 Berlin-Hannover über Schönhausen
- 1874 Biederitz-Zerbst
b) Eisenbahnebenstrecken
- 1892 Biederitz-Loburg
- 1899 Genthin-Milow
- 1899-1909 Genthin-Schönhausen-Sandau
- 1901 Großwusterwitz-Ziesar
- 1911 Ziesar-Görzke
- 1912 Rogäsen-Karow
- 1917 Güsen-Ziesar und
- 1924 Güsen-Jerichow

c) Schmalspurbahnen
- 1896 Burg-Ziesar, Magdeburgerforth-Großlübars-Burg
- 1901 Großlübars-Gommern

Ein Aufschwung nahm der Eisenbahnbau mit dem Beginn der sogenannten Gründerjahre. Besonders die Vervollkommnung des Transportwesens, die Möglichkeit einer großen Massenbewegung verringerten die Kosten der Beförderung, Auch die Sicherheit und Schnelligkeit, Regelmäßigkeit und Pünktlichkeit , insbesondere besserer Schutz vor Witterungseinflüssen hatten großen Einfluß auf das Wirtschaftsleben. Die Verbilligung und Erleichterung des Personalverkehrs erhöhte die Beweglichkeit der Bevölkerung, Handel und Wirtschaft, die Landwirtschaft waren mit dem Absatz ihrer Erzeugnisse nicht mehr auf den lokalen Markt angewiesen.

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8.4.3 Die Straßen im Jerichower Land

Erste Kunststraßen, die durch unsere Heimat führten, waren die Chausseen Berlin-Magdeburg und Magdeburg-Hamburg, die in Genthin abzweigte und bei Havelberg in die Berlin-Hamburger Chaussee mündete. Sie wurden 1819 - 21 von Magdeburg nach Plaue über Burg und Genthin und 1839 - 45 von Genthin über Jerichow nach Havelberg gebaut. An sonstigen Kunststraßen fehlte es im Jerichower Land noch 1840 gänzlich. Schwer zu befahrende Post- und Landstraßen führten von Burg über Meckern und Leitzkau Tisch Zerbst, von Magdeburg über Leitzkau nach Zerbst über Möckern nach Loburg und Belzig, über Gommern nach Ziesar und Brandenburg, von Genthin über Schmetzdorf, Scharlibbe nach Sandau, von Rathenow nach Sandau, von Rathenow nach Tangermünde, von Genthin nach Ziesar und von Genthin nach Rathenow, Burg, Genthin und Sandau hatten Postämter; Loburg, Gommern, Möckern Leitzkau, Ziesar. Jerichow, Scharlibbe, Parey und Fischbeck Postexpeditionen. lag früher meist in den Händen der Postmeister Sie hatten für eine genügende Anzahl von Pferden zu sogen Später wurde diese Aufgabe oft besonders dazu bestellten Posthaltern übertragen. An kleinen Orten konnte die Gestellung der Pferde auch den Postillionen obliegen." 
Daß die Straßen im Jerichower Land durchweg noch Anfang des 19, Jahrhunderts in einem schlechten Zustand waren, lag an der territorialen Zersplitterung Deutschlands sie verhinderte die kunstgerechte Durchführung (Befestigung der Fahrbahn durch Besteinung oder Chaussierung) längerer Verkehrsverbindungen.
Die Straßen zogen sich oftmals bis zu 200 m breit durch das Land. War eine Wagenspur ausgefahren, befuhren die Magen neue, so daß Dutzende Wagenspuren nebeneinander vorhanden waren. Mit dem Regierungsantritt des Großen Kurfürsten wurden staatliche Postämter und strecken (Beförderung von Nachrichten, Briefen, Personen und Gütern durch Pferde) in Brandenburg eingerichtete Die Strecke Magdeburg-Nedlitz-Hohenziatz-Brandenburg und Magdeburg-Zerbst hatten 1709 fahrende Posten. Hohenziatz-Ziesar Berlin und Tangermünde-Rathenow reitende Posten. 1799 gab es im Jerichower Land Postverbindungen, die die Heerstraße benutzten: Havelberg-Schmetzdorf-Genthin, StendalTangermünde-Rathenow, Magdeburg-Biederitz-Detershagen-Burg-Genthin-Plaue, Magdeburg-Nedlitz-Hohenziatz-Ziesar-Wollin-Golzow-Potsdam und Magdeburg-Gommern Leitzkau-Zerbst-Roßlau-Coswig-Wittenberg. 1810 waren folgende Poststraßen
vorhanden: Stendal-Tangermünde-Rathenow-Naue-Spandau-Berlin, Magdeburg-Nedlitz Hobenziatz-Brandenburg, Magdeburg-Gornmern-Zerbst-Dessau-Coswig-Witteriberg und Magdeburg-Ziesar-Golzow-Potsdam-Berlin.
Erst seit dem 19. Jahrhundert, nach Aufhebung der Straßengelder, Straßenfronen und verstärkt seit Bildung des Norddeutschen Bundes (1867) und der Reichsgründung (1871), dem Wegfall der Kleinstaaterei und Bildung eines einheitlichen Marktes, wurde der Straßenbau für die aufstrebende Wirtschaft die notwendige Aufmerksamkeit gewidmet. Schon 1894 hatte der Kreis Jerichow 11 nachstehende Kreischausseen (Kunststraßen): Genthin-Rathenow, Woltersdorf-Rogäsen, Hohenseeden-Jerichow, Rathenow-Wulkau, Großwudicke-Trittsee, Genthin-Karow-Zitz, Bensdorf-Milow, Genthin-Paplitz, Güsen-Ihleburg. Blockdamm-Wust-Schönhausen und Briest-Bahnhof-Großwudicke. Später erfolgte der Chausseebau von Genthin-Bergzow, Genthin-Roßdorf und Genthin-Brettin. Mit der Einweihung der Elbbrücke bei Hohenwarthe konnte 1937 die Autobahn Berlin-Hannover-Köln dem Verkehr übergeben werden.

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9. Kultur, Natur und Sehenswürdigkeiten

 

9.1. Sehenswürdigkeiten

 

9.2. Naherholung

 

9.3. Kultur

 

9.3.1. Vereine

 

9.3.2. Einrichtungen

 

 

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10. Persönlichkeiten

 

Adelsgeschlecht im Jerichower Kreise und seine Bedeutung Jerichower Land und Leute - Monatsblatt zur Heimatkunde 1922
Alle diese im Werden Preußens, sich abhebenden genannten Persönlichkeiten entstammen aber nicht unseren Kreisen; das nämlich gilt auch mit wenigen Ausnahmen von den übrigen aufgezählten Adelsgeschlechtern. 1786 - Es war das große preußische Adelsgnadenjahr, wo es Titel und Orden ohne Verdienste und Würdigkeit nur so regnete es wurden allein 23 Adlige gerast. 
Älteste adlige Geschlecht in unseren Kreisen, wie zum Uradel des Hochstifts Magdeburg

Die Herren von Alvensleben 

- auch in der Nähe von Halberstadt und dem Braunschweigischen begütert. Richard von Alvenslewe - gemeinsamer Stammherr, 1163 bereits erstmalig urkundlich erwähnt Philipp Karl von A.( 1801 aus Hannover) - preußischer Gesandter in Dresden, Paris, im Haag und in London, dann Kabinettsminister im Ministerium für auswärtige Angelegenheiten Graf Albrecht von A. - Finanzminister Konstantin und Gustav von A. - tüchtige Heerführer unter Wilhelm 1

Die Herren von Arminß

 - eigentlich Arnheims - ursprünglich aus dem Mecklenburgischen und in der Uckermark heimisches Geschlecht, Träger dieses Namens vielfach im Preußenheer vertreten. Bernd von Armin Direktor der Finanzangelegenheiten beim großen Kurfürsten mecklenburgische Hauptlinie ein Armin (ohne Vorname) - wurde 1771 von Friedrich den Großen als Gesandter nach Kopenhagen geschickt. Friedrich Wilhelm von Armin - Boitzenburg - est Oberjägerweister, später Minister und Chef des Forstdeparements. Ludwig Achim von Armin (1781 - 1831) Dichter aus dem märkischen Zweig Albrecht Heinrich von Armin entstammt aus dem märkischen Hause der Armins - Krochelndorf, Chefpräsident des Berliner Kammergerichts aus dem Anfang des 18. Jh. Adolf Heinrich von Armin - 1840 Nachfolger Flottwells auf dem Oberpräsidentenposten von Posen, 1842 preußischer Minister des Innern bis 1845, 1846 - 1868 Führer der konservativen Fraktion im Herrenhaus. Sohn Adolf - 1873 Regierungspräsident in Metz, 1874 - 77 Oberpräsident von Schlesien, 1880 - 84 Präsident des Reichstages. Heinrich Alexander von Armin - aus dem Hause Suckow, 1848 Minister des Auswärtigen. Heinrich (Harry) von Armin - seit 1864 Gesandter in Rom und Vertreter Preußens während des vatikanischen Konzils 1869 - 70, 1871 führte er die Verhandlungen zum Frankfurter Friedens, 1872 Botschafter des deutschen Reichs in Paris, am 19. Mai 1881 starb er in der Verbannung in Nizza mit 57 Jahren.

Das Geschlecht der Bismarks

das älteste und kraftvollste Adelsgeschlecht unserer Gegend, deren Ahnen einst als reife Recken in die Altmark einwanderten, sie wurden vom Bischof Zu Havelberg mit der Burg "Bischofsmark" d.h. bischofsgrenze belohnt. Der bedeuternste ist fraglos der Altreichskanzler Otto von Bismark, dessen beiden Söhne Herbert und Wilhelm es auch zu hohen Staatsstellungen gebracht haben. Herbert - Oberpräsident von Ostpreußen Wilhelm - Staatssekretär des Äußeren, dürfte den älteren Einwohner des Kreises und der Stadt Burg bekannt sein, als deren Vertreter im Reichstag, Während drei Legislaturperioden 1893 - 1903. Bismarks wohnen außerdem im Magdeburgischen und in der Altmark noch in Pommern und in der Mark.

Die Herren von Bonin

entstammen Hinterpommern, ein Zweig hat sich in Brettin /b. Genthin niedergelassen, diesem entsproß Gießbert von Bonin - anfangs im Verwaltungsdienst, 1888 - 91 dirigierender Staatsminister von Koburg Gotha, er vertrat die Jerichower Kreise im Reichstag von 1871 bis zu seinem erfolgtem Tode 1878 ein Bonin (ohne Vorname) - gebürtig aus Westfalen, war 1845 - 51 Oberpräsident unserer Heimatprovinz, kurze Zeit Finanzminister Sept. 1848, dann Oberpräsident von Posen, nach einem politischen Aufstandes Entlassung aus dem Staatsdienst. Eduard von Bonin - Führer der preußischen Brigade im schleswig holsteinischen Krieg 1848, 18490berbefehlshaber, 1852 preußischer Kriegsminister, 1865 starb er in Koblenz als Kommandeur des 8. Armeekorps. Adolf von Bonin Heerführer, während des deutsch - französishen Krieges war er Generalgouverneur von Elsaß - Lothringen. Frau Anna von Bonin (gab. von Zanthier) - machte sich einen Namen mit ihren Romanen und Erzählungen, sie schrieb unter dem Pseudonym "Hans Werder" , wohnte auf dem Schlosse Schönwerder bei Dörlitz in Preußen.

Adelsfamilie von Horch

tritt nur einer hervor - Lehrer und Oberhofmeister des großen Kurfürsten, Geheimrat Johann von der Borch, der 1642 als Landdrost in der Grafschaft Lippe starb.

Familie von der Katte

beansprucht besonderes Interesse durch den unglücklichen Jugendfreund Friedrichs des Großen, dessen Vater schon als Schwiegersohn des damals sehr einflussreichen Reichsgrafen Alexander Hermann von Wartensleben unter den ersten Preußenkönig genannt wird und, nachdem er 1715 schon den schwarzen Adlerorden erhalten, 1740 von Friedrich 11 gegrast und zum Feldmarschall erhoben wird. Hans Hermann von Kette - Vater bestimmte ihn zu höheren Staatsdienst, mit 20 Jahren war er Kapitän der Gardegandarmen, 06. Nov. 1730 früh 7 Uhr Hinrichtung auf dem Schaffotte, weil er dem Prinzen (dem Sohn von Friedrich Wilhelm I) zur Fluch nach England verhelfen wollte, die irdischen Überreste des enthaupteten Katte wurden nach den väterlichen Besitze Wust überführt und in der dortigen Kirche bestattet, sein Grabmal ist noch heute dazusehen.

Die von Münchhausen

sind in unserer Gegend und weiterhin bei Straußfurt begütert, Zweige dieses Geschlechtes finden wir noch im Hannoverschen und in Thüringen /Altenburg. Börris Trainers von Münchhausen - Balladendichter Baron Ernst Friedrich von Münchhausen - Minister, enstammt aus dem Thüringischen, verwaltete für kurze Zeit das geistliche Departement von Zielitz und starb 1784 im Alter von 80 Jahren. Hieronymus Karl Friedrich von Münchhausen (1720 - 97) - bekannt gewordener Lügenbaron, ehemaliger russischer Rittmeister, entstammt dem Hannoverschen, seine wunderlichen Aufschneidereien wurden 1785 von Raspe zusammengestellt und zuerst in englischer Sprache veröffentlicht. Christian Wilhelm von Münchhausen - um 1724 Gutsherr in Möckern

Das Geschlecht der Edlen Herren von Plotho 

im 12. und 13. Jahrhundert Stammburg der Plothos ist Burg Plotha (heutige Altenplathow) Plot - ist ein wendisches Wort - Bedeutung Zaun, Grenze, Grenzburg Gesamtbesitz der Herren von Plotho umfaßt ein zusammenhängendes Gebiet von 32 Quadratmeilen mit 5 festen Schlössern, als Parey, Plothe, Schollene, Kyritz und Wusterhausen, welche von den Herren von Plotho gegründet und gewidmet worden sind und von denen die beiden letztgenannten noch heute die Plothosche Lilie in ihren Wappen führten. Von den Herren in Plothe sind für die Geschichte von Genthin nur wichtig Hermann und seine Nachkommen Johannes 1., 11. und III.. Hermann von Plothe hat für die Burg, für die Landschaft und für Genthin eine große Bedeutung. Daß Sohn und Enkel ihm entsprachen, sei nicht vergessen. Burg Lpothe ist der Stamm, um den sich die Geschichte der Landschaft und aller ihrer Orte rankt. Genthin und Alten Plothe sind Zweige des Stammes. Beider Geschichten ist mit dem Werden der Burg verzahnt. Die älteste Geschichte ist unter dem heutigen Burghügel verborgen und wartet auf den Erschließer. Das Burgwardium konnte in seinem alten Umfang erschlossen werden. Neu ist die Erkenntnis, daß es ein Burgwardium Mellingen gegeben hat, das zu einem großen Teil mit Plothe verbunden wurde. Von drei Städten zu sprechen, zwingt den Betrachter das Verhältnis von Burg Plothe zu Dorf Plothe und zum Oppidium Genthin. Das Kapitel, ursprünglich nicht vorgesehen, beleuchtet die aufschlußreiche Dorf-, Flur- und Namensgeschichte von Alten Plothe. Brich Christoph von Plotho - wurde am 25. Oktober 1707 in Wetzlar geboren. Sein Vater Ludwig Otto von Plotho war Besitzer des Rittergutes II in Parey. Er stand aber in brandenburgischen Staatsdienst. Seine Mutter war eine geborene Christiane von Brandenstein. Durch ein Familienstipendium von 100 Talern Jährlich studierter er an der Universität Frankfurt/Oder die Rechtsverhältnisse des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation. Nachdem sein Vater im Jahre 1731 gestorben war, wurde er Besitzer des Rittergutes 11 in Parey. 1743 verheiratete er sich mit Charlotte Wilhelmine Eleonore von Bodenhausen aus dem Hause Arnstein. Am 22. Januar 1788 starb er. Er liegt im Hof begraben und niemand hat damals Notitz davon genommen.
Edle Herr und Freiherr Carl Albrecht Felix von Plotho und Franziska Marie geh. von Welling die Plothos besaßen schon seit 946 die Schloßgüter in Parey und Zerben. Am 26.10.1853 wurde in Zerben Elisabeth von Plotho (Fontanes "Effi Briest") geboren. Durch ihren Bruder lernte Elisabeth Armand von Ardenne kennen. 1873 heiratet sie den 24-Jährigen Offizier Armand Leon von Ardenne. Zuerst wohnten sie in Berlin, wo die Tochter geboren wurde, danach abwechselnd in verschiedenen Garnisonsstädte und in Berlin. 1877 wurde der Sohn Egmond geboren. 1881 wurde Armand von Ardenne als Rittmeister und Eskadronchef der Ziethenschen Husaren nach Düsseldorf versetzt. Sie wohnten in Bernrath, im Schloß des einstigen Kurfürsten Karl Theodor. Hier lernte Elisabeth von Ardenne den Amtsrichter Emil Hartwich kennen. 1884 zwischen Elisabeth und Hartwich beginnt ein reger Briefwechsel, nachdem Armand von Ardenne nach Berlin ins Kriegsministerium versetzt wurde. 1886 besucht Emil häufig Elisabeth. Armand schöpft Argwohn gegenüber seiner Frau. Er bedient sich eines Nachschlüssels, um an ihre Briefkassette zu gelangen und entdeckte die Korrespondenz mit Hartwich. Er fordert ihn zum Duell und am 27.1. 1886 verletzt er Hartwich beim Schusswechsel tödlich. Am 1.Dezember stirbt Hartwich. Die Ehe von Elisabeth und Armand wird am 15. März 1887 geschieden. Die Kinder werden dem Vater zugesprochen, über das Verhältnis zur Mutter wird kein Abkommen geschlossen. Baronin Elisabeth von Ardenne gab. Plotho starb 1952 im Hohen Alter von 99 Jahren. Sie ruht auf den Waldfriedhof in Stansdorf. Die Grabsteine der Eltern Elisabeth's sind aus dem total verwilderten Friedhof in Zerben geborgen worden und stehen nun an der Kirche in Zerben in einem ordentlichen Zustand.
Die Herren von Wartensleben Kurze Zeit sind die Wartensleben begütet in Pommern und im Kreise Jerichow II (Seedorf, Karow und Rogäsen).

Brich Christoph von Plotho

Die Edlen von Plotho haben sich als Ritter in manchen Schlachten, sei es auf spanischen oder französischen Boden, sei es in den türkischen Kriegen, rühmlichst hervorgetan. Andere haben sich als Landräte, Präsidenten, Minister, ein anderer hat sich als Reichshofrat Verdienste erworben. Doch eingegangen in die allgemeine deutsche Geschichte als volkstümlicher Held ist keiner mehr als der preußische Gesandte in Regensburg, Erich Christoph von Plotho. Er wurde am 25. Oktober 1707 zu Wetzlar geboren. Sein Vater Ludwig Otto von Plotho war Besitzer des Rittergutes Il in Parey. Er stand aber in brandenburgischen Staatsdienst. Seine Mutter war eine geborene Christiane von Brandstein. Den ersten Unterricht erhielt der kluge Junge von Hauslehrern unter Oberaufsicht des Vaters. Ihm wurde ein Familienstipendium auf 5 Jahre von 100 Talern jährlich zugesprochen. Er besuchte nun die Universität Frankfurt a. d. Oder und studierte vor allen Dingen die Reichsverhältnisse des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation. Nachdem sein Vater im Jahre 1731 gestorben war, wurde er Besitzer des Rittergutes Il In Parey. 1734 tritt Erich Christoph von Plotho in den Legationsrat bei der Preußisch-Brandenburgischen Gesandtschaft in Regensburg ein. 1736 wird Erich Chrishoph diplomatischer Vertreter beim Bischof von Münster, 1741 Gesandter am Hannoverschen Hofe. Im Herbst des Jahres 1742 wurde er zum Regierungspräsidenten in Magdeburg ernannt. 1743 verheiratete er sich mit Charlotte Wilhelmine Eleonore von Bodenhausen aus dem Hause Arnstein. Diese brachte ihm 5 Güter im Bayreuthischen mit in die Ehe. Am 22. Januar 1788 starb er, er liegt im Hof begraben.

Dichterköpfe des Jerichower Landes

Wir gedenken aus der neuen Zeit, daß Theodor Fontane und Ernst von Wildenbruch besondere Beziehungen zu Burg gehabt haben, und daß 1837 Fritz Reuter, als er noch nicht "Fritz Reuter" war, als politischer Festungsgefangener durch das Jerichower Land über Görzke, Leitzkau nach Magdeburg gebracht wurde. Daß Spielhagens Vater auch aus dem Jerichower Lande stammte, ist nicht sehr bekannt. Erst im 18. Jahrhundert begegnet uns hierzulande der erste Dichter, von den wir Kenntnis haben: es ist Wilhelm Heinrich Broemel (1754 - 1808) aus dem kleinen Loburg und noch ein Loburger, und zwar der Literaturhistoriker Erduin Julius Koch (1764 - 1834), der es für sich in Anspruch nehmen darf, der Vorgänger des bekannten Literaturhistorikers Goedeke gewesen zu sein. Nach dem Studium war Koch Lehrer der griechischen und lateinischen Sprache am Pädagogium der Königlichen Realschule. Nun begegnet uns wieder ein Übersetzer, und zwar ein solcher, der als erster Dostrojewskis "Raskolnikow" aus dem Russischen ins Deutsche übertragen hat, es ist der aus Burg stammende Wilhelm Henckel (1825 - 1910); von ihm wurde daneben auch noch Turgenjew übersetzt. Der "Kürschner" des Jahres 1914 verzeichnete auch einen Gymnasialdirektor Professor Dr. Hermann Henckel (1821) aus Burg, der neben griechischen Büchern zur deutschen Literaturgeschichte "Das Goethesche Gleichnis" (1886) und "Goethe und die Bibel" (1898) gab. So ist einer der gemütvollen Schriftsteller Karl Storch (1851 - 1931) aus Ziesar gewesen. Sprachforscher und Dichter war Paul Hermann (1866 - 1930) aus Burg , der als übersetzer des aus der Magdeburger Gegend stammenden "Heliand" zuerst von sich reden machte. Ganz besondere Verdienste hat sich Hermann aber durch die Übertragung isländischer Dichter indes Deutsch unserer Tage erworben. Vergessen sei hierbei auch nicht der Lyriker Herbert Lessel (geb.1872) aus Burg. Lessel wurde Offizier, ließ sich nach seiner Verheiratung verabschieden und machte in München seinen "Doktor". Verschiedene Reisen führten ihn nach England, Italien und Frankreich. Von ihm wurde das Gedichtbuch "Weltendämmerung" (1907) geschrieben. Ebenfalls aus Burg stammte Clemens Wagener (1870 - 1925), der nach unserer Quelle zuletzt in Schwerin lebte und neben staatswissenschaftlichen Büchern auch Dichterische Neigungen hat "Aus allen Zeiten und Weiten" (Gedicht 1895), "Kinder untereinander" (1912), " Natur und Heimat" (1913).

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11. Allgemeine Statistiken

 

11.1. Bevölkerungsstruktur

 

 

Begriffserklärungen

 

Quellen :
Meyers Konversations-Lexikon 1896
Meyers Neues Lexikon. 1972/73 
Enzyklopädie Brockhaus 1997
Bataillon militärische Truppeneinheit
Belohnt Recht des Mittelalters auf Übertragung eines Gutes oder von Rechten auf Grund geleisteter Dienste.
Bronzezeit Etwa 2.000 - 800 Jahren v. u. Z. Übergang der Kupfer- zur Bronzemetallurgie.
Calvinismus Zusammenfassender Begriff für die Vielzahl reformierter Kirchen, die auf J, Calvin (Schweizer Reformator) zurückgehen,
Demagogengesetz Maßnahme gegen die nationale und liberale Bewegung (1819)
Edikt Erlaß. Verordnung
Eiszeit Die vor 600,000 Jahren begann und in Mitteleuropa vor 20.000 Jahren endete. Ein Zeitraum der Erdgeschichte, in dem infolge Klimaveränderung (Temperaturminderung) weite, sonst eisfreie Gebiete außerhalb der Pole und Hochgebirge mehrfach mit Gletschern und Inlandeis bedeckt wurden,
Eisenzeit 750 Jahren v. u. 7. bis Beginn unserer Zeit.
Entente  Bezeichnung des Bündnissees für den Krieg von 1914 - 1918 gegen Deutschland
Fiskalisch Staat als Inhaber von Vermögen und Vermögensrechten
Flurverfassung Regelung über landwirtschaftliche Äcker
Flurzwang  Verpflichtung zur einheitlichen Feldbewirtschaftung für alle Flurstücke einer Gemeinde
Fourage  Lebensmittel für Soldaten und Futter für Pferde
Fron Zu leistende Dienste im Feudalismu
Gardefüselier dem Kaiser direkt unterstellter Infantrist
Gau Bei den Germanen ein politischer Bezirk als Teilgebiet des Stammesverbandes
Hauptfeste Stark befestigter und besetzter militärisch wichtiger Ort (oft Stadt), die zur Rundumverteidigung eingerichtet ist
Herula  Germanischer Stamm aus Nordeuropa
Holozän  (Alluvium) Vor 10.000 Jahren, obere Abteilung des Quartiers - Nacheiszeit
Honigzehnt Ein Zehntel der Honigernte des Bauern, der als Abgabe an den Feudalherren zu entrichten war
Hufe Bäuerlicher Besitz, 1 Hufe - 30 Morgen
Hydrograph Wissenschaft, die sich mit der Feststellung der Umrisse und Tiefen Verhältnisse der gesamten Gewässer befaßt
Karlsbader Richteten sich gegen die nationale und liberale Bewegung (1819) in Beschlüsse Mitteleuropa
Klerus Im Katholizismus die Geistlichkeit als besonderer Stand
Kolonisation Bevölkerung einer Landschaft durch Ansiedler
Kompensiert Ausgleiche
Konfessionell Glaubensbekenntnis
Konzessionsrecht Genehmigung
Lassellanische Arbeiterbewegung im 19. Jahrhundert.
Liberal Freiheitliche. vorurteilsfrei
Liutizen Stamm der Blumen Lokal örtlich beschränkt
Manufaktur Eine auf innerbetriebliche Arbeitsteilung und handwerklicher Technik beruhende Kooperation
Opposition Gegensatz, Gegenstellung, Widerstand, Widerspruch
Ortsrechtlich Ortssatzung
Patriarchalisch Landläufige Bezeichnung für Landesvater
Plateau  Tafelförmiges Hochland
Pleistozän Vor 750.000 - 1 Millionen Jahren Eiszeitalter, ältere Abteilung des
(Diluvium) Quartär, Wechsel von Kalt- und Warmzeiten
Prager Frieden Am 30.05.1635 zustande gekommener Friede zwischen Kaiser Ferdinant II Und Kurfürst Johann von Sachsen mit dem Ziel, über alle politischen und konfessionellen Gegensätze hinweg, die kriegen sehen Auseinandersetzungen im Reich zu beenden
Quartär Bestehend aus Pleistozan und Holozän. 4. Erdzeitalter vor 1 Million Jahren, Jüngere Formation der Erdgeschichte
Regal Die dem Staat vorbehaltenen wirtschaftlichen Hoheitsrecht im Feudalismus
Restaurations-

politik

Wiederherstellung überlebter politischer Formen
Sahne Anlage zur Gewinnung von Salz
sekularisiert aufgelöst
Sedimente Absatzgestein, Schichtgestein
Schwadron Drogerien Schwadron - Einheit, Drogerien = Reiter = Reitereinheit
Sprengel Amtsgebiet
Staufer  Deutsches Kaisergeschlecht, weiches von 1138 - 1254 den deutschen Kaiserthron inne hatte.
Steinzeit Ältester Abschnitt der Urgeschichte, die in Europa bis etwa 2.000 Jahren v. u. Z. dauerte und in dem die Menschen ihre Werkzeuge und Waffen vorwiegend aus Stein herstellten.
Synode Versammlung kirchlicher Würdenträger.
Tribut Erzwungene, auf wiederkehrende Leistungen an Siegerstaaten. Erstmals auferlegt in der Sklavenhaltergesellschaft.
Wenden Ältere deutsche Bezeichnung für die pommerschen und sorbischen Stämme der Westslawen.
Zauche Landschaft in der Mittelmark, südöstlich von Brandenburg zwischen Fläming und Havel mit der Kreisstadt Belzig.
Zehnt Im Mittelalter allgemeine Abgabe der christlichen Bevölkerung an die katholische Kirche

 

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Das Territorium des Landkreises Jerichower Land umfasst 1.336 qkm und grenzt unmittelbar an das der Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts. Es bildet den Übergang von der Altmark zum Großraum Magdeburg. Eingeschlossen ist das Elbe-Havel-Gebiet sowie die Ausläufer des Flämings. 

Der Name Jerichower Land geht zurück bis ins Jahr 1816 als bei der Neugestaltung der Provinz Sachsen die Kreise Jerichow I und Jerichow II entstanden. Pate stand dabei das Kloster in der Stadt Jerichow, das heute zu den bedeutensten sakralen Baudenkmalen in Nordeuropa gehört.
Die Besiedlungsgeschichte des heutigen Landkreises zählt viele tausend Jahre. In der Römerzeit, 1. - 4. Jahrhundert, lebten in diesem Gebiet der germanische Stamm der Semonen. Im Verlauf der Völkerwanderung im 6./7. Jahrhundert begann die Einwanderung slawischer Stämme. 

Nach erfolglosen Versuchen Karls des Großen gelang es Anfang des 10. Jahrhunderts den deutschen Herrschern Heinrich I. und Otto I. in diesem Gebiet Fuß zu fassen. Damit begann die schriftliche überlieferte Geschichte. Im Jahre 983 führten die slawischen Stämme einen gewaltigen Aufstand durch. 
Es gelang ihnen, als Grenze die Elbe-Saale-Linie wieder herzustellen. Erst nach dem Jahre 1100 begann allmählich die Christianisierung und Germanisierung, die unter Erzbischof Wichmann erfolgte. Er erhielt dabei tatkräftige Unterstützung von Albrecht dem Bären. Die Slawen, die sich nicht unterwarfen, wurden vertrieben oder getötet. Die Gründung von Ortschaften wird durch überlieferte Urkunden aus der Regierungszeit Otto I. nachgewiesen. 

Die über 1.000 Jahre alten Schriftstücke, in denen die Besitzrechte der ehemaligen Slawengebiete geregelt werden, sind für viele Gemeinden des heutigen Landkreises Jerichower Land die erste namentliche Erwähnung.
Mit der Christialisierung und Germanisierung entwickelten sich in der Region auch die Adelshäuser wie zum Beispiel derer von Plotho in Parey oder von Katte in Wust zu bedeutenden und einflussreichen Adelsgeschlechtern. Fortlaufende Plünderungen von Dörfern durch altmärkische Raubritter sowie Fehden zwischen den Adelshäusern und die langjährigen Rechtsstreitigkeiten zwischen den Kurfürstentum Brandenburg und dem Erzbistum Magdeburg wegen des Besitzanspruches auf das Elbe-Havel-Land kennzeichneten die Lage im 15./16. Jahrhundert 

 
Auch der Dreißigjährige Krieg mit seinen Plünderungen und Verwüstungen in den Jahren von 1618-1648 sowie die Pestjahre 1639 und 1682/1683 brachten zugleich einen wirtschaftlichen Niedergang. 
Erst mit dem Einfluss des Preußenkönigs Friedrich II. begann wieder ein spürbarer wirtschaftlicher Aufschwung. Unter Herrschaft des Preußenkönigs erfolgte von 1743-1746 der Bau des Elbe-Havel-Kanals. Darüber hinaus wurden im Fiener Bruch die ersten Meliorationsarbeiten durchgeführt und der untere Stremmelauf reguliert. 

Mit dem Bau der Eisenbahnlinie Magdeburg-Berlin in den Jahren 1837-1846 wurde der wirtschaftliche Aufschwung der Region weiter begünstigt. Auf Grund der reichen Schlickvorkommen hat sich das Ziegeleiwesen zu einem bedeutenden Industriezweig entwickelt. Aber auch andere Unternehmen wie die  Holzverarbeitung, das Baugewerbe, der Schiffsbau und die Binnenschifffahrt förderten den wirtschaftlichen Aufschwung maßgeblich. Der Ausbau des Elbe-Havel-Kanals mit dem Bau des Ihlekanals in den Jahren 1865-1872 sowie der Bau der Kleinbahn in den Jahren 1881-1924 brachten weitern Wachstum. 

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