Am Haus Schweizertalstraße 16 in Wien Hietzing
erinnert eine Gedenktafel an den Aufenthalt des Lyrikers und geistigen Vaters
der satirischen Zeitschrift „DIE MUSKETE“ Wilhelm von Appel in diesem Hause.
Unerwähnt ist hingegen, dass in diesem Hause einer der dem Begriff „Heimat bist
du großer Söhne“ zuzuordnen ist, geboren wurde. Im Taufregister der Pfarre Ober
St. Veit ist eingetragen, dass dem Ehepaar Maria und Michael Slatin, damals von
Beruf Seidenfärber, am 7.6.1857 ein 4. Kind, ein Sohn geboren und auf die
Vornamen Rudolf Carl getauft wurde. In seinem 75 jährigen Leben wurde er zu Sir
Rudolf Freiherr von Slatin Pascha, General der ägyptischen und Generalmajor der
britischen Armee und österreichischer Geheimrat.
Nach der Realschule in Schottenfeld, die
Familie war der Ausbildung der Söhne wegen von St. Veit nach Wien übersiedelt,
besuchte Rudolf zuerst die Handelschule, wechselte dann in die Handelsakademie
und brach 17 jährig seine Ausbildung ab, um einem Angebot in Kairo als Buchhandlungsgehilfe
mit Fremdsprachenkenntnissen zu folgen. Diese Tätigkeit übte er jedoch nur sehr
kurz aus und bereiste Ägypten und den Sudan. In Khartum traf er auf den Arzt
Dr. Schnitzer, der zu General Gordon in den Süden des Sudan reisen wollte.
Slatin wollte mit, aber der Einberufungsbefehl aus der Heimat verhinderte dies.
Von 1876-1878 diente er in der kaiserlichen Armee. Ein Angebot General Gordons
in den Sudan zu kommen und dort
in seinem Stab zu arbeiten, nahm er an. Seine erste Tätigkeit war die eines
Finanzinspecteurs; später die eines Provinzgouverneurs. Sein heldenhafter Kampf
gegen die Mahdisten, die 12 jährige Gefangenschaft von 1883-1895 und seine
abenteuerliche Flucht und triumphale Heimkehr nach Europa waren damals
Tagesgespräch. Der Khedive von Ägypten ernannte ihn zum Pascha, in England
wurde er mit Orden ausgezeichnet. Nach Zerschlagung der Mahdisten wurde er 1899
Brigadegeneral von Ägypten und sowohl von Königin Viktoria als auch Kaiser
Franz Josef geadelt. Als Generalinspekteur für den Sudan war er weiterhin
tätig, einmal jährlich besuchte er Europa und hielt sich jedes mal am anglichen
Königshof und bei seinen Geschwistern in Österreich auf. Seit 1908 britischer
Generalmajor musste er 1914, als Österreicher aus den britisch-ägyptischen Diensten
scheiden. Franz Josef verlieh ihm den Titel Geheimrat mit der Anrede Exzellenz
und betraute ihn mit der Kriegsgefangenfürsorge im Rahmen des Roten Kreuzes.
Hier konnte er auf Grund seiner guten Kontakte aus der gemeinsamen Zeit -
nunmehr waren es militärische
Gegner - viel für die vorwiegend in
russische Gefangenschaft geratenen Soldaten erreichen. Er informierte England
vom Bemühen Kaiser Karls den Krieg zu beenden, indem er das in den später
veröffentlichten Sixtus - Briefen enthaltene
Angebot vorweg mitteilte.
Unmittelbar nach Ausrufung der Republik,
während einer Behandlung in einer Genfer Klinik, ersuchte ihn die neue
Regierung unter Dr. Karl Renner bei den Siegermächten im Interesse der
Versorgung der Wiener tätig zu werden. Kohle und Lebensmittel fehlten. An der
tschechoslowakisch-österreichischen Grenze standen die beladenen Züge, wurden
aber von der neuen tschechoslowakischen Regierung an der Ausreise gehindert.
Innerhalb kürzester Zeit gelang es Slatin, dass die Siegermächte ein Umdenken der
Tschechen erreichten. Die größte Not im Raum Wien war gelindert. Jahre später
dankte die Stadt Wien dem ehemaligen mehrfachen General dies mit der Verleihung
der Ehrenbürgerwürde. Slatin gehörte auch 1919 der Friedensdelegation von St.
Germain an. Die nächsten Jahre, bereits kränkelnd, verbrachte er teils in
England, teils bei seinen Schwestern bei Meran und den Verwandten in Wien.
Seine größte Sorge war die, seine 1916 geborene Tochter noch am englischen
Königshof in die Gesellschaft einführen zu können. Im Juni 1932 speiste er als
Privatgast mit seiner Tochter bei König Georg V. und Königin Mary, schwerkrank
kehrte er in die Heimat zurück und verstarb am 4. Oktober 1932 im Wiener
Cottage Sanatorium. Seine Beisetzung am Ober St. Veiter Friedhof glich einem
Staatsbegräbnis.