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Judenplatz

U-Bahn Schwedenplatz (U1, U4)

Erinnerungen ans Judenviertel.

Der entrückte Judenplatz zwischen verwinkelten Gassen, mögen ihn auch heute Boutiquen à jour bringen, bildete seit dem ausgehenden 13. Jh. mit Synagoge, Schule, Spital das Zentrum des Judenviertels rundum. Um 1400 lebten hier 800 Einwohner: Händler, Bankiers, Gelehrte. Volkswut, genährt aus Konkurrenzangst, vertrieb sie 1420/21. Dabei wurden 210 Menschen grausam verbrannt (Wiener Geserah). Daran erinnert das Haus Zum großen Jordan (Nr. 2) mit seinem spätgotischen Hauszeichen der Taufe Christi und der berüchtigten Inschrift gegen die »hebräischen Hunde« (15. Jh.). Die im endenden 16. Jh. wieder erstandene jüdische Gemeinde wurde 1624 von Ferdinand II. in die Leopoldstadt verwiesen. Das Lessing-Denkmal von Siegfried Charoux von 1935 wurde 1938 eingeschmolzen; 1968 schuf der Künstler dieses neue.

Die komplette Neugestaltung des Platzes und seine Umwandlung zur Fußgängerzone wurde im Herbst 2000 mit der Einweihung des Holocaust-Mahnmals abgeschlossen. Mit der Verwirklichung der Idee Simon Wiesenthals, ein Mahnmal für die österreichischen Opfer der Schoa zu errichten, ist der Judenplatz so zu einem Ort der Erinnerung geworden. Gleichzeitig wurde im Misrachi-Haus (Judenplatz 8) das Museum zum mittelalterlichen Judentum in Wien, eine Außenstelle des Jüdischen Museums in der Dorotheergasse eröffnet. Im Kellergeschoss befindet sich die Ausgrabungsstätte der ersten Synagoge. Das Museum dokumentiert in den Schauräumen mittels modernster multimedialer Techniken das religiöse, kulturelle und soziale Leben der Wiener Juden bis zu ihrer Vertreibung und Vernichtung 1420/21. Von den Schauräumen gelangt man zu den Ausgrabungen der ersten Synagoge. Die erhaltenen Fundamente und Fußböden wurden zwischen 1995 und 1998 von der Stadtarchäologie Wien freigelegt. Es handelt sich um Baureste der Männerschul, dem zentralen Lehr- und Betraum der männlichen Gemeindemitglieder sowie einem kleineren, vielleicht für die Frauen gedachten Raum. In der Mitte des Hauptraums liegen die Fundamente der sechseckigen Bima, einer Art Kanzel, von der aus der Tora vorgelesen wurde.

Der Platz selbst wird dominiert vom Holocaust-Mahnmal der britischen Künstlerin Rachel Whiteread (geb. 1968), einem 10 m x 7 m großen und 3,8 m hohen Gussbetonquader, dessen vier Seiten als Negativabdruck von Bibliothekswänden gestaltet wurden. Die Bücher sind so angeordnet, als stünden sie in hohen Regalen. Doch ist kein Buchrücken lesbar, denn sie zeigen alle nach innen. Obwohl diese namenlose Bibliothek ein symbolisches Tor hat, ist sie nicht zugänglich. Auf diese Weise wird eindrucksvoll symbolisiert, dass viele der potenziellen Nutzer dieser Bibliothek den Holocaust nicht überlebt haben.

Auf Bodenplatten rund um den Quader sind 41 Ortsnamen festgehalten, an denen österreichische Juden während des NS-Regimes ermordet wurden. Das Mahnmal steht in engem inhaltlichen Zusammenhang mit der Ausstellung zur Schoa, die vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes im Misrachi-Haus eingerichtet wurde. Hier werden die Namen und Daten der 65 000 ermordeten österreichischen Juden dokumentiert und die politischen Umstände näher erläutert, die zu ihrer Verfolgung und Ermordung geführt haben.

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